Auf den ersten Blick mag es manchem abwegig erscheinen, Bier mit Raucharoma zu brauen. Wie kommt man nur auf die Idee, sein Bier nach Lagerfeuer, geräuchertem Schinken oder Teer schmecken zu lassen? Das Rätsel löst sich erst, wenn man auf Geschichte und Technik der Mälzerei schaut.
Getreide soll nach der Ernte möglichst lang lagerfähig sein. Dafür muss der Wassergehalt unter etwa 14 % betragen. Nur dann sind die Stoffwechselvorgänge im Korn so ausreichend unterdrückt, dass sich das Getreide nicht durch Atmung unter starker Wärmeabgabe zersetzt.
Beim Mälzen müssen diese Stoffwechselvorgänge wieder in Gang gebracht werden, um die Enzyme des Korns zu aktivieren. Dafür wird das Korn zunächst in Wasser geweicht, bis sein Wassergehalt so weit erhöht ist, dass die Keimung einsetzt. Auch während der Keimung bleibt der Wassergehalt im Korn über 40 %. Um die Keimung abzubrechen, muss der Wassergehalt dann wieder unter 5 % gesenkt werden. Das geschieht beim sogenannten Darren, dem Trocknen des Malzes mit heißen Gasen [4].
Ein wenig Geschichte
Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts war es in Mittel- und Nordeuropa nicht möglich, Malz zuverlässig rauchfrei zu darren. Die klimatischen Bedingungen erlaubten es nur selten, Malz an der Luft zu trocknen, wie es in wärmeren Klimazonen durchaus üblich war. Einzige Möglichkeit zur Erzeugung der für die Trocknung nötigen heißen Gase war Feuer, das natürlich immer mit Rauch verbunden ist.
Abbildung 1 zeigt eine einfache Rauchdarre, die über zwei Stockwerke geht. Die Linie x–y ist der Boden, der beide Stockwerke trennt. Der Rauchkanal (a) führt in den Trichter ©, auf dessen Mauerwerksumrandung die Darrplatte liegt. Der Rauch des Feuers durchströmt vollständig das Trockengut.
Zum Feuern wurden die verschiedensten Brennstoffe benutzt. Neben Holz waren das zum Beispiel auch Stroh, Torf, Kohle und getrockneter Dung. Was letztendlich eingesetzt wurde, war in erster Linie von der Verfügbarkeit und den Kosten abhängig. So war in Deutschland die Verwendung von Holz üblich, weil es in unserer waldreichen Gegend ausreichend und kostengünstig zur Verfügung stand. In England und Schottland dagegen war Holz ungleich kostbarer, weil zunächst der Schiffbau und später die Hüttenindustrie riesige Holzmengen verschlangen. So wurde dort eher mit Stroh oder Torf geheizt.
Der Rauch dieser unterschiedlichen Brennstoffe umströmte in den historischen Darren direkt das Malz und hinterließ charakteristische Aromen. Aus dem Holz stammen die hierzulande gut bekannten würzigen Aromen, die an geräucherten Schinken oder Lagerfeuer erinnern. Torf erzeugt mehr oder weniger stark ausgeprägte phenolische Aromen, die eher mit Teer in Verbindung gebracht werden. Kohle, insbesondere Steinkohle und Koks, verbrennt fast rauchfrei und wäre gut für die Darre geeignet, wurde aber wegen der hohen Kosten nur selten genutzt.
Rauch und Hitze führen auch dazu, dass das Malz mehr oder weniger nachdunkelt. In England entstand so das historische Brown Malt, das je nach Darrtemperatur und ‑dauer in verschiedenen Farbnuancen produziert wurde.
England legt vor
Erst 1635 wurde in England von Nicholas Halse die erste rauchfreie, indirekt geheizte Darre erfunden und patentiert [11]. Bei ihr kommt der Rauch der Brennstoffe nicht mehr direkt mit dem Malz in Kontakt, sondern erhitzt zunächst Luft, die dann durch das Malz geleitet wird. Die neuen Darren konnten damit zwar mit jeglichen Brennstoffen gefeuert werden, ohne dass die Malzqualität dadurch beeinträchtigt wurde, aber sie nutzten sie nicht so effektiv wie die Rauchdarren aus.
Die Ausbeute aus dem hellen Malz der indirekt beheizten Darren lag jedoch bis zu 30 % über der des auf Rauchdarren getrockneten Brown Malt [1]. Das und der verbesserte Geschmack sorgten dafür, dass das helle Malz in England langsam neben dem Brown Malt Teil jedes Porter-Rezepts wurde. Brown Malt war aber weiterhin nötig, um dem Porter die gewohnte dunkle Farbe zu geben. Das änderte sich erst durch Daniel Wheelers 1818 patentierte Erfindung einer Rösttrommel zur Herstellung von Röstmalz (black „patent” malt). Geringe Mengen davon reichten aus, um die tiefdunkle Bierfarbe auch bei Verwendung von hellem Malz problemlos einzustellen.
Rauchmalz war also bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts das einzig verfügbare und für die Masse der Biertrinker lange darüber hinaus das einzig bezahlbare Malz. Dabei war der Rauchgeschmack nicht unbedingt erwünscht. Je nach Qualität der Brennstoffe und Fähigkeiten der Mälzer konnte er auch übertrieben und unangenehm sein, sodass er beim Konsumenten oft keinen guten Ruf hatte. Sobald man Malz zu akzeptablen Kosten rauchfrei herstellen konnte, war dessen Siegeszug programmiert.
Deutschland zieht nach
In Deutschland dauerte es dennoch bis ins ausgehende 18. Jahrhundert, dass der Münchner Bäcker Jakob Weiss eine Darre nach englischem Vorbild mit indirekter Feuerung konstruierte, die sich dann aber schnell durchsetzte. 1808 gab es in München bereits fünf Darren dieser Art [8].
Abbildung 2 zeigt eine Malzdarre aus Osthofen (heute der Sitz von Schill Malz) von 1884. Hier strömt die im Heizraum indirekt erhitzte Luft durch die beiden Darrenebenen (unten Röstdarre, oben Schwelk- oder Trockendarre) und röstet bzw. trocknet das Malz, ohne Raucharomen zu hinterlassen.
Die beiden bekanntesten Brauereien, die sich diesem Trend jahrhundertelang und bis heute erfolgreich widersetzt haben, sind die Brauereien Heller (besser bekannt als Schlenkerla) und Spezial, beide aus Bamberg. Beim Schlenkerla wird wahrscheinlich seit etwa 1405, als Fritz Vernbach begann, den Brauereiausschank „Haus zum blauen Löwen“ am Rande des Dominikanerklosters zu betreiben, auf die gleiche Weise gemälzt und gebraut. Spezial ist nicht viel jünger; dort wird seit mindestens 1536 gebraut. Beide Brauereien mälzen bis heute selbst und darren ihr Malz über Buchen- oder Eichenholzfeuer.
Dass die Rauchdarren aber auch in Bamberg nicht gänzlich unumstritten waren, beweist ein Paragraf in den ortspolizeilichen Vorschriften der Stadt Bamberg aus dem Jahr 1895 [9]:
„§14: Die Benützung der Rauchdarre ist nur während der gewöhnlichen Arbeitszeit bei Tag zulässig und darf keine derselben während der Nachtzeit zur Malzbereitung verwendet werden. Als Brennmaterial ist hiebei ausschließlich nur Holz verwendbar. Die Reinigung der Rauchdarren hat jährlich mindestens dreimal zu geschehen.“
Neben der Rauchbelästigung war vor allem die Feuergefahr schlecht gekehrter oder mit ungeeigneten Brennstoffen betriebener Darren ein Problem.
Bezugsquellen
Heute wird Rauchmalz neben den erwähnten Traditionsbrauereien nur noch von wenigen Produzenten in speziellen Verfahren hergestellt. Die Mälzerei Weyermann® stellt in Bamberg buchenholzgeräuchertes Gerstenmalz und eichenholzgeräuchertes Weizenmalz her [5]. Von der Mälzerei Steinbach in Zirndorf kann man Buchenrauch-Gerstenmalz beziehen. Castle Malting aus Belgien produziert sowohl Buchenrauchmalz als auch über Torf geräuchertes Whiskymalz in zwei Stärken: mit 15–25 ppm oder 30–45 ppm Phenol [6]. Von der amerikanischen Mälzerei Briess gibt es drei verschiedene Rauchmalze: mit Apfel‑, Kirsch- oder Mesquite-Holz geräuchert [7]. Viele schottische Mälzereien, unter anderen Bairds Malt [12] mit ihrer Mälzerei in Inverness, bieten über Torf geräuchertes Malz mit unterschiedlichen Phenolgehalten für die Whisky-Herstellung an.
Woher stammt das Raucharoma?
Holz besteht im Wesentlichen aus Cellulose, Hemicellulose und Lignin. Diese Grundbestandteile werden während der Pyrolyse, das heißt der thermischen Aufspaltung des Holzes, bei Temperaturen zwischen etwa 250 und 500 °C zersetzt und bilden dabei Rauch, der eine Vielzahl an Stoffen wie aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Alkohole und Ketone, Carbonyle (zum Beispiel Formaldehyd), Carbonsäuren (zum Beispiel Essigsäure) und Phenole enthält.
Die genaue Zusammensetzung und die aromatischen Qualitäten des Rauches hängen vom eingesetzten Holz und den auftretenden Temperaturen ab. Die Mälzereien geben für Rauchmalz keine genauen Daten an. Lediglich torfgeräuchertes Malz wird in verschiedenen Qualitäten angeboten, bei denen der Phenolgehalt als Maß für die Aromaintensität spezifiziert wird, der zum Beispiel bei Bairds zwischen 2 und 50 ppm liegt.
Nach der Pyrolyse bleibt vom Holz lediglich reiner Kohlenstoff in Form von Holzkohle zurück. Sie glüht weiter und sorgt für die zur weiteren Pyrolyse nötigen Temperaturen.
Rauchmalz aus dem eigenen Smoker
Rauchmalz selbst herzustellen ist relativ einfach, erfordert aber einige Vorkehrungen, wenn man gesundheitsgefährdende Substanzen im Malz vermeiden will. Damit sind insbesondere Nitrosamine und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gemeint.
PAK entstehen bei der Pyrolyse, das heißt bei der unvollständigen Verbrennung von organischen Stoffen wie Holz und Kohle. Einige PAK werden als krebserregend eingestuft [13]. Sie werden bei Temperaturen unter 400 °C nur in geringem Maße produziert, steigen aber darüber mit der Temperatur an. Sie binden sich häufig an Ruß- und Aschepartikel und gelangen so auf das Räuchergut. Bestes Mittel gegen PAK ist ein stetiges, möglichst kühles Feuer zum Heizen der Rauchquelle – am besten glühende, flammenlose Kohle, elektrische oder externe Gasheizelemente. Um die Verbrennungstemperatur niedrig zu halten, ist es auch hilfreich, das Holz anzufeuchten und die Luftzufuhr so weit zu reduzieren, dass Verbrennungsgase möglichst kühl bleiben, aber das Feuer nicht komplett erstickt wird. Das Malz muss zudem vor Asche, Ruß und Teer geschützt werden. Dazu ist neben einem möglichst ruhigen Feuer zusätzliches Edelstahlgewebe im Rauchweg als Filter geeignet.
Nitrosamine entstehen beim Malzräuchern aus der Reaktion von Stickoxiden mit Proteinen des Malzes. Auch sie sind potenziell krebserregend [14]. Stickoxide (NOx) entstehen, wenn Luft durch die Flammen der Feuerung strömt. Sie reagieren dann mit Eiweißbestandteilen des Malzes zu Nitrosaminen. Die Nitrosaminbildung steigt mit der Temperatur bis etwa 1.400 °C langsam an und nimmt darüber stark zu. Kommerzielle Rauchmälzereien begegnen der Nitrosaminproduktion durch Beimischung von genau dosierten Mengen von Schwefel zum Holz. Schwefel unterbindet die Nitrosaminbildung, führt aber bei zu hoher Dosierung zu Fehlgeschmäckern im Malz. Für den Hobbyräucherer bleibt nur die Möglichkeit, die Temperatur der Verbrennung möglichst gering zu halten. Das erreicht man wiederum am besten durch die Verwendung von Räucheröfen mit elektrischer Heizung oder einer Gasbeheizung, bei der die Verbrennungsgase des Gasbrenners nicht in den Räucherraum gelangen.
Welches Holz?
Zum Räuchern sind viele Holzarten geeignet: die traditionellen Harthölzer Buche, Eiche, Ahorn, Walnuss, Ulme, Pappel, Weide, Espe und Erle, Obstgehölze wie Kirsche, Apfel und Birne. Auch mit Torf, Stroh, Maiskolben und Wacholder kann geräuchert werden. Jeder dieser Brennstoffe bringt jeweils ein eigenes Aroma ein. Lediglich Nadelhölzer sind wegen ihres hohen Harzgehaltes nicht brauchbar. Das Holz sollte immer gut abgelagert sein, damit einerseits der Wassergehalt und andererseits der Gehalt an flüchtigen organischen Inhaltsstoffen des Holzes verringert wird. Die Rinde enthält besonders viele dieser Stoffe und sollte daher nicht verwendet werden.
Beim Befeuchten des Malzes und/oder Holzes ist unbedingt darauf zu achten, dass das Wasser chlorfrei ist. Ansonsten können beim Räuchern leicht Chlorphenole entstehen, die schon in geringen Konzentrationen unangenehme medizinische Aromen in Malz und Bier einbringen können. Am sichersten wird das Chlor durch kurzes Aufkochen des Wassers unter Rühren entfernt [15].
In [1] werden drei Varianten des Malzräucherns beschrieben. In Variante 1 werden sowohl die Holzchips als auch das Malz angefeuchtet. In Variante 2 wird beides trocken verwendet. Variante 3 kombiniert beide Methoden zu einem „Quick and simple“-Verfahren. Das Räuchern dauert zwischen 30 Minuten (Variante 3) und 2 Stunden (Variante 1). Nach dem Räuchern wird das Malz jeweils im Backofen getrocknet, um den Wassergehalt wieder auf des Niveau des Malzes vor dem Befeuchten zu bringen.
Ob auch beim Kalträuchern im Kugelgrill mit feinen Holzspänen und einem Kaltrauchgenerator wie der Sparbrand-Schnecke von Jäger (Abbildung 3) gute Ergebnisse erzielt werden können, soll ein Test beim Autor ergeben – über das Ergebnis berichten wir in der nächsten Ausgabe.
Rauchbier – ein eigener Biertyp?
Die Frage, ob Rauchbier ein eigenständiger Biertyp ist, ist berechtigt, denn Rauchmalz kann in vielen Biertypen eingesetzt werden. Ein Blick in die BJCP 2015 Style Guidelines [17] offenbart, dass Rauchmalz oder Rauch als Aroma dort mehrmals vorkommt: zunächst in der Unterkategorie „Rauchbier“ (auch im Englischen so geschrieben) in der Märzen- und Bockbier-Kategorie, dann in der Kategorie „Rauchbier“ („Smoked Beer“) als „Rauchbier nach klassischen Typen“ („Classic Style Smoked Beer“, 32A) und „Spezial-Rauchbier“ („Specialty Smoked Beer“, 32B) und schließlich bei den historischen Bieren unter „Grätzer Bier“ („Piwo Grodzikie“) und Lichtenhainer. Ein kurzer Hinweis darauf, dass sie während einer bestimmten Zeit ebenfalls „geräuchert“ war, findet sich auch bei der Berliner Weißen (was mir neu war und einer eingehenden Untersuchung bedarf).
Interessanterweise werden in den Style Guidelines bei keinem englischen Biertyp Raucharomen erwähnt – weder beim Mild noch beim Porter oder den historischen Porters und Brown Ales. Versionen mit Raucharomen sollen vom Hobbybrauer in der „Rauchbier“-Kategorie (32) untergebracht werden.
Das Rauchbier in der Märzen-Kategorie beschreibt die klassischen Bamberger Rauchbiere wie Schlenkerla und Spezial. Hierbei handelt es sich um Märzenbiere, bei denen das Basismalz ganz oder teilweise aus Rauchmalz besteht. Der Rauchmalzcharakter kann dabei durchaus unterschiedlich sein – von einem subtilen Hauch von Rauch bis zum recht strengen Raucharoma etwa eines Schlenkerla Märzen.
Die anderen klassischen Rauchbiere wie Rauchbock, Rauchweizen, Rauch-Lager und Rauch-Porter finden sich in Kategorie 32A. Generell beschreibt sie Rauchbiere, die auf anderen Biertypen wie Bock, Lager, Weißbier oder Porter basieren und bei denen Raucharomen durch die Benutzung von Rauchmalz eingebracht werden. Bei der Frage, welches Rauchmalz eingesetzt wird und wie stark das Raucharoma ausgeprägt ist, werden große Freiheiten eingeräumt.
Alle anderen Biere mit Raucharoma, die nicht auf klassischen Biertypen basieren oder mit zusätzlichen Zutaten wie Früchten, Gemüse oder Gewürzen gebraut werden, fängt die Kategorie 32B auf. Die Eigenschaften dieser Biere entsprechen denen des zugrunde liegenden Biertyps, erweitert um die zusätzliche Dimension des Raucharomas.
Historische Rauchbiere
Das Grätzer [19] und das Lichtenhainer sind zwei historische Biere mit Rauchmalz, die heute in einigen Kleinbrauereien wiederauferstehen. Das leichte, aber kräftig gehopfte Grätzer Bier holt seinen Rauchgeschmack aus über Eichenrauch gedarrtem Weizenmalz, das die Mälzerei Weyermann® inzwischen wieder regelmäßig produziert [5]. Dadurch können wieder mehrere polnische und internationale Kleinbrauereien das historische Bier brauen.
Das Lichtenhainer Bier war ebenso ein helles, spritziges Leichtbier mit 8–10 °P Stammwürze, einer feinen Säure durch Milchsäuregärung und nur geringer Bittere [16]. Das Malz war schwach geräuchert. Die letzte größere kommerzielle Produktion wurde 1983 in der Brauerei Barfuss, Jena-Wöllnitz, eingestellt. Seit 1997 braut die Talschänke Wöllnitz wieder das „Wöllnitzer Weißbier“ im Stil des Lichtenhainers. Auch einige internationale Brauereien wie die amerikanische Westbrook Brauerei nehmen sich wieder des historischen Stils an.
Kommerzielle Rauchbiere
Bei den klassischen Bamberger Märzen-Rauchbieren von Schlenkerla, Spezial, Kundmüller (Weiherer) und anderen variiert der Rauchmalzanteil in weiten Grenzen: von 100 % bei Schlenkerla über 40–60 % (je nach Lagerdauer des Malzes) bei Spezial bis zu deutlich geringeren Anteilen bei anderen Brauereien. Der Rauchbock ist oft eine stärkere Variante der Märzenbiere. Neben dem bekannten Schlenkerla Ur-Bock und Spezial Bockbier braut Kundmüller gelegentlich zusammen mit der brasilianischen Cervejaria Bamberg den sehr interessanten Weiherer Rauchbock. Klassische Rauchbiere findet man in der Bamberger Gegend in vielen Brauereien.
Die meisten Brauereien in und um Bamberg bieten auch Rauch-Weizenbiere an. Das reicht vom klassischen Rauchweizen (zum Beispiel Schlenkerla Rauchweizen, 13,2 °P) bis zum Doppelbock (Schlenkerla Eiche, 18,9 °P).
Das britische smoked Mild scheint fast ausgestorben zu sein. Smoked Porters werden aber noch von einigen Brauereien gebraut, etwa das „Beavertown Smog Rocket Smoked“ aus Tottenham, „Brodies Smoked Rye Porter“ aus London und „Redwillow Smokeless“ aus Macclesfield. Außerdem widmen sich viele Craft-Brauereien diesem Bierstil. Das Raucharoma stammt traditionell aus dem rauchgedarrten Brown Malt, dürfte aber heute eher aus einer Mischung von hellem Rauch- oder Whiskymalz mit anderen hellen Basismalzen und Farbmalz stammen.
Zum Nachbrauen
Beim Nachbrauen hat der Hobbybrauer das Problem, die Qualität des verfügbaren Rauchmalzes abzuschätzen und mit den Rezeptangaben in Beziehung zu setzen. Bei älteren amerikanischen Rezepten kann man davon ausgehen, dass das in den USA verkaufte Weyermann®-Malz bei seinem Einsatz schon relativ alt war und so einen Teil seiner Intensität verloren hatte. Heute kommt dazu, dass von mehreren Herstellern verschiedene Qualitäten angeboten werden. Sie können sich im verwendeten Brennstoff (verschiedene Holzarten, Torf) und der Raucharoma-Intensität unterscheiden.
Ich rate daher dringend, vor dem Brauen größerer Mengen einen Testsud anzusetzen oder zumindest die Raucharoma-Intensität und ‑Qualität mittels eines Malztees (ein Löffel Rauchmalz, in einer Tasse mit heißem Wasser überbrüht) zu prüfen.
Die Rezepte sind jeweils für eine Ausschlagmenge von 20 Litern berechnet.
Bamberger Rauchbier Clone
13,3 °P Stammwürze, 30 IBU, 5,5 Vol.-% Alkohol
Wheeler & Protz [3] bieten im Abschnitt „Esoteric Beers“ ein Clone-Rezept für das Schlenkerla Rauchmärzen an. Sie halten sich an die Vorgabe der Brauerei Heller und verwenden 100 % Rauchmalz. Das ist sportlich, denn das Original-Malz der Brauerei ist für Hobbybrauer nicht erhältlich und dessen Intensität im Vergleich mit anderen Rauchmalzen unbekannt (siehe oben).
Die Sudhausausbeute wird bei Wheeler & Protz mit bescheidenen knapp 60 % angenommen. Bei besserer Maischarbeit (70 % sind für die meisten Heimbrauer erreichbar) kann die Schüttung um etwa 15 % verringert werden.
Zu Hefe und Gärung werden keine Angaben gemacht. Das Bier sollte mit untergäriger Hefe bei 8–10 °C vergoren und etwa 4–6 Wochen kühl gelagert werden.
- 4800 g Buchenrauch-Gerstenmalz
- 85 g Chocolate Malt (Röstmalz Typ II)
Infusion oder Dekoktion mit folgenden Rasten:
- 20 Minuten bei 50°C
- 60 Minuten bei 65°C
- 10 Minuten bei 76°C (kann lt. Autor auch entfallen)
90 Minuten kochen, Hallertauer Hopfen (z. B. 52 g Mittelfrüh mit 4,3 % Alphasäure) zum Beginn des Kochens zugeben.
Bamberger Märzen-Rauchbier
12,75 °P Stammwürze, 20 IBU, 5,2 Vol.-% Alkohol
Das Rauchbier-Rezept aus Horst Dornbuschs „Almanac“ [2] ist etwas vorsichtiger beim Einsatz des Rauchmalzes. Hier beträgt der Anteil nur gut ein Viertel, und das Raucharoma wird zudem noch mit reichlich Malzaromen aus Münchner und Karamallmalz gekontert.
- 1900 g Münchner Malz
- 900 g Buchenrauch-Gerstenmalz
- 340 g dunkles Karamellmalz
- 100 g Röstmalz
- 100 g Sauermalz
Infusionsmaischverfahren mit folgenden Rasten:
- 20 Minuten bei 60 °C
- 20 Minuten bei 64 °C
- 30 Minuten bei 72 °C
- Abmaischen bei 78 °C
60 Minuten kochen
Hallertauer Hopfen (z. B. 30 g Tradition mit 5,5 % Alphasäure) nach 15 Minuten Kochzeit zugeben
Mit bayerischer untergäriger Hefe bei 10–12 °C vergären
4 Wochen kühl lagern
Brennerstraße Smoked Mild
10 °P Stammwürze, 25 IBU, 4,2 Vol.-% Alkohol
Dieses Rezept stammt aus einer Zusammenarbeit von Ray Daniels, Autor von „Designing Great Beers“ und Co-Autor von „Smoked Beers“ [1], mit den Braumeistern der Pilotbrauerei der Malzfabrik Weyermann®. Es ist die rauchige Version eines English Mild. Veröffentlicht wurde es sowohl in [1] als auch auf der Weyermann-Webseite [18].
- 2250 g Münchner Malz
- 900 g Buchenrauch-Gerstenmalz
- 285 g dunkles Karamellmalz
- 135 g Röstmalz
Einfache Infusion mit 60 Minuten Rast bei 67 °C
60 Minuten kochen
- Bitterhopfen für 20 IBU (z. B. 28 g Willamette mit 5 % Alphasäure) zu Beginn des Kochens zugeben
- Aromahopfen für 5 IBU (z. B. 17 g Liberty mit 4,4 % Alphasäure) 10 Minuten vor Kochende zugeben
Gärung mit WYEAST Irish Ale oder Fermentis Safale S04 bei 20 °C
Eichenrauch-Weiße
12,1 °P Stammwürze, 14 IBU, 4,9 Vol.-% Alkohol
Das ist ein eigenes Rezept und wurde entwickelt, direkt nachdem das Weyermann®-Eichenrauch-Weizenmalz verfügbar war. Trotz des Rauchmalzanteils von fast 50 % ergibt das Eichenrauch-Weizenmalz ein sehr feines Raucharoma, das sich deutlich von dem des Buchenrauch-Malzes unterscheidet. Das Sauermalz kann bei weichem Wasser mit Pilsner oder Rauchmalz ersetzt werden.
- 1800 g Eichenrauch-Weizenmalz
- 800 g Pilsner Malz
- 800 g Münchner Malz Typ II
- 200 g helles Karamellmalz
- 150 g Sauermalz
Kombiniertes Infusions- und Dekoktionsverfahren mit folgende Rasten:
- Einmaischen in 8,5 Liter Wasser mit 54 °C ergibt 45 °C
- 15 Minuten bei 45 °C, dann 3 Liter kochendes Wasser zubrühen
- 10 Minuten bei 55 °C, dann 4 Liter kochendes Wasser zubrühen
- 30 Minuten bei 63 °C, dann Dekoktion mit 5,5 Liter Dickmaische
- 20 Minuten bei 72 °C, dann Dekoktion mit 5,5 Liter Dünnmaische
- Abmaischen bei 78 °C
- Nachguss ca. 12 Liter
90 Minuten kochen
- 32 g Saphir mit 3,5 % Alphasäure in die Vorderwürze zugeben
- 10 g Saphir mit 3,5 % Alphasäure zum Ende des Kochens zugeben
Gärung mit gestrippter Gutmann-Weizenhefe oder anderer phenolarmer bayerischer Weizenhefe (z. B. WYEAST 3333) bei 21 °C
3 Wochen kühl lagern
Grätzer Bier
Zum Grätzer Bier findet sich in der brau!magazin Ausgabe Frühjahr 2015 neben Jürgens Artikel zur Historie [19] auch eine Brauanleitung von Moritz [20].
Quellen:
- Ray Daniels, Geoffrey Larson: Smoked Beers, Brewers Publications, Boulder, Colorado, USA, 2000
- Horst Dornbusch: The Ultimate Almanac of World Beer Recipes, Cerevisia Communications, West Newbury, Massachusetts, USA, 2010
- Graham Wheeler, Roger Protz: Brew Classic European Beers at Home, Camra Books, St Albans, UK, 1995
- Jörg Krüger: Vom Korn zum Malz, brau!magazin Winter 2014/15, braumagazin.de
- Weyermann® Rauchmalz, www.weyermann.de
- Castle Malting Malzsorten, www.castlemalting.com
- Briess Kilned Malts, www.brewingwithbriess.com
- Mikuláš Teich: Bier, Wissenschaft und Wirtschaft in Deutschland 1800–1914. Ein Beitrag zur deutschen Industrialisierungsgeschichte, Böhlau, Wien 2000, books.google.de
- Sammlung der ortspolizeilichen Vorschriften und Statuten für die Stadt Bamberg, Bamberg 1895, books.google.de
- Adam Kasperowski: Die Dampfbierbrauerey, Lemberg 1834, books.google.de
- Patent Nr. 85, Sir Nicholas Halse: Kilns for Drying Malts and Hops, London 1635, play.google.com/books
- Bairds peated Malt, www.bairds-malt.co.uk
- PAK, Wikipedia-Artikel de.wikipedia.org
- Nitrosamine, Wikipedia-Artikel de.wikipedia.org/wiki/Nitrosamine
- Andreas Staudt: Bierfehler des Quartals: Chlorphenole, brau!magazin Frühjahr 2015, braumagazin.de
- Wolfgang Stempfl: Trinkbare Geschichte, Genuss.bier.pur 01/2016, www.doemens.org
- BJCP 2015 Style Guidelines, www.bjcp.org
- Weyermann® Smoked Mild www.weyermann.de
- Jürgen Knoke: Grätzer – ein verschwundener Bierstil kehrt zurück braumagazin.de
- Moritz Gretzschel: Grätzer selbstgebraut, braumagazin.de
Titelbild: ChristianPffhsn
Weitere Abbildungen:
- Einfache Rauchdarre, Friedrich Julius Otto: Lehrbuch der rationellen Praxis der landwirtschaftlichen Gewerbe, Braunschweig 1859
- Malzdarre 1884, Osthofen, Bearbeitung: Peter Schill
- Jäger Sparbrand, Autor
- Aecht Schlenkerla, Felix Stember