Bar Convent Berlin 2017: Bier erobert größeres Terrain
Schon zum zehnten Mal gab es am 10. und 11. Oktober in den Hallen der Station Berlin am Gleisdreieck den Bar Convent Berlin. 370 Aussteller aus 32 Ländern zeigten über 1000 Produkte. Das brau!magazin wurde von der neuen Zeitschrift Bier, Bars & Brauer eingeladen, um am Brew Berlin Meetup mit Verleihung der Bier, Bars & Brauer-Awards teilzunehmen.
Bier, Bars & Brauer war bis vor kurzem eine Rubrik der Zeitschrift Mixology. Seit diesem Sommer hat sich das Baby aber abgenabelt und trat seither als eigenständiges online-Magazin auf. Ständige Autoren sind unter anderen die aus Mixology und diversen anderen Publikationen bekannten Peter Eichhorn und Dirk Hoplitschek. Zum Bar Convent gab es die erste Print-Ausgabe des Magazins, die danach einmal im Quartal erscheinen soll.
Ich war schon einige Stunden vor der Preisverleihung vor Ort, um noch einen Blick auf die Messe zu werfen. Schon vor den Station-Hallen war viel los, am meisten vor dem Ticket-Schalter. Glücklicherweise schaute eine Mitarbeiterin ab und zu durch die Reihen und lotste die Pressevertreter an den unscheinbaren und völlig leeren Schalter mit den Presseausweisen.
Vor dem Haupteingang konnte man, wie bei vielen Messen auf diesem Gelände, an einige Food-Trucks noch schnell etwas vorlegen, um den Abend besser zu überstehen. Wenn man auch nur einen kleinen Teil der Angebote testen wollte, war das auch bitter nötig. Gleich am Eingang der großen Haupthalle wurde man quasi erschlagen vom Lärm und Gedränge zwischen den Messeständen.
Gefühlte 99% der Aussteller boten Hochprozentiges an. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie viele Sorten Schnaps auf der Welt produziert werden – und scheinbar fast alle waren auf der Messe vertreten. Weil ich aber noch ein paar Biere verkosten wollte, ignorierte ich die Spirituosen komplett – so schwer das auch fiel.
Nachdem ich schon gefühlte Stunden erfolglos durch die Hallen geirrt war, traf ich glücklicherweise Richard Hodges am Stand seines neuen Arbeitgebers, der Whisky-Brennerei Spreewood Distillers. In Schlepzig wird Richard eine Brauerei aufbauen und betreiben, die ausschließlich für die Produktion der Whisky-Maische der Brennerei vorgesehen ist. Er konnte mich auch endlich in die Halle 4 lotsen, in der die Stände der Brew Berlin etwas abseits untergebracht waren.
Brew Berlin ist eine Teilmesse des Bar-Convents, die vor drei Jahren ganz klein angefangen hat, aber mittlerweile die Halle 4 schon gut zur Hälfte belegt. An etwa 20 Ständen konnte man mit Vertretern vor allem kleiner und kreativer Brauereien und von Großhändlern und Importeuren im Kontakt kommen und nebenbei eine breite Palette an Bieren verkosten.
Der Andrang in dieser Halle war auch recht überschaubar, was mich als Gast freute, denn so konnte man ganz entspannt mit dem einen oder anderen Aussteller einen Schwatz halten. Manche Aussteller waren aber wohl etwas enttäuscht, richtet sich die Messe doch überwiegend an Fachleute und Einkäufer aus der Gastro-Branche, mit denen man so nur wenig Geschäfte anbahnen konnte.
Ich habe viele interessante Biere gekostet, von denen ich hier nur einige erwähnen will: einen bombastischen Vintage Weizen-Eisbock am Schneider-Stand, die neuen Flaschenbiere der Überquell-Brauerei, das per Randall mit Grapefruit- und Orangenschalen aufgepeppte Easy-Rider Session-IPA von Berliner Berg, ein IPA-artig gehopftes Lager bei Brewbaker, das frisch abgefüllte Welde-Jahrgangsbier, ein Saison, und – mein Highlight – das Lemon Thyme von Next Level Brewing, ein herrlich ausgewogenes frisches Ale mit Zitrone, Thymian, Koriander und Salz.
Viele bekannte Gesichter aus der Brau-Szene konnte man nicht nur hinter, sondern auch vor den Biertresen treffen, wenn sie ebenso wie ich vor dem abendlichen Event noch etwas über die Messe streiften. Unten stellvertretend Ulrike Genz von Schneeeule, Oliver Wesseloh von Kehrwieder und Garrett Oliver von der Brooklyn Brewery, der in Berlin unter anderem auch einige Tage später beim benachbarten BRLO Brwhouse zu einer Verkostung mit Dinner einlud.
Die Messe schloss dann um 18 Uhr, und etwas später startete das Meetup in einem der Konferenzräume über der Messe. Um die 100 Besucher wollten wissen, wer bei der Premiere der Bier, Bars & Brauer-Awards die Preise abräumen würde.
Kurz vor Beginn wurde das erste Fass Traunsteiner Hell vom Gitarristen der Band angeschlagen – was keine gute Wahl war, denn trotz schwungvollem Hammereinsatz landete das meiste Bier auf dem Hallenboden.
Die Preisverleihung ging dann recht zügig über die Bühne. Die Preise gingen in der Kategorie „Brauerei des Jahres” an das Brauhaus Riegele, Oliver Wesseloh wurde Bierpersönlichkeit des Jahres und Stone Brewing Berlin erhielt den Preis für die Biergastronomie des Jahres. Die kompletten Top-50-Listen kann man über den Link unten einsehen.
Für mich waren das durchaus würdige Preisträger und nachvollziehbare Entscheidungen. Trotzdem wurde im Nachgang viel und kontrovers über die Modalitäten der Wahl – einer online-Umfrage unter 100 Brauern, Barbetreibern, Bartendern, Shop-Betreibern und Fachhändlern – und über die Sinnhaftigkeit der Top-50-Listen und solcher Preise im Allgemeinen diskutiert – nicht immer frei von Subjektivität und vielleicht auch etwas Missgunst.
Die Zeitschrift Mixology verleiht die ähnlich angelegten „Bar Awards” schon seit 10 Jahren. Diese Preise haben sich zu einer der wichtigsten Auszeichnungen ihrer Art im deutschsprachigen Raum entwickelt. Bier Bars & Brauer muss sich die Sporen erst noch verdienen, um solch ungeteilter Anerkennung zuteil zu werden. In ein paar Jahren lächelt man vielleicht über die anfängliche Skepsis.
Nach der Zeremonie saßen wir noch lange bei Bier und Streetfood, machten neue und frischten alte Bekanntschaften mit Brauern, Barbetreibern und Bierhändlern auf und diskutierten (meist) über Biere, Bars und Brauer – ein gelungener Abend!
Bier, Bars & Brauer Top 50 2018: www.bierbarsbrauer.com