Am 7. Oktober bringt der SWR um 20:15 eine Dokumentation über amerikanische Brau-Pioniere mit deutschen Wurzeln. Zu Ihnen gehören so bekannte Namen wie Eberhard Anheuser und Adolphus Busch (Budweiser), Friedrich Müller (Miller) und David Gottlob Jüngling (Yuengling), deren Brauereien später zu weltbekannten Bier-Konzernen heranwuchsen. Die wenigsten wissen, dass diese Brauer-Karrieren ihren Ursprung im Südwesten Deutschlands hatten, aus dem die Brauer Mitte des 19. Jahrhunderts in die USA auswanderten.
Ich hatte Gelegenheit, die 90-minütige Dokumentation schon vorab anzusehen. Sehr schön aufbereitete Originalfotografien, einige historische Filmdokumente und aktuelle Aufnahmen werden mit Off-Kommentaren zur Geschichte hinterlegt. Viele Interviews mit Experten und Nachkommen der Brauer illustrieren die Geschichte aus heutiger Sicht.
Sie beginnt mit der Auswanderungswelle in den 1840er Jahren, während der über 40 Millionen Europäer ihrer Heimat den Rücken kehrten und in die USA emigrierten. Es wird gezeigt, wie groß der Einfluss der erfolgreichen deutschen Brauereiunternehmer auf die Entwicklung ihrer neuen Heimatstädte Saint-Louis (Budweiser), Milwaukee (Miller) und Pottsville (Yuengling) war, die vom wirtschaftlichen Erfolg der Brauer sehr profitierten.
Der Goldrausch in Kalifornien beförderte die positive Entwicklung noch, denn die Brauer gewannen dadurch neue Absatzmärkte, die sie mit Hilfe des sich entwickelnden Eisenbahnnetzes auch problemlos beliefern konnten. Die Brauereien der deutschen Einwanderer erlebten in der Zeit vor den Weltkriegen einen fast unbegrenzten Aufstieg.
Der erste Weltkrieg und die Prohibition brachten vielen Brauereien dann das Aus. Nur wenige überlebten die Zeit des Alkoholverbots. Diese Wenigen profitierten aber später vom wirtschaftlichen Aufschwung nach Weltwirtschaftskrise und zweitem Weltkrieg, bevor dann in den 70er Jahren der große Ausverkauf der Brauindustrie begann.
Heute ist Yuengling die älteste und die einzige in Familienbesitz verbliebene der Brauereien mit deutschen Wurzeln. Alle anderen gingen in den Konzentrationsschlachten unter oder wurden von internationalen Konzernen geschluckt, zuletzt Anheuser-Busch von InBev.
Die Nachkriegsgeschichte kommt in der Reportage allerdings sehr kurz. Sie wird in den letzten 5 Minuten abgehandelt, und nur, wer die Tatsachen kennt, wird mit den etwas zusammenhanglosen Interviews und Kommentaren etwas anfangen können.
Etwas konstruiert ist für mich auch der Versuch, die Auswanderungswelle des 19. Jahrhunderts mit der aktuellen Fluchtsituation nach Europa gleichzusetzen. Zwar haben in beiden Fällen Massen von Menschen aus politischen und wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen und es waren und sind, wie in der Dokumentation betont wird, in beiden Fällen in der überwiegenden Mehrheit junge Männer, die in der Ferne ihr Glück suchen.
Mit keinem Wort wird aber erwähnt, daß mit der Besiedelung des amerikanischen Westens auch die Unterdrückung der Ureinwohner des Kontinents einher ging. Nach der Ausrottung einer Großteils der Indianer wurden die Überlebenden Ende des 19. Jahrhunderts, insbesondere auch während des Kalifornischen Goldrauschs, endgültig verdrängt und in Reservate verbannt. Ich kann nur hoffen, dass die Filmemacher hier keine Parallelen sehen.
Bei allen Interviews fehlen für mich Einblendungen der Namen der Interviewpartner. Man kann nur aus dem Gesprächsinhalt erahnen, dass es sich zumeist wohl um Nachfahren der Brauer handelt. Ganz sicher ist das aber nicht, denn zumindest einige der Interviewten scheinen auch externe Experten zu sein.
Trotz dieser kleinen Mängel ist die Dokumentation in jedem Falle sehenswert, wenn man historisch interessiert ist. Schade nur, dass in den ganzen 90 Minuten kaum ein Bild aus dem Inneren der Brauereien gezeigt wird.
Ankündigung der Sendung beim SWR:
www.swr.de/geschichte/die-bier-pioniere-vom-siegeszug-deutscher-brauereifamilien-in-den-usa
Alle Abbildungen: SWR
Nachtrag:
Sendung in der SWR-Mediathek (verfügbar bis: 4.11.2018):
swrmediathek.de/player.htm?show=445fc700-cbca-11e8-9a07-005056a12b4c