In Texas regelt die TABC, die Texas Alcoholic Beverage Commission, alles, was mit dem Thema Bier zu tun hat. Diese Behörde hat immer mal wieder ein paar recht eigenwillige Vorstellungen. So wurde bis vor ein paar Jahren zwischen „beer” und „ale” unterschieden, aber nicht, wie man erwarten würde anhand der verwendeten Hefe (ales sind obergärig, lager untergärig), sondern nach Alkoholgehalt — alles über 4% war „ale” oder „malt liquor”, alles unter 4% war einfach nur „beer”. Das führte zu Aufdrucken wie „ale in tx” auf Grolschflaschen: eigentlich ein lager beer, aber für euch in Texas müssen wir es halt „ale” nennen .
Zudem überwacht das Texas Alcohol and Tobacco Tax and Trade Bureu die Gestaltung der Bieretiketten. Brauereien müssen ihre (neuen) Etiketten vorlegen und genehmigen lassen . Neben sinnvollen Bestimmungen (Alkoholangabe oder Verwendung des Begriffs „organic” („Bio”)) gibt es auch immer wieder Fälle, wo Biere wegen Kleinigkeiten nicht zugelassen werden. Das ist allerdings nicht auf Texas oder gar die USA beschränkt. So hatte die Flying Dog Brewery Probleme mit ihrem Raging Bitch IPA (der Name wurde als zu geschmacklos und beleidigend eingestuft) und in Deutschland musste man für Fucking Hell vor Gericht ziehen .
Bier auszuschenken ist manchmal auch nicht ganz einfach. Weil Städte und Landkreise (zumindest eingeschränkt) ihre eigenen Gesetze machen können, gibt es immer noch Landkreise, in denen man keinen Alkohol kaufen kann, die sogenannten Dry Counties. In Texas gibt es 6 Dry Counties; denen stehen 55 Wet Counties gegenüber . Der nächste Schnapsladen ist meistens direkt hinter der Landkreisgrenze. Erinnert fast an das Tanzverbot am Karfreitag.
Auch wenn man in einem Wet County ist, muss man besondere Regeln beachten. So braucht die Hops & Grains Brauerei in Austin eine Sondergenehmigung für den Bierausschank in der eigenen Brauerei, weil sich Wohnhäuser innerhalb von 540 Fuß (165m) befinden. Anwohner können sich gegen solche Sondergenehmigungen wehren, wenn sie den Bierausschank nicht wollen. Gründe wären Verkehrsbelastung oder Lärmbelästigung durch die Besucher der Brauerei, oder die Angst, dass Minderjährige in Versuchung geführt werden.
Apropos Minderjährige: Laut TABC ist der Verkauf (nicht nur der Ausschank) von Alkohol verboten, wenn sich eine Schule, eine Kirche oder ein Krankenhaus innerhalb von 300 Fuß (91m) befindet . Mir ist nicht bekannt, ob es eine solche Regel auch für Waffengeschäfte gibt…
Minderjährige in Bezug auf Alkohol sind in den USA alle Personen unter 21 Jahren. Man darf ab 18 Jahren Waffen kaufen, in Stripclubs halbnackt tanzen und zum Militär gehen, aber kein Bier trinken. Ausnahme: wenn die Eltern dabei sind und es erlauben. Falls keine Eltern zur Hand sind, kann auch ein (über 21 Jahre alter) Ehepartner seinem minderjährigen Ehepartner erlauben, Alkohol zu trinken. Und Alkohol ist Alkohol, da wird nicht zwischen Bier und harten Sachen unterschieden.
Sonntags kann man in Texas vor 12 Uhr Mittag überhaupt keinen Alkohol kaufen. Restaurants dürfen Alkohol schon ab 10 Uhr servieren, wenn die Gäste auch etwas zu essen bestellt haben, und das Essen bereits auf dem Tisch steht. Diese sogenannten blue laws stammen aus Zeiten, wo man gefälligst am Sonntagmorgen in die Kirche ging, anstatt ein Bier zu zischen. Wer also sonntagmorgens zum Wandern oder zum Schwimmen ein Bier mitnehmen will, muss das vorher kaufen .
Beim Bestellen in Restaurants und Kneipen gibt es weitere Besonderheiten. Wenn man einen Pitcher (Krug) Bier bestellt, ist es meistens billiger, als die vier Biere einzeln zu bestellen. Die TABC verlangt aber, dass immer zwei Personen einen Pitcher bestellen, alleine gibt es den nicht. Es gibt aber alleine sehr wohl vier Gläser Bier auf einmal. Das dürfte eine Regel sein, die genau wie geschrieben befolgt wird, ohne sich um den Sinn zu kümmern. Wirten und Gästen kann’s recht sein.
Ein Merkmal beim Akoholverkauf ist das dreistufige Verkaufssystem in den USA (mit Ausnahme des Staates Washington). In diesem System gibt es die Brauer (producer), die Großhändler (distributor), und die Endhändler (retailer; Restaurants, Geschäfte), die das Bier dem Kunden verkaufen . Natürlich will jeder in dieser Kette etwas verdienen.
Hintergrund ist, dass man zu Zeiten vor der Prohibition eine Monopolbildung sah, wo Brauereien die Kneipen besaßen und damit den Markt beherrschten. Im dreistufigen System darf kein Produzent oder Großhändler Endhändler besitzen oder umgekehrt – zumindest auf dem Papier.
Das geht so weit, dass Pinthouse Pizza, ein Brewpub in Austin, das eigene Bier an einen Distributor verkaufen muss, um es dann von dem zurückzukaufen und in der eigenen Brauerei auszuschenken. Für Brewpubs, die nur ihre eigenen Biere verkaufen, entfällt das, aber wer wie Pinthouse Pizza auch Biere anderer Brauereien verkaufen will, braucht zwingend und für alle Biere einen Distributor.
Bis vor ein paar Jahren durften die Brauereien in Texas nicht einmal ihr eigenes Bier verkaufen, zum Beispiel im Rahmen einer Brauereiführung. Man hat dann bei einer Brauereiführung für 10$ ein Pintglas gekauft, und bekam drei mal ein Bier seiner Wahl geschenkt. Damit hatte die Brauerei das Bier nur verschenkt, und das gekaufte Glas durften die Kunden mit nach hause nehmen. Wer das nicht wollte, bekam seine drei Biere im Einweg-Plastikbecher geschenkt. Inzwischen dürfen Brauereien Bier zum Konsum verkaufen, und viele Brauereien haben einen Tap Room, der wie eine Kneipe in der Brauerei mehrere Tage in der Woche (meistens am Wochenende) geöffnet ist und Bier verkauft .
Brauereien dürfen immer noch kein Bier in Dosen oder Flaschen verkaufen, die der Kunde mit nach Hause nimmt, aber die Klage dagegen läuft bereits .
Seit einem guten Jahr verkaufen Brewpubs manchmal Bier im sogenannten Growler und Crowler. Growler sind Flaschen mit Bügelverschluß oder Schraubverschluß, die meistens eine ganze (3,8 Liter) oder halbe (1,9 Liter) Gallone fassen. Man zapft direkt in die Growler, verschließt sie, und der Kunde nimmt sie mit. Man muß sie in den nächsten Tagen trinken, und wenn sie einmal offen sind, am besten am selben Tag. Crowler sind Dosen von meistens einer viertel (fast 1 Liter) oder einer halben Gallone (1,9 Liter), in die
ebenfalls vom Fass gezapft wird; danach wird der Crowler mit einer Maschine zugekrimpt und ist danach eine große Bierdose. Crowler halten sich wie normale Bierdosen .
Apropos Dosen: aus meiner Kindheit kenne ich noch die Assoziation von Dosenbier = miese Qualität. Das ist in den USA anders. Es gibt Craftbiere in Flaschen und Dosen, manchmal sogar das gleiche Bier in sowohl Flasche als auch Dose. Dosen haben einige Vorteile gegenüber Flaschen: sie sind lichtundurchlässig, und sie gehen nicht so leicht kaputt, bzw. hinterlassen keine Scherben. Das ist ein wichtiges Argument, wenn man sein Bier am Strand, auf dem Wasser oder beim Wandern trinken will.
Homebrewing ist überall in den USA erlaubt. Die zulässigen Höchstmengen richten sich nach dem jeweiligen Bundesstaat. In Texas sind es 200 Gallonen (757 Liter) pro Haushalt pro Jahr. Man braucht keinerlei Lizenz oder Genehmigung dazu. Selbstgebrautes darf nicht verkauft werden, und Schnapsbrennen ist illegal .
Robert Wenner ist Hobbybrauer seit 2009; lebt seit 14 Jahren in Austin, Texas; ist im richtigen Leben Software-Entwickler. Macht Comics zum Thema Bier und Brauen auf biercomics.de.
Quellen:
Abbildungen:
- Alkoholverbot: NordNordWest/Wikipedia unter CC-BY-SA‑3.0‑DE
- Uhr: Jwnabd/Wikimedia Commons unter GNU Free Documentation License
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