Zunächst klingt die Aufgabe einfach, aber beim Münchner Hell steckt der Teufel im Detail.
Es ist in vielerlei Hinsicht eine heikle Balance: ein wenig malzig, aber keinesfalls süß; angenehm vollmundig, aber keinesfalls mastig; ein wenig getreidig, aber keinesfalls zu kernig; ein ganz klein wenig hopfig, aber keinesfalls zu bitter; ein ganz klein wenig schweflig, aber keinerlei störende Fehlaromen.
Das Müchner Hell ist das einfache Bier, das so schwer zu brauen ist.
Das Helle in Zahlen
Die BJCP Style Guidelines nennen eine Stammwürze 11,3 bis 12,8 °P und einen Alkoholgehalt von 4,7 bis 5,4%vol, was einen scheinbaren Vergärungsgrad von um die 80% ergibt. Die Bittere ist mit 16 bis 22 IBU und damit einem Bittere-zu-Stammwürze-Verhältnis von etwa 1,5 nur gering. Die Farbe ist bei 7–12 EBC ein helles Goldgelb.
Die Schüttung
Münchner Hell ist ein Showcase für Pilsner Malz. Es sorgt für die helle Farbe und das reine, getreidig-süßliche Aroma. Schüttungen mit 100% Pilsner Malz sind durchaus üblich. Zur Verbesserung der Schaumstabilität kann etwas extrahelles Karamellmalz, etwa Weyermann CARAPILS®, benutzt werden. Ich persönlich würde dabei nicht über 5% Schüttungsanteil gehen, aber in der Literatur findet man durchaus Anteile von bis zu fast 10 [3] oder gar 20% [1]. Zudem können sehr geringe Anteile (unter 5%) von Münchner Malz und hellem Karamellmalz eingesetzt werden, um die Malzigkeit und Vollmundigkeit etwas zu verstärken.
Wer die Möglichkeit hat, kann mit Spelzentrennung arbeiten. Dabei werden die Spelzen nach dem Schroten zunächst durch ein Sieb abgetrennt und erst spät wieder zur Maische zugegeben. Dadurch werden weniger Gerbstoffe aus den Spelzen ausgewaschen und das Bier erhält einen noch weicheren Geschmack.
Wasser
Münchner Wasser ist mittelhart und mit 250–300 mg/l recht karbonathaltig, was es für ein Bier vom Typ Münchner Hell nicht gut geeignet erscheinen lässt. Es sorgt, auch schon bei geringen Hopfengaben, für eine unangenehm kratzige Bittere. Der große Erfolg des Münchner Hellen, der erst nach dem zweiten Weltkrieg so richtig in Fahrt kam (vgl. [4]), hat wohl auch damit zu tun, dass erst ab dieser Zeit die Wasseraufbereitung in großem Stil möglich war.
Um die helle Bierfarbe und eine angenehme Bittere darstellen zu können, sollte die Restalkalität des Wassers z.B. durch Ausfällung des Karbonats und/oder Säuerung in Richtung 0–2°dH gesenkt werden. Zur Berechnung empfehle ich einen online-Wasserrechner wie z.B. bei MaischeMalzundMehr oder das Kalkulationsblatt EZ Water Calculator. Der Maische-pH sollte während der Maltoserast bei etwa 5,4 liegen.
Maischarbeit
Will man Münchner Hell auf die traditionelle Art brauen, setzt man ein Dekoktionsmaischverfahren ein. Durch die Kochstufe wird selbst bei sehr hellen Schüttungen der typische leicht kernig-malzige Geschmack erreicht. Ausführliche Einzelheiten zur Dekoktion findet ihr in Moritz’ Artikel „Verkocht und Zugebrüht”. Bei Dekoktionsverfahren sind 100%ige Pilsnermalz-Schüttungen üblich.
Um die helle Farbe zu erhalten und nicht zu viele Gerbstoffe aus den Spelzen zu lösen, sollte die Kochzeit der Teilmaische(n) nicht zu lang gewählt werden; 10–15 Minuten sind ausreichend.
Natürlich lässt sich ein Münchner Hell auch mit einer ein- oder mehrstufigen Infusionsmaische darstellen. Um die fehlende Dekoktionsstufe geschmacklich auszugleichen, können dann Karamellmalze oder etwas Münchner Malz zugegeben werden. Konkrete Tipps zur Auswahl des Maischverfahrens gibt auch Andreas’ Artikel in dieser Ausgabe.
Kochung und Hopfung
Nach [1] sind beim Münchner Hell Kochzeiten von 90 bis 120 Minuten üblich, wobei ich persönlich eher an die untere Grenze oder gar darunter gehen würde, um die Zufärbung so gering wie möglich zu halten.
Als Hopfen sollten ausschließlich, auch für die Bittergaben, deutsche oder kontinentaleuropäische Edelhopfen eingesetzt werden. Dazu gehören die Hallertauer Sorten Tradition und Mittelfrüh, Tettnanger und Hersbrucker sowie der tschechische Saazer. Auch der Polnische Lubelski oder Styrian Golding sind Optionen. Die Bittere liegt nach [5] zwischen 16 und 22 IBU, Hopfenaromen im Geruch und Geschmack sind nur gering bis mäßig.
Das Hopfungsschema hängt davon ab, in welchem Maße man Hopfenaroma im Hellen haben möchte. Reine Bittergaben, bei denen der komplette Hopfen direkt nach dem Würzebruch gegeben wird, erzeugen eine neutrale Bittere ohne Hopfenaroma in Geruch oder Geschmack. Mit der traditionelle Hopfung in 3 Gaben, etwa nach 15 (Bitterung), 75 (Geschmack) und 90 Minuten (Nase) kann man über das Verhältnis der Gaben gut die Intensität von Hopfengeschmack und ‑Geruch steuern. Die Hopfen mit dem feinsten Aroma werden dabei am spätesten gegeben, z.B. erst nach dem Beenden der Kochung in den Whirlpool.
Das Münchner Hell ist kein hopfenbetontes Bier; weniger ist hier mehr, sowohl bei Bittere als auch beim Aroma. Der Hopfen soll sich nicht in den Vordergrund drängen, sondern nur die leichte Malzigkeit ausbalancieren.
Hefe und Gärung
Münchner Hell wird kühl mit untergäriger Hefe vergoren. Am besten eignen sich bayerische Lagerhefen, die die Malzigkeit zusätzlich betonen. Optimal ist frische untergärige Brauereihefe, aber wenn man nicht in der glücklichen Lage ist, eine freundliche Brauerei in der Nähe zu haben, tun es auch Flüssighefen wie etwa White Labs WLP920 Old Bavarian Lager Yeast, WYEAST 2206 Bavarian Lager oder WYEAST 2308 Munich Lager. Ist nur Trockenhefe verfügbar, wäre Fermentis Saflager W‑34/70 eine gute Wahl; sie glänzt neben Robustheit und neutralem Profil mit guter Sedimentation und führt relativ schnell zu einem sehr klaren Bier.
Die Gärung sollte eher im unteren Bereich der angegebenen Gärtemperatur, also bei etwa 9–11°C erfolgen. Das sichert den reinen untergärigen Geschmack ohne Ester oder höhere Alkohole. Bei dieser niedrigen Temperatur muss unbedingt darauf geachtet werden, dass ausreichend Hefe eingesetzt wird. Ein Starter ist für Flüssighefen Pflicht. Bei Trockenhefen sollte man unbedingt mindestens die Herstellerempfehlung zur Menge einhalten (meist ca. 1g Trockenhefe pro Liter Würze).
Nach der Gärung sollte das Münchner Hell mindestens vier Wochen bei möglichst geringer Temperatur – ideal sind etwa 0°C – gelagert werden. Das lässt die Hefe gut absetzen, so dass das Bier auch ohne Filterung sehr klar werden kann.
Rezept 1: Edel-Hell nach [1]
Daten
Stammwürze 11,5°P
Restextrakt 3°P
Alkohol 4,9%vol
Bittere 20 IBU
Farbe 5–6 EBC
Schüttung
80% Pilsner Malz (3kg für 20l)
20% Extra Helles Karamellmalz (750g für 20l)
Hopfen
Hallertauer Mittelfrüh
Tettnanger
Saazer
Hefe
Bayerische Lagerhefe, z.B. WYEAST 2308 Munich Lager
Maischen
Einmaischverfahren
Kochen
90 Minuten kochen.
Halletauer Mittelfrüh (24g/4%α für 20l) nach 15min
Tettnanger (14g/4%α für 20l) nach 75min
Saazer (28g für 20l) in den Whirlpool
Rezept 2: Hacker Pschorr Münchner Hell Clone nach [2]
Daten
Stammwürze 11,5°P
Alkohol 5%vol
Bittere 20 IBU
Farbe 4 EBC
Schüttung
100% Pilsner Malz (3,4kg für 20l bei 70% SHA)
Hopfen
25% Hallertauer Tradition oder Mittelfrüh (10g/5,5%α für 20l)
75% Tettnanger (23g/4%α für 20l)
Hefe
Lagerhefe, z.B. WYEAST 2308 Munich Lager
Maischen
Einmaischverfahren
Kochen
Gesamten Hopfen nach Würzebruch geben, 90 Minuten kochen.
Rezept 3: Münchner Helles nach [3]
Daten
Stammwürze 11,8°P
Alkohol 4,8%vol
Bittere 20 IBU
Farbe 10 EBC
Schüttung
50% Pilsner Malz (1,7kg für 20l)
42% Pilsner Malz extra hell (1,4kg für 20l)
5% Helles Karamellmalz (180g für 20l)
3% Extra Helles Karamellmalz (100g für 20l)
Hopfen
Hallertauer Tradition
Hallertauer Mittelfrüh
Hefe
Bayerische Lagerhefe, z.B. WYEAST 2308 Munich Lager
Maischen
Einmaischen bei 50°C, 30min Rast
Aufheizen auf 64°C, 20min Rast
Aufheizen auf 78°C
90min Läutern
Kochen
75 Minuten kochen
Hallertauer Tradition nach 15min (24g/5,5%α für 20l)
60% Hallertauer Mittelfrüh nach 60min (9g/4%α für 20l)
40% Hallertauer Mittelfrüh in den Whirlpool (6g/4%α für 20l)
Nachtrag:
Die Rezepte der Sieger des Brauwettbewerbs beim
Doemens Hobbybrauerseminar 2015
1. Platz: Graf Plato alias Hartmut – Ein ganz normales Helles
Daten
Ausschlagmenge 30l
Bittere 18,6 IBU
Schüttung
5,5kg Pilsner Malz
0,5kg Münchner Malz
Hopfen
Hallertauer Tradition 6,5%,10g Vorderwürze
Hallertauer Perle 10% 20g, 30min nach Kochbeginn
Hallertauer Perle 10% 15g, 5min vor Kochende
Kochzeit 60 min
Würze 10 min nach Kochbeginn auf PH 5,1 eingestellt
Hefe
untergärige Brauereihefe
Wasser
Brauwasser mit Calciumoxid entkalkt, P und M‑Wert titriert, mit Calciumchlorid und Milchsäure auf ‑2 °dH Restalkalität gedrückt.
Maischen
Hauptguss 25l
Maische mit Milchsäure auf PH 5,4 eingestellt
1.Rast 63°C 40min
2.Rast 72°C 20min
Abmaischen bei 78°C
Läutern
Nachguss 20l
Nachgusswasser auf PH 6 eingestellt
unterm Senkboden mit 78°C Nachgusswasser geflutet und ganzen Läuterbottich mit CO2 gespült (Sauerstoff!!!)
2. Platz: Moritz Gretzschel – Münchner Festbier
Daten
Ausschlagmenge ca. 40 l
Stammwürze 14°P
Alkoholgehalt 5,7%vol
Bittere 20 IBU
Wasser
60 l, mit Split Treatment auf Restalkalität von ca. 4°dH, mit Milchsäure auf ca. 0°dH eingestellt
Schüttung
7,0 kg Bohemian Pilsener Malz
1,5 kg Wiener Malz
Maischen
Einmaischen mit 28 l Hauptguss 60°C, gibt 35 l 57°C, Rast 15′
Heizen auf 62°C, Rast 25′
Heizen auf 65°C, 23 l Dünnmaische in Läuterbottich umlagern
12 l Dickmaische kochen für 10′
Zubrühen in Läuterbottich gibt 75°C, Läuterrast 20′
Nachgüsse 32 l mit 80°C
Hopfen
Vorderwürzehopfung 50 g Saazer 3,0% alpha,
Bitterhopfung 27 g Perle 7,0% alpha für 70′
Würze-pH mit Milchsäure eingestellt auf 5,2
Kochen 90min
Gärung
Anstellen mit dickbreiiger W34/70 aus Alpirsbach bei 8°C
Hauptgärung bei 10°C
Karbonisieren mit Zucker auf 5,0 g CO2/l, Flaschengärung
3. Platz: ggansde alias Markus – Münchner Helles (Braumeister 50L)
Daten
Ausschlagmenge 50l
Stammwürze 12°P
Alkoholgehalt 5%vol
Bittere 19IBU
Farbe 10EBC
EVG 77%
SHA 62%
Schüttung
9000g Pilsner Malz (87%)
1000g Wiener Malz (10%)
300g Sauermalz (3%)
Wasser
Hauptguss 55l
Nachguss 4l
Maische
Einmaischen bei 63°C.
45 Minuten Rast bei 62 °C.
30 Minuten Rast bei 71°C.
10 Minuten Rast bei 78°C.
Abmaischen wenn Jodnormal
Hopfen
35g Tettnanger Pellets 2.3%α zur Vorderwürze, 80min Kochen (4 IBU, 21%)
22g Hallertauer Magnum Pellets 12.9%α 70min Kochen (15 IBU, 79%)
Hefe und Gärung
4 Päckchen WYEAST 2206 Bavarian Lager, Gärung bei 9°C für 10 Tage
2 Tage Diacethylrast bei 20 °C
Kaltlagerung 14 Tage bei 5 °C
Karbonisierung auf 5g/l CO2
Quellen:
[1] Horst Dornbusch: Bavarian Helles, Brewers Publications, 2006
[2] Graham Wheeler, Roger Protz: Brew Classic European Beers at Home, Camra Books, 1995
[3] Horst Dornbusch: The Ultimate Almanac of World Beer Recipes, Cerevisia Communications, 2010
[4] Christian Schäder: Münchner Brauindustrie 1871–1945, Tectum Verlag, 1999
[5] BJCP Style Guidelines 2008, Münchner Helles, Übersetzung ins Deutsche auf brauerei.mueggelland.de