Münch­ner Hell – Rezep­te und Brautipps

Helles

Foto: Hans Wastlhuber (Wikimedia Commons)

Zunächst klingt die Auf­ga­be ein­fach, aber beim Münch­ner Hell steckt der Teu­fel im Detail.

Es ist in vie­ler­lei Hin­sicht eine heik­le Balan­ce: ein wenig mal­zig, aber kei­nes­falls süß; ange­nehm voll­mun­dig, aber kei­nes­falls mastig; ein wenig getrei­dig, aber kei­nes­falls zu ker­nig; ein ganz klein wenig hop­fig, aber kei­nes­falls zu bit­ter; ein ganz klein wenig schwef­lig, aber kei­ner­lei stö­ren­de Fehlaromen.

Das Müch­ner Hell ist das ein­fa­che Bier, das so schwer zu brau­en ist.

Das Hel­le in Zahlen

Die BJCP Style Gui­de­lines nen­nen eine Stamm­wür­ze 11,3 bis 12,8 °P und einen Alko­hol­ge­halt von 4,7 bis 5,4%vol, was einen schein­ba­ren Ver­gä­rungs­grad von um die 80% ergibt. Die Bit­te­re ist mit 16 bis 22 IBU und damit einem Bittere-​zu-​Stammwürze-​Verhältnis von etwa 1,5 nur gering. Die Far­be ist bei 7–12 EBC ein hel­les Goldgelb.

Die Schüt­tung

Münch­ner Hell ist ein Show­ca­se für Pils­ner Malz. Es sorgt für die hel­le Far­be und das rei­ne, getreidig-​süßliche Aro­ma. Schüt­tun­gen mit 100% Pils­ner Malz sind durch­aus üblich. Zur Ver­bes­se­rung der Schaum­sta­bi­li­tät kann etwas extra­hel­les Kara­mell­malz, etwa Wey­er­mann CARAPILS®, benutzt wer­den. Ich per­sön­lich wür­de dabei nicht über 5% Schüt­tungs­an­teil gehen, aber in der Lite­ra­tur fin­det man durch­aus Antei­le von bis zu fast 10 [3] oder gar 20% [1]. Zudem kön­nen sehr gerin­ge Antei­le (unter 5%) von Münch­ner Malz und hel­lem Kara­mell­malz ein­ge­setzt wer­den, um die Mal­zig­keit und Voll­mun­dig­keit etwas zu verstärken.

Wer die Mög­lich­keit hat, kann mit Spel­zen­tren­nung arbei­ten. Dabei wer­den die Spel­zen nach dem Schro­ten zunächst durch ein Sieb abge­trennt und erst spät wie­der zur Mai­sche zuge­ge­ben. Dadurch wer­den weni­ger Gerb­stof­fe aus den Spel­zen aus­ge­wa­schen und das Bier erhält einen noch wei­che­ren Geschmack.

Was­ser

Münch­ner Was­ser ist mit­tel­hart und mit 250–300 mg/​l recht kar­bo­nat­hal­tig, was es für ein Bier vom Typ Münch­ner Hell nicht gut geeig­net erschei­nen lässt. Es sorgt, auch schon bei gerin­gen Hop­fen­ga­ben, für eine unan­ge­nehm krat­zi­ge Bit­te­re. Der gro­ße Erfolg des Münch­ner Hel­len, der erst nach dem zwei­ten Welt­krieg so rich­tig in Fahrt kam (vgl. [4]), hat wohl auch damit zu tun, dass erst ab die­ser Zeit die Was­ser­auf­be­rei­tung in gro­ßem Stil mög­lich war.

Um die hel­le Bier­far­be und eine ange­neh­me Bit­te­re dar­stel­len zu kön­nen, soll­te die Restal­ka­li­tät des Was­sers z.B. durch Aus­fäl­lung des Kar­bo­nats und/​oder Säue­rung in Rich­tung 0–2°dH gesenkt wer­den. Zur Berech­nung emp­feh­le ich einen online-​Wasserrechner wie z.B. bei Mai­scheMal­zund­Mehr oder das Kal­ku­la­ti­ons­blatt EZ Water Cal­cu­la­tor. Der Maische-​pH soll­te wäh­rend der Mal­to­serast bei etwa 5,4 liegen.

Maisch­ar­beit

Will man Münch­ner Hell auf die tra­di­tio­nel­le Art brau­en, setzt man ein Dekok­ti­ons­maisch­ver­fah­ren ein. Durch die Koch­stu­fe wird selbst bei sehr hel­len Schüt­tun­gen der typi­sche leicht kernig-​malzige Geschmack erreicht. Aus­führ­li­che Ein­zel­hei­ten zur Dekok­ti­on fin­det ihr in Moritz’ Arti­kel „Ver­kocht und Zuge­brüht”. Bei Dekok­ti­ons­ver­fah­ren sind 100%ige Pilsnermalz-​Schüttungen üblich.

Um die hel­le Far­be zu erhal­ten und nicht zu vie­le Gerb­stof­fe aus den Spel­zen zu lösen, soll­te die Koch­zeit der Teilmaische(n) nicht zu lang gewählt wer­den; 10–15 Minu­ten sind ausreichend.

Natür­lich lässt sich ein Münch­ner Hell auch mit einer ein- oder mehr­stu­fi­gen Infu­si­ons­mai­sche dar­stel­len. Um die feh­len­de Dekok­ti­ons­stu­fe geschmack­lich aus­zu­glei­chen, kön­nen dann Kara­mell­mal­ze oder etwas Münch­ner Malz zuge­ge­ben wer­den. Kon­kre­te Tipps zur Aus­wahl des Maisch­ver­fah­rens gibt auch Andre­as’ Arti­kel in die­ser Ausgabe.

Kochung und Hopfung

Nach [1] sind beim Münch­ner Hell Koch­zei­ten von 90 bis 120 Minu­ten üblich, wobei ich per­sön­lich eher an die unte­re Gren­ze oder gar dar­un­ter gehen wür­de, um die Zufär­bung so gering wie mög­lich zu halten.

Als Hop­fen soll­ten aus­schließ­lich, auch für die Bit­ter­ga­ben, deut­sche oder kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­sche Edel­hop­fen ein­ge­setzt wer­den. Dazu gehö­ren die Hal­ler­tau­er Sor­ten Tra­di­ti­on und Mit­tel­früh, Tett­nan­ger und Hers­bru­cker sowie der tsche­chi­sche Saa­zer. Auch der Pol­ni­sche Lubel­ski oder Sty­ri­an Gol­ding sind Optio­nen. Die Bit­te­re liegt nach [5] zwi­schen 16 und 22 IBU, Hop­fen­aro­men im Geruch und Geschmack sind nur gering bis mäßig.

Das Hop­fungs­sche­ma hängt davon ab, in wel­chem Maße man Hop­fen­aro­ma im Hel­len haben möch­te. Rei­ne Bit­ter­ga­ben, bei denen der kom­plet­te Hop­fen direkt nach dem Wür­ze­bruch gege­ben wird, erzeu­gen eine neu­tra­le Bit­te­re ohne Hop­fen­aro­ma in Geruch oder Geschmack. Mit der tra­di­tio­nel­le Hop­fung in 3 Gaben, etwa nach 15 (Bit­te­rung), 75 (Geschmack) und 90 Minu­ten (Nase) kann man über das Ver­hält­nis der Gaben gut die Inten­si­tät von Hop­fen­ge­schmack und ‑Geruch steu­ern. Die Hop­fen mit dem feins­ten Aro­ma wer­den dabei am spä­tes­ten gege­ben, z.B. erst nach dem Been­den der Kochung in den Whirlpool.

Das Münch­ner Hell ist kein hop­fen­be­ton­tes Bier; weni­ger ist hier mehr, sowohl bei Bit­te­re als auch beim Aro­ma. Der Hop­fen soll sich nicht in den Vor­der­grund drän­gen, son­dern nur die leich­te Mal­zig­keit ausbalancieren.

Hefe und Gärung

Münch­ner Hell wird kühl mit unter­gä­ri­ger Hefe ver­go­ren. Am bes­ten eig­nen sich baye­ri­sche Lager­he­fen, die die Mal­zig­keit zusätz­lich beto­nen. Opti­mal ist fri­sche unter­gä­ri­ge Braue­rei­he­fe, aber wenn man nicht in der glück­li­chen Lage ist, eine freund­li­che Braue­rei in der Nähe zu haben, tun es auch Flüs­sig­he­fen wie etwa White Labs WLP920 Old Bava­ri­an Lager Yeast, WYEAST 2206 Bava­ri­an Lager oder WYEAST 2308 Munich Lager. Ist nur Tro­cken­he­fe ver­füg­bar, wäre Fer­men­tis Safla­ger W‑34/​70 eine gute Wahl; sie glänzt neben Robust­heit und neu­tra­lem Pro­fil mit guter Sedi­men­ta­ti­on und führt rela­tiv schnell zu einem sehr kla­ren Bier.

Die Gärung soll­te eher im unte­ren Bereich der ange­ge­be­nen Gär­tem­pe­ra­tur, also bei etwa 9–11°C erfol­gen. Das sichert den rei­nen unter­gä­ri­gen Geschmack ohne Ester oder höhe­re Alko­ho­le. Bei die­ser nied­ri­gen Tem­pe­ra­tur muss unbe­dingt dar­auf geach­tet wer­den, dass aus­rei­chend Hefe ein­ge­setzt wird. Ein Star­ter ist für Flüs­sig­he­fen Pflicht. Bei Tro­cken­he­fen soll­te man unbe­dingt min­des­tens die Her­stel­ler­emp­feh­lung zur Men­ge ein­hal­ten (meist ca. 1g Tro­cken­he­fe pro Liter Würze).

Nach der Gärung soll­te das Münch­ner Hell min­des­tens vier Wochen bei mög­lichst gerin­ger Tem­pe­ra­tur – ide­al sind etwa 0°C – gela­gert wer­den. Das lässt die Hefe gut abset­zen, so dass das Bier auch ohne Fil­te­rung sehr klar wer­den kann.


Rezept 1: Edel-​Hell nach [1]

Daten

Stamm­wür­ze 11,5°P
Rest­ex­trakt 3°P
Alko­hol 4,9%vol
Bit­te­re 20 IBU
Far­be 5–6 EBC

Schüt­tung

80% Pils­ner Malz (3kg für 20l)
20% Extra Hel­les Kara­mell­malz (750g für 20l)

Hop­fen

Hal­ler­tau­er Mittelfrüh
Tettnanger
Saazer

Hefe

Baye­ri­sche Lager­he­fe, z.B. WYEAST 2308 Munich Lager

Mai­schen

Ein­maisch­ver­fah­ren

Kochen

90 Minu­ten kochen.
Hal­le­tau­er Mit­tel­früh (24g/4%α für 20l) nach 15min
Tett­nan­ger (14g/4%α für 20l) nach 75min
Saa­zer (28g für 20l) in den Whirlpool


Rezept 2: Hacker Pschorr Münch­ner Hell Clo­ne nach [2]

Daten

Stamm­wür­ze 11,5°P
Alko­hol 5%vol
Bit­te­re 20 IBU
Far­be 4 EBC

Schüt­tung

100% Pils­ner Malz (3,4kg für 20l bei 70% SHA)

Hop­fen

25% Hal­ler­tau­er Tra­di­ti­on oder Mit­tel­früh (10g/5,5%α für 20l)
75% Tett­nan­ger (23g/4%α für 20l)

Hefe

Lager­he­fe, z.B. WYEAST 2308 Munich Lager

Mai­schen

Ein­maisch­ver­fah­ren

Kochen

Gesam­ten Hop­fen nach Wür­ze­bruch geben, 90 Minu­ten kochen.


Rezept 3: Münch­ner Hel­les nach [3]

Daten

Stamm­wür­ze 11,8°P
Alko­hol 4,8%vol
Bit­te­re 20 IBU
Far­be 10 EBC

Schüt­tung

50% Pils­ner Malz (1,7kg für 20l)
42% Pils­ner Malz extra hell (1,4kg für 20l)
5% Hel­les Kara­mell­malz (180g für 20l)
3% Extra Hel­les Kara­mell­malz (100g für 20l)

Hop­fen

Hal­ler­tau­er Tradition
Hal­ler­tau­er Mittelfrüh

Hefe

Baye­ri­sche Lager­he­fe, z.B. WYEAST 2308 Munich Lager

Mai­schen

Ein­mai­schen bei 50°C, 30min Rast
Auf­hei­zen auf 64°C, 20min Rast
Auf­hei­zen auf 78°C
90min Läutern

Kochen

75 Minu­ten kochen
Hal­ler­tau­er Tra­di­ti­on nach 15min (24g/5,5%α für 20l)
60% Hal­ler­tau­er Mit­tel­früh nach 60min (9g/4%α für 20l)
40% Hal­ler­tau­er Mit­tel­früh in den Whirl­pool (6g/4%α für 20l)


Nach­trag:

Die Rezep­te der Sie­ger des Brau­wett­be­werbs beim
Doe­mens Hob­by­brau­er­se­mi­nar 2015

1. Platz: Graf Pla­to ali­as Hart­mut – Ein ganz nor­ma­les Helles

Daten

Aus­schlag­men­ge 30l
Bit­te­re 18,6 IBU

Schüt­tung

5,5kg Pils­ner Malz
0,5kg Münch­ner Malz

Hop­fen

Hal­ler­tau­er Tra­di­ti­on 6,5%,10g Vorderwürze
Hal­ler­tau­er Per­le 10% 20g, 30min nach Kochbeginn
Hal­ler­tau­er Per­le 10% 15g, 5min vor Kochende

Koch­zeit 60 min
Wür­ze 10 min nach Koch­be­ginn auf PH 5,1 eingestellt

Hefe

unter­gä­ri­ge Brauereihefe

Was­ser

Brau­was­ser mit Cal­ci­um­oxid ent­kalkt, P und M‑Wert titriert, mit Cal­ci­um­chlo­rid und Milch­säu­re auf ‑2 °dH Restal­ka­li­tät gedrückt.

Mai­schen

Haupt­guss 25l
Mai­sche mit Milch­säu­re auf PH 5,4 eingestellt

1.Rast 63°C 40min
2.Rast 72°C 20min
Abmai­schen bei 78°C

Läu­tern

Nach­guss 20l
Nach­guss­was­ser auf PH 6 eingestellt
unterm Senk­bo­den mit 78°C Nach­guss­was­ser geflu­tet und gan­zen Läu­ter­bot­tich mit CO2 gespült (Sau­er­stoff!!!)


2. Platz: Moritz Gretz­schel – Münch­ner Festbier

Daten

Aus­schlag­men­ge ca. 40 l
Stamm­wür­ze 14°P
Alko­hol­ge­halt 5,7%vol
Bit­te­re 20 IBU

Was­ser

60 l, mit Split Tre­at­ment auf Restal­ka­li­tät von ca. 4°dH, mit Milch­säu­re auf ca. 0°dH eingestellt

Schüt­tung

7,0 kg Bohe­mi­an Pil­se­ner Malz
1,5 kg Wie­ner Malz

Mai­schen

Ein­mai­schen mit 28 l Haupt­guss 60°C, gibt 35 l 57°C, Rast 15′
Hei­zen auf 62°C, Rast 25′
Hei­zen auf 65°C, 23 l Dünn­mai­sche in Läu­ter­bot­tich umlagern
12 l Dick­mai­sche kochen für 10′
Zubrü­hen in Läu­ter­bot­tich gibt 75°C, Läu­ter­rast 20′
Nach­güs­se 32 l mit 80°C

Hop­fen

Vor­der­wür­ze­hop­fung 50 g Saa­zer 3,0% alpha,
Bit­ter­hop­fung 27 g Per­le 7,0% alpha für 70′
Würze-​pH mit Milch­säu­re ein­ge­stellt auf 5,2
Kochen 90min

Gärung

Anstel­len mit dick­brei­iger W34/​70 aus Alpirs­bach bei 8°C
Haupt­gä­rung bei 10°C

Kar­bo­ni­sie­ren mit Zucker auf 5,0 g CO2/​l, Flaschengärung


3. Platz: ggans­de ali­as Mar­kus – Münch­ner Hel­les (Brau­meis­ter 50L)

Daten

Aus­schlag­men­ge 50l
Stamm­wür­ze 12°P
Alko­hol­ge­halt 5%vol
Bit­te­re 19IBU
Far­be 10EBC
EVG 77%
SHA 62%

Schüt­tung

9000g Pils­ner Malz (87%)
1000g Wie­ner Malz (10%)
300g Sau­er­malz (3%)

Was­ser

Haupt­guss 55l
Nach­guss 4l

Mai­sche

Ein­mai­schen bei 63°C.
45 Minu­ten Rast bei 62 °C.
30 Minu­ten Rast bei 71°C.
10 Minu­ten Rast bei 78°C.
Abmai­schen wenn Jodnormal

Hop­fen

35g Tett­nan­ger Pel­lets 2.3%α zur Vor­der­wür­ze, 80min Kochen (4 IBU, 21%)
22g Hal­ler­tau­er Magnum Pel­lets 12.9%α 70min Kochen (15 IBU, 79%)

Hefe und Gärung

4 Päck­chen WYEAST 2206 Bava­ri­an Lager, Gärung bei 9°C für 10 Tage
2 Tage Diace­thyl­rast bei 20 °C
Kalt­la­ge­rung 14 Tage bei 5 °C
Kar­bo­ni­sie­rung auf 5g/​l CO2


Quel­len:
[1] Horst Dorn­busch: Bava­ri­an Hel­les, Bre­wers Publi­ca­ti­ons, 2006
[2] Gra­ham Whee­ler, Roger Protz: Brew Clas­sic Euro­pean Beers at Home, Cam­ra Books, 1995
[3] Horst Dorn­busch: The Ulti­ma­te Alma­nac of World Beer Recipes, Cere­vi­sia Com­mu­ni­ca­ti­ons, 2010
[4] Chris­ti­an Schä­der: Münch­ner Brau­in­dus­trie 1871–1945, Tec­tum Ver­lag, 1999
[5] BJCP Style Gui­de­lines 2008, Münch­ner Hel­les, Über­set­zung ins Deut­sche auf brauerei.mueggelland.de 

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