Mittel gegen die große Läuterkatastrophe
Als Läuterung bezeichnet man im Deutschen auch die Katharsis der griechischen Tragödie. Und um Läuterung zu erlangen, müsse man laut Aristoteles zunächst Jammer und Schrecken durchleben. Was die allermeisten Hobbybrauer schon getan haben: Urplötzlich ging fast gar nichts mehr, aus dem Läuterhahn tröpfelte es nur noch, wenn überhaupt, und wenn man die in stundenlangem Gerühre, Gehacke und Gespüle mühsam errungenen wenigen Liter Würze auf das eigentlich geplante Ziel hochrechnete, schwante einem, dass es eine lange, wenn nicht gar durchwachte Nacht werden würde. Und hinterher konnte man oft gar nicht einmal mehr sagen, woran genau es jetzt eigentlich gelegen hatte.
Daher soll in diesem Artikel versucht werden, den durchaus vielfältigen Ursachen der Läutertragödie ein wenig auf die Spur zu kommen, und wenn möglich ein paar Hinweise zu geben, wie eine gut konstruierte Läutervorrichtung aussehen sollte, um dies künftig zu vermeiden. In diesem ersten Teil soll es daher um die Hardware gehen, im zweiten Teil (in der nächsten Ausgabe) dann um den Umgang damit.
Ursachen
Erschwertes Läutern kann eine ganze Reihe von Ursachen haben. Viel mehr, als sich in diesem Artikel erschöpfend behandeln ließen. Die für uns Hobbybrauer die wichtigsten sind:
- zu feine oder schlechte Schrotung mit teilweise zerstörten Spelzen
- Spelzenarme Schüttungen, insbes. bei Weizenbieren
- hoher Anteil an Gummi- und Schleimstoffen (Weizen, Roggen, Buchweizen…)
- kühle Würze mit dadurch erhöhter Viskosität
- ungünstige Konstruktion von Läuterbottich, Läuterhahn oder Senkboden
- zu große Höhe des Treberbetts bei ungünstiger Läuterbottich-Geometrie oder bei Starkbierschüttungen
- Luft unter dem Senkboden
Einige dieser Probleme können also schon beim Schroten und bei der Maischarbeit angelegt worden sein. Und ob eine Schrotqualität überhaupt ideal ist, hängt wiederum von dem später verwendeten Läutersystem ab. All diese Faktoren und Zusammenhängen in diesem Artikel mitzubehandeln würde dessen Rahmen weit sprengen. Wir wollen daher hier beim Abmaischen einsetzen und hoffen, dass unsere Läuteranlage und auch unser Vorgehen robust genug ist, um auch mit Problemschüttungen bzw. ‑maischen klarzukommen.
Während fast alle anderen Schritte des Maischens leicht automatisierbar sind, was auch bei vielen Hobbybraueranlagen getan wird, ist das Läutern einer der wenigen Prozessschritte, bei dem überhaupt so etwas wie Gespür und handwerkliches Geschick gefragt sind. Das ist auch bei kommerziellen Brauereien nicht anders, auch dort ist das Läutern vielfach der kritischste und zeitaufwändigeste Vorgang im Sudhaus: Es gibt mittelständische Brauereien, bei denen nur der Meister selber oder der jeweils erfahrenste Biersieder Trübwürze pumpen dürfen. Und dennoch kommt es auch dort ein oder zweimal im Jahr vor, dass die Treber dichtmachen…
Trotzdem stellt der klassische Läuterbottich mit Schlitzboden hinsichtlich Ausbeute und Würzequalität so etwas wie ein ausgereiftes technologisches Optimum dar. Denn trotz Modernisierungsansätzen wie Strainmaster, Maischefilter oder kontinuierliche Läuterverfahren werden heute wieder zunehmend konventionelle Senkboden-Läuterbottiche, wenngleich in optimierter Form, gebaut.
Mindestens ebenso vielfältig sind die Läutervorrichtungen von Hobbybraueranlagen. Grundsätzlich werden in diesem Artikel die Vorgänge anhand eines klassischen, dem großen Vorbild abgeschauten Senkboden-Bottichs beschrieben, auch wenn anschließend ein paar alternative Systeme kurz kommentiert werden sollen.
Ein paar grundsätzliche Auslegungsdaten
Bekanntlich ist der geschlitzte Senkboden nicht der eigentlichen Filter, sondern dient nur als Träger für die Spelzen, die dann die Filterschicht bilden. Die Maische läutert sich gewissermaßen selber! Grundsätzlich spricht natürlich nichts dagegen, sich bei der Auslegung eines Läuterbottichs am industriellen Vorbild zu orientieren. Die dort üblichen, meist aus trapezförmigen Stäben gebildeten Senkböden, deren oben meist nur 0,7 mm breite Schlitze sich nach unten konisch erweitern, sind für uns Hobbybrauer in der Regel aber unerschwinglich. Stattdessen haben sich im Hobbybereich entweder Edelstahl-Lochbleche von 1,5 bis 2 mm Lochdurchmesser oder gelaserte Schlitzbleche (wie die von MattMill) mit z.B. 1,3 mm weiten Schlitzen mit Erfolg eingeführt. Auch damit lassen sich freie Durchgangsflächen von einem Viertel der Bodenfläche erzielen (beim großen Vorbild meist ein Drittel), wobei Schlitze gegenüber Löchern der Vorteil einer größeren Durchgangsfläche haben, und dass sie nicht durch einzelne Körner verlegt werden können.
Beim Vorbild gibt es nun bewährte Richtwerte [1], wie etwa dass pro m² Senkbodenfläche ca. 150 kg geschüttet werden sollten (spezifische Senkbodenbelastung). Dies wiederum entspräche ca. 270 l Nasstreber oder einer Treber-Schichthöhe von 27 cm. Halten wir uns an diese Werte, wäre unser Hobby-Läuterbottich gewissermaßen eine aus einem großen Bottich ausgestochene Säule, was einen etwas unpraktikablen, röhrenformigen Bottich ergäbe, siehe Abbildung 1.
Meist werden für Hobby-Bottiche erhältliche Eimer, Töpfe oder mit großem Erfolg isolierte Speisebehälter (Thermoport genannt) verwendet, die ein eher gedrungenes, quadratisches Durchmesser-Höhen-Verhältnis haben. Bei gleichem Volumen und gleicher Schüttung haben wir dann eine z.B. nur halb so mächtige Treberschicht und können damit auch schneller Läutern als das große Vorbild, wo der komplette Läutervorgang 2 bis 3 Stunden dauern kann.
Allzu flach sollten Bottich und Treberschicht allerdings auch nicht werden, was zu einer ungleichmäßigen Durchströmung der Trebern einerseits und zu einer ungenügenden Filterwirkung andererseits führen würde. Manchmal wird der Erfahrungswert genannt, dass man nicht unter 12 cm Treberhöhe gehen sollte, um noch klar läutern zu können.
Ein anderes Zahlenbeispiel: Der sehr häufig verwendete 38 l‑Thermoport fühlt sich bei Schüttungen von 8 kg bis maximal etwa 10 kg am wohlsten, was bei einer Bodenfläche von 0,1 m² einer Treberhöhe von 15 bzw. 18 cm entspricht. Damit kann man im ersten Fall eine Verhältnis von Schüttung zu Hauptguss von 1:4, im zweiten Fall noch von 1:3 realisieren.
Der Totraum unter dem Senkboden sollte generell möglichst klein ausfallen. Wenige Millimeter Abstand genügen! Umso weniger Trübwürze kann sich darunter sammeln, und umso besser lässt sich der Bodenteig herausspülen. Damit ist auch klar, dass ein zentraler Bodenablauf am besten, und ein seitlicher Anstich in der Bottichwand nur ein Kompromiss ist, wenngleich ein gangbarer und oft auch unvermeidbarer. Die Aufteilung des Senkbodens in mehrere Quellgebiete wie beim großen Vorbild spielt bei unseren kleinen Hobbybottichen keine Rolle, hier genügt in der Regel ein Ablauf und ein Läuterhahn.
Eine Wärmedämmung des Läuterbottichs ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber auf jeden Fall vorteilhaft: Die Maische kühlt nicht so stark aus und bleibt somit dünnflüssig, auch wenn es einmal länger dauern sollte. Zudem erlauben solche Bottiche, darin zu maischen, sei es bei klassischen Dekoktionsverfahren, einstufiger Infusion („Kombirast“) oder Zubrühverfahren. Thermoports oder Camping-Kühlboxen sind von Haus aus isoliert, bei allen anderen Behältern kann man sich mit Schaumstoff (z.B. Armaflex) leicht behelfen.
Ein bisschen Physik (aber wirklich nur ein bisschen!)
Viele Hobbybraueranlagen sehen ungefähr so aus wie in Abbildung 3 skizziert. Und da bekannt ist, dass heiße Würze, die frei in ein Auffanggefäß plätschert, anfällig für Oxidation ist, ist häufig ein Schlauch am Läuterhahn befestigt, der in ein auf dem Boden stehendes Auffanggefäß oder die Würzepfanne reicht. Allerdings erschließen sich die Druckverhältnisse in dieser Anordnung nicht intuitiv: Denn oft wird vergessen, dass nicht nur die über dem Läuterblech stehende Maische einen geodätischen Druck ausübt, der die Würze durch das Treberbett treibt, sondern dass auch ein mit Würze gefüllter Schlauch einen Saugzug ausüben kann.
Treibendes Element für die Würze ist dabei die Schwerkraft, genau genommen der Höhenunterschied. Am oberen Flüssigkeitsspiegel der Maische (Punkt 1) herrscht Umgebungsdruck. Dort, wo die Würze auf ihrem Weg erstmals wieder auf freie Umgebungsluft trifft (Punkt 2), herrscht ebenfalls Umgebungsdruck. Der Höhenunterschied dieser beiden Punkte ergibt direkt die geodätische Druckdifferenz (die wir hier etwas antiquiert aber anschaulich in Millimetern Wassersäule messen wollen), die die Würze durch das System treibt. Luftgefüllte Schlauchabschnitte liefern dazu keinen Beitrag und sind daher abzuziehen.
Sowohl die Trebern selber, als auch der Läuterhahn stellen jeweils einen Strömungswiderstand dar, der einen Druckabfall der strömenden Würze bewirkt. Es wird sich nun als Gleichgewichtszustand eine Strömungsgeschwindigkeit einstellen, bei der die gesamte geodätische Druckdifferenz genau der Summe der Druckabfälle an diesen beiden in Reihe geschalteten Widerständen entspricht. Leider können wir aber normalerweise nicht von außen sehen, wie sich der nur vom Höhenunterschied abhängige Gesamtdruck auf die beiden Strömungswiderstände aufteilt. Denn für die Verhältnisse am Treberbett, wie schnell darin die Würze strömt, und wie stark die Trebern dadurch verdichtet werden, ist ausschließlich der dortige Druckabfall (also der Druckunterschied zwischen Oberseite des Treberbetts und Unterseite des Läuterbodens) entscheidend, nicht etwa der dort herrschende Absolutdruck! Ein höherer Druckunterschied am Treberbett bewirkt zwar zunächst ein schnelleres Strömen der Würze, aber auch ein Verdichten des Trebers und damit eine baldige starke Erhöhung des dortigen Strömungswiderstandes, so dass dort bald trotz erhöhten Druckunterschieds weniger Würze fließen wird.
Der Weg zur Läuterkatastrophe
Unser Dilemma dabei ist, dass wir nur den Widerstand des Läuterhahns direkt beeinflussen können, während der des Treberbetts sich (von uns zunächst unerkannt) ändern kann. Und damit können wir auch nicht erkennen, ob ein zu geringer Würzestrom aus einem zu weit gedrosselten Läuterhahn resultiert, oder aber weil sich die Trebern bereits zusammengezogen haben. Damit ist der Weg zur klassischen Fehlbedienung vorgezeichnet, der die Läuterkatastrophe meistens einleitet:
Am Anfang waren die Trebern noch fluffig und gut durchlässig, ziehen sich aber allmählich zusammen und drosseln den Würzefluss. Damit fällt bei unveränderter Hahnstellung immer weniger Druck am Hahn und umso mehr an den Trebern ab, was das Verdichten beschleunigt: Ein selbstverstärkender Effekt! Wenn wir jetzt den Fehler machen und glauben, durch Öffnen des Läuterhahns den Würzefluss wieder ankurbeln zu können, erreichen wir damit das genaue Gegenteil: Wir reduzieren damit die Druckdifferenz am Hahn noch weiter und erhöhen damit gleichzeitig die am Treberbett, was dieses weiter komprimiert. Ein Teufelskreis, bis die Trebern irgendwann so dicht sind, das trotz offenen Läuterhahns (und dann liegt der gesamte Druck an den Trebern an!) fast gar nichts mehr geht.
In Abbildung 4 sieht man Ergebnisse einer Simulation, der zwar ein ganz einfaches lineares Modell der Treberverdichtung zu Grunde liegt, die aber die geschilderten Zusammenhänge zumindest qualitativ verdeutlichen soll. Die Drücke an Hahn und Trebern verhalten sich genau gegenläufig. Sobald man den Hahn zu weit öffnet, verlagert sich die zwischen freier Maischeoberfläche und Ausgang des Läuterhahns herrschende Druckdifferenz (hier: 50 cm Wassersäule) zunehmend vom Läuterhahn auf die Treberschicht, so dass diese sich irgendwann fast schon schlagartig zusammenzieht, und sich der anfangs fast linear ansteigende Würzestrom wieder deutlich reduziert.
Spätestens wenn man in der Darstellung über den Buckel der roten Linie versehentlich drübergerutscht ist, ist sie da, die ganz große Läuterkatastrophe, und kann auch durch erneutes Schließen des Hahns nicht mehr korrigiert werden!
Aus der Abbildung 3 wird klar, dass ein Schlauch am Läuterhahn die Sache nicht gerade einfacher macht: Die geodätische Druckdifferenz ist (bei gefülltem Schlauch) stark erhöht, so dass ein größerer Anteil davon durch geeignete Bedienung des Läuterhahns abgefangen werden muss und damit auch eine Fehlbedienung umso wahrscheinlicher wird. Vor allem, wenn der Schlauch sich erst im Verlauf des Läuterns mit Würze füllt und damit schlagartig mehr Druck auf die Trebern gibt.
Verbesserungen am Läuterhahn
Unser Ziel sollte daher ein möglichst konstantes Druckgefälle sein, idealerweise mit möglichst geringem Saugzug am Läuterhahn. Im Gegensatz zur gängigen Variante a) erfüllen folgende in Abbildung 5 dargestellten Varianten dieses Ziel:
- b) ein klassischer Läutergrant, also ein offener Auffangbehälter, aus dem die Würze in die Pfanne abläuft oder abgepumpt wird
- c) ein Trichter als miniaturisierter Läutergrant
- d) ein noch weiter miniaturisierter Läutergrant in Form eines T‑Stücks mit einem nach oben ragenden „Schnüffelrohr”, das verhindert, dass sich ein Saugzug aufbauen kann. Das Rohr sollte dabei bis zur Bottichoberkante reichen, damit dort nichts überlaufen kann, sollte der Schlauch einmal abgknickt sein.
Bei allen drei Varianten herrscht am Punkt 1) zwangsläufig stets Umgebungsdruck. Im Schlauch kann sich nie eine ziehende Würzesäule aufbauen. Stattdessen läuft die Würze nur als Film an der Schlauchwandung herab. Vor vermehrter Oxidation braucht man dabei keine allzu große Angst zu haben, denn spätestens wenn das untere Schlauchende eingetaucht ist, findet darin kein Luftaustausch mehr statt.
Das Thema Luft
In einer ganz anderen Hinsicht kann Luft einer unserer größten Feinde beim Läutern sein: Wenn sie unter dem Senkboden eingesperrt ist. Durch die Oberflächenspannung wird der Würzefluss durch die Öffnungen oder Schlitze des Bodens extrem behindert, man kann sich das auch anschaulich als eine Pattsituation zwischen nach unten strebenden Würzetropfen und nach oben strebenden Luftblasen vorstellen. Eigentlich kann man das gut vermeiden, indem man den Raum unter dem Läuterboden vor dem Einspringen der Würze mit heißem Wasser flutet. Das dachförmige MattMill-Läuterblech ermöglicht übrigens auch ohne diesen Schritt das Entweichen von Luft durch seinen First, wenn man die Maische zunächst vorsichtig seitlich anhäuft.
Aber selbst wenn anfänglich keine Luft eingesperrt ist, kann sie im schlimmsten Fall noch nachträglich eindringen: Man stelle sich vor, die Trebern hätten bereits weitgehend dicht gemacht, und der Läuterhahn sei aus Verzweiflung ganz geöffnet worden. Wenn nun die Würze aus dem Raum unter dem Läuterboden weiter ablaufen und stattdessen Luft durch den Hahn zurück in diesen Raum gluckern kann, spätestens dann ist sie passiert, die ganz große Läuterkatastrophe, bei der gar nichts mehr geht. Denn dann hat man nicht nur ein verdichtetes Treberbett, sondern auch noch Luft darunter.
Ideal wären daher Konstruktionen, die auch im worst case ein Eindringen von Luft sicher verhindern können. Als notwendiges Kriterium dafür kann gelten, dass eine Luftblase auf ihrem gedanklichen Weg von außen durch den Läuterhahn nicht auf ausschließlich aufsteigendem Wege den Raum unter dem Senkboden erreichen können soll.
In Abbildung 6 sind ein paar Varianten gezeigt:
- Ein gewöhnlicher Hahn wie in e) ist nicht sicher gegen das Eindrigen von Luft.
- In f) dient ein Siphon, in dem immer Würze steht, als Sperre für die Luftblasen.
- In g) vereint ein klassischer Schwanenhals beide Forderungen, nämlich geringen Saugzug und Sicherheit gegen Eindringen von Luft.
- Hinreichend wird das Kriterium, wenn die fiktiv eindringenden Luftblasen auf ihrem Weg nach innen weiter ab- als aufsteigen müssten. Ein Schwanenhals mit angeschlossenem Schlauch wie in Variante h) wäre damit nicht mehr zwangsläufig sicher.
Weitergehende Konstruktionen: Läutermanometer und Valentine Arm
Nicht von ungefähr hatte sich schon früh der sog. Emslander-Läuterhahn mit einem auf Läuterbodenniveau (oder sogar wenig cm darüber) hochgezogenen Schwanenhals und Läutergrant wie in Abbildung 7 als ideal durchgesetzt, vereint er doch alle genannten Ziele, nämlich einen konstanten Gegendruck ohne Saugzug einerseits und Sicherheit gegen das Eindringen von Luftblasen andererseits. Das grundlegende Problem der Unkenntnis über die aktuelle Druckverteilung an Trebern und Läuterhahn kann durch die Erweiterung um ein Läutermanometer behoben werden, wie es von Gottfried Jakob (dem Gründer der Forschungsbrauerei in München-Perlach) erfunden wurde und in Abbildung 8 in vereinfachter Form skizziert ist:
Aus der Differenz des Flüssigkeitsspiegels im Läuterbottich und in einem unter dem Senkboden, aber noch vor dem Hahn angeschlossenen transparenten Steigrohr kann der Druckverlust in der Treberschicht und damit deren Strömungswiderstand direkt abgelesen werden. Beim Einbau solch eines Manometers ist allerdings darauf zu achten, dass man dadurch der Luft keinesfalls einen neuen Weg unter den Senkboden eröffnen sollte. Das Manometerrohr sollte daher mit einem eigenen Siphon oder zumindest (wie dargestellt) tiefer liegend als die Ausströmöffnung des Läuterhahns angeschlossen werden. Abbildung 9 zeigt die Versuchsanordnung des Autors mit vor dem Läuterhahn abzweigenden Manometerschlauch, einem Siphon gegen das Eindringen von Luftblasen und einem zum T‑Stück miniaturisierten Läutergrant zur Vermeidung von Saugzug.
Ein vollkommen anderer und wie fast alle genialen Lösungen erschreckend einfacher Ansatz ist der in Großbritannien und Amerika verbreitete, bei uns aber noch weitgehend unbekannte sog. Valentine Arm, wie in Abbildung 10 skizziert. Hier wird der Fluss nicht durch einen Läuterhahn, sondern durch Schwenken eines U‑förmigen Rohrs geregelt, das drehbar am Auslauf des Läuterbottichs angebracht ist. Im Scheitel des Rohrs herrscht stets Umgebungsdruck, was durch ein dort abzweigendes Schnüffelrohr sichergestellt ist. Die Druckdifferenz am Filterbett kann nun unmittelbar als Höhenunterscheid zwischen Maischespiegel im Bottich und Rohrscheitel eingestellt werden. Zur oben beschriebenen, unheilvollen und unerkannten Umverlagerung des geodätischen Drucks vom Läuterhahn auf das Treberbett kann es hier gar nicht erst kommen!
Beim Abläutern der Vorderwürze muss man mit abfallendem Maischespiegel den Arm nach und nach in eine flachere Position drehen. Besonders einfach wird dann aber das Anschwänzen: Dann stellt man den Scheitel des U‑Rohrs einfach auf Höhe der Treberbettoberkante, und es wird ohne weiteres Regulieren immer nur höchstens soviel Würze unten ablaufen, wie Nachgusswasser oben zufließt. Sehr gut spielt solch eine Anordnung daher mit einer schwimmergesteuerten automatischen Anschwänzvorrichtung zusammen, die im Zweifelsfall ein Überlaufen verhindert.
Durchflussmessung
Zurück zum konventionellen System: Um zumindest bei Problemschüttungen größtmögliche Klarheit über die Vorgänge zu haben, wäre es vorteilhaft, nicht nur den Differenzdruck an den Trebern, sondern auch die aktuelle Durchflussmenge der abgeläuterten Würze zu kennen. Beim traditionellen Läuterhahn können zumindest erfahrene Brauer das optisch an der Stärke des Würzestrahls erkennen. Ein Schlauch am Läuterhahn erschwert dies jedoch.
Abbildung 11 zeigt einen einfachen Durchflussmesser in einer kommerzieller Brauerei: Das Schauglas wird von unten nach oben durchströmt, wodurch eine kupferne Klappe angehoben wird und mit ihrem Winkel ein Maß für den Durchfluss gibt. Aber nur bei wenigen Hobby-Anlagen wird Platz für so etwas sein.
Am einfachsten lässt sich zwar der Volumenstrom bestimmen, indem man misst, wie weit der Maischespiegel im Bottich z.B. innerhalb einer Minute absinkt, oder indem man eine Minute lang in einen Messbecher läutert. Beide Methoden haben aber den ganz gravierenden Nachteil, dass man eben erst nach einer Minute weiß, was eigentlich Sache ist. Womöglich ist dann aber das Kind schon in den Brunnen gefallen und die Trebern haben sich schon längst zusammengezogen.
Hat man aber einen oben entlüfteten Schlauch wie in Abbildung 5 Variante b, c, oder d, dann gibt es eine verblüffend einfache und kaum totzeitbehaftete Variante, den Durchfluss zu messen: Man braucht nur den Schlauch ein Stück unterhalb des Grants eine Sekunde lang abzuklemmen (während man z.B. „Einundzwanzig“ zählt) und dabei zu messen oder zumindest zu schätzen, wie weit er sich in dieser Zeit mit Würze gefüllt hat. Füllt sich z.B. ein Schlauch von 10 mm Innendurchmesser in einer Sekunde 20 cm hoch, dann entspricht das einem Volumenstrom von 1 l pro Minute. Mit einem ohne Entlüftung direkt am Läuterhahn angeschlossenen Schlauch (Abbildung 5 Variante a) geht das freilich nicht.
Alternative Läutersysteme
Neben dem klassischen, gelochten oder geschlitzten Senkboden haben sich im Hobbymaßstab ein paar z.T. alternative Läutersysteme eingeführt, die aufgrund der z.T. einfachen Konstruktion auch oft von Anfängern gewählt werden. Gewebe-basierte Lösungen, von der zu Recht vielgescholtenen Stoffwindel aus Hobbythek-Zeiten bis zum brew-in-a-bag-Verfahren sollen hier allerdings ebenso wenig behandelt werden wie mechanisch zwangsdurchströmte Malzrohr-Anlagen.
Eine häufig anzutreffende Variante lässt sich als Drainage-System zusammenfassen: Hier liegt anstatt des Senkbodens ein mit Schlitzen perforiertes Rohr, das Edelstahl-Drahtgeflecht eines Panzerschlauchs oder eine Edelstahl-Schraubenzugfeder (Läuterhexe) auf dem Bottichboden; die eingesickerte Würze fließt daraus via Läuterhahn ab. Im Strainmaster haben solche Systeme eine industrielle Entsprechung.
Zugunsten einer möglichst homogenen Treber-Auslaugung sollte das Drainagesystem möglichst gleichmäßig über den Bottichboden verteilt werden, wozu es meistens in Form eines Rings, einer Schleife oder einer Brezel geführt wird. Für eine vorteilhafte Anordnung des Läuterhahns gilt das oben Gesagte analog.
Ein gewisser Vorteil der Drainagesysteme ist der im Vergleich zum Senkboden sehr kleine Totraum, womit das Trübwürze-Zirkulieren sehr rasch erledigt ist. Wie der Strainmaster, der sich für vergleichsweise hohe Treberschichten und feineres Schrot eignet, scheinen auch Panzerschlauch und Läuterhexe eine höhere Toleranz gegenüber problematischen Schüttungen zu haben, bis hin zum spelzenfreien 100%-Weizen. Ein weiterer Vorteil ist gegebenenfalls, dass ein Großteil des Bottichbodens frei bleibt, so dass man notfalls sogar eine Bodenheizung integrieren und damit ein Eingeräte-Sudwerk realisieren könnte. Unter einem Senkboden würde der Bodenteig hingegen nahezu unweigerlich anbrennen, auch wenn es selbst für solchen Murks einen kommerziellen Anbieter gibt.
Eine weitere, gerade von Anfängern oft genannte Variante ist unter dem Namen „Doppelter Oskar“ bekannt worden: Zwei Eimer werden ineinander gestellt, wobei der Äußere mit Hahn versehen ist, während der mit unzähligen Löchern versehene Boden des Inneren als behelfsmäßiger Senkboden fungiert. Damit ist zwar nolens-volens durch den Raum zwischen beiden Eimern ein Läutermanometer geschaffen, mit dem aber, in Kombination einem u.U. nicht ideal gebohrten Lochboden, gerade ein Anfänger meist überfordert sein dürfte, insbesondere wenn die Ablesung durch einen undurchsichtigen oder isolierten äußeren Eimer erschwert ist. Und wenn dann noch der Hahn so angebracht ist, dass der Würzespiegel im Zwischenraum unerkannt bis unter den Senkboden absinken kann, ist die Läutertragödie wieder vorprogrammiert, so dass vom Doppelten Oskar eher abgeraten werden muss.
Ausblick
In der nächsten Ausgabe wird es um das konkrete Vorgehen während des Läuterns gehen, also um Vorschießen lassen, Anschwänzen und Aufhacken, um Läuterhilfen und um Notmaßnahmen, wenn der Karren sich festzufahren droht oder schon im Dreck steckt. Hoffentlich gelangt man dann auch ohne den von Aristoteles geforderten Jammer und Schrecken zum Ziel der vollendeten Läuterung!
Autor Moritz Gretzschel kam, obwohl gebürtiger Münchner, erst durch seinen Schwiegervater ausgerechnet in einer badischen Weinregion mit dem Hobbybrauen in Berührung. Ein dreijähriger beruflicher Aufenthalt in Michigan tat das Übrige, ihn für die Craft-Brew-Bewegung zu begeistern. Seither braut er regelmäßig daheim, bevorzugt per Dekoktion. Er arbeitet als Hochschulprofessor für Maschinenbau und Elektromobilität in Aalen in Württemberg.
Quellenverzeichnis:
[1] Ludwig Narziß, Abriss der Bierbrauerei, 7. Auflage, Wiley-Vch, 1999 Abbildungsnachweis:
Abbildung 2: Michael Lacha,
Abbildung 7: Deutscher Brauerbund,
alle anderen Abbildungen: Autor
Sehr schöner Artikel! Schade, dass Malzrohranlagen nicht behandelt werden. Wird das noch separat nachgeholt?
Malzrohranlagen standen bewusst nicht im Fokus, ich habe da auch keine eigene Erfahrung damit. Und das Läutern ist da m.W. auch nicht so spannend. Aber vielleicht findet sich ja mal jemand für einen Artikel über mechanisierte Anlagen insgesamt (Braumeister, HERMS, RIMS u.dgl.).
Toller Grundlagen-Artikel, auch gut für Idioten wie mich verständlich geschrieben! mit Freude habe ich den Brauern hier in Düsseldorf beim Läutern zu geschaut, weil das wirklich anscheinend der einzige wirklich brenzlig Moment ist. Hier in DUS wird noch komplett über „Läutergrant” per Hand geläutert, zumindestens schumi und schlüssel 😉
Hallo, also ich kann durch meinen kleinen Anlagenumbau Deine Angaben insofern bestätigen, dass ich deutlich höhere Ausbeuten (70% und mehr) habe. Grundlegend hat sich nur geändert, dass ich einen Einkochautomaten für ausreichende (und kontinuierlich vorhandene) Mengen heißes Wasser verwende und zudem kontinuierlich die Nachgüsse laufen lasse. Das Problem mit dem Sog im Schlauch am Ablaufhahn habe ich gelegentlich, umgehe das aber, indem ich vorsichtig einstelle (es rieselt nur die Wand des Schlauches herunter) und regelmäßig den Treberkuchen mit dem Messer vorsichtig „aufschneide” und ggf. etwas verteile.
Ich verwende die Läuerhexe im 38er Thermoport und sie scheint gegenüber dem Blech vom gleichen Hersteller deutlich robuster zu sein, was „Läuterkatastrophen” angeht.
Gruß Gunnar
Bin gerade auf den Artikel gestoßen und fand ihn so toll, dass ich das ganze auch (insb. Abb. 9 ) nachbauen möchte. Würde mich freuen, wenn ich eien Antwort bekommen.
Frage Wie groß sind die Kupferrohre.
Wo bekommt man dem Messingnippel mit Überwurf, also das Teil, was direkt hinter dem Hanhn sitz) Habe ihn noch nirgends richtig finden könne.
Vielen Dank
Lete aus BB
Das hatte ich einfach beim hiesigen Baumarkt (der mit dem Cowboy-Juchzer) zusammen-improvisiert: Die Kupferrohre (12 mm Außendurchmeser) und ‑Fittinge in der Trinkwasser‑, die Messing-Schlauchverschraubung in der Gartenwasserabteilung.
Wichtig: Bitte auf bleifreies Lot achten.
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