Die lange Tradition des Hobbybrauens in Tschechien
Hobbybrauen hat in Tschechien eine lange Tradition. Erste Hausbrauer erschienen schon vor 1989, aber erst später hatten sie die Möglichkeit, die Malzextrakte zu kaufen, die zum Beispiel vom Forschungsinstitut für Brauerei und Mälzerei in Prag produziert wurden. Diejenigen, die aus Braurohstoffen brauen wollten, sind oft auf das Problem gestoßen, diese zusammenzubringen und haben sich während ihres Schaffens durch verschiedene Ersatzstoffe geholfen, haben mit Backhefe angestellt, usw. Aber auch in dieser Zeit, trotz der Tatsache, dass es praktisch keine Möglichkeiten gab, Informationen auszutauschen oder Erfahrungen zu sammeln, entstand ein gutes Bier in den Händen der Hausbrauer in ihren Plattenbauwohnungen oder Kellern von Familienhäusern.
Die Situation begann sich deutlich nach 2000 und vor allem in den letzten Jahren zu ändern. Auf der Szene erschien eine Reihe von Fachgeschäften, dank derer die tschechischen Hausbrauer nicht nur die Möglichkeit haben, die nötige Grundausstattung, sondern auch die Braurohstoffe von Malz bis Bierhefe zu kaufen (und dieses Angebot wächst natürlich mit fortschreitendem und expandierendem Interesse) und gleichzeitig grundlegende Informationen zu erfahren. Neben diesen Geschäften kommen dann den Bedürfnissen der Begeisterten von Hausbrauen auch einzelne Brauereien und Mälzereien entgegen, in denen es möglich ist, die Braurohstoffe zu kaufen. Der eigentliche Boom des Hausbrauens läuft dann ungefähr seit 2010, im Zusammenhang mit dem Boom des Interesses an Bier und Brauereien in der Tschechischen Republik. Derzeit wird die Anzahl der Hausbrauer in Tschechien auf mehrere Tausend geschätzt. Dazu gehört eine Vielzahl von Begeisterten mit unterschiedlichen Zielen, Motivationen und Ergebnissen, die aber alle durch die Liebe zum schäumenden Bräu verbunden sind. Zum Bräu, das sie selbst zu Hause brauen können und dann auch selbst, mit Freunden oder mit der Familie trinken können.
Damit sind auch rechtliche Beschränkungen verbunden, die den Hobbybrauer in der Tschechischen Republik auferlegt werden. Da die Herstellung von Bier hier als Handwerksgewerbe geführt wird, das übrigens mit einer Reihe von Sanitär- und anderen Vorschriften verbunden ist, gibt es keine Möglichkeit für die Hausbrauer, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu verkaufen. Es sei denn, sie erfüllen eine Reihe von Vorschriften, wodurch sich aber das Hobbybrauen zu einer beglaubigten Tätigkeit verändert. Ein grundlegendes rechtliches Problem, mit dem sich die tschechischen Hausbrauer auseinandersetzen müssen, ist die Verordnung über die Verbrauchsteuer, der die Herstellung von Bier unterliegt. Obwohl die Herstellung von Bier in kleinen Mengen von dieser Steuer befreit ist, ist die Grenze auf einem lächerlich niedriges Niveau festgelegt und zwar auf 200 Liter pro Haushalt und Jahr. Wenn Hausbrauer mehr Bier pro Jahr brauen sollten, sind sie gezwungen, sich zu melden, um die Steuern zu zahlen, und sie werden in die Kategorie Mikrobrauereien eingeführt. In dieser Kategorie beträgt die Steuer 16 CZK (ca. 0,60€) pro jeden Hektoliter gebrautes Bier und pro Stammwürzegrad (d.h. für 6hL Bier mit 12 Grad Plato bezahlt man 16×6×12 = 1152 CZK [ca.43€] etc.). So oder so, wenn man sich entscheidet, in der Tschechischen Republik Bier zu Hause zu brauen, muss man in jedem Fall die zuständige Zollbehörde unterrichten.
Ähnliche Informationen, insbesondere Ratschläge, wie man Bier zu Hause braut, auf was man achten sollte, aber auch eine Reihe von anderen Informationen, neue Erfahrungen, und auch Freunde – das alles kann ein tschechischer Hausbrauer auf vielen Webseiten finden. Ein Pionier der Förderung des Hobbybrauens in der Tschechischen Republik war sicherlich Jan Kočka, der auf seinem Bierportal svetpiva.cz einen eigenen Abschnitt dem Hobbybrauen gewidmet hat. Das früher ehrgeizige und mit Informationen dicht gefüllte Projekt schlief jedoch in den letzten Jahren insbesondere aus Mangel an Zeit weitgehend ein. Informationen über das Hausbrauen bringen aber auch andere allgemein auf Bier orientierte Webseiten wie pivni.info und vor allem pivnirecenze.cz, um die sich eine Gruppe von Menschen sammelt, die Bier brauen, sei es schon zu Hause oder in der beglaubigten Minibrauereien.
Zweifellos die beste und bloß auf das Hobbybrauen orientierte Webseite ist auf jeden Fall die Seite beziehungsweise das Forum varimpivo.cz. Es hat mehrere hundert Mitglieder, die in klar aufgeteilten Foren diskutieren und sich über Ratschläge austauschen (und sich manchmal auch auseinandersetzen – was für ein Internetforum wäre es ohne Streitereien?) über Erstellung von Rezepten, Einsatz von Bierrohstoffen oder Aufbau der Hausbrauereien. Natürlich gibt es Informationen zu Veranstaltungen und Verkostungen.
Ich habe schon Jan Kočka erwähnt – er war ein Pionier der Förderung des Hobbybrauens auch bezüglich von Treffen der Hausbrauer. Ab 2007 organisierte er regelmäßig in Prag Treffen für Hobbybrauer und ab 2010 fand dies unter dem Namen Prague International Homebrew Award (abgekürzt PIHA) statt. Die Veranstaltung fand vier Mal statt und fand im Grunde immer in der gleichen Form statt. Die bereitgestellten Proben wurden von Experten aus der Welt des Bieres verkostet und die Besten wurden ausgezeichnet. Den ganzen Tag fanden dann inoffizielle Verkostungen und Austausch von Bieren zwischen Hausbrauern aus dem ganzen Land, aber auch aus dem Ausland statt. Das Programm wurde durch fachliche Vorträge ergänzt. Der letzte Jahrgang war 2012, weitere Veranstaltungen haben wegen Zeitmangel nicht stattgefunden.
Mährische Hausbrauer haben versucht diese Lücke (hoffentlich erfolgreich) auszufüllen. Es waren bereits auch die Leute rund um den Server pivnirecenze.cz, die im Jahr 2013 an einem ähnlichen Termin das erste mal die Veranstaltung Moravian Homebrewers Meeting ankündigten, die zur Abwechslung in Brünn stattfindet. Der Inhalt eines Wettkampftages und die Auffassung der Veranstaltung waren etwas anders als bei dem Prager Treffen, aber der Sinn bleibt gleich: die Möglichkeit, Gleichgesinnte aus dem ganzen Land zu treffen, ihre Hausprodukte zu verkosten und im Fall von Interesse in einem Verkostungsturnier aufeinander zu treffen. In diesem Jahr wird auch der nächste Jahrgang geplant; so hoffen wir, dass diese Tradition länger als im Fall von PIHA gehalten wird.
Ein bisschen im Schatten, aber ganz unrechtmäßig, im Vergleich zu diesen Veranstaltungen steht das Frühlingstreffen der Hausbrauer, das in Kostelec u Holešova stattfindet, was eine kleine Ortschaft in Mittelmähren ist. In diesem Jahr fand der vierte Jahrgang von Kostelecké Chmelovárek statt und der Autor dieses Artikels hält es für das angenehmste Hausbrauertreffen, das in der Tschechischen Republik organisiert wird. Die urwüchsige Region der Veranstaltung sowie der Name (mit einem vorsätzlichen Rechtschreibfehler durch Anwendung des lokalen Dialektes) widerspiegeln auch die Form der Veranstaltung. Wettbewerb, Verkostung und Meinungsaustausch sind in Kostelec immer eine toll verbrachte Zeit.
Um vollständig zu informieren, muss ich ergänzen, dass sich in den letzten Jahren ähnliche Treffen mehren – es entstehen kleinere oder größere – und dies beweist, dass es für das Hobbybrauen in der Tschechischen Republik einen tatsächlichen Boom gibt und das ist auch gut so.
Einige Hausbrauer entscheiden sich zum Brauen nur mit Malzextraktem oder Bierwürze-Konzentraten. Diejenigen, die mit Bierrohstoffen brauen, sehen sie ein bisschen durch die Finger und vergleichen – mit Konzentraten Bier zu brauen ist wie Tütensuppe zu kochen. Andere Hausbrauer, egal ob Dosenbrauer oder Maischbrauer, führen wieder eine andere ständige Diskussion darum, wie und warum man eigentlich Bier zu Hause brauen sollte. Einige halten ihre Tätigkeit nur für Spaß, erholsames Zeitverbringen und Verbinden des Angenehmen mit dem Nützlichen, während sie ihr Bier mit Gleichgesinnten brauen – ohne irgendwelche besondere Sorge um die stilistische Reinheit und Sauberkeit im allgemeinen. Einige gelegentliche Fehlgeschmäcker ihres Werkes halten sie nicht für einen Mangel. Die Anderen, die die Herstellung bereits auf einer höher entwickelten Ebene ausüben, halten sorgfältig alle Hygienemaßnahmen ein, verwenden Messgeräte, Thermostate usw. und folgen auch immer den neuesten Trends bei den Biersorten.
Das Wichtigste ist, dass alle Erwähnten die eine erstaunliche Sache zusammen teilen, die das Hobbybrauen ist, mit allem, was es mit sich bringt.
Dej Bůh štěstí
(Anm. d. Ü.: tschechischer überlieferter Bierbrauerspruch, Gott gebe Glück).
(Übersetzung aus dem Tschechischen: Markéta Stróżyk)
Michal Horáček ist Hausbrauer seit 2010, aber nachdem er in diesem Jahr das Fernstudium der Bierbrauerei an der SPŠPT Podskalská im Prag abschließt, sammelt er die praktischen Erfahrungen auch in Brauereien. Gleichzeitig studiert er an der Karls Universität in Prag im Doktoratsstudium Moderne Wirtschafts- und Sozialgeschichte mit Spezialisierung u.a. Bierbrauereigeschichte. Er ist Verfasser des Blogs „Pivní Partyzán” (Anm. d. Ü. Bierpartisan).