Dichtemessung für Hobbybrauer, Teil 2
Rückblick und Ausblick
Während Teil 1 des Artikels die Definitionen und Umrechnungen für Dichte, relative Dichte, Specific Gravity, Dichteverhältnis und Dichtezahl abgehandelt hat, soll der Teil 2 die Anwendung von Umrechnungen in der täglichen Praxis aufzeigen, weitere Begrifflichkeiten rund um den Themenkreis erklären, Zusammenhänge herleiten und dem Leser eine kleine Formelsammlung(Anhang A) für die tägliche Praxis an die Hand geben.
Ein im Teil 1 noch nicht behandelter Begriff ist das Gewichtsverhältnis. Der Begriff taucht immer öfter in aktueller Fachliteratur auf und findet ohnehin Verwendung als Spaltentitel in der Platotabelle .
Das Gewichtsverhältnis
…oder besser: das Tauchgewichtsverhältnis
Das Gewichtsverhältnis, korrekt das Tauchgewichtsverhältnis, wird mit dem Pyknometer aus dem Tauchgewicht einer Probe und dem Tauchgewicht von Wasser bei gleichen Volumina, gleicher Temperatur und im lufterfüllten Raum ermittelt. Das Tauchgewichtsverhältnis wird durch das Zeichen SL, wobei der Index L für Luft steht, ausgedrückt.
Ganz ähnlich den relativen Dichten wird auch beim Gewichtsverhältnis ein zusätzliches Suffix angegeben, das die Temperatur der Probe und der Vergleichsflüssigkeit anzeigt. Durch die Art der Bestimmung ergibt sich auch für das Tauchgewichtsverhältnis, dass es dimensionslos ist, also keine Einheit hat.
Beispiel: SL 20/20°C
Bezüglich „noch ’ne Dichte“ kann ich Entwarnung geben, da eine Dichtemessung, unabhängig ob mit dem Aräometer oder mit dem Pyknometer durchgeführt, für beide Verfahren ein übereinstimmendes Ergebnis liefern muss. Mit Blick auf die im Artikel bereits kommunizierte relative Dichte (dimensionslose Dichteverhältnisse) ergibt sich für das Gewichtsverhältnis SL 20/20°C folgender Zusammenhang:
Ein Blick in die Platotabelle zeigt u.a. die Darstellung des Tauchgewichts.
Gewichts- und Volumenprozente
Gewichts-/Gewichtsprozente,
Gewichts-/Volumenprozente (Gemischtprozente) und
Volumen-/Volumenprozente
Mit diesen – zugegebenermaßen – etwas angestaubten Einheitsbezeichnungen geht der Brauer im Sprachgebrauch noch zusätzlich fasrig um. Entweder redet der Brauer von „Gewichtsprozenten“ oder aber von „Volumenprozenten“. Letzteres verwendet er vornehmlich zur Angabe einer Alkoholkonzentration in %vol, ersteres kommt vorzugsweise im Rahmen einer Würzegewinnung oder im Gärverlauf zur Anwendung, zeigt doch der Ablesewert einer Bierspindel „Gewichtsprozente“ oder „°Plato“ an.
Im alltäglichen Umgang werden vor allem die „Gewichts-/Volumenprozente (Gemischtprozente)“ fälschlicherweise als „Volumenprozente“ bezeichnet, liest man doch nicht selten, z.B. im Zusammenhang mit einer zu berechneten Sudhausausbeute, dass ein in „Gewichtsprozenten“ abgelesener Spindelwert zunächst mit einer zugehörigen Dichte multipliziert werden müsse, um die „Volumenprozente“ zu berechnen. Tatsächlich errechnet man aber beim Ausmultiplizieren der Stammwürze mit einer Massendichte keine „Volumenprozente“, sondern „Gemischtprozente“:
Einen Überblick über die vom Brauer gerne verwendeten Gehalts- und Konzentrationsangaben verschafft Tabelle 02:
Vielleicht noch kurz zum Spaltentitel „Dimension“ :
Als Dimension wird die Beschreibung einer physikalischen Größe in ihren Basiseinheiten verstanden. Letzen Endes geht es bei Angaben zu einer Dimension um eine Vereinfachung, die sich willkürlich zugeordneten Bezugsgrößen, den Einheiten, entledigt.
So auf das Wesentliche reduziert lässt sich viel einfacher nachvollziehen, welche Dimension/Einheit sich ergibt, wenn man Beispielsweise Gew.-% mit einer Massendichte multipliziert (→ mitführen und kürzen von Einheiten).
Für Tab. 02 steht in der Spalte „Dimension“ ein „M“ für „Masse“ und ein „V“ für „Volumen“.
Auch die Massendichte ρ hat eine Dimension (Formel 01 ), die korrekter Weise mit [M x L‑3] angegeben wird. Für den weiteren Verlauf soll uns aber genügen, dass eine Massendichte eine Dimension von [M/V] hat.
Was dagegen keine Dimension aber eine Einheit hat, ist das Prozent (%).
Vom Thema Wasser einmal abgesehen, gibt der Brauer Konzentrationen zumeist in Prozent an und verzichtet dabei gerne auf umständliche Angaben von Einheiten. Das gelingt deshalb so problemlos, da sich Mengenanteile die sich auf 100 beziehen, z.B. g/100g, ganz einfach mit 100% (von hundert) multiplizieren lassen, um sich so der lästigen Einheiten zu entledigen.
Beispiel:
Umrechnung Gewichtsprozent GG%
in Gemischtprozent GV%
Man fragt sich zunächst, warum derartige Umrechnungen überhaupt nötig werden. Hauptsächlich sind zwei Gründe zu nennen:
Zum einen ist der Brauer im Rahmen von Kennzeichnungsverordnungen verpflichtet, bestimmte Konzentrationen in festgelegten Einheiten anzugeben, zum anderen bestimmt er Herstellmengen als Volumen (Liter) und nicht als Masse, während die Einsatzkomponenten, die wesentlichen Einfluss auf die Dichte eben dieser Herstellmenge haben, in der Verwendung als Masse dosiert werden (Kilogramm).
Möchte man nun eine Herstellmenge mit einer Einsatzmenge vergleichen, z.B. zur Ermittlung einer Ausbeute, trifft zur Bildung solch einer Verhältniszahl ein Volumen im Zähler auf eine Masse im Nenner. Klassischer Vertreter solch eines Umstandes ist die Formel zur Ermittlung der Sudhausausbeute in %, die für uns auf das wesentliche reduziert, so aussieht:
Formel 16: Formel für die Sudhausausbeute in Kurzform
Ein Produkt aus Menge Würze und Extraktgehalt ergibt für sich keine Masse, die man sinnvoll einer Schüttung als Massenangabe gegenüberstellen könnte.
Abhilfe schafft hier die Kenntnis der Dichte der Lösung (der Menge Würze), die einen darin gemessenen Extraktgehalt in GG% (Spindel) via Multiplikation in GV% umrechnet. Betrachtet man zu diesem Vorgang nur die in Tab.02 angegebenen Dimensionen, ergibt sich folgendes Bild:
Der Nenner der Gewichtsprozente kürzt sich mit dem Zähler der Dichte und als Dimension bleibt übrig M/V, unsere Gemischtprozente GV% aus Tab.02.
Multipliziert man die oben berechneten GV% noch mit der Würzemenge aus, ergibt sich für den Zähler der Formel die Dimension M (Masse):
So aufbereitet steht sowohl im Zähler als auch im Nenner der Formel eine Masse, was am Ende nicht recht viel mehr bedeutet, als dass zur Berechnung einer Sudhausausbeute eine gewonnene Extraktmenge einer eingesetzten Schüttungsmenge gegenübergestellt wird:
Für Wasser als Lösungsmittel lässt sich die Umrechnung von GG% in GV% so formulieren:
Formel 17: Umrechnung von GG% in GV% in wässrigen Lösungen
Umrechnung von Gewichtsprozent GG%
in Volumenprozent VV%
Obwohl der Brauer Konzentrationsangaben lieber in Gewichtsprozenten kommuniziert, hat sich im Sprachgebrauch zur Angabe von Alkoholkonzentrationen Volumenprozente durchgesetzt. Wenn von 5% Alkohol die Rede ist, sind damit Volumenprozente gemeint und nicht Gewichts- oder Gemischtprozente.
Wie man weiß, ist der Alkohol (Ethanol) im Bier mit so mancher Tücke behaftet, und betroffen davon ist nicht nur seine Wirkung, sondern auch die Dichtebestimmung.
Im Verlauf der Herstellung verwandelt sich das ursprünglich im Sudhaus hergestellte Zweiphasengemisch (Würze), vornehmlich bestehend aus Malzextrakt und Brauwasser, in ein Dreiphasengemisch (Bier), bestehend aus Malzextrakt, Brauwasser und Alkohol.
Eine messbare Dichteveränderung während der Gärung resultiert also nicht allein aus einem Extraktabbau, sondern zusätzlich aus einer begleitenden Zunahme des Alkoholgehalts. Sowohl der Extraktabbau als auch die Zunahme des Alkoholgehaltes vermindern die Dichte in einer Herstellmenge, so dass ein durch die alkoholische Gärung geänderter Dichtewert keine eindeutigen Rückschlüsse mehr darauf zulässt, ob nun der Extraktabbau als Verursacher in Frage kommt oder die parallel verlaufende Zunahme des Alkoholgehaltes.
Der Brauer behilft sich in diesem Umfeld, indem er einen Messwert mit dem Attribut „scheinbar“ kennzeichnet. So wird angezeigt, dass es sich bei einer festgestellten Extraktkonzentration um einen Ergebniswert handelt, der durch die Anwesenheit von Alkohol verfälscht wurde. Ein klassischer Vertreter für solch eine Konzentrationsangabe wäre der (Spindel-) Wert „Extrakt scheinbar“ Es [%].
Müssen Werte nach außen kommuniziert werden, ist natürlich Schluss mit „scheinbar“ und Vereinfachung. Klassisch davon betroffen, ist die Angabe des Alkoholgehaltes auf dem Flaschenetikett, die beispielhaft so daherkommt:
Alk. 5,0% vol
Üblicher Weise erschlägt der Brauer seine Berechnungen rund um den Alkoholgehalt mit der Ballingformel, die auf das Wesentliche reduziert aussagt, dass aus 2,0665 g Extrakt genau 1 g Alkohol entsteht. Solche Angaben hat der Brauer ja zum Fressen gern, lässt sich doch schon im Kopf überschlägig berechnen, wie viel g Alkohol bei einer Vergärung von x g Extrakt entstehen. Problem ist jetzt, wie man g Alkohol in %vol umrechnet.
Tückisch ist, dass unser Bezugsalkohol, das Ethanol, keine Massendichte von 1 hat.
Trotzdem kein Problem. Nach der Formel 02 , ließe sich aus den bisherigen Angaben ein Volumen berechnen:
Bleibt noch, dass unser Bier ebenfalls keine Dichte von 1 hat, aber mit seiner Masse ebenfalls in die Berechnung eingeht. Der gesuchte Massenanteil einer Bezugsmenge lässt sich nach Formel 03 berechnen:
Abschließend ergibt sich zur Umrechnung von GG% Alkohol in VV% Alkohol folgende Formel:
Formel 18: Umrechnung von Gewichtsprozent Alkohol in Volumprozent Alkohol
Zusammenfassung
Rund um Extrakt- oder Alkoholkonzentrationen ist die Dichte diejenige Größe, die Umrechnungen und Vergleiche mit anderen Größen erst möglich macht. Der Brauer geht in Anwendung, Wort- und Sprachgebrauch gerne etwas faserig damit um, bemerkt aber in Zeiten von internationalem Rezeptaustausch auch, dass ein Aneinander Vorbeireden in dieser Sache zu von allen Seiten ungewünschten Folgen führen kann.
Gut beraten ist man generell, wenn Einheiten – oder besser Dimensionen – im Berechnungsgang mitgeführt werden, die so ein erstes Licht auf die Ergebnislage werfen.
Die Massendichte ist u.a. in der DIN 1306 definiert, es bleibt aber nach wie vor an den Sachverstand gekoppelt, wann und wie sie zum Einsatz kommt.
Anhang: Formelsammlung
Kleine Formelsammlung zur Berechnung und Umrechnung von unterschiedlichen Dichte‑, Alkohol und Extraktangaben.
Durch direktes Anwenden oder durch Umstellen der unten aufgeführten Formeln sollte es möglich sein, die jeweils gesuchten Werte zu ermitteln.
So wie dargestellt ergibt sich eine sehr gute Näherung zum wahren Wert, jedenfalls eine alltagstaugliche Ergebnislage – nicht nur für den Hobbybrauer.
(Malz)Extrakt lufttrocken aus Extraktpotential:
Extrakt wirklich aus °P und Extrakt scheinbar:
Alc.[GG%] aus °P und Extrakt scheinbar:
Alc.vol% aus Alkohol GG% und Massendichte ρ Bier:
In eigener Sache:
Die im ersten Abschnitt des Artikels angekündigte „Formelsammlung” wurde wohl beim Übertrag in die öffentliche Version des Artikels „verschluckt”. Diese findet sich nun als „Anhang A” am Ende des Artikels.
Die Formel unterhalb der Formulierung „…Der gesuchte Massenanteil einer Bezugsmenge lässt sich nach Formel 03/Teil 1 berechnen…” wurde korrigiert. Hier hat die Tücke einer LaTeX-Formatierung[1] zugeschlagen.
Danke für die Rückmeldungen 🙂
Gruß Oli
Redaktion Braumagazin
[1] LaTeX: https://de.wikipedia.org/wiki/LaTeX