Die Journalistin Linda Louis hat mit den Brauern Thomas Mousseau (Brauerei Ouche Nanon, Ourouer-Lès-Bourdelins) und Metthieu Goemaere (Brasserie du Loup, Le Veurdre) ein Werk veröffentlicht, dass den Brauanfänger zum perfekten Bier führen soll.
Das Buch ist eine Übersetzung aus dem Französischen. In technischer Hinsicht merkt man das unter anderem an den Dichteangaben in SG statt der in Deutschland üblichen Grad Plato oder Gewichtsprozent. Aber auch der manchmal etwas holprige Schreibstil deutet auf die fremdsprachige Herkunft und darauf hin, dass die Übersetzerin eher in technischen als in literarischen Texten zu Hause ist. Ein deutschsprachiger Brauer als Lektor hätte wohl das eine oder andere Problem der Übersetzung vermieden.
Was als erstes beim Blick ins Buch auffällt, ist der unglückliche Satz des Textes. Breite Blöcke serifenloser Schrift lassen das Auge kaum Halt auf der Seite finden. Wenn der Textblock dann auch noch über eine halbe Seite oder mehr geht und der nächste ohne Abstand folgt, ist das durchgängige Lesen dieser Textwüsten fast unmöglich. Immer wieder verliert sich das Auge zwischen den Zeilen.
Selbst die in Kapitälchen gesetzten und manchmal sogar noch ungeschickt getrennten Überschriften sperren sich dem Lesefluss. Der mit dem sehr dicht gesetzten Text eingesparte Platz wird aber immerhin für viele, teilweise ganz- oder doppelseitige Fotos und Grafiken genutzt.
Wie jedes Braubuch beginnt auch dieses mit der Geschichte der Brauerei, die aber kurz und stichpunktartig knapp auf zwei Seiten abgehandelt wird. Fast ebenso kurz ist ein Überblick über die Bierstile der Welt: ihnen werden vier Seiten gewidmet, gefolgt von einer zweiseitigen Übersichtsgrafik zum Brauprozess.
Das nächste Kapitel widmet sich den Rohstoffen: Malz, Hefe, Hopfen, Wasser und Zucker (sic!). Gleichzeitig werden die grundlegenden Prozesse wie Vermälzung, Verzuckerung und Gärung erklärt. Alle wesentlichen Zutaten und Vorgänge des Brauens werden erwähnt, wenn auch in sehr unterschiedlicher Tiefe. Während Malz und Hopfen sehr ausführlich besprochen werden, bleibt beim Wasser nur eine knappe Seite mit sehr generellen Aussagen und der schließlichen Empfehlung, sein Leitungswasser zum Brauen unbehandelt zu lassen.
Das Kapitel über die Ausrüstung einer Heimbrauerei rät zu bodenständigen Utensilien wie Edelstahltopf und Gasbrenner, ein Sieb zum Läutern und Glasballons, Edelstahl- oder Kunststoffgefäße zum Gären. Auch die nötigen Messinstrumente wie Waage, Spindel und Thermometer werden erwähnt und die Hinweise zum Reinigen der Utensilien und Flaschen finden hier Raum. Etwas kurios fand ich die Verwendung von Zimt- oder Oreganoöl zur Desinfektion.
Im Abschnitt „Geheimnisse des Brauens” findet man einige Tipps, wie man das Vorgehen beim Brauen verbessern kann. Ein kurzer Absatz streift einige Berechnungen in der Brauerei.
Die zweite Hälfte des Buches gehört den Bierrezepten. Auf jeweils drei Seiten gibt es eine kurze Beschreibung des Biers, eine Übersicht der Daten (Dichte, Bittere, Farbe, Alkohol), eine Zutatenliste und manchmal weitere Hinweise zum Bierstil oder eine Verkostungsnotiz. Das Grundrezept ist für alle Biere gleich und wird auf den zwei Seiten vor der Rezeptliste aufgeführt.
Die Rezepte decken ein weites Spektrum von französisch-belgischen über englische und amerikanische bis zu deutschen Stilen ab und enthalten einige originelle Einfälle wie zum Beispiel ein Porter mit Heidelbeeren. Durch die Dichteangaben in SG, die französischen Namen und die teilweise etwas wirren Anleitungen leidet zwar die Übersicht, aber die Rezeptauswahl ist auf jeden Fall originell.
Dass die Autoren bei einem Münchner Dunkel die Wahl zwischen einer obergärigen S04 und der untergärigen 34/70 lassen, sehen wir den französischen Brauern einmal nach. Das wird dadurch kompensiert, dass sie auch ansonsten mit ihrem großzügigem Rohfrucht‑, Zucker- und Früchte-Einsatz das Reinheitsgebot wohltuend ignorieren.
Zwischen die Texte eingestreut sind einige Randthemen wie medizinische Wirkungen des Hopfens, kleine Basteleien in der Brauerei, Hinweise zur Bierverkostung oder zur Abfallverwertung. Den Schluss bilden ein kleines Braubegriffslexikon und Literaturhinweise, vor allem auf französische Quellen.
Insgesamt hinterlässt das vorliegende Buch bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Angenehm ist auf jeden Fall die ungewöhnliche Perspektive der französischen Autoren. Sowohl bei der Ausrüstung als auch bei einigen Prozeduren und insbesondere bei den Rezepten führt das zu ungewohnten Ergebnissen, die den Horizont des Hobbybrauers vielleicht etwas weiten.
Dieser positive Aspekt wird aber durch die einigermaßen chaotische Aufteilung der Themen, die manchmal ungelenke Übersetzung und das anstrengende Layout des Buches beschädigt. Ein Tipp also für Heimbrauer, die gern einmal die Sichtweise vom anderen Rheinufer kennen lernen wollen, aber eher nicht generell für Brauanfänger.
Ein Rezensionsexemplar des Buches wurde uns vom Leopold Stocker Verlag zur Verfügung gestellt. Wir verlosen es unter den Einsendern einer e‑Mail mit dem Betreff „Geheimnisse” an verlosung@braumagazin.de. Einsendeschluss ist der 30. November 2019. Die Gewinner werden per eMail benachrichtigt.
Nachtrag vom 3. Dezember 2019: Das Losglück hat Christian aus Markt Rettenbach als Gewinner ermittelt. Das Buch senden wir ihm per Post zu.
Einen „herzlichen Dank” übrigens an die Schelme, die teilweise unter mehr als zehn verschiedenen Absendern versucht haben, die Verlosung zu manipulieren. Auch wenn es mich unnötig viel Zeit gekostet hat, wurden sie gnadenlos aussortiert.