Wenn Markus Raupach einen neuen fränkischen oder Berliner Bierführer schreibt, kann er meist aus dem Vollen schöpfen, denn es gibt kaum weiße Flecken auf dem Portfolio seiner Brauereikritiken. So sind viele der 30 Brauereien, die er in dem vorliegenden Büchlein zu den schönsten zählt, schon 2015 in Bierhauptstadt Berlin besprochen worden. Aber Berlin wäre nicht die Bierhauptstadt, wenn hier nicht eine unvergleichliche Dynamik dafür sorgen würde, dass nach 3 Jahren immerhin fast zwei Hände voller Brauereien dazugekommen und eine weitere Handvoll wieder verschwunden sind.
Das Buch ist zwar ein Paperback, aber mit einem robusten, folierten Einband und hochwertigem, wasserabweisenden Papier durchaus als Führer für unterwegs geeignet, der es auch nicht allzu übel nimmt, auf einen feuchten Kneipentisch abgelegt zu werden. Mit seinen 144 Seiten ist es auch leicht genug zum mitnehmen. Etwas versteckt findet sich auf Seite 112/113 ein grober Übersichtsplan mit allen Brauereien und der Seitennummer, auf der man den Bericht dazu findet.
Den Berichten selbst merkt man an, dass Markus zu jeder der Brauereien und Brauer eine persönliche Beziehung hat. Zu allen Kandidaten wird die meist kurze Historie der jeweiligen Brauerei beschrieben und oft auch ein wenig aus dem Nähkästchen persönlicher Stories der Brauer geplaudert. Am Ende findet man jeweils einen Sticker mit Name, Adresse und Webseite der Brauerei. Auch wenn eine Brauerei schon früher besprochen wurde, ist ihr Eintrag nochmals aktualisiert worden und spiegelt den aktuellen Stand zur Zeit der Drucklegung wider.
„Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters” sagten schon die alten Griechen, und so ist es nicht verwunderlich, dass man über die Schönheit mancher Brauereien durchaus diskutieren kann. Die eine braut in einer Garage am Stadtrand und hat nicht mal Öffnungszeiten, eine andere siedet ihr Bier in einer Baracke auf einem ehemaligen Viehhofgelände – zweckmäßig, aber wahrlich nicht schön. Hier geht es dann eher um die interessante Story, die hinter den Brauereien steht.
So auch für die Berliner-Kindl-Schultheiß-Brauerei, heute ein eher gesichtslose Industriebetrieb, die als inzwischen einzige Berliner Großbrauerei alle historischen Biermarken der Stadt aufgekauft hat. Bei ihr interessiert weniger die industrielle Gegenwart, sondern mehr ihre Geschichte von Gründungen, Fusionen, Aufkäufen und Schließungen – und um die historische Bausubstanz, die die geschlossenen Fusionsopfer hinterlassen haben.
Die Lektüre des Büchleins ist in jedem Falle interessant und kurzweilig und fördert selbst für Insider das eine oder andere unbekannte Detail zu den Brauereien und Brauern zutage.
Ein Goodie des Bandes soll nicht unerwähnt bleiben: bei den meisten Brauereieinträgen findet sich ein Gutschein, mit dem man vor Ort einen Rabatt erhält. Meist ist das ein 2‑für-1-Angebot oder eine freie oder verbilligte Führung. Ob man damit wirklich die auf dem Einband avisierten 100 Euro erlöst, sei dahin gestellt, aber bei einem Brauereibummel zu zweit kann man schon ein paar Freibier mitnehmen.