Das vorliegende Buch ist die deutsche Übersetzung von J. Ryan Stradals 2020 bei Penguin erschienenen Familiensaga aus dem Herzen des mittleren Westens der USA. Hauptdarsteller sind die Schwestern Edith und Helen, deren Leben von der späten Kindheit an erzählt wird.
Während Helen versteht, ihre Träume mehr oder weniger rigoros wahr zu machen, ist Edith scheinbar weniger glücklich. Sie führt ein bescheidenes, pflichterfülltes Leben. Nur als Bäckerin des drittbesten Pies von Minnesota hat sie wirklich einmal Erfolg, von dem aber eigentlich auch mehr ihr Arbeitgeber als sie selbst profitiert.
Helen wollte schon seit ihrem ersten Bier, das sie als Kind ihrer Tante aus dem Kühlschrank stahl, unbedingt Brauerin werden, heiratete nach eigenen Brauversuchen den Brauereierben Orval Boltz und baute seine schon lange geschlossene Familienbrauerei erfolgreich wieder auf. Orval hält allerdings ein Coors für das beste Bier der Welt und setzt alles daran, mit einem Light-Bier in die Massenproduktion einzusteigen. Das ist nur zeitweise erfolgreich und führt schließlich, als die mittelständische Brauerei zwischen den billig produzierenden Bier-Riesen und den innovativen Mikrobrauereien aufgerieben wird, zum Verkauf der Marke an „Big Beer”.
Aber nicht deswegen sind Produkte aus dem Hause Boltz bei Edith und ihrer Tochter Tabu. Die Schwestern haben jahrzehntelang nicht mehr miteinander gesprochen, weil Helen ihrem Vater das Erbe quasi auf dem Sterbebett abgeschwatzt und für die Brauereigründung verwendet hatte, während Edith leer ausging und Zeit ihres Lebens in ärmlichen Verhältnissen leben musste.
Erst als Ediths Tochter durch einen Zufall die Brauerei für sich entdeckt und Karriere in einer Craft-Brauerei macht, führen die Wege der Schwestern wieder zueinander.
Die Geschichte ist im bekannten Stil der „Page-Turner” aus verschachtelten Stories zusammengesetzt, die abwechselnd von Helen, Edith und ihrer Tochter erzählen. So bleibt es immer spannend, und man verschlingt das Buch möglicherweise in einer durchwachten Nacht. Ich habe zwar ein paar Tage mehr gebraucht, war aber stets gefesselt und gespannt auf die nächsten Entwicklungen.
Brauereitechnisch ist das Buch insgesamt gut recherchiert. Das Brauen wird zwar nie zur Hauptsache, aber die Beschreibung der Vorgänge in den Brauereien ist fast immer stimmig. Zudem lernt man viel über amerikanische Craft-Brauereien, auch wenn man manche Anspielungen vielleicht in anderen Quellen nachschlagen muss. Überhaupt werden viele Anglizismen verwendet, die vielleicht im Ursprungsland des Buches keiner Erklärung bedürfen, weil sie Teil der Alltagssprache sind, in der Übersetzung für den Nicht-Amerikaner aber schwierig sein können.
Ein Tipp für alle, die Familienstories lieben und mit einem Schuss jüngerer amerikanischer Brauereigeschichte auffrischen wollen.
Das englische Original: