BierBot – da war doch was? Genau! Im Herbst 2016 berichteten wir mehrfach über den BierBot mini , eine komplette Brausteuerung mit Display, Tasten und Anschluss für die Braupfanne. Leider wurde es nach einiger Zeit still um diesen Brau-Controller, den Bernhard und seine Mitstreiter auch als Komplettgerät anboten.
Vor einigen Wochen dann ein Lebenszeichen von Bernhard, verbunden mit der Frage, ob wir sein neuestes Baby, den BierBot Brick testen wollen. Da sagen wir nicht nein, und so lag dann eine Woche später ein Päckchen aus München vor der Tür.
Beim Auspacken sehen wir zunächst alte Bekannte: ein Sonoff TH16 mit Temperatursensor, wie wir ihn auch in unserem Artikel „IoT im Sudhaus” vom Herbst 2019 verwendet haben. Der TH16 ist, wie die anderen Sonoff-Produkte, ein über WLAN verbundener Mikrocontroller mit einem Relais, das Lasten von bis zu 3650 Watt Leistung schalten kann. Das Besondere am TH16 ist ein Sensoreingang, an den unter anderem auch ein Temperatursensor auf Basis des One-Wire-Chips DS18B20 angeschlossen werden kann. Also gleiche Hardware, aber – wie ihr gleich sehen werdet – ein komplett anderes Software-Konzept.
WLAN-Verbindung
Obenauf im Päckchen liegt eine Karte mit einem aufgedruckten QR-Code. Der Scan mit dem Handy führt zur Anmeldung beim BierBot Bricks Cloud Service. Die Anmeldung ist unbedingt erforderlich, denn über den Service verwaltet und steuert ihr nicht nur eure Bricks, sondern auch Brauanlagen, Rezepte, Maischpläne und Brauberichte. Sogar die manuelle Steuerung läuft nur über diesen Service. Die Willkommensseite sieht so aus:
Die Registrierung des ersten Bricks ist unter „Einrichtung” beschrieben. Es macht Sinn, die Schritte auf einem Gerät mit WLAN auszuführen, also am Laptop, Tablet oder Smartphone, sonst ist das Hantieren mit WLAN-Passwort und API-Key aufwendiger.
Die Zuordnung zwischen Brick und Programm erfolgt über einen API-Key, der angezeigt wird, wenn ihr unter „Bricks” auf „Gerät hinzufügen” klickt. Diesen Key legt ihr euch am besten gleich in’s Clipboard, denn er wird später noch gebraucht.
Dann schließt ihr den Brick an den Strom an, wartet, bis ein WLAN auftaucht, dessen Name mit „BierBot Brick” beginnt und verbindet euch mit ihm. Als erste Seite wird ein Konfigurationsportal angezeigt, in dem ihr unter „Configure Wifi” euer WLAN auswählt, dessen Passwort eingebt und den API-Key aus dem Clipboard einfügt.
Nach einem Click auf „Save” verbindet sich der Brick mit dem eingetragenen WLAN und sollte nach einigen Sekunden auch in der Liste der Bricks auf der BierBot-Seite auftauchen. Mit „Aktivieren” macht ihr ihn für die Brausteuerung verfügbar.
Funktioniert das nicht auf Anhieb, könnt ihr am Router prüfen, ob der Brick sich in das WLAN eingebucht hat und welche Adresse er bekommen hat. Tippt ihr die Adresse des Bricks in die Adresszeile eines Browsers, sollte wie im Bild rechts eine schlichte Anzeige mit aktueller Temperatur und API-Key des Bricks zu sehen sein.
Ist der Brick nicht im Netz eingebucht oder zeigt er einen falschen API-Key an, könnt ihr ihn durch langes drücken der Taste am Brick wieder in den Anfangszustand zurückversetzen und die Prozedur nochmals beginnen.
Brauanlage zusammenstellen
Ist der Brick schließlich aktiviert, muss er noch mit eurem Braukessel „verheiratet” werden. Damit definiert ihr, welche Temperatur gemessen und welches Gerät damit gesteuert werden soll. Das geschieht im Tab „Brauanlagen”. Dort zeigt eine Animation, wie ihr Sensor und Aktor auf die entsprechenden Felder eines Geräts ziehen könnt.
Die Sensoren und Aktoren des Bricks können frei einem oder mehreren Geräten zugeordnet werden. Im Moment ist neben einem beheizten Maischbottich mit Rührwerk (Mashtun/BIAB) noch ein Gärbottich (Fermenter) mit Kühlung, Heizung, Temperatur- und Stammwürzesensor vorgesehen. Für letztere kann ein Tilt oder eine iSpindel eingebunden werden. Welche Erweiterungen noch geplant sind, könnt ihr euch über die Seite „Neue Funktionen” ansehen.
In der Abbildung rechts ist im Gerät der Brauanlage schon ein zweiter Brick für die Rührwerkssteuerung zu sehen. Das ist nicht unbedingt nötig, denn habt ihr nur einen Brick, kann das Rührwerk auch über eine Mehrfachsteckdose parallel zur Heizung angeschlossen werden. Achtet aber darauf, dass der Verteiler auch für die Leistung der Heizung geeignet ist.
Ein zuätzliches „Mashtun/BIAB”-Gerät kann auch dazu dienen, einen Heißwassertank mit Heizung und Temperatursensor über einen weiteren Brick zu steuern. Die Temperatur gebt ihr dann manuell ein – sie wird auch bei laufender Automatik gehalten.
Meine Testanlage besteht aus einer Induktionskochplatte (Hendi 3,5 kW) und einem Rührwerk (Mattmill Rührhexe). Das Rührwerk war für den ersten Versuch parallel zur Heizung geschaltet. Später habe ich dann einen zweiten Brick nachgerüstet, sodass Rührwerk und Heizung separat geschaltet werden können.
Das Rezept für den Sud
Der nächste Schritt ist, ein Rezept für den Sud auszuwählen. Dazu könnt ihr ein Rezept im BeerXML-Format importieren. Das Format kann fast jede Bierrezeptverwaltung exportieren. Für den ersten Test habe ich aber direkt im BierBot ein Dummy-Rezept erzeugt. Das geht über den Menüpunkt „Rezepte” mit dem Knopf „Erstellen”.
Dort vergebt ihr einen Namen, könnt einen Kommentar eintragen und erzeugt dann Schritt für Schritt die Rasten. Zum Testen heize ich mein Wasser im Braukessel von den aktuellen 19°C auf 25, 30 und 35°C auf und raste dazwischen jeweils für 5 Minuten. Schließlich wird 5 Minuten gekocht. Den Schritt des Kochens könnt ihr später beim Starten des Braugangs überspringen.
Das Rezept taucht dann in der Rezeptliste auf. Mit dem kleinen roten Knopf unter „Aktionen” könnt ihr den Sud starten.
Jetzt geht’s los!
In der Sudvorbereitung sind noch einige Angaben zum Sud möglich. Für Maische und Kochen gebt ihr jeweils an, auf welchem Gerät der Brauanlage der entsprechende Arbeitsschritt ablaufen soll oder ob er übersprungen wird. Ein Klick auf „Los geht’s” startet dann den Sud wirklich, und nach einigen Sekunden beginnen Heizung und Rührwerk zu laufen.
Den Ablauf könnt ihr online auf einem Übersichtsbild verfolgen, das alle 20 Sekunden aufgefrischt wird – oder ihr überlasst die Brauanlage für die nächste Zeit sich selbst. Einmal gestartet läuft das Programm auf dem BierBot nämlich völlig autonom ab. Nach etwa 20 Minuten hat der Sud die drei Rasten fast durchlaufen und das Übersichtsbild sieht so aus:
Dem aufmerksamen Betrachter wird auffallen, dass die Temperaturen nicht 100 % genau getroffen werden, sondern immer ein knappes Grad über der Vorgabe liegen. Das könnt ihr verbessern, wenn ihr einen Kalibrierungslauf für eure Brauanlage durchführt (mit dem Knopf „Kalibrierung” unter Menüpunkt „Brauanlage”). Dadurch werden die Parameter der PID-Regelung optimiert und die Temperaturen mit besserer Genauigkeit erreicht. Unter „Regler” könnt ihr euch die ermittelten Parameter ansehen und bei Bedarf auch manuell anpassen.
Brauprotokolle
Für jeden gebrauten Sud wird automatisch ein Brauprotokoll angelegt. Das enthält neben den Rasten und dem Temperaturprofil auch alle Kommentare und die während der Nachbereitung abgefragten Parameter wie zum Beispiel Ausschlagvolumen oder Stammwürze. Da ich die beim Testsud nicht eingetragen habe, findet man hier an verschiedenen Stellen „NaN” (Not a Number – der Javascript-Ausdruck für nichtnumerische Werte).
Für mich wäre das eine der praktischsten Funktionen des Software, denn die Lust, Protokoll von Hand zu führen, wird mit jedem gebrauten Sud geringer (und davon habe ich schon einige hundert absolviert).
Cloud-Anbindung
Das Herzstück der Brausteuerung ist eigentlich nicht der Brick, sondern die Software auf dem BierBot-Server, also in der Cloud. Der Brick führt lediglich die über den Server heruntergeladene Sequenz von Temperaturschritten aus. Ohne Internet und WLAN läuft also nichts. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man einmal nicht in der gewohnten Umgebung mit gesicherter Netzversorgung brauen möchte.
Andererseits sichert diese Betriebsart aber auch die schnelle und einfache Versorgung mit Fehlerkorrekturen und Funktionserweiterungen, denn die Software muss nur einmal zentral installiert und gewertet werden. Die Bricks profitieren davon, ohne einzeln aktualisiert werden zu müssen.
Wenn aber der Betrieb der BierBot-Server, der im Moment auf Kosten der Software-Entwickler läuft, nicht langfristig gesichert ist, könnten aus den Bricks der Brausteuerung plötzlich nutzlose Plastikschachteln werden. Der Service könnte auch unvermittelt kostenpflichtig und teuer geraten. Darauf angesprochen, hat mir Bernhard folgendes zugesichert:
- Der kostenlose Funktionsumfang wird dauernhaft kostenlos bleiben. Ein Feature, das jetzt kostenlos ist, wird auch in Zukunft garantiert kostenlos sein.
- Sollte das zentrale Backend irgendwann abgeschaltet werden müssen, wird sämtliche zum Betrieb notwendige Software garantiert unter Open Source Lizenz veröffentlicht.
- Die Einführung bezahlter „Premiumfeatures” ist geplant, macht aber erst ab einer relativ großen Nutzeranzahl Sinn. Kandidaten dafür sind zum Beispiel „Live-Teilen des Brauvorganges”, „schnellere Reaktionszeiten der Bricks”, „mehrere Automatik Vorgänge gleichzeitig”…
Das beruhigt einigermaßen und garantiert, dass man mindestens den aktuellen Funktionsumfang dauerhaft kostenlos nutzen kann und dass der Ausfall des jetzigen Serverbetreibers die Bricks nicht zwingend in Elektroschrott verwandelt.
Fazit
Was den BierBot Brick vor allem ausmacht, ist die Software. Sie verwandelt die unscheinbaren chinesischen Klötzchen erst in eine Brausteuerung. Die Funktionen sind durchdacht und sinnvoll, die grafische Darstellung schick und modern. Die Entwicklung der Software ist noch in vollem Gange, sodass ihr in Zukunft noch etliche Erweiterungen erwarten dürft. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, wäre das ein wenig mehr manuelle Kontrolle über die Aktoren während der Brauautomatik und vielleicht ein kleines Stück WLAN-gekoppelter Hardware mit einem Start/Stop-Knopf und einer Temperaturanzeige.
Weitere Einzelheiten und eine Möglichkeit zur Vorbestellung eines kompletten Bricks findet ihr auf der BierBot Bricks Webseite .
Abschließend noch ein Wort zur elektrischen Sicherheit: Weder die Bricks selbst noch die angeschlossenen Kabel sind in der oben abgebildeten Form geeignet, in einem Feuchtraum wie eurer Brauerei eingesetzt zu werden. Wasser kann über das Gehäuse und die Kabeleinführungen in die Geräte eindringen und im harmlosesten Fall zu einem Kurzschluss, aber auch zu Stromschlägen mit möglicherweise tödlichem Ausgang führen. Die Bricks müssen also unbedingt in feuchtraumtaugliche Gehäuse eingebaut werden – am besten vom Elektrofachmann.
Quellen: