Lotte Peplow, die Europa-Botschafterin der Brewers Association, gibt einen tiefen Einblick in die Kunst der Holzfasslagerung in der amerikanischen Craft-Beer-Welt
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Bier wurde zwar schon hunderte Jahre in hölzernen Gefäßen vergoren, aber erst in den den 1990ern fingen amerikanische Craft-Brauer an, mit der Lagerung von Bier in vorbelegten Spirituosenfässern zu experimentieren. Heute belegen holzgelagerte (amerikanisch: barrel-aged) Biere von amerikanischen Craft-Brauern regelmäßig Spitzenplätze bei renommierten internationalen Bierwettbewerben und sind nur ein weiteres Beispiel für die ungeheure Innovationskraft amerikanischer Craft-Brauer. Es lohnt sich, ihre unglaubliche Komplexität, ihren vielschichtigen Geschmack und die feinen Nuancen ihrer Eigenschaften zu ergründen, die holzgelagerte Biere geradezu perfekt für die kalten Wintermonate machen.
Verschiedene Biertypen eignen sich für die Holzfasslagerung, aber Sauerbiere und Bier mit hohem Alkoholgehalt sind am gebräuchlichsten. Fässer für saure und ‘wilde’ Biere können mehrmals benutzt werden, während Fässer, die mit Spirituosen wie Bourbon, Tequila oder Gin vorbelegt waren, nur selten für mehr als ein oder zwei Füllungen genutzt werden.
Viele amerikanische Craft-Brauer halten Fässer nicht einfach nur für ein Lagergefäß, sondern für die fünfte Bierzutat. Sie kaufen Fässer mit genau so viel Sorgfalt und Aufmerksamkeit ein, wie sie ihre jährlichen Hopfensorten aussuchen. Jedes Fass ist einzigartig, was bedeutet, das Experimentierfreude und Flexibilität wesentliche Teile der Fasslagerung sind.
Zwar verkaufen die meisten Destillateure und Winzer gebrauchte Fässer, aber Brauer nehmen trotzdem oft weite Wege in Kauf, um sich genau die Fässer zu sichern, die sie für ein spezielles Projekt im Sinn haben.
The Bruery, eine Craft-Brauerei in Orange County, Kalifornien, kauft ganze Lastwagenladungen von Fässern und sucht dann anhand der sensorischen Analyse des Fässer genau die passenden für jedes Projekt aus. Die Brauer von Great Divide Brewing in Denver, Colorado, sind sogar nach Übersee (Irland) gereist, um sich die Fässer für ihr Partnerprogramm mit Jameson Whisky selbst von Hand herauszupicken, während Eric Ponce, der Barrel Program Manager bei Firestone Walker in Paso Robles, Kalifornien, viele Jahre lang verschiedene Typen von Spirituosenfässern aus der ganzen Welt eingekauft hat. „Jedes Fass muss unsere Anforderungen erfüllen, wie zum Beispiel die ausgesuchte Brennerei, wie lange das Produkt im Fass gelagert war, dass das Fass nach dem Leeren nicht gespült wurde usw.”, sagt er.
Eiche enthält viele geschmackvolle, aromatische Verbindungen, die einem Bier Tiefe und Komplexität verleihen können, was sie zum bevorzugten Holz für die Fasslagerung vieler Biere macht. Jeremy Grinkey, Produktionsleiter bei The Bruery erklärt: „Mit Eiche lässt es sich im Vergleich zu Palm- und anderem Holz leichter arbeiten. Es ist recht verbreitet in ganz Europa und hat eine feste Struktur, die seine Qualität bei der Lagerung von Flüssigkeiten ausmacht. Trotzdem haben wir zum Spaß auch schon Kirsch- und Akazienholzfässer benutzt.”
Genau so wichtig für den Geschmack des Fasses ist die Kunst des Verschneidens unterschiedlicher Biere, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Verschiedene Biere können in verschiedenen Fässern reifen, von denen manche frisch sind und einen sehr intensiven Eichen- und Spritituosengschmack an das Bier abgeben, während andere schon mehrmals benutzt wurden und weniger intensive Geschmacksnoten beisteuern. Es ist das geschickte Verschneiden dieser Biere durch den Brauer, das die Alchimie erzeugt.
Andere Geschmacksnoten wie Kakao, Kokosnuss oder Kaffee können auf dem Wege hinzugefügt werden und die Komplexität noch vergrößern. Ponce von Firestone erklärt: „Das Verschneiden beginnt mit dem Geschmack des Fasses. Wenn das Fass keine gute Qualität hat und nicht die Geschmacksnoten und Aromen einbringt, die wir erwarten, wird dieses spezielle Fass ausgemustert, aber dieses Dilemma passiert nicht oft”.
Wie lange muss ein Bier also in einem Fass reifen? Darauf gibt es keine definitive Antwort, es hängt einfach davon ab, wann das Bier fertig ist. „Es dreht sich alles um Geschmack” sagt Ponce. „Wir haben zwar eine Vorstellung davon, wie lange es dauert, abhängig vom Basisbier und der Art des Sprituosenfasses, und wir analysieren Proben von jedem Fass, um analytische und mikrobiologische Daten zu bekommen, aber am Ende geht es immer um den Geschmack”, fügt er hinzu. Bei Bruery reifen Sauerbiere irgendwo zwischen sechs Monaten und vier Jahren, und Stouts, Barley Wines usw. zwischen ein und drei Jahren. Einige Biere sind „double-barrel-aged”, das heißt, dass das Bier für zusätzliche Extraktion nach etwa einem Jahr in ein frisches Bourbonfass umgelagert wird.
Einfach ein Bier in ein Fass zu lassen und für das Beste zu hoffen bringt selten Erfolg. Fasslagerung stellt den Brauer vor eine Reihe von Herausforderungen, wie Brian Slekes, Senior-Finanzvorstand bei Great Divide bestätigt: „Zeit, Konsistenz und Effizienz sind die Herausforderungen beim Fasslagern. Bier braucht oft ein Jahr im Fass, bevor wir bekommen, was wir von ihm erwartet haben; jedes Fass ist unterschiedlich und manchmal funktionieren einzelne Fässer überhaupt nicht”. Grinkey von the Bruery fügt hinzu: „Das Planen und Verstehen des Risikofaktors ist eine Riesenaufgabe. Es ist schwer zu sagen, wie etwas nach vielleicht zwei Jahren schmecken wird, einfach weil es ein Bier nicht immer besser macht, wenn man es in ein Fass füllt”.
Über die Autorin
Lotte Peplow ist die Europa-Botschafterin für amerikanisches Craft-Bier und lebt in London. Sie ist zertifizierte Cicerone®, vom BDI akkreditierte Bier Sommeliere, Bier-Journalistin, Bier-Kommunikatorin, internationale Bier-Jurorin, Hobbybrauerin und Bier-Liebhaberin.
Über die Brewers Association
Die Brewers Association (BA) ist ein gemeinnütziger Handelsverein, der sich kleinen und unabhängigen amerikanischen Craft Bier Brauereien, ihren Bieren und der Gemeinschaft der Brau-Enthusiasten widmet. Die BA repräsentiert über 5.000 US-amerikanische Brauereien. Das Logo der BA für unabhängige Craft Bier Brauer ist ein weithin anerkanntes Symbol zur Kennzeichnung von Bieren kleiner und unabhängiger Craft Bier Brauer. Die BA organisiert Events wie den World Beer Cup®, das Great American Beer Festival®, die Craft Brewers Conference & BrewExpo America®, SAVOR®: An American Craft Beer & Food Experience, die Homebrew Con, die National Homebrew Competition und die American Craft Beer Week®. Die BA gibt das Magazin The New Brewer® heraus, und Brewers Publications™ ist der größte Herausgeber von Brau-Literatur der USA.
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Übersetzung: Jörg Krüger