Traditionell kennt der deutsche Brauer Karamellmalze nur in den Ausführungen „Pils”, „Hell” und „Dunkel”. In der von Pilsner, Hell und Kölsch bestimmten Brautradition haben sie nur am Rande einen Platz; allenfalls im Alt sorgt etwas dunkles Karamellmalz für Farbe und Vollmundigkeit. Ansonsten fristet deutsches Karamellmalz ein Schattendasein als Schaumverstärker und möglichst unmerklicher Körper-Lieferant.
Schaut man dagegen nach England oder Belgien, trifft man eine ungleich vielfältigere Palette an Spezialmalzen an. Karamellmalze werden nicht nur in jeglicher Farbschattierung angeboten, sondern auch nach den unterschiedlichsten Vermälzungstechniken hergestellt.
In unserem Grundlagenartikel „Vom Korn zum Malz” [1] wurde das Thema Karamellmalze nur kurz angeschnitten. Gemein haben alle Karamellmalze die Verzuckerung des Malzes schon in der Mälzerei. Unterschiede ergeben sich in der Zeit- und Temperaturführung bei der Verzuckerung und beim Darren. Auch die Auswahl der Rohstoffe und die Form der Darre haben Einfluss auf die Eigenschaften des Endprodukts.
Bis zum Beginn des Darrens durchlaufen alle Malze den gleichen Prozess: Weichen und Keimen. Zur Herstellung von Karamellmalz wird heute meist direkt das Grünmalz verwendet, also das noch feuchte Malz aus dem Keimkasten. Zur Vorbereitung der Verzuckerung wird schon am Ende des Mälzens eine 12- bis 18-stündige Phase mit Temperaturen von 40 bis 45°C eingelegt, indem die Belüftung des Malzes unterbrochen wird. Dabei werden bereits Teile der Eiweiße, Zellwände und der Stärke abgebaut. Die Enzyme bleiben in aktivem Zustand und werden nicht durch das Darren geschwächt. Die Verzuckerung läuft dadurch später in nur 60 bis 90 Minuten bei 70 bis 75°C ab.
Eine andere Variante ist es, das Darrmalz wieder zu weichen, bis es einen Wassergehalt von 40–44% besitzt und danach in einer Darre oder Rösttrommel bei Temperaturen von 60–75°C zu verzuckern. Die fehlende spezielle Vorbehandlung am Ende der Keimung und die geschwächten Enzyme verlängern die Dauer der Verzuckerung allerdings auf 2½ bis 3 Stunden.
Die Enzyme setzen bei der Verzuckerung ihre beim Keimen begonnene Arbeit fort. Lange Eiweißketten werden aufgespalten und in kürzerkettige Proteine bis zu Aminosäuren umgesetzt. Die Stärke des Korns wird verzuckert und verflüssigt sich dabei. Wie beim Maischen steuern Temperatur und Zeit die Zusammensetzung der Zuckerarten. Der einziger Unterschied zum Maischen besteht darin, dass hier der Prozess komplett innerhalb des Korns abläuft und die entstehenden Zucker nicht in der Würze gelöst werden.
Schließlich wird die das Malz je nach Sorte auf bis zu 180°C erhitzt, wobei neben der Trocknung auch Teile des Zuckers karamellisieren und aromatische Maillardprodukte entstehen. Temperatur und Zeit steuern Farbe und Aromen des Karamellmalzes [2]:
Bezeichnung | Farbwert |
---|---|
Cara Pils | 5 – 8 EBC |
Cara hell | 20 – 70 EBC |
Cara dunkel | 100 – 120 EBC |
Moderne Mälzereien verwenden zur Herstellung von Karamellmalz üblicherweise Rösttrommeln. Durch das ständige Wenden und Mischen des Malzes kann darin die Temperatur sehr schnell und genau eingestellt und das Wasser sehr schnell verdunstet werden. Das entstehende Malz ist sehr homogen mit einem glasigen Körper und den reinen, süßlichen Aromen der „Crystal”-Malze.
Wird Karamellmalz auf einem Darrboden hergestellt, ist die Temperaturverteilung inhomogener und lässt sich nur träger steuern. Das Wasser wird langsamer ausgetrieben, das Malz wird inhomogener und entwickelt eher malzige und brotige Aromen [4,5].
Historisch stellte man Karamellmalz her, indem man eine Plane über Grünmalz breitete, um die für die Verzuckerung nötige Feuchtigkeit zu halten. Danach wurde das Karamellmalz möglichst heiß abgedarrt. Moderne Spezialdarren zur Herstellung von Karamellmalz erreichen zwar Temperaturen bis 120°C, aber ältere Standarddarren kommen nur auf etwa 90°C und können damit nur Malze bis zu einem Farbwert von etwa 150 EBC produzieren [3].
Sehr helles Karamellmalz wird im englischen auch als „Glassy Malt”, also „Glasiges Malz” bezeichnet. Das ist für uns etwas irreführend, denn „Glasmalz” ist im deutschen die Bezeichnung für glashartes, zum Brauen unbrauchbares Malz, das entsteht, wenn beim Darren des Karamellmalzes die Temperatur schon zu hoch gefahren wird, bevor der Feuchtigkeitsgehalt im Malz weit genug gefallen ist. Im Deutschen ist daher eher der Name „Carapils” üblich, der in Großbuchstaben eine geschützte Handelsmarke der Weyermann Malzfabrik ist. In den USA gehört die Marke „Carapils” der Firma Briess. Im angloamerikanischen Sprachraum ist auch die Bezeichnung „Dextrinmalz” gängig.
Bei Farbwerten von 2 bis 10 EBC sorgt extra helles Karamellmalz in sehr hellen Bieren für einen haltbareren Schaum, einen volleren Körper und einen leicht süßlichen Geschmack. Es wird nicht geröstet, sondern lediglich bei 60–65°C getrocknet, besitzt aber wie alle Karamellmalze keine Enzyme.
Mittelhelle Karamellmalze mit Farbwerten von 20 bis 150 EBC bringen neben Farbe den typischen Karamellgeschmack ins Bier ein. In dunklen Karamellmalzen, die Farben von bis zu 400 EBC haben können, dominieren dann kräftigere toastige, brotige und röstige Aromen.
Hybridmalze wie das Special B werden nach dem Karamellisieren bei noch höheren Temperaturen geröstet und können Farbwerte von bis zu 500 EBC aufweisen. Sie bringen in dunkle Bieren wie dem belgischen Dubbel neben den brotigen auch Aromen von Trockenfrüchten wie Rosinen und Pflaumen ein.
Auch wenn Karamellmalze verschiedener Hersteller die gleiche Farbe besitzen, können sie durch die vielen Variationsmöglichkeiten, die sich während des aufwändigen Vermälzungsprozesses bieten, große Unterschiede aufweisen. Es ist daher sehr wichtig, seine Malze genau kennenzulernen, indem man sie immer wieder sowohl als Korn und in der Würze als auch im Endprodukt verkostet. Eine gute Übung ist es, sich die verwendeten Karamellmalze beim Läutern in kleinen Schälchen neben den Läuterbottich zu stellen und zu versuchen, den Geschmack der Malzkörner in der Würze wiederzufinden.
Karamellmalze sind Frischeprodukte. Bei zu langer Lagerung verlieren sie die typischen honig‑, karamell‑, toast- und brotartigen Aromen. Sie sollten daher immer frisch zugekauft und nicht länger als einige Monate gelagert werden. Am frischsten sind sie natürlich dann, wenn man sie selbst herstellt.
Quellen:
- Jörg Krüger: Vom Korn zum Malz
brau!magazin Winter 2014/15 - Karl Lense: Katechismus der Brauereipraxis
Getränke-Fachverlag Hans Carl, Nürnberg, 1996 - Schuster/Weinfurtner/Narziß: Die Bierbrauerei, Band 1: Die Technologie der Malzbereitung
Ferdinand Enke Verlag, 7. Auflage, Stuttgart, 1999 - John Mallet: Malt
Brewers Publications, Boulder, Colorado, USA, 2014 - Terry Foster und Bob Hansen: Is it Crystal or Caramel Malt?
Brew Your Own, November 2013 - Roasted Caramel Malts
Briess Malt & Ingredients Company, Chilton, Wisconsin, USA - Crystal Malt: Homebrew Science
Brew Your Own, November 2001 - Jörg Krüger: Karamellmalz selbst herstellen
brau!magazin Frühjahr 2017
Abbildungen:
- Abbildung 1: Peter Schill in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25418247 - Abbildung 2: Briess Malt & Ingredients
- http://blog.brewingwithbriess.com/part-iv-do-you-like-yours-kilned-roasted-or-both/
- Alle anderen Abbildungen: Autor
CARAPILS®, CARAHELL®, CARAMÜNCH® und CARARED® sind eingetragene Warenzeichen der Malzfabrik Weyermann®
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