Auf dem Weg zu den diesjährigen Hopfentagen in der Hallertau habe ich in Mainburg halt gemacht, um den „Erlebnispfad Hopfen und Bier” zu gehen. Das sollte laut Broschüre ein Rundweg mit Informationstafeln sein, und auf der Titelseite wandern Mutter und Tochter im Dirndl fröhlich zwischen Hopfenfeldern umher. Die Hallertau ist das weltweit größte Hopfenanbaugebiet – wenn dort ein Lehrpfad über Hopfen eingerichtet wird, kann man Großes erwarten.
Als Unterkunft hatte ich mir natürlich eine Brauerei gesucht: der in Mainburg recht zentral gelegene Seidlbräu machte einen guten Eindruck. Bei der Ankunft fragte ich den Wirt nach dem Weg, erntete aber nur ein Kopfschütteln. Von diesem Erlebnispfad hatte er noch nie gehört, aber die Wanderwege würden alle am Markt beginnen, sagte er mir. Also auf zum Markt, wo auch meherere Rad- und Wanderwege ausgeschildert waren – nur nicht der Erlebnispfad.
Aber ich hatte ja vorsorglich die Broschüre ausgedruckt, die auch eine kleine Karte des Weges enthält. Erst später stellte ich fest, dass ich einem veralteten Link gefolgt war, der den Weg vor der aktuellen Renovierung beschreibt. In der neuen Version [2] sind einige Tafeln dazugekommen, und die Wegrichtung ist eindeutiger hervorgehoben.
Nach einigem Umherirren und Nachfragen bei Passanten fand ich dann also den Aufstieg vom Markt zur laut Broschüre am Weg liegenden Salvatorkirche in Form einer steilen, 176 Stufen langen Treppe – von Wegmarkierungen war aber weit und breit nichts zu sehen. Also wieder nachfragen. Ein älterer Herr, der gerade die Beete seines Gemüsegartens hackte, wies mir den Weg zum Biergarten des Zieglerbräu, der in der Karte als Station des Pfades eingezeichnet war. An der Strecke dorthin war natürlich ebenso keinerlei Markierung zu sehen.
Der Zieglerbräu-Biergarten war an diesem frühen Montagabend noch komplett leer; ich war der einzige Gast. Auf meine Frage, ob denn der Erlebnisweg überhaupt noch existiert, meinte der Wirt: „Ja den gibt’s schon no, da müssen’s … (es folgt eine längere, für mich unverständliche Wegbeschreibung) … Aber so wie Sie gehen, ist’s verkehrt herum, das hier ist die letzte Station. Und heute werden’s auch Probleme mit der Verpflegung haben, da ist Montags alles zu.”
Der letzte Satz sollte sich in schrecklicher Weise bewahrheiten. Hätte ich gewusst, dass dieser Biergarten der letzte auf dem Weg war, hätte ich sicher noch eine zweite Halbe vom ganz ordentlichen Kellerbier genommen. Die Warnung des Wirtes, verbunden mit der Information, dass Zieglerbräu die einzige verbliebene von einst 6 Brauereien in Mainburg ist, hätte mir zu denken geben sollen.
Beim Weitergehen fand ich dann auch die erste Tafel des Erlebniswegs – es war allerdings die Tafel 17, die laut meiner veralteten Broschüre gar nicht existieren dürfte, denn dort war schon bei Tafel 12 Schluss. Ein wenig weiter fand ich auch den Grund, warum ich auf dem Wege keinerlei Wegweiser für den Erlebnispfad finden konnte: die Schildchen in der Größe einer Skatkarte waren immer so angebracht, dass man sie nur in der vorgeschriebenen Laufrichtung erkennen konnte – geht man wie ich den Weg verkehrt herum, sieht man sie nicht.
Nach dem Abstieg vom Salvatorberg gelang es mir dann, an der Köglmühle den Weg in der korrekten Richtung zu finden, und von da an konnte man, wenn auch nur bei höchster Konzentration und auch nur, wenn man nicht weiter als 5 Meter davon entfernt war, die meisten Wegweiser erkennen. Tafeln 1 und 2 des Erlebnispfads hatte ich damit allerdings schon versäumt. Die nahe der Köglmühle eingezeichnete Almhütte mit Biergarten hatte übrigens geschlossen.
Nach der Köglmühle führte der Weg sehr schön in den Auen des Flüsschens Abens entlang. Etwas weniger schön war es dann an der Kläranlage – sowohl Anblick als auch Geruch ließen mich mein Tempo beschleunigen, bis der Weg endlich rechts und links von Maisfeldern gesäumt wurde.
Den ersten Hopfen fand man, wenn man etwa ein Drittel des Rundweges zurückgelegt hatte. Noch davor, etwas unmotiviert inmitten der Maisfelder am Wegesrand montiert, stand Tafel 3 des Lehrpfads, die sich mit dem Thema Malz beschäftigte. Jetzt folgten relativ dicht aufeinander mehrere Hopfengärten. Mangels jeglicher Hinweise konnte man aber nicht feststellen, um welche Sorten es sich handelt. Am Rand eine Feldes büßte ich beim Stolpern in den zugewachsenen Straßengraben im hohen Gras den Objektivdeckel meiner Kamera ein.
Hinter dem Abzweig nach Leitenbach, den man nach etwa einer Stunde Fußweg erreicht, findet man Tafel 4 mit allgemeinen Informationen zum Hopfen, und eine Viertelstunde später am Ortseingang von Unterwangenbach die Tafel 5, die sich um Hefe kümmert. In mir keimte leise die Hoffnung auf ein Gasthaus am Wege auf. Aber vergebens: die einzige öffentliche Einrichtung des Ortes war ein Getränkehändler, der nicht mal eine Bank zum Hinsetzen anbietet. Um ein warmes Supermarktbier im Stehen aus der Flasche zu trinken, bin ich nun wirklich nicht hergekommen.
Hunger und Durst wurden aber immer kräftiger, und deswegen fragte ich eine Frau, die gerade mit dem Kehren ihrer Einfahrt beschäftigt war, wo denn das nächste Gasthaus zu finden wäre. Im Ort leider nicht, und der Biergarten am Schloss Ratzenhofen, dem entferntesten Punkt des Rundwegs, hätte auch nur am Wochenende geöffnet.
Angesichts dieser Aussichten und der vorgerückten Stunde beschloss ich, mir die Schleife über Ratzenhofen zu sparen, den Weg abzukürzen und direkt über Leitenbach nach Mainburg zurück zu laufen. Das sparte eine gute Stunde ein, verwehrte aber den Blick auf die Lehrtafeln 6 bis 11, was mir in diesem Moment das kleinere Übel zu sein schien.
Eine leise Hoffnung auf ein Gasthaus in Leitenbach hatte ich noch. Das vielversprechend aussehende Gebäude in der Ortsmitte stellte sich aber als Vereinsheim der Altschützengesellschaft heraus, das außer zum sonntäglichen Frühschoppen nur Donnerstags und Samstags Abends geöffnet hat. Tafel 12 (Hopfenanbau) und 13 (Biologie und Ökologie des Hopfens) konnten mich nicht wirklich trösten.
Letzte Chance auf ein Bier am Wege war die Theresienhütte am Rande der Mainburger Waldsiedlung. Auf dem Wege dorthin, der durch einen Wald führte, passierte man Tafel 14 (Hopfenernte) und 15 (Ökonomie und Märkte). Ich war kaum mehr interessiert. Dass die Theresienhütte Montags und Dienstags Ruhetag hat, wunderte mich schließlich auch nicht mehr. Es war schon spät und der Weg zum Gasthaus Seidlbräu mit frischem Bier aus der eigenen Brauerei nicht mehr weit. Tafel 16 (Herkunftsschutz) stand auf dem Parkplatz der Hütte, Tafel 17 hatte ich ja schon im Zieglerbräu-Hof gesehen.
Eine letzte Enttäuschung bot dann noch die Gaststube des Seidlbräu. Der Zieglerbräu-Wirt hatte es ja schon angedeutet: das letzte Bier aus den Kesseln dieser Brauerei floss schon 1970 – seither wird dünnes Hacker-Pschorr aus dem ungeliebten München ausgeschenkt. Überhaupt scheint die Stadt Mainburg ihrer letzten Brauerei recht untreu zu sein: man findet in den Gasthäusern der Stadt viele Biermarken, aber das einheimische Zieglerbräu schenkt scheinbar ausschließlich der brauereieigene Biergarten aus.
Als Eindruck vom Erlebnispfad Hopfen und Bier bleiben schlecht markierte Wege, ein Haufen lieblos platzierter Lehrtafeln, fehlende oder geschlossene Einkehrmöglichkeiten und jede Menge Hunger und Durst. Vom weltgrößten Hopfenanbaugebiet hatte ich mehr erwartet.
[1] Tourismusamt http://www.mainburg.de/index.php?id=6952,126
[2] Broschüre http://www.mainburg.de/export/download.php?id=6953
Schöner Artikel! Obwohl ich nicht weit von der Hallertau entfent wohne (und auch gerne wandere), habe ich von dem Hopfenweg auch erst durch diesen Text erfahren. Gehen werde ich ihn aber wahrscheinlich trotzdem nicht: die Gefahr, das Ganze ohne Belohungsbier auf mich nehmen zu müssen, erscheint mir zu groß 😉
Für den Fall, dass die verpassten Schautafeln auch etwas über die Geschichte der Hopfenernte erzählt hätten, kann ich vielleicht einen kleinen Ersatz anbieten: Meine Eltern haben in den 40er und 50er Jahren als Hopfenzupfer gearbeitet; einige ihrer Erinnerungen habe ich in einem kleinen Blogartikel festgehalten:
http://www.landeir.de/2016/02/18/regensburger-hopfenzupfer-ein-hartes-leben-aber-schee-wars‑a/