Historisches Maischverfahren wiederentdeckt
Wir befinden uns im Jahr 1860 n. Chr. und ganz Bayern braut nach der Bayrischen Methode. Ganz Bayern? Nein! Eine von unbeugsamen Franken bevölkerte Stadt hört nicht auf, den modernen Methoden Widerstand zu leisten….
So ähnlich könnte der Artikel beginnen, wären Astrix und Obelix Brauer und würden in Nürnberg, Kulmbach, Bamberg oder Augsburg wohnen (was zugegebenermaßen nicht in Franken liegt). Aus diesen Städten ist eine Art des Maischens bekannt, die als sogenannte Satzbrauerei bezeichnet wird. Diese beschreibt, zum Beispiel, Johannes Rudolf Wagner im sechsten Jahrgang des Jahresberichts über die Fortschritte und Leistungen der chemischen Technologie als Maischarbeit, die zwar weniger Zeit in Anspruch nimmt als die Bayrische Art zu Maischen (gemeint ist damit die Dekoktion) und die zwar ein helleres Bier erzeugt, das aber dem Bayrischen in jeder anderen Beziehung „untergordnet“ ist, was auch immer Wagner damit meint.
Was hat es auf sich mit dieser Art zu maischen?
Grundlegend wird historisch zwischen der Infusion und der Dekoktion unterschieden, wobei man hier aufpassen muss, denn historisch ist mit Infusion etwas anderes gemeint als heute darunter verstanden wird. Unter Infusion versteht man klassischerweise das Erwärmen der Maische durch Zubrühen von heißem Wasser und eben nicht, wie heute üblich, das Aufheizen der gesamten Maische. Verschiedene Quellen, wie etwa Phillipp Heiß, in seinem 1860 erschienen Buch „Die Bierbrauerei“ , nennen die Infusion als Maischverfahren, das vor allem in England und Norddeutschland Verwendung fand, während die Dekoktion in Bayern und der untergärigen Bierbrauerei üblich war, aber eben nicht in ganz Bayern.
Vereinfacht gesagt wird hier kalt eingemaischt und der Maische ein „Satz“ entnommen, bevor die komplette Maische gekocht wird. Der „Satz“ liefert dann die Enzyme zur Verzuckerung. Als Beispiel hier die Satzbrauerei, wie sie in für Nürnberg und Augsburg beschrieben wird.
Die Schüttung wird geschrotet und trocken in den Maischebottich gegeben. Im Anschluss wird ein Viertel des Hauptgusses kalt auf das Malz gegeben und zwar so, dass das Malzschrot nicht aufgewirbelt wird. Danach rastet die Maische für 3 Stunden.
Am Ende der Rast wird der sogenannte „kalte Satz“ langsam geläutert. Heiß spricht davon, dsas bei einem 10–12 Schäffel fassenden Bottich, etwa 22–26 hl, 4–5 Stunden geläutert wurde. Während der kalte Satz geläutert wird, wird der Rest des Hauptgusses zum Sieden gebracht. Ist der komplette kalte Satz abgeläutert, wird das trocken gefallene Malz erneut aufgelockert und das kochende Wasser zugebrüht. Idealerweise, um eine gute Durchmischung zu erzielen, lässt man dabei das Wasser von unten einspringen, damit sich der Treber weiter lockert. Wichtig ist, während das Wasser langsam einspringt, kräftig zu rühren. Hat die Maische eine Temperatur von 52–56 °C erreicht, wird kein Wasser mehr zugegeben und noch für einige Minuten gerührt. Nun wird 15 Minuten gerastet. Der Kalte Satz wird zum restlichen Wasser in der Pfanne gebracht.
Ist das geschehen, wird der Läuterhahn voll aufgedreht und geläutert. Die Würze wird im Läutergrand aufgefangen. Läuft die Würze nur noch im Rinnsal, wird der Läuterhahn geschlossen. Das, was sich jetzt im Grand befindet, nennt sich Lautermaisch und der wird zum kalten Satz in die Pfanne geschöpft.
Nach etwa 30 Minuten wird der Läuterhahn erneut geöffnet und der sogenannte „warme Satz“ wieder im Läutergrand aufgefangen. Diese Prozedur dauert insgesamt etwa zwei Stunden. Der klare warme Satz wird auf dem Kühlschiff so weit wie möglich abgekühlt.
Während der warme Satz abläuft, wird der Pfanneninhalt zum Sieden gebracht und die Decke abgehoben. Nach dem Aufkochen wird der Pfanneninhalt wieder in den Läuterbottich übergeschöpft, wobei abermals kräftig gerührt wird. Die Maische sollte jetzt eine Temperatur von 67–70 °C haben.
Im Anschluss wird der komplette Bottichinhalt in die Pfanne umgeschöpft, zum Kochen gebracht und etwa eine Dreiviertel bis eine Stunde gekocht. Danach wird die gesamte Maische wieder aus der Pfanne in den Bottich geschöpft. Die Temperatur liegt nach dem Schöpfen bei etwa 82–87 °C. Danach wird die Pfanne geputzt.
Der heiße Satz, der bis jetzt auf dem Kühlschiff war, wird in die Pfanne gelassen und der Hopfen wird zugesetzt und zwar im Winter zweieinhalb bis drei Pfund und im Sommer drei bis fünf Pfund. Danach wird vom Bottich in die Pfanne geläutert und gekocht.
Insgesamt lässt sich nicht nur erahnen, wie anstrengend ein solcher Sud für den Brauer war, immerhin werden die 22–26 hl mehrmals hin und her geschöpft, sondern es lässt sich auch erahnen, wie schlecht die Malzqualität jener Zeit gewesen sein muss, dass ein solch intensives Maischverfahren nötig war.
Quellen
Abbildungen