Der Weg zur Heinenhof-Mikrobrauerei

Es war ein glück­li­cher Zufall anno Pfings­ten 2014, als ich das gro­ße Spar­gel­fest auf dem Hei­nen­hof besuch­te und mich mit Josef, dem dor­ti­gen Bau­er und mei­nem Rad­sport­kol­le­gen, über dies und das unter­hielt: „Ja, ich braue seit 2012. Und eigent­lich ist mei­ne Gara­ge viel zu klein zum Brau­en, und erst recht für eine klei­ne gewerb­li­che Braue­rei, die ich pla­ne.” „Da hät­te ich was für dich”, war sei­ne kur­ze, aber viel­ver­spre­chen­de Ant­wort, in der er mir wei­ter davon erzähl­te, dass er seit „Jugend­ta­gen” schon mal brau­en woll­te, es aber irgend­wie nie dazu kam, auch nicht, als er wäh­rend des Stu­di­ums der Agrar­wis­sen­schaf­ten mal ein Semi­nar über das Brau­en besuchte.

Vom Schwei­ne­stall zum Brausalon

So kam es, wie es kom­men muss­te: Ein muti­ger Bau­er und ein dem Arbeits­le­ben bald ent­rü­cken­der Hob­by­brau­er star­te­ten ein Aben­teu­er – das übri­gens noch immer anhält.

Hier soll später ein Sudwerk stehen?

Wäh­rend ich Anfang 2014 bei Doe­mens in Bam­berg mei­nen Bier­som­me­lier mach­te, wur­den im Früh­jahr erst ein­mal der alte Schwei­ne­stall (jetzt Sud- und Ver­kos­tungs­raum) und der alte Pony­stall (jetzt Gär­raum) aus­ge­mis­tet. Tei­le des Bodens bestan­den aus Feld­zie­gel eines alten Schorn­steins, die auf­ge­nom­men und erst ein­mal zur Sei­te gelegt wurden.

Der Torbogen wurde wieder geöffnet, er war jahrzehntelang zugemauert

Zum Teil maro­de Wän­de, eben­falls aus Feld­zie­gel, wur­den erneu­ert, ein Durch­gang zwi­schen Schweine- und Pony­stall geschaf­fen, der alte zuge­mau­er­te Tor­bo­gen wie­der­her­ge­stellt und mit einer Glas­front ver­se­hen, aus zwei Fens­tern an der Außen­sei­te wur­den Türen und die alte Kap­pen­de­cke ordent­lich gerei­nigt und zum Teil ausgebessert.

Auch auf der Geneh­mi­gungs­sei­te tat sich eini­ges: Ein Bau­an­trag muss­te her, ver­se­hen mit Park­plät­zen, Zu- und Abwe­gun­gen, Toi­let­ten, Zeich­nun­gen und Beschrei­bun­gen der zukünf­ti­gen Mikro­braue­rei, Luftab- und ‑zuzug, Flucht­we­gen etc. – das gan­ze Pro­gramm. Hin­zu kam, dass das Gebäu­de unter Denk­mal­schutz steht, zum ande­ren aber auch natur­schutz­recht­li­che Din­ge beach­tet wer­den muss­ten; denn das 1774 errich­te­te Gebäu­de – spä­ter umge­baut als Vier­seit­hof im frän­ki­schen Stil – steht im soge­nann­ten Außen­be­reich, wo man nicht so ein­fach drauf­los­bau­en darf. Eine Umnut­zung wur­de bean­tragt und geneh­migt, und auch die Arten­viel­falt darf nicht in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wer­den. Auf­ge­ben? Nein! Schließ­lich hat­te ich ja noch ein wenig Zeit, genau­er bis Mit­te 2017, dem Beginn mei­ner Pas­siv­pha­se in der Altersteilzeit.

Man ahnt es schon – so was zieht sich und zieht sich! Natür­lich dach­te ich zwi­schen­durch über einen erheb­lich frü­he­ren Start der Braue­rei nach; denn zusam­men mit dem Läu­ter­werk bestell­te ich bereits 2015 das 500er-​Polsinelli-​Sudwerk (sie­he dazu den Arti­kel von Bodo Wes­ter auch in die­ser Ausgabe). 

Hin­wei­se der Lebens­mit­tel­kon­trol­le von enor­mer Bedeutung

Wich­tig und im Nach­hin­ein betrach­tet mei­nes Erach­tens sicher­lich not­wen­dig war der vor­he­ri­ge Kon­takt mit dem Amt für Lebens­mit­tel­kon­trol­le. Noch als der alte Schwei­ne­stall und Pony­stall zu erken­nen waren, bat ich die Kon­trol­leu­re, mal vor­bei­zu­schau­en und mir Hin­wei­se zu geben, wel­che bau­li­chen Maß­nah­men denn für den Auf­bau einer Braue­rei sei­tens ihrer Behör­de uner­läss­lich sei­en, um nach­her nicht noch bau­tech­nisch nach­ar­bei­ten zu müs­sen, was sicher­lich viel Zeit und Geld in Anspruch genom­men hät­te. Und da kamen eine Men­ge Hin­wei­se – eini­ge davon sind durch­aus selbstverständlich:

  • Wän­de, Decke, Fuß­bo­den: glatt und abwasch­bar her­rich­ten; Bodenablauf
  • Lam­pen mit Split­ter­schutz, Abdeckung
  • Hand­wasch­be­cken und Arbeits­spü­le mit Warm­was­ser­an­schluss, Papier­hand­tü­chern, Händedesinfektionsmittel
  • Fens­ter aus­tau­schen, Insektenschutzgitter
  • Kühl- und Lagermöglichkeiten
  • Räum­li­che Abtren­nung des Pro­duk­ti­ons­raums vom Hof­be­trieb (Wand, Tür etc.)
  • Gast­raum: The­ke mit Doppelspülbecken

Das war im August 2014.

Geduld mit den Behörden

Elektro- und Wasserleitungen vor der großen Glasfront

Und dann ging es los: Da die Dame von der Denk­mal­pfle­ge etwas dage­gen hat­te, die Wän­de glatt her­zu­rich­ten – „Das wider­spricht dem Denk­mal­schutz!” –, wur­den Wän­de und Decken erst ein­mal so belas­sen. Nur die Böden im Sud­be­reich (ein Drit­tel des Sud- und Ver­kos­tungs­raums) und im Gär­raum erhiel­ten einen Epoxyd­harz­bo­den. Die­ser soll­te nach den Hin­wei­sen der Lebens­mit­tel­kon­trol­le glatt sein, doch er ent­hält etwas Gra­nu­lat – was aller­dings dem Arbeits­schutz zuträg­lich ist. Bei dem Boden im Ver­kos­tungs­raum kamen die alten Schornstein-​Feldziegel zum Ein­satz. Zuvor wur­den natür­lich Elek­trik und Was­ser­lei­tun­gen ver­legt, und bei der Elek­trik muss­ten natür­lich der Anschluss für die 380-​V-​Schrotmühle berück­sich­tigt wer­den sowie für die geplan­ten Brau­kur­se min­des­tens drei par­al­lel zu bestromen­de Hendi-Platten.

Wei­te­re Ver­zö­ge­run­gen erga­ben sich dadurch, dass der Vier­seit­hof – der His­to­ri­sche Hof Gut Orr – nach Umzug der Bau­ern­fa­mi­lie aus dem Wohn­haus in den 200 Meter ent­fern­ten Hei­nen­hof einer kom­plet­ten Umnut­zung unter­zo­gen wur­de, sodass für den Hof ins­ge­samt ein Lärm- und ein Brand­schutz­gut­ach­ten zu erstel­len waren. Wäh­rend für die Mikro­braue­rei die posi­ti­ve Bau­ab­nah­me seit Mit­te 2017 vor­liegt, steht die­se für die übri­gen Tei­le des Hofes, in denen neben einem Gäs­te­haus auch eine Feier- und Hoch­zeits­scheu­ne sowie wei­te­re Manu­fak­tu­ren – Kanu­werft, Scho­ko­la­den­ma­nu­fak­tur, Käse- und Brot­ma­nu­fak­tur und Ähn­li­ches – ent­ste­hen sol­len, noch aus und wird im Früh­jahr erwar­tet. Wer Geduld hat, kommt mit den Behör­den schon klar. Die­se auf­zu­brin­gen ist nicht ohne, wenn eine Braue­rei, anders als bei mir, dem Haupt­er­werb die­nen muss.

Der Ein­zug

Ankunft der ZKGs aus China

Anfang 2017 kamen dann end­lich die drei zylin­dro­ko­ni­schen Gär­tanks aus Chi­na, die erst ein­mal in einer Rie­sen­hal­le zusam­men mit land­wirt­schaft­li­chem Gerät zwi­schen­ge­la­gert wur­den und zunächst in ihrem Stahl­kä­fig blieben.

Mit­te 2017 begann der suk­zes­si­ve Ein­zug in die Braue­rei mit dem 500-​Liter-​Polsinelli-​Sudwerk, den drei ZKGs aus Chi­na, der Schrot­müh­le (mit lang­sam lau­fen­dem Motor), dem Fla­schen­ab­fül­ler, der Eti­ket­tier­ma­schi­ne, etli­chen Kegs und einer gebrauch­ten Kühl­zel­le, die erst Ende des Jah­res ein­satz­be­reit war. Par­al­lel dazu wur­de das Gewer­be bei der Stadt Pul­heim ange­mel­det, die Braue­rei in die Lis­te der zulas­sungs­frei­en Hand­werks­be­trie­be bei der Hand­werks­kam­mer Köln ein­ge­tra­gen und bei der Berufs­ge­nos­sen­schaft Nah­rungs­mit­tel und Gast­ge­wer­be in Mann­heim gemeldet.

Das Sudhaus steht

Ende Novem­ber kam dann nach Antrag auf ein Bier­steu­er­la­ger der Zoll vor­bei, mit dem ich den Bereich für das „Bier­steu­er­la­ger zur Aus­set­zung der Bier­steu­er” besprach. Das ist nun der Bereich des Sud­werks und der Gär­tanks. Die Steu­er wird somit fäl­lig, sobald ich in Kegs zur Lage­rung abge­füllt habe und die­se in den Kühl­raum stelle.

Die Küh­lung

Aquariumkühler Teco TK 2000

Zur Küh­lung der Gär­tanks habe ich mich für drei Aqua­ri­en­küh­ler TK 2000 der Mar­ke Teco ent­schie­den, da die­se zum einen küh­len kön­nen und durch Kali­brie­rung statt der übli­chen mini­ma­len 5 °C sogar 0 °C schaf­fen (Sedi­men­ta­ti­on) und zum ande­ren mit dem inte­grier­ten Heiz­stab auch hei­zen kön­nen. Letz­te­res hat sich wäh­rend der bei­den ers­ten Gärun­gen Ende des Jah­res als sehr vor­teil­haft erwie­sen, da in der Braue­rei um den Jah­res­wech­sel höchs­tens 10 °C, meist jedoch um die 5 °C gemes­sen wur­den. Lei­der wär­men hier eben kei­ne Schwei­ne oder Ponys mehr! Und bei ober­gä­ri­gem Bier waren in mei­nem Fall um die 18 °Grad angesagt.

Als – bis auf die Kühl­zel­le – die Gerä­te stan­den, bat ich die Lebens­mit­tel­kon­trol­le um eine soge­nann­te End­ab­nah­me. In Kon­tak­ten vor die­sem ent­schei­den­den Tag hat­te ich schon dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ich alles so gut es ging zu erfül­len ver­sucht, aber der Denk­mal­schutz (glat­te Wän­de) da ein wenig Wider­stand geleis­tet habe. Da ich dar­auf ver­wies, dass das vor­han­de­ne Sys­tem ein geschlos­se­nes sei, lief bis auf einen net­ten Hin­weis, am Spül­be­cken an der Wand doch eine Glas­front oder ein Edel­stahl­blech als Spritz­schutz anzu­brin­gen, alles glatt durch. Das gefühl­te „Knie­schlot­tern” war abrupt beendet.

Picknickgarten – ein Kleinod für die Sommermonate

Schließ­lich kam der ers­te Sud mit den Ver­eins­kol­le­gen Jür­gen Kno­ke und Rolf Brock­mann; es wur­de ein Biè­re de Gar­de. Und wie der zwei­te Sud ver­lief, hat Bodo Wes­ter in sei­nem Arti­kel in die­ser Aus­ga­be bes­tens beschrie­ben. Wir freu­en uns schon auf den Som­mer unter schat­ti­gen Bäu­men im Pick­nick­gar­ten mit vie­len tol­len Bieren.

Die Bier­steu­er

Abfüllung in 50- und 20-Liter-Kegs

Am 26. Janu­ar wur­de schließ­lich das Land­köl­ner Wieß in Kegs zur Lage­rung in der Kühl­zel­le abge­füllt. Mit von der Par­tie war, wie vor­her ange­kün­digt, der Zoll, der ein­mal schau­en woll­te, ob ich denn die ver­go­re­ne Men­ge auch anstän­dig able­se und die Ein­tra­gun­gen in das Bier­steu­er­buch kor­rekt vor­neh­me. Nach zwei­ein­halb Stun­den ver­ab­schie­de­te sich der hilfs­be­rei­te Kon­trol­leur und gab mir auf, mich zu mel­den, sobald ich die ers­ten Fla­schen abge­füllt habe, um sich, wie beim Doping, eine A- und eine B‑Probe zu holen. Mit der ers­ten Fla­sche, der A‑Probe, wird dann die von mir ange­ge­be­ne Stamm­wür­ze kon­trol­liert; die B‑Probe kommt dann zum Ein­satz, soll­te ich der A‑Analyse wider­spre­chen. Da ich aber für den Aus­schlag von 425 Litern bei 12 °P etwa 22,50 Euro Bier­steu­er zu zah­len habe, müss­te ich, soll­ten es doch 13 °P gewe­sen, ca. 1,80 Euro nach­zah­len. „Honi soit qui mal y pen­se” – ein Schelm, wer Böses dabei denkt!


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Michael Roeßgen während einer Bierpräsentation

Der Autor: Micha­el Roeß­gen ist Hob­by­brau­er seit 2012. Anfang 2014 absol­vier­te er in Bam­berg den Biersommelier-​Kurs der Doemens-​Akademie. Im sel­ben Jahr grün­de­te er mit acht wei­te­ren Hob­by­brau­ern aus dem Köl­ner Raum den gemein­nüt­zi­gen Ver­ein Köl­ner Bier­his­to­ri­ker e. V., der mitt­ler­wei­le auf 35 Mit­glie­der ange­wach­sen ist. Beim Camba-​Oak-​Aged-​Festival 2014 in Trucht­laching beleg­te er im Hob­by­brau­er­wett­be­werb mit sei­nem „Adam­Do” den zwei­ten Platz. Sein „Export” lan­de­te zwei Wochen spä­ter bei den Haus- und Hob­by­brau­er­ta­gen 2014 eben­falls auf dem zwei­ten Platz. Von Mai 2017 bis Ende 2017 bau­te er die ers­te Hof­braue­rei im Köl­ner Land, die Heinenhof-​Mikrobrauerei, auf.

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