Verhalten bei unterschiedlichen Schüttungsverhältnissen
Der Einsatz von Caramalz hat Konjunktur, verspricht man sich doch mancherlei positiven Effekt für das Endprodukt:
- Erhöhung der Vollmundigkeit
- Voller, runder Geschmack
- Verbesserung der Schaumstabilität
- Farbkorrektur und/oder Farbtypisierung
- Verbesserung der chemisch-physikalischen Stabilität
- Kompensation von überlösten Malzen
- Verbesserung der Geschmacksstabilität
- Intensivierung des Malz- bzw. des Caramelmalzaromas
- Geschmacksoptimierung
Je nach Caramalz-Typ und Einsatzmengen treten die oben genannten Effekte mehr oder weniger in Erscheinung. Es obliegt dem Brauer aus dem Portfolio der Caramalz-Typen die richtigen für die jeweilige Brausorte auszuwählen und in einem Rezepturrahmen die Einsatzmengen festzulegen.
Eine besondere Herausforderung lässt sich für die Planung eines Caramelmalzeinsatzes auf den ersten Blick nicht erkennen, lesen sich doch die oben genannten Listeneinträge durchweg positiv. Dass die Sachlage nicht ganz so einfach ist, durfte schon so mancher Brauer erfahren.
Die klassischen Attribute die einen „missglückten“ Caramelmalzeinsatz für ein Endprodukt beschreiben lesen sich in etwa so:
zu süß, zu breit, zu mastig, zu dunkel
Für eine Rezepturentwicklung lässt sich ableiten, dass die Auswahl von Caramalzen mit den zugehörigen Einsatzmengen so aufeinander abgestimmt sein muss, dass die positiven Effekte wie gewünscht zum Tragen kommen, während die unerwünschten Effekte im Hintergrund bleiben oder besser – erst gar keinen Eintrag in die Würze finden.
Eine der gängigen Vorstellung ist die, dass eine Dosierung von Caramalz u.a. zu einem Eintrag von unvergärbaren Zuckern führt und eine Enzymaktivität im Korn durch den Herstellungsprozess bedingt ohnehin gemindert, oder besser – gar nicht mehr vorhanden ist.
Rund um diese Vorstellung resultiert im fertigen Bier ein mehr an unvergärbaren Restextrakten, die u.a. einer gewünschten Vollmundigkeit zuträglich sind. Sauber ausbalanciert wird das Ergebnis als „angenehm süß, harmonisch, rund, hat Körper“ oder ähnlich positiv beschrieben werden.
Bedauerlicher Weise schlägt diese gewollte und angenehme „Restsüße“ beim Übersteuern der Cara-Einsatzmengen ohne Vorwarnung in das o.g. „zu süß, zu breit, zu mastig“ um.
Fasst man die genannten Einschätzungen zusammen kommt man zu dem Schluss, dass Caramalze einen Einfluss auf die Vergärbarkeit der Bierwürzen haben müssen. Es ergibt sich für eine Überdosierung, dass sich die Vergärbarkeit der Würzen in solch einem Maße vermindert, dass der resultierende und nicht vergärbare Restextrakt als zu „süß, zu breit, zu mastig“ bis ins Endprodukt durchschlagen kann.
Im Rahmen einer Analyse müsste sich die Erhöhung des nicht vergärbaren Restextraktes u.a. in einer Minderung des Endvergärungsgrades zeigen. Der nachfolgende Artikel greift diesen Gedanken auf und untersucht entlang einer Versuchsreihe den Einfluss unterschiedlicher Schüttungsmengen auf den Endvergärungsgrad.
Die Versuchsreihe
Insgesamt wurden 10 Kleinstsude durchgeführt, die die drei gängigsten Vertreter der Caramalze in verschiedenen Einsatzmengen untersuchen:
CARAPILS®, CARAHELL® und CARAMÜNCHII® kamen jeweils in den Schüttungsvarianten mit 4%, 10% und 100% zum Einsatz.
Die „Malzfabrik Mich.Weyermann® GmbH & Co. KG Bamberg“ gibt für die in der Versuchsreihe verwendeten Caramalze folgende Spezifikationen an:
Die Spalte „Probe ID” identifiziert die beprobte Variante. Ich werde mich im Artikel oft auf diese ID beziehen und mache die Referenz auf den jeweiligen Versuchssud in dieser oder ähnlicher Form kenntlich: ID=7 (= hier der Sud mit 4% CM in der Schüttung)
So mancher wird es sich schon denken können, dass die 100%-Varianten (ID 3, 6, 9) während der Würzegewinnung, bei der Vergärung und auch bei der Messung für so allerlei Ungemach gesorgt haben. Sie durften aber trotzdem mitspielen, weil ich einfach neugierig bin und die Möglichkeit da war. Die Ergebnislage diesbezüglich bitte mit dem Attribut „außer Konkurrenz“ zu versehen und zu bewerten.
Die Probe ID=0 ist der Sud mit 100% Pilsner-Malz in der Schüttung – die Null-Probe. Er dient als Referenz auf die Veränderungen, die ggf. durch den Cara-Einsatz verursacht werden.
Zum Schluss wurde unter „realen“ Bedingungen ein Sud auf einer 40 l Brauanlage hergestellt. Die aus den Versuchsreihen übrig gebliebenen Rohstoffmengen wurden zu einem schlanken Amber Ale verarbeitet. Für diesen Bierstil sind intensive Hopfengaben durchaus typisch, auf die aber ganz bewusst verzichtet wurde. Dazu mehr am Ende des Artikels.
Im weiteren Verlauf des Artikels werde ich CARAPILS®, CARAHELL® und CARAMÜNCHII® der Einfachheit halber mit CaraPils, CaraHell und CaraDunkel abkürzen. Quellenangaben finden sich unten im Artikel und die Verweise darauf in eckigen Klammern: [Qxy].
Herstellkonzept
Zum Vergleich der Ergebniswerte mussten die Würzen auf einem identischem Weg hergestellt, vergoren und gemessen werden. Aus dieser Anforderung heraus einen Standard zu entwickeln und diesen dann auch umzusetzen war gar nicht mal so einfach. Hier das Anforderungsprofil.
- Identische Anlage und Meßinstrumente
- Identische und chargenreine Rohstoffe
- Identische Verschrotung
- Identische Gussführung
- Identische Maischen
- Identische Klarwürzegewinnung
- Identische Stammwürzen
- Identische Vergärung
- Identische Messung
Am Ende müsste, bis auf die Varianten in der Schüttung, alles „gleich sein“. Die Ergebnislage sollte sich reproduzierbar auf die Versuchsreihe umlegen und verlässlich interpretieren lassen.
Messkonzept
Dichtemessungen wurden mit der Messtechnik von Anton Paar durchgeführt. Das kleine EasyDens [Q05] kam für unvergorenes zum Einsatz, während im Bier ein ALEX500 [Q06] seinen Dienst verrichten durfte.
Flüssigkeitsmengen sind im Rezept in Gramm angegeben und wurden auch so gemessen – auch Würze- oder Biermengen. Im „Küchenmaßstab“ bietet sich zur Mengenermittlung die Wägung an. Sie ist schneller und zuverlässiger und sie bietet begleitend den Vorteil, dass man zur Weiterverrechnung von ermittelten Gewichtsprozenten [%w/w oder g/100g] nicht über eine „Dichte“ in Gewichts-/Volumenprozente [%w/v oder g/100ml] umrechnen muss.
Das Rezept zur Herstellung der Würzen und zur Vergärung der Versuchssude
Ziel war ca. 900 g Anstellwürze mit rund 13°P für eine Endvergärung herzustellen. Als ein treuer Geselle hat sich ein recht teures Küchengerät erwiesen, welches ein Rührwerk/Hackwerk, eine Waage und eine Temperatursteuerung hat.
Denkt sich der Brauer für einen kurzen Moment das „Küchengerät“ aus dem Kontext, hat er eine vollautomatische Maischepfanne mit integrierter Waage, Schrotmühle, drehzahlgesteuertem Rührwerk nebst Temperatur- und Zeitsteuerung vor sich – perfekt.
Eingemaischt wurden jeweils 250 g Malzmischung mit 1000 g destilliertem Wasser [1:4] bei 60°C.
Schroten
Das Schrot wurde vorgelagert im Küchengerät bereitet. Die Umdrehungsgeschwindigkeit und die Einsatzdauer der „Mühle“ waren für die Versuchsvarianten identisch. Das Schrot sollte möglichst fein aber auch nicht gänzlich mehlig sein.
Das Maischverfahren
Zum Einsatz kam ein Infusions-Hochkurzmaischverfahren [Q07] mit einer Gesamtdauer von 80 Minuten. Betont wurden nur die Amylasen mit einer Rast bei 60°C (62–63°C) für 35 Minuten und einer Rast bei 70°C (71–73°C) für 20 Minuten.
Die schwarze Linie in Abbildung 3 beschreibt die eingestellte Temperatur am „Küchengerät“, die rote Linie beschreibt die „Ist-Temperatur“ in der Maische – nachgemessen mit einem Digitalthermometer der gehobenen Klasse.
10 min nach dem Einmaischen wurde der pH-Wert der Maische bestimmt und entweder mit 80%-Milchsäure oder mit 4%-iger NaOH Lauge auf einen Wert zwischen pH 5,4 – 5,5 korrigiert.
Am Ende der Verzuckerungsrast bei 72°C wurde rasch zum Kochen aufgeheizt und nach „erkennen“ des Kochvorganges der Heizvorgang beendet. Im Anschluss wurde die Maische noch 5 min zwischen 100–90°C gerührt und dann wurde abgemaischt.
Der kurze Kochprozess sollte sicherstellen, dass die Enzyme inaktiviert werden, da das sonst übliche Würzekochen mit Hopfen zur Ermittlung der Endvergärunsgrade entfallen kann. Es wurden keine Nachgüsse gemacht – nur Vorderwürze wurde gewonnen.
Flankierend zum Maischen wurden „Ist-Werte“ ermittelt und in einer Tabelle aufgetragen. Ergänzend finden sich berechnete Spalten – als Solche sind sie im Spaltenhintergrund grau markiert. Die roten Zeilen markieren die 100%-Varianten die, wie oben schon erwähnt, als „außer Konkurrenz“ betrachtet werden sollten.
Jodprobe
Hier gab es keine Überraschungen. Die Proben verzuckerten normal und die Fragezeichen „?“ für die Proben 7 und 8 resultieren eher in einer Unschärfe, die die dunklere Würzfarbe bei einer Jodprobe eben so mit sich bringt.
pH-Werte
Die pH-Werte lagen ebenfalls im normalen Bereich – vereinzelt findet man sie etwas erhöht. Einzig die Probe 8 mit einem Schüttungsanteil von 10% CaraDunkel lässt ansatzweise eine Tendenz mehr ins Saure erkennen; aber nicht so, wie man sich das vielleicht denkt oder erhofft. Der Mehreintrag von Melanoidinen mit ihrer begleitend aciditätsfördernden Wirkung scheint bei diesem Schüttungsanteil noch gegen die Pufferwirkung der Würze anzukämpfen.
In diesem Zusammenhang sind die „außer Konkurrenz“ Varianten interessant (ID 6, 9). Die ID 6 mit der 100% CaraHell-Mischung zeigte kaum eine saure Wirkung, obwohl CaraHell doch mit einer recht kräftigen Farbe von 20–30 EBC daher kommt. Die ID 9 mit der 100% CaraDunkel-Mischung zeigt dagegen recht deutlich an, wie „sauer“ zumindest „sehr dunkle“ Malze auf den Maische-pH wirken können.
Vorderwürzekonzentration, Extraktausbeute, Vorderwürzeausbeute
Für alle Proben wurde die Vorderwürzekonzentration in °P bestimmt. Über die standardisierten Schüttungsanteile (250 g Schrot auf 1000 g dest.Wasser) und für eine angenommene Vorderwürzemenge von 700 g lässt sich daraus eine Extrakt- und Vorderwürzeausbeute berechnen. Die Rechenwege dazu finden sich in den Quellenangaben unterhalb von Tabelle 1.
Die Extraktausbeute [%] findet sich in mancher Quelle auch als Malzausbeute [%] beschrieben und sie steht im Versuchsrahmen für den Malzextrakt lufttrocken [%], den die Malzmischung „im Kreuz“ hatte. So beschreibt z.B. eine Extraktausbeute von 80% in 250 g Schüttung, dass min. 200 g Extrakt enthalten waren.
Die Probe mit der ID 5 (CaraHell 10%) scheint den Extrakt nur sehr ungern herzugeben bzw. sie ist diejenige Probe im Versuchsumfeld, die in Bezug zum Schüttungsanteil mit der geringsten Extraktausstattung daher kommt.
Abschlussbetrachtung zum Maischen
Die Malzmischungen zeigten für die Jodprobe, den pH-Wert und für die Extraktausbeute gute bis sehr gute Werte. Lediglich die Probe ID 5 zeigte für die Extraktausbeute einen etwas niedrigeren Wert an.
Aufgefallen ist für die pH-Werte, dass die Schüttungsanteile 4- und 10% der dunkleren Versuchsteilnehmer keinen messbaren Einfluss auf die pH-Werte der Würzen hatten, obwohl mit dest. Wasser gemaischt wurde (RA = 0 °dH). Hier hätte ich zumindest für die Proben IDs 5 und 8 einen gewissen messbaren Einfluss erwartet.
Das Läutern
Die Maische mit ca. 90°C wurde in ein großes, grobmaschiges Sieb flächig ausgegossen und die Würze in einem 5 Liter Behälter aufgefangen, der in einem kalten Wasserbad stand. Beim ersten Durchgang bildete sich der erwünschte Treberkuchen aus über den im zweiten Durchgang abfiltriert und die klare Würze gewonnen wurde.
Die Würzen mit den 0–4% Cara-Anteilen ließen sich rasch, klar und vollständig gewinnen. Nach ca. 30 min. war der Läutervorgang abgeschlossen. Die Würzen mit den 10% Cara-Anteilen bedurften sehr viel mehr Geduld. Während die Probe ID 2 (10% CaraPils) noch beherrschbar war, zeigte die Probe ID 5 (10 % CaraHell) deutlich ihre Zähne. Die außer Konkurrenz Varianten ID 3, 6 und 9 mit den 100 % Schüttungsanteilen waren ein Fiasko. So zeigte sich z.B. die Maische mit dem 100% CaraDunkel-Anteil im Läutersieb als Brei, der nicht bereit war auch nur einen Tropfen Würze herzugeben.
Nach mehreren Stunden ließ sich doch noch etwas Flüssigkeit gewinnen, die aber nichts mehr mit Würze zu tun hatte. Konsistenz und Aussehen erinnerten mich eher an Erdöl.
Über den gesamten Läuterprozess könnte man einen eigenen Artikel verfassen. Tendenziell lässt sich aber festhalten, dass bis 4% Cara-Anteil, unabhängig vom Typ, keine Läuterschwierigkeiten festzustellen waren – selbst bei diesem feinen Schrot nicht. Die 10 % Varianten waren deutlich schlechter zu Läutern und zupften mitunter gewaltig an meinem Nervenkostüm.
CaraHell zeigte auch hier eine besondere Auffälligkeit. Die 100% Variante war so stur, dass sich keine Würze zur Bestimmung des Endvergärungsgrades gewinnen ließ. Die Probe ID 9 mit 100% CaraDunkel dagegen gab noch ein wenig Würze her, die ich allerdings zur Bestimmung der Stammwürze noch verdünnen und gesondert über einen Faltenfilter mit Kieselgurzugabe abfiltrieren musste. Die dosierten Wassermengen habe ich dann für die Bieranalyse wieder herausgerechnet.
Anstellen und Vergärung der Würzen
Die geklärten Vorderwürzen wurden auf 20 °C abgekühlt und ggf. auf eine Stammwürze von ca. 13 °P verdünnt. Im Anschluss erfolgte das Anstellen mit ca. 5 g Trockenhefe vom Stamm FERMENTIS SAFLAGER W‑34/70 ohne vorgelagerte Rehydrierung der Hefe. Die Verdünnung ergab jeweils rund 800–900 g Würze und FERMENTIS zufolge enthält 1 g der genannten Trockenhefe > 6 Milliarden aktive Hefezellen, so dass man von einer Anstellkonzentration von 35–40 Millionen Hefezellen pro ml Würze ausgehen kann.
Das Jungbier wurde 26–28 h auf dem Magnetrührer bei 20–22°C gerührt und dann in eine schlanke 1,5 l Flasche umgefüllt und verschlossen. Die Flasche wurde weitere 24 h bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Zum einen sollte sich die Hefe hier absetzen können und zum anderen wollte ich wissen, ob sich u.U. Druck in der Flasche aufgebaut. Wäre das der Fall gewesen hätte ich davon ausgehen müssen, dass die Probe u.U. nicht endvergoren vom Magnetrührer kam, was aber nie der Fall war.
Bestimmung des Endvergärungsgrades EVG [%] und Durchführung der Bieranalyse
Die endvergorenen Proben wurden durch schütteln entgast und über einen Faltenfilter mit Kieselgurzusatz abfiltriert. Die Proben sollten zur Messung klar und frei von CO2-sein.
Die linke Probe im Bild ist der 0‑Sud mit 100 % Pilsner-Malz (ID 0), die rechte Probe enthält 4% CaraPils (ID 1)
So filtriert ging es zur Bieranalyse mit dem ALEX500. Jede Probe wurde insgesamt 6‑mal gemessen. Nach 3 Messungen wurde eine frische Probemenge einer identischen Probe in den Automaten eingesaugt und dann 3 weitere male gemessen. Aus den insgesamt 6 Messungen je Probe ID wurde für die Mess- und Rechenwerte das arithmetische Mittel gebildet.
Mit dem ALEX500 wurden folgende Messwerte bestimmt:
- Dichte [g/cm³]
- Alkohol [%v/v]
- Extrakt wirklich [%w/w]
- Stammwürze [°P]
Aus den Messwerten oben wurde berechnet:
- relative Dichte 20/4
- relative Dichte 20/20 (SG)
- Alkohol [%w/w]
- Es End [%w/w] (Extrakt scheinbar „endvergoren“)
- Vs End [%] ( Vergärungsgrad scheinbar “endvergoren” – der scheinbare Endvergärungsgrad)
- Vw End [%] (Vergärungsgrad wirklich „endvergoren“ – der wirkliche Endvergärungsgrad)
Links im Bild der ALEX500 von Anton Paar [Q06], rechts im Bild die „Küchenmaschine“, das Zwei-Punkt kalibrierfähige pH-Meter, das Digi-Thermometer und das EasyDens – ebenfalls von Anton Paar.
Wer sich mit den Begrifflichkeiten rum um die Vergärungsgrade ein wenig schwer tut, dem sei die unten im Quellenverzeichnis angegebene Quelle [Q04] empfohlen.
In der Summe ergaben sich über die gesamte Versuchsreihe rund 700 Einzelwerte, die ich über die relevanten Spalten zu einer Gesamtstatistik verdichtet habe. Wie schon für Tabelle 3 formuliert, finden sich die berechneten Spalten im Hintergrund grau markiert. Die roten Zeilen markieren die „außer Konkurrenz“-Versuche mit jeweils 100% Cara-Einsatz und die Spalte mit dem orangenen Hintergrund zeigt den ermittelten Endvergärungsgrad Vs End[%] bzw. Endvergärungsgrad EVG[%]. In Hobbybrauerkreisen wird der Endvergärungsgrad EVG[%] auch gerne als Ergebnis einer „Schnellgärprobe“ beschrieben.
Interpretation der Ergebnisse
Die Ergebnislage ist einigermaßen beeindruckend und lässt einen gleichzeitig ein wenig fragend zurück.
Für die 0‑Probe (ID 0) mit 100% Pilsner-Malz eingebraut entdeckt man keine Besonderheiten. Wer ein wenig in aktuellen Malzanalysen stöbert wird für Gerstenmalz durchaus Endvergärungsgrade entdecken können, die zwischen 85–88% liegen.
Auch das CaraPils hat schon bei der Würzegewinnung angezeigt, dass für Schüttungsanteile bis 10% im weiteren Verlauf der Herstellung keine Überraschungen zu erwarten sind (ID 2).
Das CaraHell in den Versuchsvarianten ID 4 und ID 5 zeigte erste Zähne in der Verarbeitung, nicht aber im Endvergärungsgrad.
CaraDunkel gestaltet die Würzegewinnung nach dem Maischprozess mit zunehmendem Schüttungsanteil deutlich schwieriger, während auch hier ein resultierender Endvergärungsgrad bis zu einem Schüttungsanteil von 10% im Vergleich zur 0‑Probe (ID 0) nahezu unberührt bleibt (ID 7+8).
Rückblickend auf die anfangs als Befürchtung formulierte Aussage, dass 5 oder mehr Prozent Schüttungsanteile der hier untersuchten Cara-Malze zu einem zu „süß, zu breit, zu mastig“ im Endprodukt führen könnten, hat sich entlang der festgestellten Endvergärungsgrade nicht bestätigt. Die Mengen der nicht vergorenen Restextrakte (Extrakt wirklich Ew End[%w/w]) die „noch süß“ oder „zusätzlich süß“ schmecken könnten sind zu gering und im Vergleich zur 0‑Probe sind die Unterschiede kaum messbar.
Der Extrakt wirklich Ew End[%w/w] (Tab.04, Spalte Ew[%w/w]), der den selbst unter optimalen Bedingungen und mit der Betriebshefe vergoren nicht vergärbaren Extraktanteil einer Würze in Gewichtsprozenten [g/100g oder %w/w] ohne Alkoholfehler in der Dichtebestimmung beschreibt, schwankt über die relevanten Versuchsreihen hinweg nur in einem Mittelmaß von +/- ~0,3 [%w/w]. Es bedürfte hier schon so einiges an Phantasie, um genau darüber einen Bogen von „schlank & süffig“ bis hin zu „süß & breit“ zu spannen. Ohnehin sind die genannten Schwankungen eher durch die gleichzeitig schwankenden Stammwürzen zu erklären. Ein Blick auf den korrespondierenden Vw End[%w/w] (Endvergärungsgrad wirklich) bestätigt diese Annahme.
Andererseits repräsentiert der Extrakt wirklich Ew End[%w/w] nur eine Zahl, die letzten Endes auf der Basis einer Dichtemessung beruht.
Eine Aussage über die Zusammensetzung des „Extrakt wirklich“ bleibt mit Sicht auf den so ermittelten Messwert erst einmal offen und eine Vorstellung, dass 4 %w/w Extrakt wirklich „mal so und mal so“ wahrgenommen wird oder schmecken kann, ist durchaus zulässig – schließlich kommt der nicht vergärbare Zuckeranteil der durch den „Extrakt wirklich“ beschrieben wird in seiner Zusammensetzung als „BlackBox“ daher und in der Folge auch in seinem Geschmacksempfinden.
Fasst man die vorliegende Ergebnislage in Worte, ergibt sich für die untersuchten Cara-Malze:
- die Caramalze aus der Versuchsreihe enthalten bis zu einem Schüttungsanteil von 10% keinen (messbaren) unvergärbaren Zuckeranteil oder zumindest keinen unvergärbaren Zuckeranteil, der beim Maischen nicht in einen vergärbaren Zuckeranteil umgewandelt werden kann.
- die helleren Caramalze aus der Versuchsreihe enthalten noch aktive Amylasen oder einen zumindest durch Amylasen vorgelösten und vergärbaren Zuckeranteil
- die Caramalze aus der Versuchsreihe haben bis zu einem Schüttungsanteil von 10% einen sehr geringen bis gar keinen messbaren Einfluss auf den EVG
- den Caramalzen aus der Versuchsreihe fehlt bis zu einem Schüttungsanteil von 10% ein messbares Potential bis ins Endprodukt hinein als (ungewollt) „süß”, „pappig” oder gar „breit und mastig” zu wirken
Praxissud
Die Tatsache, dass die Herstellung und Vergärung der Würzen aus der Versuchsreihe (Tab. 1) unter optimalen Bedingungen stattgefunden haben (optimales Schrot, optimaler pH-Wert, optimales Wasser,…), auf eine Kochung nebst Hopfengabe verzichtet und mit Überschusshefe gearbeitet wurde, verlangt natürlich nach einem Vergleich unter Bedingungen, die uns geläufiger sind und näher an der Realität liegen. Hier das Rezept für den Versuchssud im „Hobbybrauermaßstab“:
- Eckdaten: Stammwürze 11,5°P, Menge 40 l, 16 IBU, Schüttung 7,2 kg, SAkalt = 67%
- Stil: Tendenz Richtung AmberAle, og-Hefe DOE479
- Schrot: Mühle Maltmill mit Handkurbel
- Wasser: Keine Enthärtung, GH=16°dH, RA=14°dH
- Teilschüttungen: 10,5% CaraPils; 10,5% CaraHell; 10,5% CaraDunkel(II), Rest PilsnerMalz
- Maischen: 1:4, Verfahren wie Abb.02, keine pH-Wert Korrektur
- Gussführung: HG=29 l /NG=25l
- Kochung: 45 min, VZ=14%, GV=9%
- Hopfengabe: 50 g Tettnanger mit 3,8%-alpha zu Kochbeginn
- Hauptgärung: 6 Tage bei ca. 20°C
- Nachgärung: 6 Tage im NC-Fass bei ca. 20°C mit 7 g/l Haushaltszucker
- Konditionierung: 5 Tage bei ca. 8°C in zuvor abgefüllte Flaschen
In Worte gefasst ein schlankes obergäriges Bier mit geringer Hopfengabe, mit ca. 31% CaraMalz in der Schüttung, im Hoch-Kurzmaischverfahren mit Hobbybrauer-Schrot und ohne Wasseraufbereitung und pH-Wert Korrektur hergestellt.
Jetzt bin ich schon einige Jahre in diversen Internetforen unterwegs und ich kann mir recht gut vorstellen, welche „Emotionen“ solch ein Rezeptvorschlag bei manch einem Teilnehmer hervorrufen würde.
Schon alleine das Aufeinandertreffen von geplanten 16 IBU auf einen Caramelmalzeinsatz von über 30% würde wahrscheinlich angemahnt, hat doch die geringe Hopfengabe einem nicht vergärbarem „Caramalzgeschmack“ kaum etwas entgegenzusetzen. Nicht auszuschließen, dass so mancher Forenbewohner prognostiziert, dass das eher eine „Limo“ wird als ein Bier.
Ergebnisse Praxissud
Der Maische-pH-Wert lag bei 5,75, die Jodprobe war normal. Die Suddauer betrug 4,5h, die Würze war klar und ließ sich mittels Spannringfeder zügig abläutern. Nach der Hauptgärung (ohne Speise) und nach der Flaschen-/Fassgärung(mit Speise) wurde eine Bieranalyse gemacht. Die berechnete Menge Haushaltszucker für 40 l Bier wurde vor der Zugabe in 1 l kochendem Wasser aufgelöst. Hier die Ergebnisse der Bieranalysen:
In Anbetracht dessen, dass 30% CaraMalz (10% CaraPils, 10% CaraHell, 10% CaraDunkel) zum Einsatz kamen, das Maischverfahren kurz- und knapp war und auch sonst den Amylasen wenig zugearbeitet wurde, überrascht der Anteil der vergärbaren Zucker mit einem hohen Endvergärungsgrad EVG (Vs End[%]) von 79,1 %. Nach der Zugabe von Speise in Form von Haushaltszucker erhöht sich der EVG für dieses Beispiel um weitere 2 %, sodass ein EVG von über 81% im Endprodukt resultiert.
Das sind normale bis hohe Endvergärungsgrade, die angesichts der Herstellungsprozesse keinen CaraEinsatz von rund 30% vermuten lassen. Trotzdem liegt der EVG ca. 5–7% unter dem Durschnitt der Versuchsreihen es sollte aber erwähnt bleiben, dass beim Übertrag aus dem Labormaßstab in eine Realität unter „Normalbedingungen“ natürlich nicht nur der Caraeinsatz auf den EVG wirkt. Zusätzlich „drücken“ hier die Themen Schrot- und Wasserqualität und der Wechsel des Hefestamms.
Verkostung Versuchssud
Nach insgesamt 18 Tagen sah das Ergebnis so aus:
Die Farbe lag mit ca. 35 EBC in einem Bereich den man erwarten konnte. Nach der kurzen Zeit inkl. Flaschen- bzw. Fassgärung hatte sich das Bier schon gut geklärt und sah in allem erst einmal so aus wie erhofft.
Den „ersten Schluck“ überließ ich ganz bewusst meinem Braukollegen, mit dem ich regelmäßig braue. Während der Herstellung habe ich ihm erklärt worum es bei diesem Sud geht und als „Weißbiernase“, die das obergärig/fruchtige mit einer gewissen Restsüße liebt und auf Hopfen am liebsten gänzlich verzichten würde, war die Erwartungshaltung natürlich hoch – so in die Richtung „das könnte mein Ding werden“ gehend.
Der Gesichtsausdruck der den ersten Schluck begleitete ließ nichts Gutes erwarten:
„Etwas leer und zu bitter – baut sich der Hopfen noch ab? Irgendwie habe ich mir mehr erwartet – riechen tuts‘ lecker“
hieß es da. Ehrlich gesagt ging es mir nicht recht viel besser. Die Bittere nahm man deutlich wahr, während man einen malzigen Körper oder eine deutliche Vollmundigkeit vergeblich suchte.
Natürlich schiebe ich die deutlich wahrnehmbare Bittere auch auf die mangelhafte Wasserqualität, obwohl man für gemeinhin annimmt, dass dunklere und obergärige Biere mit härteren Wässern besser zu Recht kommen.
Typischer Weise beschreibt man Caramel-Noten mit den Eigenschaften „Gebäck, Brotrinde (Backaromen), Haselnuß, Mandel, Pistazie, Rosinen, Vanille“, wohingegen zur Beschreibung von Röst-Noten eher „Kaffee, Schokolade, gebrannte Mandeln und Dörrobst“ Verwendung findet.
Für den Versuchssud waren Caramel-Noten zwar vorhanden, aber eher wenig ausgeprägt. Begleitend dazu war ein Plus an Vollmundigkeit nicht zu verzeichnen und von „zu süß“ oder ähnlichem fehlte jede Spur. Als positiv zu sehen ist, dass der hohe Eintrag an CaraHell und CaraDunkel zwar für Farbe, nicht aber für unangenehme Röst- oder brenzlige Noten gesorgt hat. Hier scheint sich bewahrheiten, dass sich Caramalze zur Farbgebung oder Farbkorrektur besser eigenen als z.B. Wiener- oder Dunkle Malze, da sie in ihren Eigenschaften definierter und gleichmäßiger sind und bei der Herstellung für vergleichbare Malzfarben weniger Röstaromen entstehen.
Die Ergebnislage habe ich mit verschiedenen Kollegen diskutiert und mir ist sofort aufgefallen, dass der Zugang zum Einsatz von Caramalzen ein eher „schmerzfreier“ ist. Soll heißen, dass eine Angst vor „zu süß“ oder ähnlichem hier weniger ausgeprägt ist und auch gerne mal mit Einsatzmengen „geklotzt“ wird, und das auch dann, wenn es kein Spezialbier mit ausgeprägtem Körper werden soll: 10–15, teilweise bis 20% sind für hellere Caramalze durchaus drin.
Dem schließt sich an, dass Bedenken hinsichtlich eines schlechten Endvergärungsgrades eher selten anzutreffen sind.
Abschlussbetrachtung
Die untersuchten Schüttungsanteile von 4% und 10% für die Caramalze CARAPILS®, CARAHELL® und CARAMÜNCHII® haben gegenüber einer 0‑Probe mit 100% Pilsnermalz keine, bestenfalls eine sehr geringe Veränderung des Endvergärungsgrades im Labormaßstab und unter optimalen Bedingungen angezeigt.
Ein Praxissud mit einer Kaltwürzemenge von 40 l und einer Stammwürze von 11,5°P, mit jeweils ca.10% Schüttungsanteilen der o.g. Caramalze (Summe 31,5% Caramalz), zeigte einen niedrigeren, aber dennoch normalen Endvergärungsgrad (mit Zuckerspeise endvergoren 81,3%).
Begleitend zeigte die Verkostung des Praxissudes hinsichtlich einer ungewollten und zu mächtigen malzigen Note (breit, pappig, zu süß) und dies im Verbund mit einer geringen Hopfengabe keine Auffälligkeiten.
Im Konsens mit den Produktbeschreibungen, die Einsatzmengen von bis zu 40%, 30% und 10% für die Caramalze CARAPILS®, CARAHELL® und CARAMÜNCHII® angeben, kann ich nur empfehlen, auch mal eine Hand voll Caramalz mehr zu nehmen. Die Gefahr, dass man unverhofft von unvergärbaren Extraktmengen erschlagen wird scheint angesichts der Ergebnislage eher gering.
Zusätzlich könnten Ausflüge in die Caramalzherstellung im Allgemeinen und zum Themenbereich „Karamellisierung“ [Q08] und „Maillard-Reaktion“[Q09] im Besonderen zu weiteren Erkenntnissen führen, die die Ermittlung einer Einsatzmenge noch etwas einfacher und freier von Annahmen machen.
Zusätzlich darf ich sicher noch den Tipp gegeben, dass besonders die dunkleren Caramalze vor dem Einsatz mindestens 6–8 Wochen gelagert sein sollten.
Ergo: Mut zum Cara 😉
Quellen:
- [Q01] Narziss, L., Back, W., Die Bierbrauerei Band 2:
Technologie der Würzebereitung, 3.2.2.1 Der Hauptguss, Formeln a) und b) - [Q02] Narziss, L., Back, W., Die Bierbrauerei Band :
Technologie der Würzebereitung, 4.1.3.4 Die Vorderwürze (Vorderwürzeausbeute) - [Q03] Narziss, L., Back, W., Garst M, Zarnkow M.:
Abriss der Bierbrauerei, 8.Auflage, 2.3.1.1 Der Stärkeabbau (Einflüsse auf den Endvergärungsgrad) - [Q04] Extrakte und Vergärungsgrade: http://www.brewrecipedeveloper.de
- [Q05] Anton Paar, EasyDens, Präzision für Hobbybrauer:EasyDens, Brau!magazin:
http://braumagazin.de/article/praezision-fuer-heimbrauer-easydens/ - [Q06] Anton Paar, ALEX500:
http://www.anton-paar.com/ - [Q07] Auswahl eines Maischverfahrens, Brau!magazin:
http://braumagazin.de/article/auswahl-maischverfahren/ - [Q08] Karamellisierung bei Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Karamell - [Q0] Maillard-Raktion bei Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Maillard-Reaktion
Pingback: Alkoholfreies Bier herstellen