Passend zum Thema Wasser dieser Ausgabe ein sehr ärgerlicher, weil oft vermeidbarer Bierfehler. Die chlorartige, medizinische Note durch Chlorphenole.
Steckbrief
- Geruch: Heftpflaster, medizinisch, Chlor, Hallenbad
- Leitsubstanz: 2,6 Dichlorphenol
- Geruchsschwellenwert: In Wasser ca. 0,05 μg/l, in Bier 0,3 μg/l
- Hauptursache: Chlorung des Brauwassers oder chlorhaltige Reinigerrückstände an Braugerätschaften
Entstehung
Ursache ist immer ein Eintrag von freiem Chlor (Cl²) in die Würze. Dort reagiert es mit Phenolen der Hefe zu Chlorphenolen. Deren Geruchschwellenwert liegt weitaus niedriger als der von freiem Chlor selbst (ca. 100 μg/l).
Problemfelder
Neben der Chlorung des Wassers durch das Wasserwerk im Interesse unserer Gesundheit ist auch der Umgang mit chlorhaltigen Reinigern im Verantwortungsbereich des Brauers eine wichtige, wenn nicht gar die Hauptquelle eines möglichen Chloreintrags. Aufgrund der ausgesprochen niedrigen Schwellenwerte bleibt nur die möglichst vollständige Eliminierung aller Quellen.
Trinkwasser
Eine pauschale, präventive Chlorung darf in Deutschland nicht mehr durchgeführt werden, sie muss anlassbezogen sein. Dies kann insbesondere im Hochsommer, nach Überschwemmungen und anhaltenden Regenfällen der Fall sein, wenn der Boden seine Filterwirkung gegenüber Keimen aufgrund der Wassermassen nicht mehr erfüllen kann. Auch bei Nachweis von Keimen müssen Wasserwerke vorübergehend das Wasser mit Chlor behandeln. Sie informieren hierüber oft erst im Nachhinein etwa per Tageszeitung über die zeitweise Chlorung. Grundsätzlich sind Wasserwerke jährlich zur Auskunft über die verwendeten Hilfsstoffe verpflichtet, hier sollte im Verdachtsfall also nachgefragt werden. Je nach eingesetzter Chlorung unterscheiden sich die notwendigen Maßnahmen:
- Freies Chlor
Gelangt durch den Einsatz von Chlorgas, Natriumhypochlorit und Calciumhypochlorit in das Wasser. Sie bilden darin freies Chlor und sind in Deutschland bis 0,3 mg/l beim Endverbraucher zugelassen, bei einer wirksamen Mindestkonzentration von 0,1 mg/l. Eben diese 0,1 mg/l sind auch gerade so wahrnehmbar, weshalb die Chlorung des Leitungswassers frisch aus der Leitung am besten zu erkennen ist. Die Geruchsprobe ist jedoch eher ein Alarmsignal, als ein Garant für nicht-gechlortes Wasser. Es hilft bei Verdacht auf freies Chlor bereits die Erwärmung des Brauwassers unter Rühren oder das Abstehen über Nacht. - Chlordioxid
Wir aufgrund der erhöhten Wirksamkeit gegenüber freiem Chlor und der technischen Vorteile wird Chlordioxid mittlerweile bevorzugt eingesetzt und ist beim Brauen unproblematisch, da hierbei keine Chlorphenole gebildet werden. Keine Maßnahmen erforderlich. - Chloramin T
Sehr beständige Form der Chlorung, die aus dem Brauwasser nur unter großem Aufwand zu entfernen ist. Die in den USA gebräuchliche und von dortigen Hobbybrauern gefürchtete Form der Chlorung ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht zulässig, kann sich allenfalls durch ammoniumhaltiges Wasser bilden, wofür jedoch strenge Grenzwerte gelten. Da ein Eintrag in unserem Raum daher unwahrscheinlich ist, findet hier keine Besprechung zur Behandlung statt. Eine ausführliche Anleitung findet sich unter [1].
Reinigung
Chlorhaltige Desinfektionsreiniger wie DanKlorix setzen meist aus Natriumhypochlorit große Mengen an Chlor frei. Auch gewerblichen Maschinengeschirrspülmitteln wird häufig Chlor zugesetzt. Selbst vermeintlich neutral riechenden Braugerätschaften, die mit chlorhaltigen Reinigern behandelt wurden, kann noch genug freies Chlor für eine geschmackliche Beeinträchtigung anhaften. Eine generelle Empfehlung kann daher trotz der hervorragenden Wirksamkeit von Chlor nur sein, bei allen mit Würze oder Bier in Kontakt kommenden Gerätschaften auf diese Reiniger zu verzichten. Wirksame und unproblematischere Alternativen bieten sich etwa durch aktivsauerstoffhaltige Reiniger (Chemipro OXI, viele Maschinengeschirrspülmittel), tensidhaltige Spezialreiniger wie StarSan HB, alkoholische Schnelldesinfektion etwa mit Isopropanol 70% oder durch Dämpfen.
Chlorphenole werden in der Industrie gelegentlich als Biozide und Fungizide eingesetzt, etwa bei Leder oder als Holzschutzmittel. Auf diesem Wege sind in der Lebensmittelindustrie bereits Kontaminationen mit Chlorphenolen über holzhaltige Verpackungsmaterialien bekannt geworden. Ein Eintrag in das Bier auf diesem Wege erscheint beim Haus- und Hobbybrauen jedoch eher unwahrscheinlich.
[1] More Beer, Removing Chloramines From Water, 13.06.2013, http://www.morebeer.com/articles/removing_chloramines_from_water