Buch­tipp: 50 Craft-​Bier Rezep­te von Fer­di­nand Laudage

Im Ulmer Ver­lag ist ein drit­tes Buch vom sel­ben Autor erschie­nen, das deut­lich das Label “Craft-​Bier” auf dem Deckel zeigt. Es ist aller­dings mehr als eine rei­ne Rezept­samm­lung, wie der Titel sug­ge­rie­ren will. Auf den 122 Sei­ten sind näm­lich neben den 50 Rezep­ten (mit dem Stan­dard­re­zept für ein Pale Ale sogar 51) auch eine grund­le­gen­de Brau­an­lei­tung plus Pra­xis­tipps unter­ge­bracht wor­den, sowie eine Vor­stel­lung der Per­so­nen, die Rezep­te zu die­ser Samm­lung bei­gesteu­ert haben. 

Die Beschrei­bung des Brau­pro­zes­ses folgt bewusst einem ein­fa­chen Sche­ma, das für die ver­schie­de­nen Bie­re immer wie­der vari­iert wird. Ver­tie­fun­gen von bereits erwor­be­nen Brau­tech­ni­ken darf der Leser des­halb nur in engen Gren­zen erwar­ten, wie über­haupt Kom­ple­xi­tät in jeder Hin­sicht ver­mie­den wird. Das zeigt sich unter ande­rem dar­an, dass ande­re Kul­tur­tech­ni­ken als das Lesen beim Heim-​Craft-​Bier-​Brauer in spe nicht abge­ru­fen wer­den: Der gesam­te Text kommt ohne Mathe­ma­tik aus. Selbst um Hop­fen mit abwei­chen­den Alpha­säu­re­ge­hal­ten zu ver­wen­den, wird eine Tabel­le abge­druckt, statt dem Brau­er die Anwen­dung der Ver­hält­nis­glei­chung nahe­zu­le­gen. Dass bestimm­te The­men wie Was­ser­auf­be­rei­tung aus­ge­klam­mert wer­den, ist unter die­ser Vor­ga­be eben­so ver­ständ­lich. Trotz der kon­se­quent durch­ge­hal­te­nen Ein­fach­heit bleibt der Autor fast durch­ge­hend tritt­fest im Fach. 

Dazu wur­de der Text leicht les­bar und gefäl­lig gehal­ten. Lei­der geht das oft zu Las­ten der Qua­li­tät des Inhalts. Durch ein robus­te­res Lek­to­rat oder Peer Reviews könn­te hier das Schlimms­te ver­hin­dert wer­den. Stil­blü­ten wie “stark alko­ho­li­sier­te Bier­wür­ze” (S. 53) könn­ten viel­leicht auch bei nicht alko­ho­li­sier­ten Lesern noch ein Schmun­zeln aus­lö­sen, ein fal­scher Impe­ra­tiv wie “Gebe dann das Malz hin­zu!” (S. 19) las­sen den Leser jedoch in einer Vogel-​fresse-​oder-​sterbe-​Situation zurück. 

Sprach­lich ver­zeih­lich sind auch noch die “Hefe­par­ti­kel” beim Abfül­len (S. 25). “Mög­lichst hei­ßes Was­ser” (S. 21) beim Nach­guss könn­te hin­ge­gen doch schon mal zu dem einen oder ande­ren Blau­sud füh­ren. Gemeint war dort sicher „wenn mög­lich, mit hei­ßem Was­ser” und nicht „Was­ser, das mög­lichst heiß ist”. Auch soll­te man nicht die Sud­haus­aus­beu­te über Stamm­wür­ze und Alko­hol­ge­halt des Bie­res ent­schei­den las­sen, son­dern den Brau­er. Die Aus­wahl der Malz­sor­ten obliegt dann aber dem Brau­er, ohne aber zu sagen, nach wel­chen Kri­te­ri­en er dies tun soll­te. Denn ohne die nach­voll­zieh­ba­re Anga­be der Bier­far­be in den Rezep­ten ist auch ein Fort­ge­schrit­te­ner über­for­dert zu ent­schei­den, ob nun ein Münch­ner mit 15 oder 25 EBC zum Ziel füh­ren wird. Hier wird die Ver­ein­fa­chung zur Hür­de auf dem Weg zum Erfolg. Zur Hälf­te auf­ge­leg­te Deckel beim Wür­ze­ko­chen (S. 22) nei­gen ent­we­der zum Rauf- oder Run­ter­rut­schen und ver­hin­dern im schlimms­ten Fal­le die aus­rei­chen­de Aus­damp­fung des Dime­thyl­sul­fids. War­um den Deckel nicht ganz abnehmen? 

Dass vor allem bei unter­gä­ri­gen Rezep­ten die Gär­füh­rung ver­nach­läs­sigt wird, ent­spricht heu­te nicht mehr dem Anspruch selbst von Hob­by­brau­er­no­vi­zen. Kaum einer wür­de sich mehr auf die inter­ne Tem­pe­ra­tur­steue­rung des Kühl­schranks für die Gär­füh­rung ver­las­sen. Auch die durch­aus sinn­vol­le und gar nicht kom­pli­zier­te Aus­füh­rung eines Hefest­ar­tes ist letzt­lich unge­nü­gend erklärt und wird ohne zusätz­lich Hil­fe nicht zu Wege zu brin­gen sein.

Nicht ganz aktu­ell sind auch die ange­ge­be­nen Prei­se für den Hob­by­brau­er­be­darf. Auf der Suche nach einer Packung Not­ting­ham Ale Hefe für 2,50 EUR wer­den die meis­ten Leser schei­tern. Eben­so fin­den sich in der Struk­tur der Brau­an­lei­tung noch Ver­bes­se­rungs­mög­lich­kei­ten. Dem ers­ten Erfolg beim Brau­en wird das in den aller­meis­ten Fäl­len kei­nen Abbruch tun. 

Bevor es an die Rezep­te geht, wer­den noch wich­ti­ge Rat­schlä­ge (z.B. für die unter­gä­ri­ge Brau­wei­se) und Ver­wei­se auf Online-​Rechner gege­ben, ohne die wohl kein Brau­er, der sie ein­mal benutzt hat, mehr aus­kom­men möchte. 

Die Rezept­samm­lung selbst ist breit gefä­chert, jeder soll­te hier meh­re­re Rezep­te fin­den, die auch bei schma­lem Vor­lie­ben­spek­trum eine Berei­che­rung des Hori­zonts brin­gen. Dass der Rezept­rei­gen nun aus­ge­rech­net mit drei Pil­se­ner Rezep­ten und fünf unter­gä­ri­gen Bie­ren eröff­net wird, kann kaum der Didak­tik und der zu erwar­ten­den Lern­kur­ve beim Hob­by­brau­en, son­dern allen­falls dem unge­bro­che­nen popu­lä­ren Inter­es­se an die­sen Bier­sti­len bei Bier­trin­kern geschul­det sein. Von lager­wür­di­gen Schwer­ge­wich­ten bis zu schnell trink­ba­ren, von Hefe- über Malz- bis Hop­fen­be­ton­ten sowie Hel­len wie Dunk­len geht es durch die gesam­te Band­brei­te. Es gibt Rezep­te mit eher klas­si­schen bis hin zu extra­va­gan­ten Zutaten. 

Das Buch rich­tet sich an Brau­an­fän­ger. Sie wer­den den meis­ten Gewinn aus der Lek­tü­re zie­hen. Die Rezep­te wer­den aber auch erfah­re­nen Haus­brau­ern noch Impul­se geben kön­nen. Und der ein­ge­fleisch­te Reper­toire­brau­er wird ange­regt, sei­ne Kom­fort­zo­ne zu ver­las­sen. Für den Fort­ge­schrit­te­nen wird sich der Gewinn außer­halb der Rezep­te in engen Gren­zen halten. 

Zu loben ist noch die pra­xis­taug­li­che Aus­füh­rung in Ring­bin­dung: Buch muß nicht beschwert wer­den, damit es an der­sel­ben Stel­le offen bleibt. Es kann somit beim Brau­tag ohne wei­te­res einen Platz im Sud­haus ein­neh­men. Das star­ke, abwisch­ba­re Papier ver­zeiht auch mal einen Trop­fen, Sprit­zer oder Schwall aus dem Braukessel.

Lau­da­ge, Fer­di­nand: 50 Craft-​Bier-​Rezepte: krea­ti­ve Bie­re ein­fach nach­ge­braut
Ver­lag Eugen Ulmer, Stutt­gart, 1. Aus­ga­be, 2019
128 Sei­ten
Spra­che: ger
ISBN 978−3−8186−0816−3
Preis in Deutsch­land: 17.95€

Die ande­ren Titel der Reihe:


Lau­da­ge, Fer­di­nand: Noch mehr Craft-​Bier sel­ber brau­en : Opti­mie­ren, vari­ie­ren, expe­ri­men­tie­ren
Ver­lag Eugen Ulmer, Stutt­gart, 2018
Spra­che: ger
ISBN 978−3−8186−0536−0
Preis in Deutsch­land: 19,95€

Der Ulmer Ver­lag und Fer­di­nand Lau­da­ge haben uns 3 Exem­pla­re des Buches für die Ver­lo­sung zur Ver­fü­gung gestellt. Wir zie­hen die Gewin­ner unter den Ein­sen­dern einer e‑Mail mit dem Betreff „50 Rezep­te” an Verlosung@braumagazin.de. Ein­sen­de­schluss ist der 30. April 2020.


Nach­trag vom 9. Mai 2020: Die Bücher sind inzwi­schen ver­lost und die Gewin­ner per Mail infor­miert. Falls ihr noch kei­ne Post habt:

Viel Glück bei der nächs­ten Verlosung!

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