Bei der Röstung zu Karamellmalz entstehen zahlreiche Maillardprodukte. Einigen Substanzen darunter wird bereits seit den 1950er Jahren eine Schutzwirkung gegenüber Sauerstoff nachgesagt, da sie in Würze und Bier schneller mit Sauerstoff reagieren, als wertgebenden Bierbestandteile. Dies ist messbar als das sogenannte Reduktionsvermögen der Würze.[1] Dieses erhöht grundsätzlich die Geschmacksstabilität des Bieres, in den letzten Jahren mehren sich jedoch Hinweise darauf, dass auf die genaue Zusammensetzung der reduzierenden Substanzen zu achten ist.
Es gilt hierbei jedoch zu beachten, dass Karamellmalze – und dunkle Malze generell – auch vermehrt Produkte in die Würze einbringen, die direkt oder als Vorläufer der für den Alterungsgeschmack verantwortlichen Substanzen zählen. Dies steht unmittelbar mit der thermischen Belastung der Malze und der Maische/Würze in Verbindung, die möglichst gering zu halten ist. Für Maillard-Produkte aus dunklen Malzen, darunter Karamellmalzen, konnten etwa Spieleder [2] und Wurzbacher [3] ferner zeigen, dass sie neben dem Reduktionsvermögen im Bier auch prooxidativ wirken und damit die Geschmacksstabilität des fertigen Bieres verringern.
Der sich einstellende „Alterungsgeschmack” ist jedoch nicht durchweg negativ zu beurteilen, sondern kann etwa in dunklem Bier in begrenztem Maße erwünscht und positiv ausfallen. Für helles Bier erscheint der Einsatz von Karamellmalzen zur Steigerung der Geschmacksstabilität jedoch nach aktuellem Stand nicht angezeigt.
Sind daher Aussagen von Mälzereien, wonach Karamellmalze die Geschmacksstabilität erhöhen, pauschal zurückzuweisen?
Nein. So konnte Spieleder [2] zeigen, dass für die gleiche Bierfarbe der Einsatz einer geringen Menge von dunklem (Karamell-)Malz einer großen Menge von hellerem Malz vorzuziehen ist. Verwendet man daher für dieselbe Bierfarbe beispielsweise nur ein wenig dunkles Karamellmalz anstatt diese Farbe mit Münchner Malz einzustellen, kann sich dies positiv auf die Geschmacksstabilität auswirken. Gleichermaßen enthält Karamellmalz im Verhältnis zur Farbe wenige problematische Substanzen als Darrmalz. [4] So ist auch der Austausch von Darrmalzen mit gleichfarbigen Karamellmalzen positiv für die Geschmacksstabilität.
Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass Karamellmalz – genau wie Darr- und Röstmalz – mit zunehmender Farbe die Geschmacksstabilität senkt. Als „antioxidatives Hilfsmittel” ist es daher gänzlich ungeeignet. Der Austausch von Darrmalz durch Karamellmalz zur Erzielung derselben Bierfarbe ist hingegen positiv zu werten.
Quellen:
- [1] Woffenden et al., Relationships between Antioxidant Activity, Color, and Flavor Compounds of Crystal Malt Extracts, J. Agric. Food Chem. 2001, 49, 5524–5530
- [2] Elmar Spieleder, Systematische Untersuchungen von reduzierenden Substanzen im Malz und ihr Einfluss auf den Brauprozess, Dissertation TUM, 2006
- [3] Michael Wurzbacher, Untersuchungen zum Einfluss antioxidativer Substanzen auf die Geschmacksstabilität des Bieres, Dissertation TUM, 2011
- [4] Narziss, Abriss der Bierbrauerei, Kapitel 1.9.4.2 „Karamellmalz”, 2017