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Lotte Peplow, die europäische Craft Beer Botschafterin der amerikanischen Brewers Association, taucht für uns tief ein in das Thema der Hopfennutzung in amerikanischen Craft Bieren…
Vorfreude macht sich unter amerikanischen Craft Brauern breit, wenn jährlich im Herbst die amerikanische Hopfenernte ansteht. Und nicht nur die Brauer sind aufgeregt, sondern auch Bierliebhaber aus der ganzen Welt fiebern der Einführung der neuesten innovativen, unglaublich aromatischen und mit besten Rohstoffen gebrauten amerikanischen Craft Biere entgegen.
In den 1980ern begann die Craft Beer Revolution, die sich jetzt über die ganze Welt ausbreitet, mit den Innovationen und der Kreativität der amerikanischen Craft Brauer. Kräftige, hocharomatische, hopfenbetonte Biere beeindruckten die Biertrinker. Heute findet man diese bahnbrechenden, vielfältigen und hochqualitativen amerikanischen Craft Biere überall in Europa. Es macht Sinn, danach zu suchen, denn amerikanische Craft Biere gewinnen regelmäßig hohe Preise bei namhaften, mit internationalen Experten besetzten Bierwettbewerben rund um die Welt.
Die Nähe vieler amerikanische Craft Brauer zu den Hopfenproduzenten erlaubt es ihnen, vor, während und nach der Ernte viel Zeit mit den Hopfenbauern und in den Hopfenfeldern zu verbringen, dabei ständig die Qualität der Hopfen zu prüfen und die gewünschten Partien auszuwählen. Tim Matthews, Vizepräsident des „CANarchy Craft Brewery Collective”, zu dem unter anderem die Oskar Blues Brauerei aus Longmont, Colorado und Cigar City Brewing aus Tampa, Florida, gehören, erklärt: „Die Zusammenarbeit mit Hopfenbauern ist ein großer Schwerpunkt, und jeder Brauer sollte ständig mit seinen Lieferanten in Kontakt stehen. Wir wenden viel Zeit auf, um vor Ort zu sein und direkt mit unseren Lieferanten zu sprechen, sodass sie verstehen, was wir brauchen und was die günstigste und nachhaltigste Art ist, das Produkt zu erzeugen, das wir haben wollen und mit dem jeder zufrieden ist.”
„Man muss verstehen, wie der Hopfen tickt”, sagt er. „Rückverfolgbarkeit ist der Schlüssel. Jeder Hopfen hat einen QR-Code, der das Alter, den Hop Storage Index und die Verarbeitungsschritte angibt. Wir riechen den Hopfen, fassen ihn an, brechen ihn auf – wir wollen nicht bloß Aromaöle, Terpene und Alpha-Komponenten, sondern jetzt auch Glykoside und spezielle Polyphenole (Moleküle, die entscheidend an der Bildung der Trübung beteiligt sind).”
Die Nähe der amerikanischen Craft Brauer zu den begehrten Hopfen in den Vereinigten Staaten bedeutet, dass nur 13 % der in den USA genutzten Hopfen aus dem Ausland eingeführt werden. Zudem erhöht sich die Menge der durch amerikanische Craft Brauer genutzten Hopfen – in den letzten 10 Jahren stieg die durchschnittlich von Craft Brauereien genutzte Hopfenmenge bis 2019 um 87 % auf 1,72 PPB (Pounds per Barrel oder Pfund pro Fass, umgerechnet etwa 780 g auf 159 Liter Bier oder knapp 500 g/hl) und sank auch 2020 nur wenig auf 1,46 PPB (etwa 420 g/hl). Im Jahr 2020 wurden 143 verschiedene Hopfensorten eingesetzt, während es noch 2009 nur 92 waren. Die Kombination von gestiegenem Hopfeneinsatz und einer breiteren Sortenpalette erlaubt es den Brauern, bahnbrechende neue Biere zu erzeugen und die Grenzen von Geschmack und Aroma weiter zu verschieben. Amerikanische Craft Brauer haben auch Erfahrungen in der Abfüllung gesammelt, um die Oxidation der Biere zu minimieren und den Geschmack länger zu konservieren. Das ist essentiell, wenn Bier nach Übersee exportiert wird.
Hopfen ist ein landwirtschaftliches Produkt, und die selbe Hopfensorte kann – abhängig vom Boden, dem Wetter und den Anbaubedingungen – von Jahr zu Jahr und von Farm zu Farm sehr unterschiedlich sein. Auch unter besten Bedingungen ändert sich das Hopfenprofil. Deswegen besuchen Brauer regelmäßig die Höfe, um die Partnerschaft mit den Hopfenbauern zu entwickeln, Hopfen auszuwählen und Rezepte anzupassen.
Die Sierra Nevada Brewing Company aus Chico, Kalifornien, ist einer der Pioniere der amerikanischen Craft Bier Revolution und war maßgeblich daran beteiligt, bei den Biertrinkern die Wahrnehmung des amerikanischen Craft Biers von den 1980ern an zu verändern. Ihr Flaggschiff, das Sierra Nevada Pale Ale mit Cascade Hopfen, war eines der ersten amerikanischen Craft Biere, das nach Übersee exportiert wurde.
Scott Jennings, Entwicklungs-Braumeister für Sierra Nevada Brewing Company, fügt hinzu: „Es ist sehr wichtig, mit den Hopfenbauern enge Partnerschaften aufzubauen, und wir verfolgen Änderungen der Hopfeneigenschaften zusammen mit ihnen. Wir besuchen sie mehrmals jährlich: kurz vor der Ernte, um ein Gefühl für die verfügbaren Qualitäten zu bekommen, dann wieder zur Ernte, wo wir unter den früh geernteten Sorten auswählen können und dann nochmals nach der Ernte, um die spät geernteten Sorten auszuwählen.”
Was aber passiert, wenn ein ganz neues Bier gebraut werden soll? Kommt erst das Rezept oder erst die Hopfenauswahl? Scott Jennings erklärt: „Beides ist möglich, abhängig davon, was die Quelle der Inspiration ist! Manchmal geht man von einer klaren Vorstellung eines Geschmacksprofils aus, ein andermal ist es eine wunderbare neue Hopfensorte, die ein Bier für sich braucht, und dann gehen wir diesen Weg.”
Amerikanische Craft Brauer sind in der Welt für ihre innovative Nutzung von Rohstoffen und Brautechniken bekannt. Die Stone Brewing Company aus Escondido, Kalifornien, hat einen zweigleisigen Ansatz für die Hopfenauswahl: ‘core beers’ (Stammsorten) und ‘hop innovation’ (Hopfen-Neuheiten). Joel Grosser, Vizepräsident Braubetrieb und Braumeister bei Stone erklärt: „Die Hopfenauswahl für ‘core beers’ konzentriert sich auf Beständigkeit. Wir wählen Hopfenpartien aus, die Jahr für Jahr exakt das gleiche Geschmacksprofil liefern. Wir wollen, dass jedes Stone IPA immer die gleiche großartige Erfahrung ist, unabhängig davon, wo es getrunken wird. Das Erreichen wir durch unsere Partnerschaft mit Hopfenbauern und Lieferanten.
Für ‘hop innovation’ suchen wir etwas Neues und Aufregendes. Innovation ist Teil der Stone DNA und es ist entscheidend für unseren Erfolg, bei Hopfensorten und Geschmack in vorderster Frontlinie zu stehen.”
Anhand eines Beispiels fügt Jeremy Moynier, Senior Manager Innovation und Lieferkette bei Stone, hinzu: „Wir hatten eine interessante Diskussion über einen bestimmten neuen Hopfen, der in letzter Zeit sehr viel Aufmerksamkeit erregte und immer noch Probleme hat, die Nachfrage zu decken. Wir waren unterschiedlicher Meinung über diesen Hopfen, aber was mich faszinierte war, dass er anders ist. Mehr Erdbeer- und Kräuternoten als die tropischen und zitruslastigen Hopfen, die in den letzten Jahren den Beifall bekommen haben. Wir untersuchen, womit wir ihn einsetzen können: mit anderen Hopfensorten, Hefen, anderen Zutaten, um ein wirklich einzigartiges Bier daraus zu machen. Das ist Teil von ‘hop innovation’.”
Amerikanisches Craft Bier ist jetzt international in Dutzenden Ländern verfügbar. Im Jahr 2019 hatte der Export einen Wert von 69 Millionen Doller (etwa 58 Millionen Euro). Kanada ist mit 25,8 % aller Exporte der weltweit größte Exportmarkt für amerikanisches Craft Bier, gefolgt von Großbritannien mit 11,9 %, Schweden mit 6 % und dem restlichen Europa mit 11 %.
Die 10 beliebtesten amerikanischen Hopfensorten von 2020* sind:
- Cascade
- Centennial
- Citra
- Mosaic
- Simcoe
- Chinook
- El Dorado
- Amarillo
- Crystal
- Magnum (US)
Wenn ihr euch also das nächste mal eine Dose Oskar Blues One‑Y mit seiner 7 Sorten starken Hopfenliste, ein Sierra Nevada Hazy Little Thing mit 6 Hopfensorten oder ein Stone IPA mit acht Hopfen holt, dann honoriert die Zeit, Sorgfalt und Aufmerksamkeit, die in die Beschaffung von Rohstoffen bester Qualität geflossen ist, um das beste amerikanische Craft Bier herzustellen, das es Wert ist, in alle Welt exportiert zu werden.
* Umfrage der Brewers Association von 2019
Die Brewers Association veranstaltet eine jährliche Umfrage zur Hopfenverwendung, um Hopfenbauern bei bei wichtigen Entscheidungen über den Anbau zu unterstützen. Die von den Teilnehmern seit 2007 gelieferten Daten haben einen kompletten Umbruch des Anteils der Aromahopfen an der Anbaufläche von 20 % auf 80 % gezeigt.
Lotte Peplow ist die Botschafterin der Brewers Association für amerikanisches Craft Bier in Europa und lebt und arbeitet in Großbritannien. Sie ist ein zertifizierte Cicerone®, eine vom BDI akkreditierte Bier Sommeliere, Bier-Schriftstellerin, internationale Bier-Jurorin, Bier-Kommunikatorin, Hobbybrauerin und Bierliebhaberin.
Über die Brewers Association
Die Brewers Association (BA) ist ein gemeinnütziger Handelsverein, der sich kleinen und unabhängigen amerikanischen Craft Bier Brauereien, ihren Bieren und der Gemeinschaft der Brau-Enthusiasten widmet. Die BA repräsentiert über 5.000 US-amerikanische Brauereien. Das Logo der BA für unabhängige Craft Bier Brauer ist ein weithin anerkanntes Symbol zur Kennzeichnung von Bieren kleiner und unabhängiger Craft Bier Brauer. Die BA organisiert Events wie den World Beer Cup®, das Great American Beer Festival®, die Craft Brewers Conference & BrewExpo America®, SAVOR®: An American Craft Beer & Food Experience, die Homebrew Con, die National Homebrew Competition und die American Craft Beer Week®. Die BA gibt das Magazin The New Brewer® heraus, und Brewers Publications™ ist der größte Herausgeber von Brau-Literatur der USA.
Bierliebhaber sind eingeladen, mehr über die dynamische Welt des Craft Biers auf CraftBeer.com, über die American Homebrewers Association der BA und die freie BrewGuru™App zu erfahren. Folgt der BA auf Facebook, Twitter und Instagram.
Brewers Association
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www.brewersassociation.org