So gut wie jeder Hobbybrauer dürfte diesem ärgerlichen Problem schon einmal begegnet sein. Außerhalb von Sauerbierstilen wie Berliner Weiße, Gose, Lambic & Co. beißt sich die Säure meistens unangenehm mit der Hopfenbittere und lässt das Bier unharmonisch erscheinen. Dazu gesellen sich häufig Fehlaromen wie ein Essigstich. Ein saurer Überblick zum Thema.
Warum schmeckt Bier überhaupt sauer?
In der Chemie gelten Stoffe als sauer, die Protonen (H+) abgeben können. Und tatsächlich ist es genau das, was unsere Zunge erkennt: Die Konzentration an Protonen in der Lösung. Im Gegensatz zu der Idee hinter dem pH-Wert erkennt unsere Zunge nicht nur freies H+, sondern auch solches, das mit Anionen assoziiert. Daher ist die titrierbare Säure meist ein besseres Maß für die wahrgenommene Säure eines Bieres als der pH-Wert. Grundsätzlich ist Bier mit einem Bier pH von ca. 4,2-4,6 im chemischen Sinne schon deutlich sauer und dies ist zur Konservierung auch vorteilhaft. Sinkt der pH deutlich darunter, wird der Eindruck - auch in Abhängigkeit der titrierbaren Säure - zunehmend saurer. Sauerbiere können bis knapp unter pH 3,0 liegen.
Die Intensität der Säure hängt neben der Konzentration an Protonen auch mit dem Restextrakt zusammen. Umso süßer ein Bier ist, umso weniger intensiv wird die Säure darin wahrgenommen. Auch können Geruchskomponenten, die wir typischerweise mit Säure assoziieren, wie Zitrusaromen, zusätzlich zu einem säuerlichen Gesamteindruck beitragen.
Schmeckt die Säure immer gleich?
Zwar werden organische Säuren physiologisch als gleich sauer wahrgenommen, es gibt jedoch Unterschiede in den geschmacklichen Assoziationen:
Säure | Ursprung | Geschmack |
---|---|---|
Milchsäure | Lactobacillen, Hefegärung, Wasseraufbereitung mit Sauermalz/Milchsäure | Neutral, weicher Nachgeschmack |
Zitronensäure | Warme Gärung, zugegebene Früchte/Säfte | Fruchtig-süßlicher Eindruck; nach Radler |
Apfelsäure | Warme Gärung | Kräftiger, adstringierender Geschmack |
Essigsäure | Essigsäurebakterien | Kräftig sauer nach Essig |
Phophorsäure | Wasseraufbereitung mit Phophorsäure (anorganische Säure) | Neutral |
Mein Bier riecht auch "irgendwie komisch", was könnte das sein?
Riecht das Bier über eine schmeckbare Säure hinaus auch "irgendwie säuerlich", sind meistens auch Gärungsnebenprodukte (GNP) von Milchsäurebakterien oder Essigsäurebakterien beteiligt. Diese Aromen verbinden wir typischerweise mit (sauer) fermentierten Lebensmitteln wie Joghurt, Käse, Sauerkraut, Sauerteig, Essig, Butter oder sogar Soja- und Fischsauce. Derartige Gerüche sind daher ein ziemliches sicheres Zeichen für eine Kontamination, da diese Aromen durch Brauzutaten inkl. Sauermalz und Sauergut nicht eingetragen bzw. beim Würzekochen wieder ausgedampft werden.
Woher kommt die Säure nun?
Ist man aber bewährten Rezepten gefolgt und hat die Wasseraufbereitung gezielt durchgeführt, dürfte ein saurer Geschmack selbst ohne Fehlaromen durch GNP in den allermeisten Fällen einer Kontamination zuzuschreiben sein.
Sonstige Ursachen abseits von Kontaminationen:
Ursache | Symptome | Lösung |
---|---|---|
Überdosierung technischer Milchsäure | Zu niedriger pH; Bier im Geschmack sauer. Keine Beeinträchtigung des Geruchs. | Berechnungen überprüfen, max. 10 % Sauermalz bei hoher Restalkalität. Häufige Falle beim Abmessen technischer MS: 1 ml Milchsäure 80 % wiegt nur ca. 0,83 g! |
Dunkle Malze | Dunkle Malze senken die Restalkalität, besonders Karamellmalze können hierdurch den pH in einem Wasser von geringer Restalkalität ungünstig stark senken. Kann sich in einem harten, manchmal gerbstoffigen Trunk niederschlagen. | Anforderungen des Bierstils an das Wasser überprüfen: http://braumagazin.de/article/von-der-wasseranalyse-zum-brauwasser/#22_Zielwerte_nach_Bierstil |
Röstgerste/Röstmalze | Beißender, säuerlicher Ton bei hohen Gaben > 5 %. | Problematik ähnlich gelagert wie bei dunklen Malzen. Röstmalze scheinen unproblematischer zu sein als Röstgerste. |
Zitruslastige Hopfen | In einwandfreiem Bier unproblematisch, aber schon bei leicht erhöher Säure können Assoiziationen an Zitronenlimo entstehen. | - |
Hohe Gärtemperatur | Bei hohen Gärtemperaturen entstehen mehr organische Säuren. Dies ist bei obergärigen Stilen selten ein Problem oder trägt sogar zum fruchtigen Charakter bei. Besonders bei untergärigen Bieren kann dies aber in einer fehlenden Weichheit und Abrundung resultieren. | Gärtemperatur im Blick behalten. Anstelltemperatur senken auf: <20 °C obergärig, 8-10 °C untergärig |
Was kann ich gegen Kontaminationen unternehmen?
- Zu allererst das Vorgehen bei der Reinigung überprüfen: Zweckmäßige Reinigung im Hobbybereich (Quelle: hobbybrauer.de). Da Milch- und Essigsäurebakterien generell eine hohe Säuretoleranz haben, kann auch die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln eingeschränkt sein. Hier sind alkalische oder alkoholische Desinfektionsmittel besser geeignet.
- Das Bier nach abgeschlossener Gärung nicht unnötig mit der Umgebungsluft in Kontakt bringen und nach abklingender Gärung zügig abfüllen. Vergleiche auch das Thema Kahmhaut in dieser Ausgabe.
- Wer gerade als Anfänger noch mit den Grundlagen des Brauvorganges beschäftigt ist, sollte schwach gehopften Biere wie Weißbier meiden. Nicht nur sind diese aufgrund der niedrigeren Hopfung anfälliger für Kontaminationen durch Milchsäurebakterien, man züchtet sich damit auch eine Hausflora heran, die weiteren Suden schaden kann.
Nun ist mein Bier sauer, kann man das irgendwie retten?
Gegen die Gärungsnebenprodukte lässt sich in der Regel nichts unternehmen, das meiste wird sich auch nicht mehr herauslagern. Ist das Bier nur sauer geworden und dies überwiegend durch Milchsäure ("neutrale" Lactobacillen aus Reinkultur, Überdosierung Milchsäure), kann versucht werden den pH-Wert des Bieres mit Natriumhydrogencarbonat in den Bereich > pH 4,2 zu korrigieren.
Autor Andreas Staudt ist studierter Informationswirt und Hobbybrauer seit 2007. Er interessierte sich von Anfang an vermehrt für die wissenschaftlichen Hintergründe der Bierentstehung und ließ dafür wohl die ein oder andere Gelegenheit zum Brauen bei einer guten Lektüre verstreichen.
Bildnachweis:
Bild 1: Lizenz unter CC BY-SA 2.0, Urheber "AJC1", Quelle: https://www.flickr.com/photos/ajc1/8344600413/Bild 2: Wikimedia Commons, User Эрг
Riecht ein Bier nach Essig hat man grundsätzliche Fehler gemacht, denn Essigsäurebakterien benötigen Sauerstoff und Sauerstoffzufuhr sollte man nach der Würzebelüftung vermeiden. Im Gegensatz zu den Milchsäurebakterien, die wachsen sehr gut unter Sauerstofffreiheit. Riecht ein Bier unangenehm nach Fähikalien hat man schlecht gereinigt und irgendwo hat sich ein Schleim gebildet unter dem die Bakterien sitzen. Alle Bierschädlinge sind empfindlich gegen Hitze und Heißwasser hinterlässt keine Rückstände.
Der große Vorteil unserer Biere, im Bier können keine Krankheitserreger wachsen.
Gruß der Alexbräu
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