Zu die­ser Ausgabe

Das ist nun schon die drit­te brau!magazin-Ausgabe in der Kri­se. Seit mehr als einem Jahr haben sich Hob­by­brau­er nicht mehr in grö­ße­rem Rah­men getrof­fen, Bier­bars und Brau­gast­hö­fe sind geschlos­sen oder im Not­be­trieb, Som­me­liers hal­ten nur noch Online-​Verkostungen. Mei­nen letz­ten Brau­kurs habe ich vor über einem hal­ben Jahr gehal­ten, mei­ne letz­ter Ein­satz als Braue­rei­füh­rer ist sogar schon ein Jahr her, und ich weiß nicht, in wel­chem Zustand die Braue­rei­en nach dem Not­stand sein werden.

Beson­ders hei­kel ist im Braue­rei­be­reich die Situa­ti­on klei­ner Brau­gast­hö­fe, wie sie tra­di­tio­nell beson­ders in häu­fig Fran­ken und der Ober­pfalz ver­tre­ten sind. Der Brau­meis­ter und Eigen­tü­mer des Pretz­fel­der Nikl-​Bräu, Mike Schmitt, hat vor einem Monat sei­nem Ärger in einem Instagram-​Video Luft gemacht. Gast­hö­fe mit eige­ner Braue­rei sind bis vor kur­zem noch durch jeg­li­ches För­de­rungs­ras­ter gefal­len, und haben weder als Gast­stät­ten noch als Braue­rei­en in die büro­kra­ti­schen Mus­ter gepasst.

Wir haben Grund­kos­ten von 10.000 Euro im Monat – ohne Per­so­nal! … Mit Essen to Go und Fla­schen­bier­ver­kauf krie­ge ich momen­tan nicht ein­mal ein Drit­tel davon rein…
Es geht so nicht mehr wei­ter, die machen uns alle platt!”
(Mike Schmitt, Nikl-​Bräu Pretzfeld)

Inzwi­schen sol­len die Gasthaus-​Brauer nach einer Geset­zes­än­de­rung von Mit­te März (!) zwar „leich­ter” an die November- und Dezem­ber­hil­fen kom­men, aber die hät­ten sie schon vor mehr als einem Vier­tel­jahr gebraucht. Auch Ent­schä­di­gun­gen für abge­lau­fe­nes und des­we­gen ent­sorg­tes Fass­bier soll es geben, was aber wohl eher die gro­ßen Braue­rei­en inter­es­sie­ren dürfte.

Dabei wol­len sol­che akti­ven und krea­ti­ven Men­schen wie Mike Schmitt über­haupt nicht von staat­li­chen Almo­sen leben. Sie wol­len als Unter­neh­mer frei und selbst­stän­dig für sich und ihre Ange­stell­ten sor­gen. Sie haben viel Zeit, Ideen­reich­tum und Geld in ihre Betrie­be und auch in die gefor­der­ten Hygie­ne­kon­zep­te inves­tiert, bevor ihnen mit einem Feder­strich der Betrieb kom­plett unter­sagt wur­de. Dass noch nicht vie­le Betrie­be end­gül­tig in den Ruin getrie­ben wur­den, liegt ledig­lich an der Aus­set­zung der Insol­venz­an­trags­pflicht. Aber was pas­siert, wenn die­se am 30. April ausläuft?

Neben den Brau­ern trifft die­ser Angriff auf den Mit­tel­stand natür­lich auch vie­len ande­re Selbst­stän­di­ge wie klei­ne Händ­ler, Hote­liers und Bus­rei­se­un­ter­neh­mer – um nur eini­ge zu nen­nen – in glei­cher Härte.

Mir ist es da fast unan­ge­nehm, in sol­chen Zei­ten schein­bar unbe­ein­druckt unser brau!magazin her­aus­zu­ge­ben. Als klei­nes Zei­chen der Ver­bun­den­heit mit den Betrof­fe­nen wird unser Titel­bild bis zum Ende der Beschrän­kun­gen in schwarz erscheinen.

Was euch in die­sem Heft erwartet:

Noch ein­mal zum The­ma oben: ein Hil­fe­ruf erreich­te uns von Katha­ri­na. Die Brau­er von Brewer’s Tri­bu­te wol­len zusam­men mit der Bar Rot­brand ver­hin­dern, dass ihr gebrau­tes Rot­bier weg­ge­schüt­tet wer­den muss. Ihre Idee: einen Bier­brand dar­aus her­stel­len. Lei­der ist selbst das mit hohen Kos­ten ver­bun­den, die sie aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den im Moment nicht vor­stre­cken kön­nen. Daher haben sie bei Start­next eine Finan­zie­rungs­run­de gestar­tet, über die ihr euch auch den Roten Bier­brand reser­vie­ren könnt. Mehr dazu in „Bier zu Schnaps bren­nen – wie das Bier den Lock­down über­le­ben kann”. Aber Obacht: das Ange­bot ist begrenzt!

Den aktu­el­len Schwer­punkt Hop­fen bear­bei­ten gleich meh­re­re Autoren. Jan Brück­lmei­er, all­seits bekann­ter Autor der Hob­by­brau­er­bi­bel „Bier brau­en”, erklärt in „Bio­trans­for­ma­ti­on von Hop­fen­in­halts­stof­fen durch die Hefe” die Vor­gän­ge, die beim Zusam­men­tref­fen von Hefen und Hop­fen zu teils kom­plett neu­en Aro­men füh­ren kön­nen und sol­che Bie­re wie mehr­fach gestopf­te IPAs und NEI­PAs erst mög­lich machen.

In einem zwei­ten Arti­kel hat er in sei­ner neu­en Hei­mat USA erforscht, wie sich die „klei­nen” Hop­fen­a­bau­ge­bie­te abseits von Yaki­ma und Wil­la­met­te Val­ley ent­wi­ckelt haben. „Von der Not­ver­sor­gung zum größ­ten Hop­fen­pro­du­zen­ten” berich­tet über die­se Hop­fen­bau­ern im Zen­trum und Nord­os­ten der USA.

Neue Hop­fen aus der Hop Bree­ding Com­pa­ny” wer­den von Mark Zun­kel vor­ge­stellt. Die vier Kan­di­da­ten soll­tet ihr inzwi­schen bei­spiels­wei­se bei den übli­chen Ver­däch­ti­gen wie Hop­fen der Welt, Hob­by­brau­er­ver­sand, Amih­op­fen, hopfenshop.ch und Malt­mil­ler aus UK bekom­men kön­nen, um eige­ne Expe­ri­men­te mit den neu­en Aro­men zu beginnen.

Schließ­lich noch der „Buch­tipp: Hop­fen­lie­be” von Dirk, der uns das Werk rund um den Hop­fen wärms­tens emp­fiehlt. Selbst ich habe mich neben sei­nem Haupt­dar­stel­ler auch in die­ses wun­der­schö­ne Buch verliebt.

Zwei wei­te­re Buch­tipps legen euch „111 Bie­re aus Alt­bay­ern und Bayerisch-​Schwaben, die man getrun­ken haben muss” und „Unter­gä­rig und Dun­kel” ans Herz. Ers­te­res ein Bier­füh­rer von Mart­in­Drosch­ke, letz­te­res eines der raren deutsch­spra­chi­gen Bücher über einen Bier­typ aus Hobby- und Klein­brau­er­sicht. Das Rezen­si­ons­exem­plar von Mar­tins Bier­füh­rer ver­lo­sen wir – Ein­zel­hei­ten im Artikel.

Die Rie­ge der brau!magazin Autoren bekommt mit die­ser Aus­ga­be auch wie­der zwei neue Gesich­ter. Ralph bespricht in „Bier­lein brau dich” die neue Ver­si­on des Klei­nen Brau­hel­fers und ver­sucht, neu­en Nut­zern die Angst vor der beein­dru­ckend prall gefüll­ten Bedien­ober­flä­che zu nehmen.

Sven stellt in „Fer­men­ta – ein DIY Fer­men­tier­ungs­sen­sor” ein neu­es Selbst­bau­pro­jekt vor, mit dem sich auch in abge­le­ge­nen Brau­kel­lern ohne WLAN-​Abdeckung die Gärung mit einem per LoRa­WAN ange­bun­de­nen Sen­sor über­wa­chen lässt.

Hat das Glas Ein­fluss auf die Bier­qua­li­tät? Das fragt sich Dirk im Zitat des Quar­tals “Bier aus dem Gla­se ist Bier auf dem Ster­be­bet­te”. Die Befürch­tung ist nicht so abwe­gig, wie sie zunächst klin­gen mag.

Fass­ge­reif­te Bie­re sind schon seit lan­gem viel­leicht die Königs­dis­zi­plin der Craft-​Brauer. Die euro­päi­sche Bier­bot­schaf­te­rin der ame­ri­ka­ni­schen Bre­wers Asso­cia­ti­on stellt uns in ihrem Arti­kel „Die raf­fi­nier­te Alchi­mie der Holzfass-​Lagerung” mit Bei­spie­len ame­ri­ka­ni­scher Craft-​Brauereien vor. Die­sen Arti­kel könnt ihr neben unse­rer deut­schen Über­set­zung auch im eng­li­schen Ori­gi­nal lesen.

Aus­blick auf das nächs­te brau!magazin:

Die Herbst­aus­ga­be wird sich als Schwer­punkt mit his­to­ri­schen Brau­tech­ni­ken beschäf­ti­gen. Eini­ge Arti­kel sind schon fest geplant, aber wei­te­re Ideen und Arti­kel­vor­schlä­ge neh­men wir gern noch unter redaktion@braumagazin.de an.

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