Vor vier Wochen stieg in Stralsund zum dritten mal unter dem Namen „Deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer” eines der größten Hobbybrauer-Treffen der Republik. Auch wenn der Titel umstritten und vielleicht etwas anmaßend ist, entwickelt sich die Veranstaltung prächtig. Die fast 150 aktiven Hobbybrauer und 1.300 Gäste stellten wie jedes Jahr wieder neue Teilnehmer-Rekorde auf.
Zum ersten mal übernahm „Home & Craft” die Organisation der Hobbybrauer-Messe. Das ist ein Projekt der Messe München, die auch die drinktec für die Profis der Getränkeindustrie organisiert, die alle vier Jahre im Wechsel mit der Braubeviale stattfindet. Die Professionalisierung spürte man nicht nur an der Vergrößerung der Ausstellung. Interessante neue Teilnehmer waren unter anderem der Fass-Profi Wilhelm Eder, der Hefehersteller Fermentis und die Brauwelt mit ihrem Ableger GradPlato. Gute Gespräche hatte ich unter anderem auch mit dem neuen Chef von Klaus Klings BrauPartner-Versand und mit Daniel von brauen.de aus Dresden.
Die Seminare waren hochkarätig besetzt, unter anderem mit dem ehemaligen Leiter der Biersommellierausbildung bei Doemens Wolfgang Stempfle, der ein Tasting-Seminar anbot. Die Preise der Eintrittskarten waren aber meiner Meinung nach nicht mehr auf Hobbybrauer-Niveau – die üblicherweise von drinktec bedienten professionellen Messebesucher sind offenbar weniger kostensensitiv.
Als Wettbewerbs-Stil war diesmal das Brut IPA gewählt worden, wie schon im letztem Jahr durch eine Umfrage über die Festival-Webseite. Ich frage mich immer noch, wie es ein Bierstil, der so neu und zumindest in Deutschland wenig verbreitet ist, dass es nur vorläufige Stilbeschreibungen und kaum kommerzielle Exemplare zum Verkosten gibt, zum Sieger der Umfrage gebracht hat. Möglicherweise sollte Störtebeker einmal sein Abstimmungssystem auf Manipulationsfestigkeit untersuchen lassen.
Die Gewinner waren keine Unbekannten: die siegreiche Braugruppe „Gröner Bagalut“ aus Oersdorf in Schleswig-Holstein räumte schon in Romrod einen Hauptpreis ab. Sie belegten in Stralsund nicht nur den ersten Platz beim Wettbewerbsbier, sondern obendrein auch noch den dritten Platz bei den Kreativbieren, wo der Siegerpreis an das gewürzte Brut IPA von Tobias Witt und Maria Hirschbeck aus Hamburg ging. Die beiden Sieger werden ihre Biere im großen Maßstab bei Störtebeker beziehungsweise BRLO brauen dürfen.
Die Störtebeker-Brauerei hat uns Hobbybrauern wieder ein Fest geboten; herzlichen Dank an die Organisatoren! Dass dem Festival eine gute Zukunft bevorsteht, konnte man schon daran ablesen, dass noch am Tag der Bekanntgabe des Termins für das nächste Jahr – 11. und 12. September 2020 in Stralsund – unser Stamm-Hotel für dieses Wochenende komplett ausgebucht war. Vielleicht ein Wink des Himmels, im nächsten Jahr einmal mit der Teilnahme auszusetzen.
Noch ein Anlass zum Feiern: das brau!magazin vollendet mit dieser Ausgabe seinen fünften Jahrgang. Im Herbst 2014 erschien nach mehrmonatigen Vorbereitungen die erste Ausgabe. Seitdem kümmern sich die Redakteure und Gastautoren zunächst viermal, inzwischen zweimal jährlich darum, ein interessantes und lesenswertes Heft zusammenzustellen. Ganz besonderen Dank verdient das Redaktionsteam mit (alphabetisch geordnet) Andreas Staudt, Jürgen Knoke, Moritz Gretzschel, Oliver Weiss und ganz neu auch Dirk Nolte – auf ihren Schultern lastet die Hauptarbeit.
Aber ohne die Artikel der Gastautoren wäre das brau!magazin nur halb gut. Sie zu finden ist nicht immer einfach. Wenn es also in den Reihen der Leserschaft Ideen oder gar fertige Konzepte für Beiträge gibt, meldet euch gern bei der Redaktion – wir werden die Hilfe mit Freuden annehmen und euch beim Schreiben wo immer möglich unterstützen.
Leitartikel dieser Ausgabe ist der erste Teil von Olis Reihe „Mysterium Nachisomerisierung” über die Auswirkungen von Zeit, Temperatur und pH-Wert auf die Bitterstoffausbeute während der Nachisomerisierungszeit. Dieses mal geht es um die grundlegenden Vorgänge bei den späten Hopfengaben und die Auswertung verschiedener wissenschaftlicher Quellen sowie die Vorstellung von Messverfahren zur Bitterstoffbestimmung. In der nächsten Ausgabe folgt dann die Entwicklung eines Rechenmodells zur Vorhersage von Bitterstoffausbeuten während der Nachisomerisierungszeit und dessen Überprüfung in verschiedenen Versuchsreihen.
Die Meinungen über die Reihenfolge der Brauprozess-Schritte Kühlen, Whirlpool und Filtern gehen ebenso vielfältig auseinander wie die Varianten deren praktischer Durchführung. Ein wenig Licht und Systematik bringt Moritz’ Artikel „Würzekühlung und Trubabscheidung” in das Thema. Er beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten und gibt Empfehlungen für das optimale Vorgehen.
Peter setzt seine Artikelreihe über Gabriel Sedlmayr den Jüngeren mit dem dritten Teil fort. Es geht diesmal darum, wie Sedlmayrs Erkenntnisse sich auf die Entwicklung der damaligen Brauwelt ausgewirkt haben.
Zwei Artikel habe ich von norwegischen Hobby-Braukollegen bekommen und aus dem englischen übersetzt. Finn Berger, Vorstandsmitglied beim norwegischen Hobbybrauerverband Norbrygg, schreibt in „Hobbybrauen in Norwegen” (auch im Original als „Homebrewing in Norway” zu lesen) über die Entwicklung der Heimbrauszene an Europas Norwestgrenze und darüber, wie Norbrygg mit den über große Entfernungen verteillten Hobbybrauern arbeitet.
Der zweite Artikel aus Norwegen stammt von Lars Marius Garshol, den viele als den „Kveik-Papst” kennen. Er hat sich sehr verdient gemacht um die Erforschung historischer Brautechniken in Norwegen und speziell auch um die dabei von den bäuerlichen Brauern benutzten Hefen – die Kveiks. In dem Artikel „Kveik – alte Hefe für neue Biere” (in Original: „Kveik – ols Yeast for new Beers”)gibt er einen Überblick über die Herkunft, Eigenschaften und Verwendung dieser ungewöhnlichen Hefestämme.
Und noch einmal Norwegen: Beatrice Fleischhack stellt euch das 3. norwegische Porter & Stoutfestival in Stranda vor. Es fand am 4. und 5. Oktober statt – durch die kurzfristige Verschiebung unseres Erscheinungstermins kommen wir also für dieses Jahr etwas zu spät, aber für nächstes Jahr sollten sich zumindest die Skandinavien-Freunde diesen Termin vormerken.
Tilo hat den Artikel „Dose, Glas – oder nur noch Fass?” schon in Österreich veröffentlicht. Weil die Diskussion um die optimale Bierverpackung gerade unter den momentan so vieldiskutierten Umweltgesichtspunkten so wichtig ist, und weil der Artikel über die Auswertung interessanter Quellen zu gar nicht so eindeutigen Schlüssen kommt, bringen wir hier eine leicht aktualisierte Fassung.
Dirk, unser neues Redaktionsmitglied, befasst sich in „Das Brauwesen im Spiegel deutscher Familiennamen” damit, wie Brauberufe Eingang in die deutsche Namensgebung gefunden haben. Neben den offensichtlich aus dem Brauwesen stammenden Namen wie „Brauer” oder „Mälzer” gibt es erstaunlich viele weitere, die mit dem Brauen zu tun haben – sogar mein eigener Name kommt vor.
Unser Literaturtipp gilt diesmal dem Buch „Geheimnisse des Brauens” von Linda Louis, Thomas Mousseau und Metthieu Goemaere. Die Übersetzung aus dem Französischen eröffnet ungewohnte Perspektiven auf die Heimbrauerei.
IoT – das Internet der Dinge – ist zur Zeit in aller Munde, besonders wenn es um markige Werbesprüche einer ständig auf der Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten befindlichen IT- und Konsumgüter-Industrie geht. Aber auch über intelligente Kühlschränke und Heizungsthermostate hinaus bietet dieses Gebiet interessante Anwendungen, wie zum Beispiel das Hobbybrauen. Wie „smartes” Brauen im Hobbybrauer-Sudhaus funktionieren kann, erkläre ich im Artikel „IoT im Sudhaus”.
Zuletzt noch ein Artikel in eigener Sache: Die Müggelland-Seite, auf der auch viele brau!magazin-Leser ihre Braurezepte berechnen, braucht nach über 10 Jahren Betrieb dringend eine gründliche Überarbeitung. Wie die neue Seite aussehen wird und wie ihr euch am Test beteiligen könnt, lest ihr im Artikel „Die neue Müggelland-Seite”.
Also viel Spaß mit dem neuen brau!magazin !
PS: Wie ihr aus den obigen Ankündigungen vielleicht schon herausgelesen habt, wird dieses brau!magazin nicht das letzte sein. Ich habe nach dem letzten Editorial viele Reaktionen erhalten, die ausnahmslos ein Ende des brau!magazins nicht hinnehmen wollten. Teilweise wurden auch Ideen und Unterstützung anboten. Wir werden also weitermachen! Das brau!magazin ist als eMagazin von Hobbybrauern für Hobbybrauer gestartet, und solange Hobbybrauer dafür schreiben wollen, werden sie hier ihre Plattform finden.