Würzekühlung und Trubabscheidung: Im Dschungel der Möglichkeiten
Viele angehende Hobbybrauer widmen ihr Hauptaugenmerk zunächst einmal der Herstellung der Würze, also der Ausrüstung und den Verfahren zum Maischen und Läutern. Später erkennt man dann, dass die Gärführung fast noch größere Auswirkungen auf das Endprodukt besitzt. Zwischen diesem beiden Themenkomplexen, dem Heiß- und dem Kaltbereich, befindet sich jedoch noch ein weiteres, von manchen etwas stiefmütterlich behandeltes Themengebiet, nämlich die Würzekühlung und Trubabscheidung. Das hört sich zunächst einmal nicht besonders spannend an. Vielleicht gerade deswegen gibt es wohl wenige Prozessschritte im Hobbybrauwesen, die so vollkommen uneinheitlich gehandhabt werden, und wo unterschiedlichste Erfahrungen, Verfahren und Vorlieben fast schon unversöhnlich aufeinanderprallen.
Wozu überhaupt kühlen?
Natürlich muss nach dem Hopfenkochen die Würze zwangsläufig erst auf Anstelltemperatur gebracht werden, bevor die Hefe zugegeben werden kann. Hier soll es bewusst nicht um die Wahl der Anstelltemperatur gehen – das ist ein Thema für sich – aber bei obergärigen Bieren wird das meist irgendwo um die 16–20°C, bei untergärigen Bieren bei 8–12°C liegen. Der Übergang von Heiß- auf Kaltbereich beim Abkühlen ist vor allem aus hygienischer Sicht ein ganz entscheidender: War zuvor im Heißen noch keine übertriebene Hygiene erforderlich, so müssen im Kalten alle Gerätschaften, die mit der Würze in Kontakt kommen, peinlich sauber und desinfiziert sein.
Schlimmer aber noch: Irgendwann passiert die abkühlende Würze den Temperaturbereich zwischen 40 und 30°C, und dort fühlen sich, wie viele Lebewesen, auch alle möglichen Bierschädlinge besonders wohl und vermehren sich prächtig. Da wir Hobbybrauer nicht steril, sondern bestenfalls keimarm arbeiten können, sollte es in unserem Interesse liegen, diesen kritischen Temperaturbereich möglichst schnell zu durchlaufen, um den „bad guys“ möglichst wenig Gelegenheit zur Vermehrung zu geben, bevor wir möglichst bald die „good guys“ – die Hefe – ins Rennen schicken können. Es gibt aber nicht nur diesen Grund, die Würze möglichst schnell und definiert abzukühlen. Insgesamt bestehen die Gründe in der:
- Begrenzung der Vermehrungsmöglichkeit für Bierschädlinge
- Begrenzung der Zufärbung der Würze
- Begrenzung der Nachisomerisierungszeit des Hopfens
(was insbesondere späte Hopfengaben besser berechenbar macht) - Begrenzung der Nachbildung des DMS-Precursors.
Der einfachste Weg: Über-Nacht-Abkühlen
Trotz dieser guten Gründe fangen die allermeisten Einsteiger erst einmal mit dem sogenannten Über-Nacht-Abkühlen an, braucht man dazu doch keinerlei zusätzliche Ausrüstung: Man schlaucht die heiße Würze einfach in den Gärbottich und lässt sie darin etliche Stunden – also nach einem „Brautag“ meistens die folgende Nacht – verschlossen „von selber“ abkühlen, genaugenommen durch Wärmeübergang an die Umgebungsluft. Meistens kann man dann am nächsten Morgen zumindest mit obergäriger Hefe anstellen.
Das ist wie gesagt ideal einfach und minimalistisch und hat zudem den Vorteil, dass das „Gärfass“ durch die heiße Würze gleich thermisch desinfiziert wird. Freilich sind die Nachteile nicht ganz vernachlässigbar:
- Die Verweilzeit im besonders kritischen Temperaturbereich zwischen 40 und 30°C ist sehr lang, so dass Termobakterien, die das Würzekochen überlebt haben, beste Vermehrungsbedingungen vorfinden.
- Nachisomerisierung, Zufärbung und DMS-Nachbildung sind hoch und kaum kalkulierbar.
- Der gesamte Kühltrub verbleibt im Gärfass, doch dazu später mehr.
Zudem zieht sich die abkühlende Würze und Luft darüber zusammen, und vor allem der Dampf im Kopfraum kondensiert. Also muss man der Außenluft Zutritt gestatten, will man am nächsten Morgen kein unschön eingedelltes Gärfass vorfinden. Damit macht man aber den Vorteil des durch die Hitze keimarmen Bottichs wieder zunichte, was gerade aufgrund der langen Verweilzeit bei lauwarmen Temperaturen unschön ist, auch wenn sich viele mit einem ethanolgetränkten Wattebausch im Luftloch des Deckels als Türsteher behelfen.
Besonders fragwürdig erscheint jedoch die kaum kalkulierbare Abkühldauer, die neben der Würzemenge auch von der Außentemperatur und herrschenden Luftströmung abhängig ist. Mag sein, dass das Abkühlen auf der Terrasse am schnellsten geht, vor allem bei Kälte und Wind, andererseits ist dort auch die Keimbelastung womöglich am höchsten. Und während z.B. ein 10 l‑Sud innerhalb weniger Stunden abkühlt, wird ein 20 l‑Sud schon eine ganze Nacht brauchen, und bei 40 oder 50 l sind wahrscheinlich schon die Grenzen dieses Verfahrens erreicht. Nebenbemerkung: Gar keine gute Idee ist es, das Gärfass im Winter im Schnee einzuschaufeln: Dort schmilzt es sich innerhalb kürzester Zeit einen bestens isolierenden Luftspalt, so dass man es am nächsten Morgen noch heiß aus seinem Iglu wieder ausgraben kann.
Ist das Kühlschiff nicht das gleiche?
Aber machten die „großen“ Brauereien mit ihren klassischen Kühlschiffen nicht das Gleiche? Entschiedene Antwort: Nein, machten sie nicht! Auf den ersten Blick mag zwar der über-Nacht-abkühlende Bottich wie mit der Plätzchenform aus dem Kühlschiff ausgestochen wirken, aber der Mechanismus ist ein ganz anderer: Während das Gärfass aus Gründen der Keimarmut geschlossen abkühlt und die Wärme über Konvektion an die Umgebung überträgt, findet auf dem Kühlschiff der Wärmentzug hauptsächlich durch Verdunstung statt. Und während die Würze im offenen Kühlschiff bestens „ausstinken“, also unerwünschte Stoffe wie DMS abdampfen kann, ist das im geschlossenen Gärfass unmöglich.
Außerdem verbleibt die Würze nicht bis Anstelltemperatur im Kühlschiff, sondern typischerweise nur bis (je nach Jahreszeit) bspw. 60 oder 70°C, bevor es im Berieselungskühler weitergeht. Und für eine Abkühlung um 30 K (von 95°C auf 65°C) genügt eine Verdampfung von 5% der Würze, wie sie bei der großen offenen Oberfläche des Kühlschiffs vergleichsweise rasch, z.B. innerhalb einer Stunde, geschieht.
Gegenstrom-Wärmetauscher
Stand der Technik in der Brauerei ist der Plattenkühler, ein Gegenstrom-Wärmetauscher: Würze und Kühlwasser strömen, nur durch dünne Blechplatten getrennt, in gegensätzlicher Richtung: Das Gegenstromprinzip erlaubt es, dass beide Medien ihre Temperaturen bis auf eine geringe, zur Temperaturübertragung nötige Differenz weitgehend „austauschen“, anstatt sie im Gleichstromprinzip nur einander anzunähern.
Nachdem eigentlich für Solarthermie-Anlagen gedachte Platten-Wärmetauscher in sehr kompakter Fischdosen-Form und aus unkritischen Materialien (Edelstahl mit Kupfer verlötet) leicht erhältlich sind, liegt deren Anwendung nahe. Das funktioniert (zunächst) auch sehr gut: Die Würze kann beim Ausschlagen durch Schwerkraft durch den Kühler laufen, während in Gegenrichtung kaltes Leitungswasser strömt. Damit erledigt sich das Kühlen während des Ausschlagens ohne weiteren Zeitaufwand. Die sich einstellende Temperatur kann durch Drosseln des Kühlwasser- und Würzestroms reguliert werden.
Das Problem ist bloß, dass sich diese fest verlöteten Fischdosen im Gegensatz zu deren Pendant aus der großen Brauerei nicht zur Reinigung zerlegen lassen. Aber auch wenn man den Kühler nach Verwendung mit heißem Wasser gegenspült, sie mit heißer Lauge einweicht oder mit Alkohol gefüllt lagert: Der bei der Abkühlung ausfallende Heißtrub lagert sich an den großen Oberflächen an und ist ohne Zerlegung nicht mehr vollständig zu beseitigen, erst recht nicht aus den vielen Ecken im Inneren. Wer einmal gesehen hat, welcher Farbe die Lauge annimmt, mit der man einen Plattenkühler einweicht, der schon einige Sude auf dem Buckel hat, wird nachdenklich.
Besser zu reinigen ist die selbstgebaute Variante des Gegenstromkühlers, der aus einem von der Würze durchströmten Kupfer- oder Edelstahlrohr besteht, der von einem Schlauch umgeben ist, in dem in Gegenrichtung das Kühlwasser fließt. Zur Reinigung kann man wie bei einer Schankanlage Schwammkugeln durch das Innenrohr schießen. (Link zu einer Bauanleitung: www.bierbrauerei.net )
Eintauchkühler: Einfach und flexibel
Aber so weit muss man vielleicht nicht einmal gehen: Die zweit-einfachste Variante, vom Über-Nacht-Abkühlen abgesehen, ist der Eintauchkühler. Im einfachsten Fall ein spiralförmig gebogenes Kupfer- oder Edelstahlrohr, durch das das Kühlwasser fließt, und mit dem man die Würze wahlweise in der Pfanne oder im Gärfass (wo dann jeweils der Kühltrub anfällt) abkühlen kann.
So etwas lässt sich gut sauber halten (vor allem wenn es in die Spülmaschine passt) und zur Sicherheit entweder im Nachgusswasser oder während der letzten Minuten des Würzekochens keimarm machen. Die Nachteile bestehen hingegen im hohen Kühlwasserbedarf (sofern man keinen Zugriff auf Zisternen- oder Brunnenwasser hat) und der langen Dauer, die Würze auf niedrige Temperaturen zu bringen, weil sich die Abkühlung immer weiter verlangsamt, je näher sich deren Temperatur asymptotisch der Kühlwassertemperatur bereits angenähert hat.
So ein Eintauchkühler arbeitet natürlich umso besser, je größer seine Oberfläche ist. Man sollte also nicht an der Rohrlänge bzw. Anzahl und Durchmesser der Windungen sparen. Auch sollte er z.B. mittels einer Klammer in der Höhe verstellbar sein, so dass die oberste Windung mit dem Würzespiegel abschließt. Wenn er nämlich zu tief in Bottich hängt, stellt sich eine starke Temperaturschichtung ein, und die oberste, heißeste Würzeschicht würde nicht gekühlt. Aus dem gleichen Grund sollte das Kühlwasser den Kühler idealerweise von oben nach unten durchströmen. Viel wirkungsvoller ist es aber ohnehin, die Rohrschlange während des Abkühlens zu bewegen! Und ganz gegen Ende des Kühlvorgangs ist er ein hervorragendes Werkzeug, die Würze zu belüften, indem man mit ihm einfach in der mittlerweile kalten Würze herumstampft.
Wärmetauscher und Eintauchkühler im Vergleich
Vergleichen wir mal spaßeshalber und rein theoretisch einen idealen Gegenstromkühler und einen idealen Eintauchkühler.
Der Eintauchkühler befinde sich in ideal gerührter Würze, die immer überall die gleiche Temperatur habe, und die Kühlschlange sei lang genug, dass das Kühlwasser beim Austritt genau die momentane Temperatur der Würze habe. Dann kühlt die Würze bei konstantem Kühlwasserstrom in Form einer e‑Funktion ab und nähert sich der Kühlwassertemperatur asymptotisch an, ohne diese jemals zu erreichen.
Beim idealen (sehr langen) Gegenstrom-Wärmetauscher tauschen die Medien bei stationärem Betrieb ihre Temperaturen, und die Würze verlässt von Anfang an den Kühler mit der Kühlwassertemperatur. Daher braucht man (theoretisch) nur so viel Kühlwasser, wie man Würze hat.
Wer sich regelungstechnisch auskennt, wird bemerken, dass die Kurve des Gegenstromkühlers mit der Anfangssteigung des Eintauchkühlers weiterläuft, und dass dieser genau PT1-Verhalten hat: Wenn der Gegenstromkühler 100% des Temperaturhubs zurückgelegt hat, ist der Eintauchkühler noch bei 63% des Hubs, während er nach dem dreifachen Volumen (oder Zeit) 95 % des Hubs zurückgelegt hat. Diese Werte gelten übrigens immer!
Was heißt das jetzt für uns? Je wärmer das Kühlwasser ist, oder je dichter man an die Kühlwassertemperatur herankommen möchte, desto deutlicher ist der Eintauchkühler im Nachteil. Damit also in einem Rutsch bis auf Anstelltemperatur für untergärige Biere herunterzukühlen wird sehr schwierig, sofern man kein Eiswasser zu Verfügung hat. Was uns direkt zum nächsten Punkt überleitet:
Das schwerste Geschütz: Schmelzwärme
Gerade für untergäriges Bier wird man sich also noch etwas anderes einfallen lassen müssen, wenn man nicht den Gärbottich noch stundenlang in die damit überforderte Tiefkühltruhe stellen und mit einem Ventilator anblasen möchte.
Wie bereits oben beim Kühlschiff deutlich wurde, steckt im Phasenübergang, also Verdunsten und Schmelzen von Wasser, extrem viel Energie: Um 1 kg Wasser um 1 Kelvin zu erwärmen benötigt man 4,2 kJ Energie, um ein 1 kg Eis zu schmelzen jedoch 333 kJ, und um 1 kg Wasser zu verdampfen sogar 2257 kJ.
Daraus kann man sich leicht ausrechnen, dass die Schmelzwärme von gerade einmal 2 kg Eis ausreicht, um 20 l Würze von 20°C (dahin kommt man mit Eintauch- oder Gegenstromkühlern und Leitungswasser noch einigermaßen leicht) auf 12°C abzukühlen. Wenn man ganz genau rechnet, dass man das Eis ja zunächst von ‑18°C Tiefkühltemperatur auf 0°C erwärmen und anschließend das Schmelzwasser auch noch von 0°C auf 12°C erwärmen muss, reichen dafür sogar nur 1,5 kg Eis! (Link zu einem Online- Rechner für solche Vorgänge: www.onlineconversion.com )
Man könnte also einfach Kühlakkus oder eingefrorene PET-Wasserfalschen in die Würze werfen, wobei man freilich auf Keimarmut und Lebensmittelechtheit der Oberfläche achten sollte. Oder aber man wirft Eiswürfel direkt in die Würze. In letzterem Fall verdünnt sich die Würze durch das Schmelzwasser, man sollte das vorher also eingerechnet haben. Und das Eis selber muss dazu keimfrei hergestellt und gelagert worden sein, was nicht ganz einfach zu gewährleisten ist.
Man kann aber die Schmelzwärme von Eis auch indirekt nutzen: Zum Beispiel die Würze mit einem gewöhnlichen Eintauchkühler zunächst einmal mit Leitungswasser auf 20°C herunterzukühlen, und den Kühler dann auf Kreislaufbetrieb mit einem Eisspeicher umzustöpseln:
Das Eiswasser wird mit einer Pumpe aus einem zweiten Bottich, in dem die passende Menge Eiswürfel in kaltem Wasser schwimmt, unten abgezogen, durch die Kühlspirale gepumpt und von oben wieder auf die Eiswürfen aufgesprüht, wo es diese schmilzt und dadurch wieder abkühlt. Sind die Eiswürfel verschwunden, ist die Würze auf Anstelltemperatur, denn die Schmelzwärme kann nur aus der Würze kommen! Wie oben gesagt, reichen 2 kg Eis, um 20 Liter Würze von 20°C auf 12°C abzukühlen.
Jetzt kommt der Trub ins Spiel: Zunächst der Heißtrub
Zumindest bei untergärigem Bier wird man sich also Gedanken um ein mehrstufiges Kühlverfahren machen müssen. Und je nachdem, welche Phase der Abkühlung noch in der Pfanne, womöglich in einem Zwischenbehälter oder bereits im Gärbottich geschieht, lassen sich daraus unüberschaubar viele Kombinationen erzeugen, erst recht, wenn man unterschiedliche Arten der Trubabscheidung und Würzefiltration mit einbaut.
Heißtrub kennt jeder: Das ist alles, was nach Koch-Ende in der Würze herumschwimmt, also hauptsächlich Hopfenreste und Eiweißgerinnsel. Beim Heißtrub ist man sich einig, dass er so weit als möglich aus der Würze entfernt gehört, was aufgrund seiner vergleichsweise großen Partikelgröße auch ohne größere Probleme möglich ist.
Im klassischen Kühlschiff geschieht dies durch Absitzen, in modernen Brauereien im Whirlpool: Die heiße Würze wird tangential in einen Whirlpoolbottich eingepumpt, wo sich unter dem Einfluss von Flieh- und Schwerkraft eine Donut-förmige Sekundärströmung ausbildet, die bewirkt, das sich der Trub als Häufchen genau in der Mitte des Behälterbodens absetzt (man kann das in einer Teetasse mit den Teeblättern leicht ausprobieren). Die klare Würze wird anschließend vom Rand des Behälters abgezogen.
Geheimnisse des Whirlpools
Dieses Verfahren kann man als Hobbybrauer relativ einfach in der Pfanne nachahmen, wenn man ein paar Dinge beachtet:
- Die Pfanne sollte kreisrund sein, absolut eben stehen und keinerlei störende Einbauten aufweisen.
- Der Whirlpool funktioniert nur heiß, also vor dem Kühlen der Würze!
- Nach dem Koch-Ende ein paar Minuten mit geschlossenem Deckel warten, bis die Wärmekonvektion aufgehört hat.
- Dann mit dem Maischholz oder der Messlatte (ein Löffelblatt stört eher, weil die Strömung zu ungleichmäßig wird) die Würze behutsam in Drehung versetzen. Hier liegt der häufigste Fehler: Nicht wie besessen bis zum rauschenden Mahlstrom rühren, weil dadurch die bereits gebildeten Eiweißflocken wieder zerrissen würden. Es genügt, dass die Würze kreist und sich an der Oberfläche eine leichte Vertiefung bildet.
- Bei wieder geschlossenem Deckel etwa eine Viertelstunde warten, bis die Würze ausgekreiselt ist.
- Die Würze behutsam vom Rand abziehen.
Dazu sollte die Pfanne einen Auslauf am Rand haben, der möglichst dicht über dem Boden liegt. Man kann sich aber auch problemlos mit einem spazierstockförmig-gebogenen Rohr nach dem Saugheberprinzip behelfen: Das Rohr wird nach dem Auskreiseln der Würze ganz vorsichtig versenkt und mit einem wassergefüllte Schlauch verbunden, der mit Schlauchklemmen verschlossen ist. Sobald die Klemmen geöffnet werden, läuft die Würze, sofern sich das Schlauchende tiefer als die Pfanne befindet.
Gegen Ende des Abziehens wird man den Trubkegel am Boden des Bottichs erkennen können. Bloß bleibt dieser leider nicht wie starr wie ein Vulkankegel stehen, sondern läuft, sobald er aus der Würze herauszuschauen beginnt, zu einem breiten Pudding auseinander. Dennoch schafft man es mit etwas Übung meist, fast die gesamte klare Würze abzuziehen, bevor Heißtrub mitkommt und man den Vorgang beendet. Mitgerissener Trub stört umso weniger, wenn man die Würze ohnehin zur Sicherheit durch einen Nadelfilz- oder Monofilament-Filterbeutel laufen lässt. Bei einem gut funktionierenden Whirlpool kann man auf den Filterbeutel (und dessen notwendige Pflege um ihn keimarm zu halten) unter Umständen sogar ganz verzichten.
Kühltrub: Ist es den Aufwand wert?
Der Kühltrub tritt hingegen erst mit dem Abkühlen der Würze in Erscheinung: Er besteht hauptsächlich aus Eiweiß-Gerbstoff-Verbindungen, die in der Hitze noch löslich waren, nun aber unterhalb von 60°C ausfallen und die Würze eintrüben. Er besitzt eine sehr geringe Partikelgröße von nur 0,5 bis 1 Mikrometer und kann daher mit den bei Hobbybrauern üblichen Filterbeuteln (üblich sind z.B. Monofilamentfilter von 150 Mikrometer Maschenweite) nicht abgetrennt werden. Was sich nach einem Durchlaufkühler im Filterbeitel findet, dürfte verschleppter Heißtrub sein, aber kein Kühltrub!
Aufgrund der geringen Größe sedimentiert er aber gemäß der Stokesschen Gleichung nur extrem langsam. Große Brauereien können den Kühltrub durch Anschwemmfiltration, durch Zentrifugieren oder durch Flotation (der Trub wird mit eingesprudelten Luftbläschen aufgetrieben) abtrennen, was alles im Hobbymaßstab nur schwer praktikabel ist. Aber während sich die Literatur einig ist, dass der Heißtrub abgetrennt gehört, ist dies beim Kühltrub nicht so eindeutig: Einerseits lagert sich der Kühltrub gerne an andere Oberflächen an (die Luftbläschen bei der Flotation, aber eben auch an die Hefezellen), so dass die Hefe verschmieren kann. Das kann im Extremfall die Gärung behindern oder eine Erntehefe zur direkten Wiederverwendung ungeeignet machen. Andererseits liefert der Kühltrub Nährstoffe für die Hefe (vor allem ungesättigte Fettsäuren) und ist damit – zumindest in gewissem Maß – gärfördernd und geschmacklich zumindest nicht nachteilig.
Als Hobbybrauer werden wir den Kühltrub höchstens ein wenig reduzieren können (dazu unten mehr). Ob dies möglich und angebracht ist, mag jeder selber entscheiden.
Wie passt das alles nun zusammen?
Aus den sich ergebenden unzähligen Kombinationsmöglichkeiten, wann, wie und womit gekühlt und der Trub abgetrennt wird, bzw. was zuerst geschieht, scheinen sich im Großen und Ganzen zwei hauptsächliche Stilrichtungen herausgebildet zu haben. Als zusätzliche Variable spielt da auch noch eine eventuelle Whirlpoolhopfung mit herein, also ein Hopfengabe nach Ende des Kochens. Geschieht dies unmittelbar nach Koch-Ende, sollte die Nachisomerisierungszeit einigermaßen bekannt und reproduzierbar sein, um die zusätzliche Bitterung abschätzen zu können. Wenn die Whirlpoolhopfung hingegen erst erfolgt, wenn die Würze ca. 80°C unterschritten hat, findet keine Nachisomerisierung mehr statt.
Variante 1: Heiß ausschlagen
Dies ist das eher als klassisch zu bezeichnende Verfahren: Nach beendetem Kochen und ggf. einer Whirlpoolhopfung wird ein Whirlpool angedreht und die Würze anschließend, noch heiß, ausgeschlagen. Die Kühlung kann entweder auf dem Weg ins Gärfass in einem Gegenstromkühler oder erst im Gärfass durch einen Eintauchkühler erfolgen. Ein Filterbeutel kann eventuelle Heißtrubreste zurückhalten, was bei funktionierendem Whirlpool aber nicht einmal nötig ist. Eine kalte Filterung nach einem Gegenstromkühler wäre jedenfalls hygienisch kritischer als eine heiße Filterung, wenn erst im Gärfass mit der Eintauchschlange gekühlt wird. In beiden Fällen landet der Kühltrub mit im Gärfass, entweder ist er zu klein für den Filterbeutel, oder aber er entsteht erst im Gärfass. Ob dies nachteilig ist, wird ohnehin unterschiedlich beurteilt. Wird erst im Gärfass gekühlt, sollte die Würze bis dorthin nicht plätschern, um Oxidation zu vermeiden.
Variante 2: Kalt ausschlagen
Hier wird die Würze nach Koch-Ende noch in der Kochpfanne mit einem Eintauchkühler heruntergekühlt. Eine „Whirlpoolhopfung“ (auch wenn gar kein Whirlpool mehr stattfindet) kann bei 80°C erfolgen. Danach sollte die Kühlschlange nicht mehr bewegt werden, damit der Heißtrub während des Kühlens sedimentieren und einen Teil des sich an ihn anhaftenden Kühltrubs mit zu Boden nehmen kann. Da man die Schlange nicht bewegen darf, um den Trub nicht wieder aufzuwirbeln, sollte dieser hinreichend groß sein, und auch die erforderliche Kühlwassermenge ist hoch. Ein Whirlpool ist nicht mehr möglich, aber auch nicht nötig, wenn die kalte Würze anschließend über der Sedimentschicht abgezogen und durch einen Filterbeutel ins Gärfass geleitet wird. Diese kalte Filterung stellt wiederum hohe hygienische Anforderungen. Die Belüftung der Anstellwürze kann erfolgen, indem diese kalt ins Gärfass plätschert.
Subjektives Fazit: Weniger ist mehr!
Beide Grundverfahren haben also sowohl Vor- als auch Nachteile. Welches man davon wählt, hat sowohl mit individuellen Vorlieben zu tun, also auch mit der vorhandenen Gerätschaft, als auch mit dem gebrauten Biertyp: Wie ist gemaischt worden (bei Dekoktion etwa fällt weniger Kühltrub an), ist die Würze und ihr Eiweißbruch whirlpoolfähig, wie groß ist eine eventuelle Whirlpoolhopfung, soll die Hefe anschließend geerntet und weitergeführt werden, usw.
Ich selber braue sehr gerne klassische Bierstile, überwiegend mit Dekoktion, und allenfalls mit moderater Whirlpoolhopfung, so dass für mich überhaupt nichts gegen das klassische heiße Ausschlagen spricht. Andererseits habe ich schon sehr viel durchprobiert, sowohl Gegenstrom- als auch Eintauchkühler, und unterschiedlichste Trubfilter, vom Nadelfilz bis zum Monofilamentbeutel und exotischen Dingen wie Edelstahlgeflecht oder dem Tortenring. Am Ende bin ich von allem wieder abgekommen, denn was nicht vorhanden ist, braucht nicht gereinigt oder desinfiziert zu werden und stellt auch kein Infektionsrisiko dar.
Für mich persönlich am einfachsten ist der Whirlpool in der Pfanne, der bei mir so gut funktioniert, dass ich ohne jeden Trubfilter direkt ins Gärfass ausschlagen kann. Dort wird mit einem einfachen, problemlos sauber zu haltenden Eintauchkühler auf Anstelltemperatur gekühlt. Bei obergärigen mit Leitungswasser, bei untergärigen in einem zweiten Schritt mit Eiswasser. Kühltrub hat mich noch nie gestört. Gerade weil es aber unter Hobbybrauern so unterschiedliche Ansichten gibt, bleibt das Thema „Kühlen und Trubabscheiden“ weiterhin interessant.
Mal wieder was zum „Zungeschnalzen” für jeden Hobbybrauer!
Hartmut
Super informativ und so gemacht, dass jeder seinen eigenen Weg finden kann. Toll, danke!