Wür­ze­küh­lung und Trubabscheidung

Wür­ze­küh­lung und Trub­ab­schei­dung: Im Dschun­gel der Möglichkeiten

Vie­le ange­hen­de Hob­by­brau­er wid­men ihr Haupt­au­gen­merk zunächst ein­mal der Her­stel­lung der Wür­ze, also der Aus­rüs­tung und den Ver­fah­ren zum Mai­schen und Läu­tern. Spä­ter erkennt man dann, dass die Gär­füh­rung fast noch grö­ße­re Aus­wir­kun­gen auf das End­pro­dukt besitzt. Zwi­schen die­sem bei­den The­men­kom­ple­xen, dem Heiß- und dem Kalt­be­reich, befin­det sich jedoch noch ein wei­te­res, von man­chen etwas stief­müt­ter­lich behan­del­tes The­men­ge­biet, näm­lich die Wür­ze­küh­lung und Trub­ab­schei­dung. Das hört sich zunächst ein­mal nicht beson­ders span­nend an. Viel­leicht gera­de des­we­gen gibt es wohl weni­ge Pro­zess­schrit­te im Hob­by­brau­we­sen, die so voll­kom­men unein­heit­lich gehand­habt wer­den, und wo unter­schied­lichs­te Erfah­run­gen, Ver­fah­ren und Vor­lie­ben fast schon unver­söhn­lich aufeinanderprallen.

Wozu über­haupt kühlen?

Natür­lich muss nach dem Hop­fen­ko­chen die Wür­ze zwangs­läu­fig erst auf Anstell­tem­pe­ra­tur gebracht wer­den, bevor die Hefe zuge­ge­ben wer­den kann. Hier soll es bewusst nicht um die Wahl der Anstell­tem­pe­ra­tur gehen – das ist ein The­ma für sich – aber bei ober­gä­ri­gen Bie­ren wird das meist irgend­wo um die 16–20°C, bei unter­gä­ri­gen Bie­ren bei 8–12°C lie­gen. Der Über­gang von Heiß- auf Kalt­be­reich beim Abküh­len ist vor allem aus hygie­ni­scher Sicht ein ganz ent­schei­den­der: War zuvor im Hei­ßen noch kei­ne über­trie­be­ne Hygie­ne erfor­der­lich, so müs­sen im Kal­ten alle Gerät­schaf­ten, die mit der Wür­ze in Kon­takt kom­men, pein­lich sau­ber und des­in­fi­ziert sein.

Schlim­mer aber noch: Irgend­wann pas­siert die abküh­len­de Wür­ze den Tem­pe­ra­tur­be­reich zwi­schen 40 und 30°C, und dort füh­len sich, wie vie­le Lebe­we­sen, auch alle mög­li­chen Bier­schäd­lin­ge beson­ders wohl und ver­meh­ren sich präch­tig. Da wir Hob­by­brau­er nicht ste­ril, son­dern bes­ten­falls keim­arm arbei­ten kön­nen, soll­te es in unse­rem Inter­es­se lie­gen, die­sen kri­ti­schen Tem­pe­ra­tur­be­reich mög­lichst schnell zu durch­lau­fen, um den „bad guys“ mög­lichst wenig Gele­gen­heit zur Ver­meh­rung zu geben, bevor wir mög­lichst bald die „good guys“ – die Hefe – ins Ren­nen schi­cken kön­nen. Es gibt aber nicht nur die­sen Grund, die Wür­ze mög­lichst schnell und defi­niert abzu­küh­len. Ins­ge­samt bestehen die Grün­de in der:

  • Begren­zung der Ver­meh­rungs­mög­lich­keit für Bierschädlinge
  • Begren­zung der Zufär­bung der Würze
  • Begren­zung der Nach­iso­me­ri­sie­rungs­zeit des Hopfens
    (was ins­be­son­de­re spä­te Hop­fen­ga­ben bes­ser bere­chen­bar macht)
  • Begren­zung der Nach­bil­dung des DMS-Precursors.

Der ein­fachs­te Weg: Über-Nacht-Abkühlen

Trotz die­ser guten Grün­de fan­gen die aller­meis­ten Ein­stei­ger erst ein­mal mit dem soge­nann­ten Über-​Nacht-​Abkühlen an, braucht man dazu doch kei­ner­lei zusätz­li­che Aus­rüs­tung: Man schlaucht die hei­ße Wür­ze ein­fach in den Gär­bot­tich und lässt sie dar­in etli­che Stun­den – also nach einem „Brau­tag“ meis­tens die fol­gen­de Nacht – ver­schlos­sen „von sel­ber“ abküh­len, genau­ge­nom­men durch Wär­me­über­gang an die Umge­bungs­luft. Meis­tens kann man dann am nächs­ten Mor­gen zumin­dest mit ober­gä­ri­ger Hefe anstellen.

Das ist wie gesagt ide­al ein­fach und mini­ma­lis­tisch und hat zudem den Vor­teil, dass das „Gär­fass“ durch die hei­ße Wür­ze gleich ther­misch des­in­fi­ziert wird. Frei­lich sind die Nach­tei­le nicht ganz vernachlässigbar:

  • Die Ver­weil­zeit im beson­ders kri­ti­schen Tem­pe­ra­tur­be­reich zwi­schen 40 und 30°C ist sehr lang, so dass Ter­mo­bak­te­ri­en, die das Wür­ze­ko­chen über­lebt haben, bes­te Ver­meh­rungs­be­din­gun­gen vorfinden.
  • Nach­iso­me­ri­sie­rung, Zufär­bung und DMS-​Nachbildung sind hoch und kaum kalkulierbar.
  • Der gesam­te Kühl­trub ver­bleibt im Gär­fass, doch dazu spä­ter mehr.

Zudem zieht sich die abküh­len­de Wür­ze und Luft dar­über zusam­men, und vor allem der Dampf im Kopf­raum kon­den­siert. Also muss man der Außen­luft Zutritt gestat­ten, will man am nächs­ten Mor­gen kein unschön ein­ge­dell­tes Gär­fass vor­fin­den. Damit macht man aber den Vor­teil des durch die Hit­ze keim­ar­men Bot­tichs wie­der zunich­te, was gera­de auf­grund der lan­gen Ver­weil­zeit bei lau­war­men Tem­pe­ra­tu­ren unschön ist, auch wenn sich vie­le mit einem etha­nol­ge­tränk­ten Wat­te­bausch im Luft­loch des Deckels als Tür­ste­her behelfen.

Beson­ders frag­wür­dig erscheint jedoch die kaum kal­ku­lier­ba­re Abkühl­dau­er, die neben der Wür­ze­men­ge auch von der Außen­tem­pe­ra­tur und herr­schen­den Luft­strö­mung abhän­gig ist. Mag sein, dass das Abküh­len auf der Ter­ras­se am schnells­ten geht, vor allem bei Käl­te und Wind, ande­rer­seits ist dort auch die Keim­be­las­tung womög­lich am höchs­ten. Und wäh­rend z.B. ein 10 l‑Sud inner­halb weni­ger Stun­den abkühlt, wird ein 20 l‑Sud schon eine gan­ze Nacht brau­chen, und bei 40 oder 50 l sind wahr­schein­lich schon die Gren­zen die­ses Ver­fah­rens erreicht. Neben­be­mer­kung: Gar kei­ne gute Idee ist es, das Gär­fass im Win­ter im Schnee ein­zu­schau­feln: Dort schmilzt es sich inner­halb kür­zes­ter Zeit einen bes­tens iso­lie­ren­den Luft­spalt, so dass man es am nächs­ten Mor­gen noch heiß aus sei­nem Iglu wie­der aus­gra­ben kann.

Ist das Kühl­schiff nicht das gleiche?

Aber mach­ten die „gro­ßen“ Braue­rei­en mit ihren klas­si­schen Kühl­schif­fen nicht das Glei­che? Ent­schie­de­ne Ant­wort: Nein, mach­ten sie nicht! Auf den ers­ten Blick mag zwar der über-​Nacht-​abkühlende Bot­tich wie mit der Plätz­chen­form aus dem Kühl­schiff aus­ge­sto­chen wir­ken, aber der Mecha­nis­mus ist ein ganz ande­rer: Wäh­rend das Gär­fass aus Grün­den der Keim­ar­mut geschlos­sen abkühlt und die Wär­me über Kon­vek­ti­on an die Umge­bung über­trägt, fin­det auf dem Kühl­schiff der Wärm­ent­zug haupt­säch­lich durch Ver­duns­tung statt. Und wäh­rend die Wür­ze im offe­nen Kühl­schiff bes­tens „aus­stin­ken“, also uner­wünsch­te Stof­fe wie DMS abdamp­fen kann, ist das im geschlos­se­nen Gär­fass unmöglich.

Außer­dem ver­bleibt die Wür­ze nicht bis Anstell­tem­pe­ra­tur im Kühl­schiff, son­dern typi­scher­wei­se nur bis (je nach Jah­res­zeit) bspw. 60 oder 70°C, bevor es im Berie­se­lungs­küh­ler wei­ter­geht. Und für eine Abküh­lung um 30 K (von 95°C auf 65°C) genügt eine Ver­damp­fung von 5% der Wür­ze, wie sie bei der gro­ßen offe­nen Ober­flä­che des Kühl­schiffs ver­gleichs­wei­se rasch, z.B. inner­halb einer Stun­de, geschieht.

Gegenstrom-​Wärmetauscher

Stand der Tech­nik in der Braue­rei ist der Plat­ten­küh­ler, ein Gegenstrom-​Wärmetauscher: Wür­ze und Kühl­was­ser strö­men, nur durch dün­ne Blech­plat­ten getrennt, in gegen­sätz­li­cher Rich­tung: Das Gegen­strom­prin­zip erlaubt es, dass bei­de Medi­en ihre Tem­pe­ra­tu­ren bis auf eine gerin­ge, zur Tem­pe­ra­tur­über­tra­gung nöti­ge Dif­fe­renz weit­ge­hend „aus­tau­schen“, anstatt sie im Gleich­strom­prin­zip nur ein­an­der anzunähern.

Abb. 1: Beim Gleichstrom-Wärmetauscher nähern sich die Temperaturen beider Medien in deren Mitte an

Abb. 2: Im Gegenstromverfahren kühlt die Würze fast bis auf Kühlwasser-Eintrittstemperatur ab

Nach­dem eigent­lich für Solarthermie-​Anlagen gedach­te Platten-​Wärmetauscher in sehr kom­pak­ter Fischdosen-​Form und aus unkri­ti­schen Mate­ria­li­en (Edel­stahl mit Kup­fer ver­lö­tet) leicht erhält­lich sind, liegt deren Anwen­dung nahe. Das funk­tio­niert (zunächst) auch sehr gut: Die Wür­ze kann beim Aus­schla­gen durch Schwer­kraft durch den Küh­ler lau­fen, wäh­rend in Gegen­rich­tung kal­tes Lei­tungs­was­ser strömt. Damit erle­digt sich das Küh­len wäh­rend des Aus­schla­gens ohne wei­te­ren Zeit­auf­wand. Die sich ein­stel­len­de Tem­pe­ra­tur kann durch Dros­seln des Kühlwasser- und Wür­ze­stroms regu­liert werden.

Das Pro­blem ist bloß, dass sich die­se fest ver­lö­te­ten Fisch­do­sen im Gegen­satz zu deren Pen­dant aus der gro­ßen Braue­rei nicht zur Rei­ni­gung zer­le­gen las­sen. Aber auch wenn man den Küh­ler nach Ver­wen­dung mit hei­ßem Was­ser gegen­spült, sie mit hei­ßer Lau­ge ein­weicht oder mit Alko­hol gefüllt lagert: Der bei der Abküh­lung aus­fal­len­de Heiß­trub lagert sich an den gro­ßen Ober­flä­chen an und ist ohne Zer­le­gung nicht mehr voll­stän­dig zu besei­ti­gen, erst recht nicht aus den vie­len Ecken im Inne­ren. Wer ein­mal gese­hen hat, wel­cher Far­be die Lau­ge annimmt, mit der man einen Plat­ten­küh­ler ein­weicht, der schon eini­ge Sude auf dem Buckel hat, wird nachdenklich.

Bes­ser zu rei­ni­gen ist die selbst­ge­bau­te Vari­an­te des Gegen­strom­küh­lers, der aus einem von der Wür­ze durch­ström­ten Kupfer- oder Edel­stahl­rohr besteht, der von einem Schlauch umge­ben ist, in dem in Gegen­rich­tung das Kühl­was­ser fließt. Zur Rei­ni­gung kann man wie bei einer Schank­an­la­ge Schwamm­ku­geln durch das Innen­rohr schie­ßen. (Link zu einer Bau­an­lei­tung: www.bierbrauerei.net )

Abb. 5: 5 Selbstgebauter Gegenstromkühler aus einer umströmten Rohrschlange (Quelle: Dirk Hetkamp)

Ein­tauch­küh­ler: Ein­fach und flexibel

Aber so weit muss man viel­leicht nicht ein­mal gehen: Die zweit-​einfachste Vari­an­te, vom Über-​Nacht-​Abkühlen abge­se­hen, ist der Ein­tauch­küh­ler. Im ein­fachs­ten Fall ein spi­ral­för­mig gebo­ge­nes Kupfer- oder Edel­stahl­rohr, durch das das Kühl­was­ser fließt, und mit dem man die Wür­ze wahl­wei­se in der Pfan­ne oder im Gär­fass (wo dann jeweils der Kühl­trub anfällt) abküh­len kann.

Abb. 6: Ein einfacher, aus Kupferrohr gewickelter Eintauchkühler

So etwas lässt sich gut sau­ber hal­ten (vor allem wenn es in die Spül­ma­schi­ne passt) und zur Sicher­heit ent­we­der im Nach­guss­was­ser oder wäh­rend der letz­ten Minu­ten des Wür­ze­ko­chens keim­arm machen. Die Nach­tei­le bestehen hin­ge­gen im hohen Kühl­was­ser­be­darf (sofern man kei­nen Zugriff auf Zisternen- oder Brun­nen­was­ser hat) und der lan­gen Dau­er, die Wür­ze auf nied­ri­ge Tem­pe­ra­tu­ren zu brin­gen, weil sich die Abküh­lung immer wei­ter ver­lang­samt, je näher sich deren Tem­pe­ra­tur asym­pto­tisch der Kühl­was­ser­tem­pe­ra­tur bereits ange­nä­hert hat.

So ein Ein­tauch­küh­ler arbei­tet natür­lich umso bes­ser, je grö­ßer sei­ne Ober­flä­che ist. Man soll­te also nicht an der Rohr­län­ge bzw. Anzahl und Durch­mes­ser der Win­dun­gen spa­ren. Auch soll­te er z.B. mit­tels einer Klam­mer in der Höhe ver­stell­bar sein, so dass die obers­te Win­dung mit dem Wür­ze­spie­gel abschließt. Wenn er näm­lich zu tief in Bot­tich hängt, stellt sich eine star­ke Tem­pe­ra­tur­schich­tung ein, und die obers­te, hei­ßes­te Wür­ze­schicht wür­de nicht gekühlt. Aus dem glei­chen Grund soll­te das Kühl­was­ser den Küh­ler idea­ler­wei­se von oben nach unten durch­strö­men. Viel wir­kungs­vol­ler ist es aber ohne­hin, die Rohr­schlan­ge wäh­rend des Abküh­lens zu bewe­gen! Und ganz gegen Ende des Kühl­vor­gangs ist er ein her­vor­ra­gen­des Werk­zeug, die Wür­ze zu belüf­ten, indem man mit ihm ein­fach in der mitt­ler­wei­le kal­ten Wür­ze herumstampft.

Wär­me­tau­scher und Ein­tauch­küh­ler im Vergleich

Ver­glei­chen wir mal spa­ßes­hal­ber und rein theo­re­tisch einen idea­len Gegen­strom­küh­ler und einen idea­len Eintauchkühler.

Der Ein­tauch­küh­ler befin­de sich in ide­al gerühr­ter Wür­ze, die immer über­all die glei­che Tem­pe­ra­tur habe, und die Kühl­schlan­ge sei lang genug, dass das Kühl­was­ser beim Aus­tritt genau die momen­ta­ne Tem­pe­ra­tur der Wür­ze habe. Dann kühlt die Wür­ze bei kon­stan­tem Kühl­was­ser­strom in Form einer e‑Funktion ab und nähert sich der Kühl­was­ser­tem­pe­ra­tur asym­pto­tisch an, ohne die­se jemals zu erreichen.

Abb. 7: Theoretischer Vergleich von Gegenstrom- und Eintauchkühler

Beim idea­len (sehr lan­gen) Gegenstrom-​Wärmetauscher tau­schen die Medi­en bei sta­tio­nä­rem Betrieb ihre Tem­pe­ra­tu­ren, und die Wür­ze ver­lässt von Anfang an den Küh­ler mit der Kühl­was­ser­tem­pe­ra­tur. Daher braucht man (theo­re­tisch) nur so viel Kühl­was­ser, wie man Wür­ze hat.

Wer sich rege­lungs­tech­nisch aus­kennt, wird bemer­ken, dass die Kur­ve des Gegen­strom­küh­lers mit der Anfangs­stei­gung des Ein­tauch­küh­lers wei­ter­läuft, und dass die­ser genau PT1-​Verhalten hat: Wenn der Gegen­strom­küh­ler 100% des Tem­pe­ra­tur­hubs zurück­ge­legt hat, ist der Ein­tauch­küh­ler noch bei 63% des Hubs, wäh­rend er nach dem drei­fa­chen Volu­men (oder Zeit) 95 % des Hubs zurück­ge­legt hat. Die­se Wer­te gel­ten übri­gens immer!

Was heißt das jetzt für uns? Je wär­mer das Kühl­was­ser ist, oder je dich­ter man an die Kühl­was­ser­tem­pe­ra­tur her­an­kom­men möch­te, des­to deut­li­cher ist der Ein­tauch­küh­ler im Nach­teil. Damit also in einem Rutsch bis auf Anstell­tem­pe­ra­tur für unter­gä­ri­ge Bie­re her­un­ter­zu­küh­len wird sehr schwie­rig, sofern man kein Eis­was­ser zu Ver­fü­gung hat. Was uns direkt zum nächs­ten Punkt überleitet:

Das schwers­te Geschütz: Schmelzwärme

Gera­de für unter­gä­ri­ges Bier wird man sich also noch etwas ande­res ein­fal­len las­sen müs­sen, wenn man nicht den Gär­bot­tich noch stun­den­lang in die damit über­for­der­te Tief­kühl­tru­he stel­len und mit einem Ven­ti­la­tor anbla­sen möchte.

Wie bereits oben beim Kühl­schiff deut­lich wur­de, steckt im Pha­sen­über­gang, also Ver­duns­ten und Schmel­zen von Was­ser, extrem viel Ener­gie: Um 1 kg Was­ser um 1 Kel­vin zu erwär­men benö­tigt man 4,2 kJ Ener­gie, um ein 1 kg Eis zu schmel­zen jedoch 333 kJ, und um 1 kg Was­ser zu ver­damp­fen sogar 2257 kJ.

Dar­aus kann man sich leicht aus­rech­nen, dass die Schmelz­wär­me von gera­de ein­mal 2 kg Eis aus­reicht, um 20 l Wür­ze von 20°C (dahin kommt man mit Eintauch- oder Gegen­strom­küh­lern und Lei­tungs­was­ser noch eini­ger­ma­ßen leicht) auf 12°C abzu­küh­len. Wenn man ganz genau rech­net, dass man das Eis ja zunächst von ‑18°C Tief­kühl­tem­pe­ra­tur auf 0°C erwär­men und anschlie­ßend das Schmelz­was­ser auch noch von 0°C auf 12°C erwär­men muss, rei­chen dafür sogar nur 1,5 kg Eis! (Link zu einem Online- Rech­ner für sol­che Vor­gän­ge: www.onlineconversion.com )

Man könn­te also ein­fach Kühl­ak­kus oder ein­ge­fro­re­ne PET-​Wasserfalschen in die Wür­ze wer­fen, wobei man frei­lich auf Keim­ar­mut und Lebens­mit­tel­echt­heit der Ober­flä­che ach­ten soll­te. Oder aber man wirft Eis­wür­fel direkt in die Wür­ze. In letz­te­rem Fall ver­dünnt sich die Wür­ze durch das Schmelz­was­ser, man soll­te das vor­her also ein­ge­rech­net haben. Und das Eis sel­ber muss dazu keim­frei her­ge­stellt und gela­gert wor­den sein, was nicht ganz ein­fach zu gewähr­leis­ten ist.

Man kann aber die Schmelz­wär­me von Eis auch indi­rekt nut­zen: Zum Bei­spiel die Wür­ze mit einem gewöhn­li­chen Ein­tauch­küh­ler zunächst ein­mal mit Lei­tungs­was­ser auf 20°C her­un­ter­zu­küh­len, und den Küh­ler dann auf Kreis­lauf­be­trieb mit einem Eis­spei­cher umzustöpseln:

Abb. 8: Prinzipskizze der Kreislaufkühlung mit Eisspeicher

Das Eis­was­ser wird mit einer Pum­pe aus einem zwei­ten Bot­tich, in dem die pas­sen­de Men­ge Eis­wür­fel in kal­tem Was­ser schwimmt, unten abge­zo­gen, durch die Kühl­spi­ra­le gepumpt und von oben wie­der auf die Eis­wür­fen auf­ge­sprüht, wo es die­se schmilzt und dadurch wie­der abkühlt. Sind die Eis­wür­fel ver­schwun­den, ist die Wür­ze auf Anstell­tem­pe­ra­tur, denn die Schmelz­wär­me kann nur aus der Wür­ze kom­men! Wie oben gesagt, rei­chen 2 kg Eis, um 20 Liter Wür­ze von 20°C auf 12°C abzukühlen.

Abb. 9: Das Kühlwasser durchströmt den Eintauchkühler und wird auf das Eis wieder aufgesprüht

Jetzt kommt der Trub ins Spiel: Zunächst der Heißtrub

Zumin­dest bei unter­gä­ri­gem Bier wird man sich also Gedan­ken um ein mehr­stu­fi­ges Kühl­ver­fah­ren machen müs­sen. Und je nach­dem, wel­che Pha­se der Abküh­lung noch in der Pfan­ne, womög­lich in einem Zwi­schen­be­häl­ter oder bereits im Gär­bot­tich geschieht, las­sen sich dar­aus unüber­schau­bar vie­le Kom­bi­na­tio­nen erzeu­gen, erst recht, wenn man unter­schied­li­che Arten der Trub­ab­schei­dung und Wür­ze­fil­tra­ti­on mit einbaut.

Heiß­trub kennt jeder: Das ist alles, was nach Koch-​Ende in der Wür­ze her­um­schwimmt, also haupt­säch­lich Hop­fen­res­te und Eiweiß­ge­rinn­sel. Beim Heiß­trub ist man sich einig, dass er so weit als mög­lich aus der Wür­ze ent­fernt gehört, was auf­grund sei­ner ver­gleichs­wei­se gro­ßen Par­ti­kel­grö­ße auch ohne grö­ße­re Pro­ble­me mög­lich ist.

Abb. 10: Prinzipdarstellung des Whirlpooleffekts (Quelle: Deutscher Brauerbund)

Im klas­si­schen Kühl­schiff geschieht dies durch Absit­zen, in moder­nen Braue­rei­en im Whirl­pool: Die hei­ße Wür­ze wird tan­gen­ti­al in einen Whirl­pool­bot­tich ein­ge­pumpt, wo sich unter dem Ein­fluss von Flieh- und Schwer­kraft eine Donut-​förmige Sekun­där­strö­mung aus­bil­det, die bewirkt, das sich der Trub als Häuf­chen genau in der Mit­te des Behäl­ter­bo­dens absetzt (man kann das in einer Tee­tas­se mit den Tee­blät­tern leicht aus­pro­bie­ren). Die kla­re Wür­ze wird anschlie­ßend vom Rand des Behäl­ters abgezogen.

Geheim­nis­se des Whirlpools

Die­ses Ver­fah­ren kann man als Hob­by­brau­er rela­tiv ein­fach in der Pfan­ne nach­ah­men, wenn man ein paar Din­ge beachtet:

  • Die Pfan­ne soll­te kreis­rund sein, abso­lut eben ste­hen und kei­ner­lei stö­ren­de Ein­bau­ten aufweisen.
  • Der Whirl­pool funk­tio­niert nur heiß, also vor dem Küh­len der Würze!
  • Nach dem Koch-​Ende ein paar Minu­ten mit geschlos­se­nem Deckel war­ten, bis die Wär­me­kon­vek­ti­on auf­ge­hört hat.
  • Dann mit dem Maisch­holz oder der Mess­lat­te (ein Löf­fel­blatt stört eher, weil die Strö­mung zu ungleich­mä­ßig wird) die Wür­ze behut­sam in Dre­hung ver­set­zen. Hier liegt der häu­figs­te Feh­ler: Nicht wie beses­sen bis zum rau­schen­den Mahl­strom rüh­ren, weil dadurch die bereits gebil­de­ten Eiweiß­flo­cken wie­der zer­ris­sen wür­den. Es genügt, dass die Wür­ze kreist und sich an der Ober­flä­che eine leich­te Ver­tie­fung bildet.
  • Bei wie­der geschlos­se­nem Deckel etwa eine Vier­tel­stun­de war­ten, bis die Wür­ze aus­ge­krei­selt ist.
  • Die Wür­ze behut­sam vom Rand abziehen.

Dazu soll­te die Pfan­ne einen Aus­lauf am Rand haben, der mög­lichst dicht über dem Boden liegt. Man kann sich aber auch pro­blem­los mit einem spazierstockförmig-​gebogenen Rohr nach dem Saug­he­ber­prin­zip behel­fen: Das Rohr wird nach dem Aus­krei­seln der Wür­ze ganz vor­sich­tig ver­senkt und mit einem was­ser­ge­füll­te Schlauch ver­bun­den, der mit Schlauch­klem­men ver­schlos­sen ist. Sobald die Klem­men geöff­net wer­den, läuft die Wür­ze, sofern sich das Schlau­chen­de tie­fer als die Pfan­ne befindet.

Abb. 11: Abziehen der Würze durch ein Rohr; der Trubkegel wird sichtbar

Gegen Ende des Abzie­hens wird man den Trub­ke­gel am Boden des Bot­tichs erken­nen kön­nen. Bloß bleibt die­ser lei­der nicht wie starr wie ein Vul­kan­ke­gel ste­hen, son­dern läuft, sobald er aus der Wür­ze her­aus­zu­schau­en beginnt, zu einem brei­ten Pud­ding aus­ein­an­der. Den­noch schafft man es mit etwas Übung meist, fast die gesam­te kla­re Wür­ze abzu­zie­hen, bevor Heiß­trub mit­kommt und man den Vor­gang been­det. Mit­ge­ris­se­ner Trub stört umso weni­ger, wenn man die Wür­ze ohne­hin zur Sicher­heit durch einen Nadelfilz- oder Monofilament-​Filterbeutel lau­fen lässt. Bei einem gut funk­tio­nie­ren­den Whirl­pool kann man auf den Fil­ter­beu­tel (und des­sen not­wen­di­ge Pfle­ge um ihn keim­arm zu hal­ten) unter Umstän­den sogar ganz verzichten.

Kühl­trub: Ist es den Auf­wand wert?

Der Kühl­trub tritt hin­ge­gen erst mit dem Abküh­len der Wür­ze in Erschei­nung: Er besteht haupt­säch­lich aus Eiweiß-​Gerbstoff-​Verbindungen, die in der Hit­ze noch lös­lich waren, nun aber unter­halb von 60°C aus­fal­len und die Wür­ze ein­trü­ben. Er besitzt eine sehr gerin­ge Par­ti­kel­grö­ße von nur 0,5 bis 1 Mikro­me­ter und kann daher mit den bei Hob­by­brau­ern übli­chen Fil­ter­beu­teln (üblich sind z.B. Mono­fi­la­mentfil­ter von 150 Mikro­me­ter Maschen­wei­te) nicht abge­trennt wer­den. Was sich nach einem Durch­lauf­küh­ler im Fil­ter­bei­tel fin­det, dürf­te ver­schlepp­ter Heiß­trub sein, aber kein Kühltrub!

Auf­grund der gerin­gen Grö­ße sedi­men­tiert er aber gemäß der Sto­kes­schen Glei­chung nur extrem lang­sam. Gro­ße Braue­rei­en kön­nen den Kühl­trub durch Anschwemm­fil­tra­ti­on, durch Zen­tri­fu­gie­ren oder durch Flo­ta­ti­on (der Trub wird mit ein­ge­spru­del­ten Luft­bläs­chen auf­ge­trie­ben) abtren­nen, was alles im Hob­by­maß­stab nur schwer prak­ti­ka­bel ist. Aber wäh­rend sich die Lite­ra­tur einig ist, dass der Heiß­trub abge­trennt gehört, ist dies beim Kühl­trub nicht so ein­deu­tig: Einer­seits lagert sich der Kühl­trub ger­ne an ande­re Ober­flä­chen an (die Luft­bläs­chen bei der Flo­ta­ti­on, aber eben auch an die Hefe­zel­len), so dass die Hefe ver­schmie­ren kann. Das kann im Extrem­fall die Gärung behin­dern oder eine Ern­tehe­fe zur direk­ten Wie­der­ver­wen­dung unge­eig­net machen. Ande­rer­seits lie­fert der Kühl­trub Nähr­stof­fe für die Hefe (vor allem unge­sät­tig­te Fett­säu­ren) und ist damit – zumin­dest in gewis­sem Maß – gär­för­dernd und geschmack­lich zumin­dest nicht nachteilig.

Als Hob­by­brau­er wer­den wir den Kühl­trub höchs­tens ein wenig redu­zie­ren kön­nen (dazu unten mehr). Ob dies mög­lich und ange­bracht ist, mag jeder sel­ber entscheiden.

Wie passt das alles nun zusammen?

Aus den sich erge­ben­den unzäh­li­gen Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­kei­ten, wann, wie und womit gekühlt und der Trub abge­trennt wird, bzw. was zuerst geschieht, schei­nen sich im Gro­ßen und Gan­zen zwei haupt­säch­li­che Stil­rich­tun­gen her­aus­ge­bil­det zu haben. Als zusätz­li­che Varia­ble spielt da auch noch eine even­tu­el­le Whirl­pool­hop­fung mit her­ein, also ein Hop­fen­ga­be nach Ende des Kochens. Geschieht dies unmit­tel­bar nach Koch-​Ende, soll­te die Nach­iso­me­ri­sie­rungs­zeit eini­ger­ma­ßen bekannt und repro­du­zier­bar sein, um die zusätz­li­che Bit­te­rung abschät­zen zu kön­nen. Wenn die Whirl­pool­hop­fung hin­ge­gen erst erfolgt, wenn die Wür­ze ca. 80°C unter­schrit­ten hat, fin­det kei­ne Nach­iso­me­ri­sie­rung mehr statt.

Vari­an­te 1: Heiß ausschlagen

Dies ist das eher als klas­sisch zu bezeich­nen­de Ver­fah­ren: Nach been­de­tem Kochen und ggf. einer Whirl­pool­hop­fung wird ein Whirl­pool ange­dreht und die Wür­ze anschlie­ßend, noch heiß, aus­ge­schla­gen. Die Küh­lung kann ent­we­der auf dem Weg ins Gär­fass in einem Gegen­strom­küh­ler oder erst im Gär­fass durch einen Ein­tauch­küh­ler erfol­gen. Ein Fil­ter­beu­tel kann even­tu­el­le Heiß­trub­res­te zurück­hal­ten, was bei funk­tio­nie­ren­dem Whirl­pool aber nicht ein­mal nötig ist. Eine kal­te Fil­te­rung nach einem Gegen­strom­küh­ler wäre jeden­falls hygie­nisch kri­ti­scher als eine hei­ße Fil­te­rung, wenn erst im Gär­fass mit der Ein­tauch­schlan­ge gekühlt wird. In bei­den Fäl­len lan­det der Kühl­trub mit im Gär­fass, ent­we­der ist er zu klein für den Fil­ter­beu­tel, oder aber er ent­steht erst im Gär­fass. Ob dies nach­tei­lig ist, wird ohne­hin unter­schied­lich beur­teilt. Wird erst im Gär­fass gekühlt, soll­te die Wür­ze bis dort­hin nicht plät­schern, um Oxi­da­ti­on zu vermeiden.

Vari­an­te 2: Kalt ausschlagen

Hier wird die Wür­ze nach Koch-​Ende noch in der Koch­pfan­ne mit einem Ein­tauch­küh­ler her­un­ter­ge­kühlt. Eine „Whirl­pool­hop­fung“ (auch wenn gar kein Whirl­pool mehr statt­fin­det) kann bei 80°C erfol­gen. Danach soll­te die Kühl­schlan­ge nicht mehr bewegt wer­den, damit der Heiß­trub wäh­rend des Küh­lens sedi­men­tie­ren und einen Teil des sich an ihn anhaf­ten­den Kühl­trubs mit zu Boden neh­men kann. Da man die Schlan­ge nicht bewe­gen darf, um den Trub nicht wie­der auf­zu­wir­beln, soll­te die­ser hin­rei­chend groß sein, und auch die erfor­der­li­che Kühl­was­ser­men­ge ist hoch. Ein Whirl­pool ist nicht mehr mög­lich, aber auch nicht nötig, wenn die kal­te Wür­ze anschlie­ßend über der Sedi­ment­schicht abge­zo­gen und durch einen Fil­ter­beu­tel ins Gär­fass gelei­tet wird. Die­se kal­te Fil­te­rung stellt wie­der­um hohe hygie­ni­sche Anfor­de­run­gen. Die Belüf­tung der Anstell­wür­ze kann erfol­gen, indem die­se kalt ins Gär­fass plätschert.

Sub­jek­ti­ves Fazit: Weni­ger ist mehr!

Bei­de Grund­ver­fah­ren haben also sowohl Vor- als auch Nach­tei­le. Wel­ches man davon wählt, hat sowohl mit indi­vi­du­el­len Vor­lie­ben zu tun, also auch mit der vor­han­de­nen Gerät­schaft, als auch mit dem gebrau­ten Bier­typ: Wie ist gemaischt wor­den (bei Dekok­ti­on etwa fällt weni­ger Kühl­trub an), ist die Wür­ze und ihr Eiweiß­bruch whirl­pool­fä­hig, wie groß ist eine even­tu­el­le Whirl­pool­hop­fung, soll die Hefe anschlie­ßend geern­tet und wei­ter­ge­führt wer­den, usw.

Ich sel­ber braue sehr ger­ne klas­si­sche Bier­sti­le, über­wie­gend mit Dekok­ti­on, und allen­falls mit mode­ra­ter Whirl­pool­hop­fung, so dass für mich über­haupt nichts gegen das klas­si­sche hei­ße Aus­schla­gen spricht. Ande­rer­seits habe ich schon sehr viel durch­pro­biert, sowohl Gegenstrom- als auch Ein­tauch­küh­ler, und unter­schied­lichs­te Trub­fil­ter, vom Nadel­filz bis zum Mono­fi­la­mentbeu­tel und exo­ti­schen Din­gen wie Edel­stahl­ge­flecht oder dem Tor­ten­ring. Am Ende bin ich von allem wie­der abge­kom­men, denn was nicht vor­han­den ist, braucht nicht gerei­nigt oder des­in­fi­ziert zu wer­den und stellt auch kein Infek­ti­ons­ri­si­ko dar.

Für mich per­sön­lich am ein­fachs­ten ist der Whirl­pool in der Pfan­ne, der bei mir so gut funk­tio­niert, dass ich ohne jeden Trub­fil­ter direkt ins Gär­fass aus­schla­gen kann. Dort wird mit einem ein­fa­chen, pro­blem­los sau­ber zu hal­ten­den Ein­tauch­küh­ler auf Anstell­tem­pe­ra­tur gekühlt. Bei ober­gä­ri­gen mit Lei­tungs­was­ser, bei unter­gä­ri­gen in einem zwei­ten Schritt mit Eis­was­ser. Kühl­trub hat mich noch nie gestört. Gera­de weil es aber unter Hob­by­brau­ern so unter­schied­li­che Ansich­ten gibt, bleibt das The­ma „Küh­len und Trub­ab­schei­den“ wei­ter­hin interessant.

2 Kommentare zu “Wür­ze­küh­lung und Trubabscheidung

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