Pro­jekt Eichelbier

Ein Bei­trag im Dis­co­very Chan­nel über Bier­ge­schich­te hat mir den Anstoß gege­ben, mich ein­mal genau­er mit Eichel­bier zu beschäf­ti­gen. Offen­sicht­lich waren Eicheln schon lan­ge vor Ein­füh­rung des Acker­baus eine Art Grund­nah­rungs­mit­tel, aus dem sich die unter­schied­lichs­ten Lebens­mit­tel her­stel­len lie­ßen, so auch Bier.

In dem Zustand, wie sie vom Baum fal­len, sind Eicheln aller­dings unge­nieß­bar. Nicht nur der bit­te­re Geschmack der Gerb­stof­fe ist unan­ge­nehm, son­dern auch die Ver­dau­ungs­pro­ble­me, Durch­fall und Brech­reiz, die sie bewir­ken kön­nen. Aber der Mensch ist erfin­de­risch, und so hat man unter­schied­li­che Metho­den erson­nen, um die wert­vol­len Inhalts­stof­fe der Eicheln – Stär­ke, Eiweiß und Fett – trotz­dem für die mensch­li­che Ernäh­rung nutz­bar zu machen. Wäs­sern mit mehr­ma­li­gem Aus­tausch des Was­sers, Mäl­zen – also Kei­men und Rös­ten – sowie das teil­wei­se oder voll­stän­di­ge Ver­gä­ren sind geeig­ne­te Metho­den, um die Gerb­stof­fe so weit abzu­bau­en, dass Eicheln für uns genieß­bar wer­den [5].

Ein wenig Recher­che ergab, dass es nicht nur his­to­ri­sche, son­dern auch moder­ne Inter­pre­ta­ti­on die­ses Bier­typs gibt, wie zum Bei­spiel das Spa­ni­sche Eichel­bier der Braue­rei Cer­ve­za Cerex aus Cáce­res in der Extre­ma­du­ra [1]. Lei­der fin­det man dort kei­ner­lei Anga­ben zum Rezept oder der Vor­ge­hens­wei­se bei der Ver­ar­bei­tung der Eicheln.

Spanisches Eichelbier

Bild 1: Spanisches Eichelbier

Auf Anfra­ge teil­te mir aber Alfon­so Val­le­jo von Destila­dos y Cer­ve­z­as de Extre­ma­du­ra mit, dass dort beim „Ibé­ri­ca de Bel­lo­ta” nur etwa vier Pro­zent der Schüt­tung aus Eicheln der Stein­ei­che bestehen. Die Eicheln wer­den leicht ange­rös­tet und wie Malz geschro­tet und gemaischt.

Eini­ge Ansät­ze zum Brau­en eines Eichel­biers hat es vor Jah­ren auch im (alten) Hobbybrauer-​Forum gege­ben [2]. Damals wur­de in einem Mini­s­ud ein Bier mit ca. 800 Gramm fri­schen Eicheln gebraut, die nach dem Kochen, Wäs­sern und Dar­ren gut 200 Gramm Eichel­schrot erga­ben – etwa 1/​3 der Schüt­tung. Der Rest bestand aus Pils­ner Malz. Ein Infu­si­ons­maisch­ver­fah­ren mit Ras­ten bei 53 °C (20 min), 64 °C (40 min) und 73 °C (30 min) ergab eine Wür­ze mit zehn Pro­zent Extrakt­ge­halt. Gebit­tert wur­de mit Per­le auf ca. 13 IBU. Die Stamm­wür­ze betrug 16,6 °P. Ver­go­ren wur­de ober­gä­rig mit Fer­men­tis Saf­brew T‑58 bei ca. 20 °C.

Neben der Trü­be, die aber nicht unbe­dingt dem Eichel­mehl anzu­las­ten sein muss, wur­de damals ein gewis­ser Kork­ge­schmack bemän­gelt, der, obwohl die Eicheln aus­gie­big gewäs­sert wur­den, ver­mut­lich von den Gerb­stof­fen der Eicheln her­rührt. Dem soll man durch Ver­mäl­zen der Eicheln ent­ge­gen­wir­ken kön­nen. Carl Chris­ti­an Adolph Neu­en­hahn beschreibt das Ver­mäl­zen der Eicheln zum Zweck der Tierfütterung:

Die Eicheln zu Mäl­zen erfor­dert kei­ne Kunst, es ist die nem­li­che wie die beym Getrei­de. Man weicht die Eicheln ent­we­der im Was­ser ein oder man besprengt sie täg­lich so lan­ge bis daß der Keim anfängt her­vor zu trei­ben oder nahe dar­an ist. Dann schüt­tet man sie auf einen Hau­fen, deckt ihn zu, damit der Keim lang her­vor­schie­ßen kann. Nun brei­tet man sie dün­ne aus ein­an­der damit der Keim nicht all­zu lang wach­se […] Auch in einer Erd­gru­be kann man die Eicheln zum Aus­kei­men brin­gen, wo sie von der Feuch­tig­keit der Erde aus­trei­ben. Eben so auch in einem feuch­ten Kel­ler, zumal wenn im Win­ter der Frost in sol­chen nicht ein­drin­gen kann. [3]

Zum Brau­en müss­te sich dann noch Dar­ren, even­tu­ell Rös­ten und Schro­ten anschlie­ßen. Inwie­weit die Eicheln wirk­lich keim­fä­hig sind, muss ein Ver­such erge­ben. In jedem Fall benö­ti­gen die Eicheln eine Samen­ru­he (Stra­ti­fi­ka­ti­on [4]) bei Käl­te, damit sie zuver­läs­sig kei­men. Dazu müs­sen die Eicheln meh­re­re Wochen kalt gela­gert werden.

Schwimmtest

Bild 2: Schwimmtest

Das Expe­ri­ment beginnt mit dem Sam­meln der Eicheln. Anfang Okto­ber fuhr ich dazu ins etwa 100 Kilo­me­ter öst­lich von Ber­lin gele­ge­ne Schlau­be­tal, das für sei­ne Eichen­wäl­der bekannt ist. So dicht wie gedacht waren die Eicheln aber zumin­dest auf der Stre­cke zwi­schen Brems­dor­fer Müh­le und Sieh­di­chum nicht gesät. Nur ab und zu fin­det man eini­ge der statt­li­chen Bäu­me. Der Ter­min war zudem offen­sicht­lich etwas zu spät, denn die Wild­schwei­ne hat­ten sich schon reich­lich bedient.

Schon beim Sam­meln kann man min­des­tens jede zwei­te Eichel aus­sor­tie­ren, wenn sie nicht mehr fest ist. Gibt sie beim Druck zwi­schen den Fin­gern nach, ist sie bereits ver­fault oder von Wür­mern befal­len und soll­te nicht gesam­melt wer­den. Daheim bringt der Schwimm­test dann Gewiss­heit: Die Eicheln wer­den in einen Eimer mit Was­ser geschüt­tet (Bild 2). Alles, was dann oben schwimmt, kann eben­so aus­ge­son­dert wer­den. Das betraf noch­mals etwa die hal­be Ernte.

Eichelbohrer

Bild 3: Larven des Eichelbohrers

Im Bild 3 kann man auch die Ursa­che dafür sehen, dass ein Groß­teil der Eicheln hohl ist: Klei­ne, dicke wei­ße Lar­ven des Eichel­boh­rers boh­ren sich in die Früch­te und höh­len sie aus. Zur Sicher­heit muss der Schwimm­test nach der Kalt­la­ge­rung wie­der­holt wer­den – wer will schon die­se unge­be­te­nen Gäs­te in sei­ner Mai­sche haben?

Übrig blie­ben zunächst etwa 1,4 Kilo­gramm Eicheln, die vor­sich­tig getrock­net wur­den und in einem Foli­en­beu­tel in den Kühl­schrank wan­der­ten. Dort blei­ben sie min­des­tens bis Dezem­ber, bevor sie ver­mälzt wer­den. Dar­über berich­tet dann die nächs­te Ausgabe.

Zum Teil 2


PS: Drei Wochen nach dem ers­ten Sam­mel­ter­min bin ich übri­gens auf fast eben­so vie­le Eichen gleich um die Ecke im Müg­gel­wald gesto­ßen. Die Früch­te waren sogar grö­ßer und bes­ser erhal­ten als die im Schlau­be­tal; nur weni­ge bestan­den den Schwimm­test nicht. So kam nach weni­gen Minu­ten Sam­mel­zeit noch­mals knapp ein Kilo Eicheln dazu.


Quel­len:

  1. Cer­ve­za Cerex http://www.cervezacerex.com/
    Ibe­ri­ca de Bel­lo­ta (Spa­ni­sches Eichelbier)
  2. Hobbybrauer.de: Eiche (2005÷2006÷2011)
    http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread&tid=2410
  3. Carl Chris­ti­an Adolph Neu­en­hahn: Anlei­tung zum land­wirt­schaft­li­chen Han­del, Band 1, S. 741
    Ver­lag Georg Adam Kepf­ler, Erfurt, 1806
  4. Stra­ti­fi­ka­ti­on bei Wiki­pe­dia https://de.wikipedia.org/wiki/Stratifikation_(Botanik)
  5. Die Cho­ko­la­de­fa­bri­ka­ti­on nach den neu­es­ten Ver­bes­se­run­gen”, S. 38
    C. Leuchs & Comp., Nürn­berg 1841

Abbil­dun­gen:

  • Titel­bild: 4028mdk09 bei Wiki­me­dia Commons
  • Bild1: Cer­ve­za Cerex
  • Bild 2 und 3: Autor

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