- read the original article in english -
Lotte Peplow, die Craft Beer Botschafterin der amerikanischen Brewers Association, gibt uns einen tiefen Einblick in amerikanische Craft Beer Trends, Aromen, Eigenschaften und verantwortungsvolles Trinken, und zeigt uns, was uns demnächst erwartet
Beginnen wir mit einer Definition: omnibibensiv – das ist jemand, der ein breites Spektrum alkoholischer Getränke genießt. Die Brewers Association als gemeinnützige Handelsorganisation der kleinen und unabhängigen amerikanischen Craft Brauer, führt jedes Jahr eine Umfrage* über die neuesten Trend in der amerikanischen Craft Beer Industrie durch. Nach letzten Ergebnissen sagen 94% der amerikanischen Craft Beer Trinker, die mindestens einmal wöchentlich Craft Beer genießen, dass sie ebenso oft mindestens ein weiteres alkoholisches Getränk wie Wein, Schnaps, Likör, Cider oder Biermischgetränke zu sich nehmen. Warum? Die Antwort ist einfach… es gibt mehr Auswahl an alkoholischen Getränken als jemals zuvor. Mischgetränke wie in Dosen abgefüllte alkoholische Cocktails auf Basis von Spirituosen profitieren vom Anstieg des Verbrauchs zu Hause und dem Bedürfnis, das Gefühl der Cocktail-Bar in der heimischen Umgebung wieder aufleben zu lassen.
Trotzdem bleibt Bier in den USA das dominante alkoholische Getränk, wobei Craft Beer im Jahr 2020 für 12,3% Marktanteil nach Volumen steht. Im Einzelhandel wurde ein Umsatz von 22,2 Milliarden Dollar erreicht, was 23,6% Marktanteil bedeutet**. Es gibt aktuell 8.848 Craft Brauereien in den USA, die höchste jemals erreichte Anzahl. Der Anteil der Craft Beer Trinker (mehrmals jährlich) steigt weiter auf 44% der über 21-jährigen (von 35% im Jahr 2015). Großbritannien ist ein wichtiger Exportmarkt für amerikanisches Craft Bier und liegt mit 10,1% der weltweiten amerikanischen Craft Bier Exporte nur hinter Kanada.
Geschmacksprofile
Die Umfrageteilnehmer wurden gefragt, welche Geschmacksrichtungen sie mehr oder weniger interessieren, von knackig-frisch (crisp) über fruchtsaftartig (juicy/hazy), fruchtig, dunkel, malzig, hopfig, würzig bis zu säuerlich, und die Ergebnisse zeigen, dass das Interesse an allen steigt. Seit 2018 stieg das Interesse an saftig/trüb um 9%, gefolgt von fruchtig um 8%, und das ist ein guter Indikator für das, was wir am Markt aktuell sehen. Wenn man die Daten demografisch analysiert, zeigen sie, dass alle Altersgruppen stärker an frischen Bierstilen interessiert sind, gefolgt von saftig/trüb, was besonders bei Craft Bier Trinkern unter 54 Jahren ankommt. Säuerliche Biere polarisieren tendenziell mehr und sind für Biertrinkern über 45 weniger interessant, aber potentiell eine Wachstumsmarkt für jüngere Biertrinker.
Wenn man Vorlieben nach Geschlechtern sucht, gibt es mehr Übereinstimmungen als Unterschiede. Das Interesse an populären Bieraromen ist zwischen männlichen und weiblichen Biertrinkern gleich verteilt. Beispielsweise sind frische Biere interessant für 40% sowohl der männlichen als auch der weiblichen Teilnehmer. Kleine Unterschiede gibt es bei fruchtigen Bieren, die bei Frauen, und dunklen Bieren, die bei Männern besser ankommen, aber generell sind die Vorlieben sehr ähnlich. Nach der Untersuchung schrumpft der Unterschied im Anteil der Geschlechtern an den Craft Bier Konsumenten immer weiter, von 71% männlich zu 29% weiblich im Jahr 2015 auf 64% männlich zu 35% weiblich im letzten Jahr.
Die nächste Generation von Craft Bier Trinkern erobert gerade den Markt. Gerade erst in das Biertrinker-Alter gekommene 21- bis 34-jährige sind mehr an Craft Bier interessiert und neugierig auf die riesige Vielfalt von Bier-Aromen. Es gibt viele Möglichkeiten für die nächste Generation von Bierkonsumenten – und für die Brauer, diesen Bedarf zu befriedigen.
Achtsames Trinken
Bis vor einigen Jahren war achtsames Trinken (englisch: mindful drinking) nie Thema der Gespräche über Craft Bier, aber die Zeiten ändern sich. Wir haben gefragt, welche Attribute Craft Bier Trinker mehr interessieren als vor zwei Jahren. Auf niedrigem Niveau verstärkte sich das Interesse an allen erfragten Attributen, zum Beispiel an lokalen, kalorienarmen und gesundheitsorientierten Zutaten, sportlichen Zielen, kleineren Flaschenformaten, geringerem Alkoholgehalt oder gluten- und alkoholfreiem Bier. In der letzten Umfrage haben zwei Drittel der Befragten gesagt, dass sie beim Kauf alkoholischer Getränke stärker an mindestens einem der genannten Attribute interessiert sind als vor zwei Jahren. Unter den mindestens wöchentlichen Craft Bier Trinkern war das Interesse sogar noch höher – zwei Drittel der Teilnehmer sagten, dass mindestens einer dieser Trends des achtsamen Trinkens wichtig für sie wäre.
Wenn man speziell die 21- bis 34-jährigen Biertrinker betrachtet, sind sie mindestens so interessiert an diesen Trends wie der Durchschnitt, und ganz sicher wird das Interesse an diesen Attributen für die nächste Generation noch an Wichtigkeit gewinnen. Zum Beispiel wird ein Biertrinker, der sich schon als 21-jähriger um kalorienarmes Bier kümmert dies um so mehr als 35-jähriger tun, weil Kalorien generell mit zunehmendem Alter nicht unwichtiger werden. Einige der Trends, die wir im weiteren Umfeld alkoholischer Getränke sehen, werden sich im Craft Bier Bereich eher noch verstärken, weil die nächste Generation sich ganz sicher mehr um diese Attribute kümmert als die vorhergehende.
Der Alkoholgehalt, insbesondere höherer und niedrigerer Gehalt, wird für Craft Bier Trinker immer wichtiger und erzeugt Trends im Markt, in denen Biere mit 5%vol Alkohol und darunter stark wachsen und solche mit 6/7/8%vol und mehr ebenfalls zunehmen. Double IPA (DIPA) ist jetzt der Umsatztreiber in der IPA-Kategorie, und die Untersuchungen belegen, dass IPA schrumpft, während DIPA einen größeren Anteil belegt. Diese Steigerung reflektiert die Tatsache, dass Konsumenten zunehmend nach Bieren mit niedrigerem oder höheren Alkoholgehalt greifen und die Mitte ein schwierigeres Terrain ist.
Umfrageteilnehmer wurden gefragt, wie wichtig ihnen der Alkoholgehalt ist, und 72% der gelegentlichen und 82% der mindestens wöchentlichen Craft Trinker sagten, dass er ihnen mindestens etwas wichtig ist. Fast die Hälfte der wöchentlichen Craft Bier Trinker sagten, dass ihnen der Alkoholgehalt sehr wichtig ist. Solche Antworten werfen die Frage auf: Wie leicht findet man den Alkoholgehalt am Zapfhahn, der Verpackung oder der Barkarte? Attribute wie Alkohol- und Kaloriengehalt, Glutenfreiheit etc. werden immer wichtiger bei der Deklaration und sie sichtbar zu machen ist eine Schlüsselaufgabe.
Bei Umfrageergebnisse schälten sich einige besonders wichtige Themen wie kleine Verpackungsformate heraus. Es liegt nahe, anzunehmen, dass kleine Formate wie 250ml (8oz) Dosen interessanter für Frauen und/oder ältere Biertrinker über 55 Jahren wären. Aber das ist nicht der Fall. Unter den Craft Bier Konsumenten ist sogar besonders die jüngere Gruppe mit 20% der 21- bis 34-jährigen mehr an kleinen Formaten interessiert als zuvor. Auch überraschend ist die Tatsache, dass Männer etwas mehr an Portionsgrößen interessiert waren als Frauen.
Bemerkenswert war auch das Wachstum alkoholfreier Biere, die jetzt einen Anteil von 0,5% des Craft Bier Marktes ausmachen. Es ist ein kleiner, aber wachsender Sektor und für sich gesehen unbedeutend, aber im Vergleich mit anderen Unterarten von Craft Bier ist es ein großes Stück vom Kuchen. Abgesehen davon, dass es eine Marktnische ist, gibt es da draußen Möglichkeiten für Craft Brauer in einem Sektor wie Alkoholfreie Biere groß zu werden. Das Probieren und Entdecken der Konsumenten lässt den Sektor wachsen und stabilisiert ihn, und das ist besonders im Januar offensichtlich, wenn Leute alkoholarme und ‑freie Biere testen und dann dabei bleiben.
Die digitale Welt
Die Pandemie hat – vielleicht für immer – das Geschäft mit alkoholischen Getränken in den online-Handel verschoben. Die neue Art alkoholische Getränke zu kaufen bedeutet, dass mehr Menschen online-Kanäle in ihr Einkaufsverhalten aufgenommen haben, und das verändert die Landschaft für kleine und unabhängige Craft Brauer. Craft Brauer müssen darüber nachdenken, wie der online-Handel in ihre Verkaufs- und Marketing-Strategie passt, wie leicht es zum Beispiel für Konsumenten ist, ihr Bier auf online-Plattformen zu finden – sieht es gut aus, sind alle Informationen korrekt aufgelistet etc. Das Bier gut aussehen zu lassen und auf online-Plattformen zu verkaufen benötigt mindestens den selben Aufwand wie im Ladenverkauf. Der Umbruch kommt und er passiert schnell, wie wir in anderen Industriezweigen gesehen haben.
* Umfrage von Harris Poll unter 1.900 Amerikanern über 21 Jahren
** Jährliche Umfrage der Brewers Association zu Produktionszahlen
Über die Autorin
Lotte Peplow ist die Botschafterin der Brewers Association für amerikanisches Craft Bier in Europa und lebt und arbeitet in Großbritannien. Sie ist ein zertifizierte Cicerone®, eine vom BDI akkreditierte Bier Sommeliere, Bier-Schriftstellerin, internationale Bier-Jurorin, Bier-Kommunikatorin, Hobbybrauerin und Bierliebhaberin.
Über die Brewers Association
Die Brewers Association (BA) ist ein gemeinnütziger Handelsverein, der sich kleinen und unabhängigen amerikanischen Craft Bier Brauereien, ihren Bieren und der Gemeinschaft der Brau-Enthusiasten widmet. Die BA repräsentiert über 5.000 US-amerikanische Brauereien. Das Logo der BA für unabhängige Craft Bier Brauer ist ein weithin anerkanntes Symbol zur Kennzeichnung von Bieren kleiner und unabhängiger Craft Bier Brauer. Die BA organisiert Events wie den World Beer Cup®, das Great American Beer Festival®, die Craft Brewers Conference & BrewExpo America®, SAVOR®: An American Craft Beer & Food Experience, die Homebrew Con, die National Homebrew Competition und die American Craft Beer Week®. Die BA gibt das Magazin The New Brewer® heraus, und Brewers Publications™ ist der größte Herausgeber von Brau-Literatur der USA.
Bierliebhaber sind eingeladen, mehr über die dynamische Welt des Craft Biers auf CraftBeer.com, über die American Homebrewers Association der BA und die freie BrewGuru™App zu erfahren. Folgt der BA auf Facebook, Twitter und Instagram.
Brewers Association
1327 Spruce Street
80302 Boulder, Colorado, USA
www.brewersassociation.org
Weitere Informationen:
Lotte Peplow
lotte@brewersassociation.org
+44 (0)7973 698 414
Übersetzung: Jörg Krüger