Gabri­el Sedl­mayr der Jün­ge­re Teil III

…oder: Die For­cie­rung der unter­gä­ri­gen Brauweise

Teil III Aus­wir­kun­gen auf die Brauwelt

Die technik-​begeisterten Sedlmayrs

Wie wir vom Ende des zwei­ten Tei­les wis­sen, hat­te Gabri­el Sedl­mayr der Jün­ge­re (im Wei­tern kurz Sedl­mayr) im Jahr 1834 das ers­te Mal das Long­sche Sac­ch­aro­me­ter verwendet.

Ab die­sem Zeit­punkt wur­de in der Spa­ten­braue­rei bei fast jedem Sud die Stamm­wür­ze gemes­sen. Ther­mo­me­ter hat­te ja schon Gabri­el Sedl­mayr der Älte­re im Ein­satz. Die­se Ther­mo­me­ter stell­te er selbst her.

Nach der Eng­land­rei­se wuss­te Sedl­mayr, was im Brau­we­sen tech­nisch mög­lich war. So flos­sen bei allen not­wen­di­gen Ver­än­de­run­gen die neu­en Erfah­run­gen in den Aus­bau der Braue­rei ein.

Wolf­gang Beh­rin­ger in sei­nem Buch „die Spaten-​Brauerei“: „Über die Ver­bes­se­run­gen im Brau­ver­fah­ren hin­aus waren Sedl­mayr und die ande­ren deut­schen Brau­er beein­druckt von der Grö­ße der Anla­gen und dem Aus­maß des Maschi­nen­ein­sat­zes: dies soll­te Kon­se­quen­zen haben.“

Pro­fes­sor Holz­ner schrieb 1892 in der Zeit­schrift für das gesam­te Brau­we­sen: „Da es in Bay­ern und Deutsch­land zu jener Zeit noch kei­ne Fabri­ken für Brau­ein­rich­tun­gen gab, so war Sedl­mayr (der Jün­ge­re) Bau­herr, Bau­meis­ter und Inge­nieur in einer Person.“

Anfän­ge und Schwierigkeiten

Anfangs arbei­te­te Sedl­mayr ver­mut­lich in der „Fabrik“. Sein älte­rer Bru­der Josef ging dem Vater im „Haus“ zur Hand. Die im Jah­re 1810 zuge­kauf­te Fabrik dien­te bis in das Jahr 1836 neben der Bier­braue­rei noch dem 2. Stand­bein der Spa­ten­braue­rei, der Essig­her­stel­lung. Dabei gab es hin und wie­der unge­wollt Sau­er­bier, weil mit höl­zer­nen Gefä­ßen gear­bei­tet wurde.

Damals gab es auch immer wie­der Schwie­rig­kei­ten mit den Roh­stof­fen. Die Getrei­de und Hop­fen­ern­ten fie­len bis­wei­len schlecht aus und die Win­ter waren oft zu warm. Fritz Sedl­mayr (im Wei­te­ren kurz FS) in „Die Geschich­te der Spa­ten­braue­rei“: „das hat­te dann unaus­bleib­lich leicht ver­derb­li­che Bie­re zur Folge.“

Bier braucht Käl­te. Man brau­te damals im Win­ter. Vom 23. April, Geor­gi, bis zum 29. Sep­tem­ber, Michae­li, war das Brau­en ver­bo­ten. Die Tech­nik für das Brau­en im Som­mer muss­te erst noch erfun­den wer­den. Ein ers­ter Ansatz war, die unter­gä­ri­ge Gärung mit Hil­fe von Eis in den Griff zu bekom­men. Die geziel­te Gär­füh­rung hat­te man ja auf der Eng­land­rei­se kennengelernt.

Tod des Vaters – Sedl­mayr wird „Bräu“

1839 starb Gabri­el Sedl­mayr der Älte­re. Die bei­den Söh­ne führ­ten die Braue­rei zunächst gleich­be­rech­tigt wei­ter. FS: „im Sep­tem­ber hat­te ihn der „Magen­schlag“ getrof­fen, von dem er sich nicht erho­len soll­te“. Er hat­te die Spa­ten­braue­rei wäh­rend sei­ner Zeit als „Bräu“ von der kleins­ten Mün­che­ner Braue­rei zur dritt­größ­ten geführt. Mün­chen hat­te damals 95500 Einwohner.

1840 ver­zich­te­te Josef Sedl­mayr „aus frei­en Stü­cken“ zuguns­ten des Jün­ge­ren. Josef Sedl­mayr über­nahm dann 1842 die Leist­braue­rei in der Send­lin­ger Stra­ße. 1858 kam noch die Fran­zis­ka­ner Braue­rei dazu, die er anfangs mit August Dei­gl­mayr führ­te. 1861 wur­de dar­aus die Franziskaner-​Leistbrauerei mit dem Allein­ei­gen­tü­mer Josef Sedlmayr.

Gabri­el Sedl­mayr der Jün­ge­re war also ab 1840, im Alter von 29 Jah­ren, der „Spa­ten­bräu“. Fritz Sedl­mayr: „und das bedeu­te­te etwas in Mün­chen“. Im glei­chen Jahr wur­de er Mit­glied und Gut­ach­ter des Zen­tral­ver­wal­tungs­aus­schus­ses des Poly­tech­ni­schen Ver­eins für Bay­ern. FS: „Daß fort­an nichts mehr über Braue­rei dort zur Ver­hand­lung kam, mit dem Sedl­mayr nicht aufs engs­te ver­knüpft war, oder daß er, wie vie­le Ent­wür­fe von sei­ner Hand zei­gen, selbst bear­bei­tet hat­te, ver­steht sich von selbst“.

Untere Reihe von links: Söhne Johann, Carl und Anton Sedlmayr

Schon 1851 bau­te Sedl­mayr eine neue Braue­rei in der Mars­stra­ße, die er immer wie­der erwei­tern muss­te. Fritz Sedl­mayr: „und so ver­ging vom Jah­re 1851 bis 1874, dem Jah­re der Über­ga­be, kei­nes, in dem nicht mehr oder weni­ger gro­ße Bau­ten zur Aus­füh­rung kamen.“ 1874 über­gab Sedl­mayr an sei­ne Söh­ne Johann, Carl und Anton. Der Spa­ten Bräu war zu der Zeit die größ­te Braue­rei Münchens.

Die Zusam­men­ar­beit mit Dreher

Dre­her hat­te sich von Anfang an mit der baye­ri­schen, unter­gä­ri­gen Brau­art beschäf­tigt. Dazu ver­brach­te er nach der Eng­land­rei­se viel Zeit bei sei­nem Freund Sedl­mayr in Mün­chen. Man mach­te zusam­men Ver­su­che mit der baye­ri­schen Dekok­ti­on und der eng­li­schen Infu­si­on, sowie der eng­li­schen Mälzerei.

Wer hat das ers­te hel­le Lager­bier gebraut?

Sedl­mayr: „Man darf wohl behaup­ten, daß die Adap­tie­rung des eng­li­schen Mäl­zungs­ver­fah­rens, wel­ches Dre­her gleich nach sei­ner Geschäfts­über­nah­me im Jah­re 1836 mit Ener­gie ein­führ­te, wesent­lich zu sei­nen kolos­sa­len Erfol­gen bei­trug. Ich selbst konn­te wegen der damals herr­schen­den Malz­not nur beschränk­ten Gebrauch davon machen.“

FS: „die ers­ten Ver­su­che zu baye­ri­schem Bie­re eng­lisch gemälz­tes Malz zu ver­wen­den, scheint aber doch Gabri­el Sedl­mayr gemacht zu haben, denn am 5. April 1835 schrieb ihm Dre­her: „…. Auf Dei­nen Ver­such auf baye­ri­sche Art zu brau­en mit eng­li­schem Malz, bin ich sehr begierig.“

In der Spa­ten­braue­rei wur­de das Mün­che­ner Malz ent­wi­ckelt und in Klein Schwe­chat bei Wien das Wie­ner Malz. Vie­les deu­tet dar­auf hin, dass Sedl­mayrs Malz hel­ler war, als Dre­hers Wie­ner Malz.

1841 kam Dre­hers Klein-​Schwechater Lager­bier auf den Markt. Es wur­de mit Wie­ner Malz und Sedl­mayrs unter­gä­ri­ger Hefe nach der baye­ri­schen Brau­me­tho­de gebraut.

Dre­her und Sedl­mayr ver­ban­den eine lebens­lan­ge Freund­schaft und kol­le­gia­le Zusam­men­ar­beit bis zu Dre­hers Tod 1863. Man tausch­te sich in allen Belan­gen der Braue­rei und half sich gegen­sei­tig mit Hop­fen und Malz aus.

Dre­her muss­te sich nicht an das Bier­satz­re­gu­la­tiv hal­ten. Das war ein kla­rer Wett­be­werbs­nach­teil für die baye­ri­schen Brau­er. Dre­her konn­te sein Bier in Öster­reich teu­rer ver­kau­fen und somit schnel­ler in die not­wen­di­gen Ver­grö­ße­run­gen sei­ner Braue­rei­en investieren.

So kam es, dass Anton Dre­her 1863 in Klein Schwe­chat die größ­te Braue­rei auf dem „Kon­ti­nent“ hatte.

Beh­rin­ger: „Das unter­gä­ri­ge Lager­bier, das von Spa­ten und Dre­her nach ihrer Eng­land­rei­se ent­wi­ckelt wor­den war, hat­te sich seit den 1840er Jah­ren immer mehr durch­ge­setzt und die euro­päi­sche Bier­kul­tur ver­än­dert. 1869 hat­te das nach baye­ri­scher Art gebrau­te Lager­bier erst­mals in Ber­lin die ober­gä­ri­gen Bie­re überholt.“

Wel­che Far­be hat­te das baye­ri­sche Bier?

Das Bier­satz­re­gu­la­tiv.

Chris­ti­an Schäder:

Das letz­te Jahr­hun­dert (gemeint ist das 19.) war jedoch gera­de für die baye­ri­sche Brau­wirt­schaft von extre­men staat­li­chen Zwän­gen gezeich­net. Den Kern die­ser Ent­wick­lung stell­te das „Bier­satz­re­gu­la­tiv“ vom 25. April 1811 dar. In die­sem wur­den der Bier­satz (=Bier­preis) im König­reich Bay­ern sowie die Rege­lung des Drei­ecks­ver­hält­nis­ses Brauer-​Wirt-​Konsument fest­ge­legt. Das Regu­la­tiv beinhal­te­te umfas­sen­de Ein­schrän­kun­gen der unter­neh­me­ri­schen Freiheiten.“

Man ging 1811 von 4,53 Pfen­nig Fix­kos­ten pro Maß Bier aus. „Als Unter­neh­mer­lohn für die Brau­er wur­den 1,47 Pfen­nig auf­ge­schla­gen, so dass sich ein Grund­preis für die Maß Bier von sechs Pfen­nig ergab. Dem Grund­preis wur­den die varia­blen Kos­ten hinzugerechnet.“

Eine posi­ti­ve Neben­wir­kung des Regu­la­tivs, die bis heu­te wirkt, war das Ver­bot für die Brau­er, in den Bier­gär­ten die Gäs­te zu ver­kös­ti­gen. Daher kam der Brauch, sich das Essen selbst mitzubringen. 

Das Bier war in den drei­ßi­ger Jah­ren bis Anfang der vier­zi­ger des 19. Jahr­hun­derts über­wie­gend hell und Spa­ten­bier hat schon damals nicht mehr nach Rauch geschmeckt. Die Gers­te wur­de mit Heiß­luft statt Rauch gedarrt. Das wur­de mit der bereits 1807 von Gabri­el Sedl­mayr dem Älte­ren ein­ge­führ­ten neu­en Dar­re mög­lich, die ver­wir­ren­der Wei­se als „eng­li­sche Dar­re“ bezeich­net wurde.

Keferloher

Die Bie­re wur­den noch in töner­nen Maß­krü­gen aus­ge­schenkt, den Kefer­lo­hern. Ver­mut­lich hat sich des­we­gen damals kaum jemand für die Bier­far­be inter­es­siert, so dass sich die Legen­de vom dunk­len Bier durch­set­zen konnte.

FS: „Hier­über herrsch­te selbst in Brau­er­krei­sen die schwer aus­rott­ba­re Mei­nung, daß die baye­ri­schen Bie­re seit alters­her von dunk­ler Far­be gewe­sen seien.“

Es gibt einen kur­fürst­li­chen Erlaß vom 23.11.1803, der unter Ande­rem for­der­te: „die Far­be des Bie­res muss vom Brau­nen ins Hell­gel­be fal­len.“ Laut Fritz Sedl­mayr: „ein Beweis, daß in Bay­ern damals sicher Bie­re von hel­ler, mitt­le­rer und dunk­ler Far­be gebraut wurden.“

Da man um die­se Zeit Hop­fen auch zur Halt­bar­ma­chung des Bie­res benö­tig­te und das Regu­la­tiv gewis­se Men­gen Hop­fen vor­schrieb, die man ver­wen­den „dürf­te“, waren die­se hel­len Bie­re ver­mut­lich etwas bit­te­rer als heu­te. Außer dem Abko­chen des Was­sers war auch noch kei­ne Was­ser­auf­be­rei­tung mög­lich. Der­glei­chen nahm erst nach dem ers­ten Welt­krieg kon­kre­te For­men an.

Sedl­mayrs Bier war jeden­falls recht hell. 1833, bei einem Ver­gleich mit schot­ti­schem Ale kam er zu dem Schluss, „dass das Ale……von ziem­lich blas­ser Far­be und auch klar, bey­de letz­te­re Eigen­schaf­ten jedoch nicht in so hohem Maße wie unse­re Bie­re“ war.

Über Pschorrs Bier konn­te man zu der Zeit lesen: „Man muss geste­hen, dass sein Fabri­kat an Far­be und Klar­heit dem Wein gleicht.“

Die Bie­re waren zum Groß­teil unter­gä­rig, ab 1841 auch per Gesetz. Es durf­ten nur Vor­der­wür­ze­bie­re ver­kauft wer­den. Die soge­nann­ten Nach­bie­re waren nicht zum Ver­kauf bestimmt. Nach­bier wur­de aus der ers­ten Aus­wa­schung der Tre­ber gewon­nen. Man gab es der armen Land­be­völ­ke­rung. An die Wir­te durf­te es lan­ge Zeit nicht ver­kauft wer­den. Mit Fall des Regu­la­tivs 1865 war aber auch das vorbei.

Nach 1840 wur­de es Mode, dunk­le­re Bie­re zu brau­en, tech­nisch mög­lich waren aber alle Farbnuancen.

Auf dem Weg zur Reinzuchthefe

In Sedl­mayrs Braue­rei haben mehr als 300 Brau­er prak­ti­ziert. Dar­un­ter waren damals so bekann­te Namen wie Anton Dre­her, August Dei­gl­mayr, der nach dem Tode Dre­hers einer der Direk­to­ren in der Schwe­cha­ter Braue­rei wur­de. Des wei­te­ren Pro­fes­sor Dr. Kajet­an Kai­ser aus Mün­chen, Hatt aus Straß­burg, Hen­rich und Stein aus Frank­furt, Jacob­sen aus Kopen­ha­gen, usw. usw.

Letzt­ge­nann­ter Jacob­sen, der Grün­der der Carls­berg Braue­rei, kam 1845 noch ein­mal nach Mün­chen, um sich baye­ri­sche, unter­gä­ri­ge Hefe zu holen.

Sein Sohn, Karl Jacob­sen beschreibt uns mit wel­chen Schwie­rig­kei­ten sein Vater dabei zu kämp­fen hatte:

J.C. Jacobsen

Um rich­ti­ges baye­ri­sches Bier zu brau­en, fehl­te es ihm (J.C. Jacob­sen) nun bloß an einer ech­ten baye­ri­schen Hefe. Aber wie soll­te er sie her­bei­schaf­fen? Es gab damals fast noch kei­ne Eisen­bah­nen und die Rei­se mit der Post­kut­sche dau­er­te eine Woche lang. So hol­te er sich eine Blech­do­se her, die eini­ge Pfund Hefe fas­sen konn­te, und die er in sei­nem Hut­be­häl­ter mit­füh­ren konn­te. Die­ses Hut­fut­te­ral konn­te er in der Post­kut­sche bei sich haben, und auf jeder Sta­ti­on, wo sie anhielt, muss­te er bei Tag und Nacht her­aus mit sei­nem Hut­fut­te­ral an die nächs­te Was­ser­pum­pe, um die Blech­do­se mit Was­ser zu über­gie­ßen, um dadurch die Hefe zu erhal­ten. Es glück­te, die Hefe unbe­schä­digt nach Kopen­ha­gen zu brin­gen, und die­se Hefe ist es wel­che heu­te noch Tag für Tag als Stamm­he­fe in den Carls­berg Braue­rei­en für bei­de benützt wird.“

Wel­che ein­zig­ar­ti­ge Bedeu­tung die Sedl­mayr­sche Hefe für Däne­mark und die Carls­berg­braue­rei haben soll­te, erfah­ren wir von Dr. Lis Carlsen: „Mit der Hefe in jener Blech­do­se habe er den Grund zu der Carlsberg-​Stiftung gelegt, auf der zu einem gro­ßen Teil die Zukunft der däni­schen Wis­sen­schaft ruhe, und aus der ihr all­jähr­lich mehr als 1 Mil­li­on Kro­nen zuflie­ßen würden.“

Die Hefe wur­de über Jahr­zehn­te wei­ter­ge­führt, bis 1883 Emil Chris­ti­an Han­sen dar­aus die Rein­zucht­he­fe kul­ti­vier­te. Es gelang Ihm neben der rei­nen Hefe, die fort­an Sac­ch­aro­my­ces Carls­ber­gen­sis hei­ßen soll­te, noch zwei wil­de Stäm­me zu isolieren.

Ob die­se wil­den Stäm­me auch schon in der Spa­ten­he­fe waren, wird sich ver­mut­lich nicht mehr klä­ren las­sen. Es war aber Sedl­mayr, der die ers­te Rein­zucht­he­fe in Deutsch­land bekam. J.C. Jacob­sen, 1884 in einem Brief an Sedl­mayr „Als mein alter Lehr­meis­ter (bei­de waren etwa gleich alt!) sol­len sie der Ers­te seyn, dem ich als ihr Schü­ler mei­ne neu­es­ten Erfah­run­gen über die Aus­ar­tung der Hefe bringe…..ich wer­de Ihnen Mor­gen eine Por­ti­on davon als Stell­he­fe für einen Bot­tich als Eil­gut senden.“

Vom Eis zur Kältemaschine

Die Welt­aus­stel­lung 1867 in Paris

Auf der Welt­aus­stel­lung wur­de auch Bier aus­ge­schenkt. Bei der Spa­ten Braue­rei waren das bis zu 25 Eimer, das sind etwa 1710 Liter am Tag. Außer­dem wur­den dazu bis zu 440 Mit­tag­essen aus­ge­ge­ben. Am 17. April tag­te das Preis­ge­richt für die unter­gä­ri­gen Bie­re. Die Note 1 beka­men nur Brey (Löwen­bräu), Pschorr, Straß­burg und Sedl­mayr. Nach lan­gem hin und her bekam aber Sedl­mayr die Gold­me­dail­le. Wie­der daheim wur­de ihm und noch drei ande­ren Mün­che­nern von König Lud­wig II wegen ihres und damit Bay­erns Erfolg auf der Welt­aus­stel­lung, das Rit­ter­kreuz 1. Klas­se verliehen.

Lud­wig II war auch vor Ort in Paris und außer ihm noch so bekann­te Leu­te wie Mark Twa­in, der rus­si­sche Zar, Hans Chris­ti­an Ander­sen und Jules Ver­ne, der zwei Jah­re spä­ter „zwan­zig­tau­send Mei­len unter den Mee­ren“ veröffentlichte.

Jules Verne

Sedl­mayr begann in den 1830ern, Eis zur Küh­lung sei­ner unter­gä­ri­gen Bie­re zu ver­wen­den. Auch dies war womög­lich von den eng­li­schen Erfah­run­gen beein­flusst. Sedl­mayr in einem Brief an Prof. Holz­ner: „…mit wie ganz ande­ren Augen wir von jetzt an den Gärungs­pro­zeß und des­sen Behand­lung betrachteten…….und wie in Fol­ge davon bei unse­rer Unter­gä­rung die Eis­ver­wen­dung Ein­gang fand.“

1865 wur­de das Bier­satz­re­gu­la­tiv auf­ge­ho­ben, womit auch das Som­mer­brau­ver­bot fiel.

Dadurch stieg der Eis­be­darf noch wei­ter an und die Beschaf­fung von Natur­eis wur­de immer schwie­ri­ger. Von 1846 bis 1868 hat­te sich der Bedarf ver­sie­ben­facht, was enor­me Kos­ten verursachte.

1870 wur­de August Dei­gl­mayr auf eine Ver­öf­fent­li­chung Carl Lin­des, „eine ver­bes­ser­te Eis- und Kühl­ma­schi­ne“ auf­merk­sam. Lin­de unter­rich­te­te damals am Poly­tech­ni­kum in Mün­chen als Pro­fes­sor. Beh­rin­ger: „Er näher­te sich dem Küh­lungs­sys­tem von theo­re­ti­scher Seite.“

Carl von Linde

Dei­gl­mayr kon­tak­tier­te Lin­de und so wur­de aus der Theo­rie bald Pra­xis. Da es Dei­gl­mayr aber nicht mög­lich war, eine der­ar­ti­ge Maschi­ne in Wien auf­zu­stel­len, wand­te man sich an Sedl­mayr, der sofort begeis­tert einstieg.

Die ers­te Käl­te­ma­schi­ne wur­de von der Spa­ten­braue­rei, der Maschi­nen­fa­brik Augs­burg (spä­te­re MAN) und der Mün­che­ner Maschi­nen­fa­brik Kraus finan­ziert. Die Arbei­ten an der Maschi­ne fan­den auf dem Gelän­de der Spa­ten­braue­rei statt. Nach anfäng­li­chen Schwie­rig­kei­ten wur­de die ers­te Käl­te­ma­schi­ne in der Spa­ten­braue­rei in Betrieb genom­men. Eine der ers­ten wur­de in der Dre­her­schen Braue­rei in Tri­est (damals noch öster­rei­chi­sche K+K Mon­ar­chie) aufgestellt.

Schwie­rig­kei­ten berei­te­te ein explo­dier­ter Kes­sel. Beh­rin­ger: Nach die­ser Explo­si­on „an tech­ni­scher Sicher­heit beson­ders inter­es­siert, wur­de der Spa­ten Bräu 1869 zum Vize­prä­si­den­ten des von ihm mit­ge­grün­de­ten Dampfkessel-​Revisions-​Vereins gewählt, einem Vor­läu­fer des Tech­ni­schen Über­wa­chungs­ver­eins (TÜV) in Bayern.“

Nach der Erfin­dung der Käl­te­ma­schi­ne war der wei­te­ren Ver­brei­tung der unter­gä­ri­gen Brau­wei­se kei­ne Gren­ze mehr gesetzt.

Ver­brei­tung des Unter­gä­ri­gen in aller Welt

Sedl­mayr pfleg­te Kon­tak­te nach Eng­land und Schott­land und über­sand­te unter­gä­ri­ge Hefe an Muir in Schott­land und Bass in Eng­land, von Jacob­sen in Däne­mark haben wir ja schon gehört.

Mit Dre­her, Bass und Jacob­son ver­band Sedl­mayr eine lebens­lan­ge Freundschaft.

Nicht zuletzt tru­gen die vie­len Brau­er die in Mün­chens Brau­er­schu­len, etwa von Pro­fes­sor Kajet­an Kai­ser oder Karl Michel – dem Direk­tor der ers­ten Mün­che­ner Brau­er­schu­le – aus­ge­bil­det wur­den, zum Ruh­me des baye­ri­schen, unter­gä­ri­gen Bie­res bei. Nicht zu ver­ges­sen die vie­len Prak­ti­kan­ten der dama­li­gen Münch­ner Braue­rei­en. Allein bei Sedl­mayr waren es, wie wir wis­sen etwa 300.

Baye­ri­sches Bier wur­de immer berühm­ter und bald schon woll­te es alle Welt. Baye­ri­sche Brau­meis­ter waren gefragt. Die Waldschlößchen- und die Feld­schlöß­chen Braue­rei in Sach­sen z.B. hat­ten bay­ri­sche Brau­meis­ter, sowie das Bür­ger­li­che Brau­haus in Pil­sen, das 1842 das ers­te Pil­se­ner Bier auf den Markt brachte.

Beh­rin­ger: „Und die Kon­tak­te reich­ten bald über das Drei­eck Wien/​München/​England hin­aus, als sich ande­re Brau­er im inter­na­tio­na­len Maß­stab an den Spa­ten Bräu wandten.

Beh­rin­ger: Am Ende des 19. Jahr­hun­derts war die Spa­ten­braue­rei auf­grund ihrer inter­na­tio­na­len Bekannt­heit eine tou­ris­ti­sche Attrak­ti­on, denn das meis­te Bier auf der gan­zen Welt wur­de nach zeit­ge­nös­si­schen Sta­tis­ti­ken in Euro­pa gebraut, inner­halb Euro­pas in Deutsch­land, inner­halb Deutsch­lands in Bay­ern, inner­halb Bay­erns in Mün­chen, und inner­halb Mün­chens – für eine Gene­ra­ti­on – in der Spaten-Brauerei“

Gabri­el Sedl­mayr der Jün­ge­re, der „Groß­meis­ter der deut­schen Brau­er” (Zitat aus der All­ge­mei­nen Brau­er und Hop­fen­zei­tung 1888) starb am 01.10.1891 im Alter von 80 Jah­ren in Feldafing (Ober­bay­ern) und wur­de im Alten Süd­li­chen Fried­hof in Mün­chen begraben.

Gabriel Sedlmayr der Jüngere. Lenbach 1888.

Zusam­men­fas­sung

  • Die auf der „Eng­land­rei­se“ gemach­ten Erkennt­nis­se wur­den kon­se­quent umgesetzt.
  • Das Sac­cha­ri­me­ter wur­de im lau­fen­den Betrieb der Spa­ten­braue­rei eingesetzt.
  • Die neu­en Mälz – Metho­den, lang­sa­me­re Kei­mung und län­ge­re Stand­zeit auf der Dar­re wur­den erfolg­reich ange­wandt. Dar­aus ent­wi­ckel­te sich das Münchener- und das Wie­ner Malz,
  • Als Sedl­mayr im Jahr 1874 die Braue­rei an sei­ne Söh­ne über­gab, war sie die größ­te in München.
  • Zusam­men mit der „baye­ri­schen Brau­art“ (Dekok­ti­on etc.) und unter­gä­ri­ger Gär­füh­rung, anfangs mit Eis­küh­lung, spä­ter mit der Käl­te­ma­schi­ne, wur­de dar­aus das Erfolgs­re­zept beim Bier­brau­en des 19. Jahrhunderts.

Es hät­te noch so viel mehr berich­tet wer­den kön­nen, aber man muss halt auch irgend­wann zum Ende kom­men. Es wird aber noch den ein oder ande­ren Arti­kel zum The­ma geben, z.B. über Sedl­mayrs Ale Experimente.

Lite­ra­tur­lis­te

  1. Fritz Sedl­mayr: Geschich­te der Spa­ten­braue­rei und Brau­ge­schicht­li­che Bei­trä­ge, 1807–1874, Band 1 von 2, Kom­mis­si­ons­ver­lag Pilo­ty & Löh­le Mün­chen 1934
  2. Fritz Sedl­mayr: Geschich­te der Spa­ten­braue­rei und Brau­ge­schicht­li­che Bei­trä­ge, 1807–1874, Band 2 von 2, Hans Carl Ver­lag Nürn­berg 1951
  3. Wolf­gang Beh­rin­ger, die Spa­ten­braue­rei 1397–1997, Piper Ver­lag, Mün­chen 1997
  4. Mikuláš Teich: Bier, Wis­sen­schaft und Wirt­schaft in Deutsch­land 1800 – 1914, Böhlau Ver­lag Wien, Köln, Wei­mar 2000, ISBN 978−3−20599−239−4
  5. Gar­ret Oli­ver: The Oxford Com­pa­n­ion to Beer, Oxford Uni­ver­si­ty Press Oxford, 1. Auf­la­ge 2011, ISBN 978–0195367133
  6. Josef Prom­int­zer 300 Jah­re Brau­haus Schwe­chat, 1632 – 1932. Selbst­ver­lag der Ver­ei­nig­ten Braue­rei­en AG, Buch- und Kunst­dru­cke­rei Stey­rer­mühl Wien VI, 1932.

2 Kommentare zu “Gabri­el Sedl­mayr der Jün­ge­re Teil III

  1. Hartmut

    Ja, wo wären wir heu­te ohne Sedl­mayr und Lin­de mit unse­rer Kunst.
    Übri­gens sind u. a. auch Ohm, Fraun­ho­fer und Pschorr, Pet­ten­ko­fer, Spitz­weg und Schwan­tha­ler, Schmel­ler, Kaul­bach und Klen­ze auf dem Alten Süd­fried­hof beerdigt.
    Ich gehe da ger­ne mal spazieren.

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