Dich­te, Brau­er und Extraktangaben

Die Spindel belegt den geringen Restextrakt

Als Bier­brau­er betritt man, ohne es zu wirk­lich zu wol­len, ein gan­zes Uni­ver­sum von Ein­hei­ten und Begriff­lich­kei­ten. Sie ste­hen ent­we­der direkt mit Dich­te in Ver­bin­dung oder erge­ben sich aus einer Berech­nun­gen im Bei­sein einer Dichte.

Der mitt­ler­wei­le in der Sze­ne übli­che „inter­na­tio­na­le Kon­text” macht die Sache nicht leich­ter, und eine Viel­zahl von Mess­me­tho­den und Mess­in­stru­men­ten, die eine Dich­te meist nicht direkt bestim­men, trägt zusätz­lich dazu bei, dass dem Inter­es­sier­ten so man­ches Mal der Durch­blick abhandenkommt.

Attri­bu­te wie „rela­tiv” und „spe­zi­fisch”, die bis­wei­len dem Begriff „Dich­te” vor­an­ge­stellt wer­den, umgar­nen das Sze­na­rio zusätz­lich, ver­mö­gen sie es doch, eine Dich­te­an­ga­be dimen­si­ons­los zu machen. Im Gegen­zug aber bin­det man „rela­tiv” an Tem­pe­ra­tur­an­ga­ben – ein uner­schöpf­li­ches Poten­zi­al für ein gepfleg­tes „Anein­an­der­vor­bei­re­den”.

In die­sem Umfeld pflegt der Brau­er als „Top­ping” noch sei­nen ganz eige­nen Sprach­ge­brauch und igno­riert dabei gekonnt, dass er mit längst nicht mehr norm­ge­rech­ten Ein­hei­ten han­tiert. Er lässt sich für Ein­heits­be­zeich­nun­gen aller­lei teils will­kür­lich gewähl­te Abkür­zun­gen und Schreib­wei­sen ein­fal­len und schafft so ein Umfeld, das eine unmiss­ver­ständ­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on kaum mehr mög­lich macht.

Der Inter­pre­ta­ti­on und Dar­stel­lung einer Ergeb­nis­la­ge vor­an­ge­stellt steht natür­lich noch die Ermitt­lung des Ergeb­nis­werts selbst, der in sei­ner Qua­li­tät durch eine Viel­zahl von Fak­to­ren beein­flusst wird. Hier die wich­tigs­ten im Überblick:

  • Pro­be­nah­me (unver­fälscht, reprä­sen­ta­tiv, homogen)
  • Pro­be­vor­be­rei­tung (ent­ga­sen, klä­ren, temperieren …)
  • Mess­ver­fah­ren (prak­ti­scher Umgang mit Spin­del, Refrak­to­me­ter, Bie­ge­schwin­ger, Pykno­me­ter in Abhän­gig­keit von Mess­me­tho­de und Mess­prin­zip [MES])
  • Mess­in­stru­ment (Mess­be­reich, Mess­ge­nau­ig­keit, Mess­tem­pe­ra­tur, Auf­lö­sung, Wie­der­hol­bar­keit, Pro­be­vo­lu­men, Kom­pen­sa­ti­on des Messwerts, …)
  • Ein­fluss­fak­to­ren (Tem­pe­ra­tur, Bewe­gung, Luft­druck, Dau­er, Homogenität/​Probeentmischung, Kali­brie­rung, Eichung, Justierung)

Der Arti­kel greift rund um das The­ma Dich­te den all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch des Brau­ers auf und ver­sucht etwas erklä­ren­de Ord­nung in die Viel­falt der ver­wen­de­ten Begriff­lich­kei­ten zu bekom­men, Abhän­gig­kei­ten unter­ein­an­der auf­zu­lö­sen und mit Bei­spie­len die Ver­wen­dungs­zwe­cke darzustellen.

Aller­dings ist der The­men­kreis so kom­plex, dass nicht jeder wis­sen­schaft­li­che Teil­aspekt bis in alle Untie­fen hin­ein abge­han­delt wer­den kann. Vie­le der ver­wen­de­ten Begrif­fe las­sen sich beglei­tend im Inter­net recher­chie­ren. Eine Lis­te der wich­tigs­ten Adres­sen [WIA] fin­det sich am Ende des Arti­kels oder ist für Ein­zel­fäl­le direkt durch Quel­len­ver­wei­se gekennzeichnet.

Beglei­tend dazu hat sich die Redak­ti­on ent­schie­den, den Arti­kel in zwei Tei­le auf­zu­tei­len. Teil 1 behan­delt vor­zugs­wei­se die Defi­ni­tio­nen für „Dich­te”, wäh­rend Teil 2 den Sprach­ge­brauch des Brau­ers bezüg­lich „Dich­te” auf­greift und mit Bei­spie­len von der „Theo­rie” in die Pra­xis über­lei­tet. Teil 2 erscheint in der kom­men­den Aus­ga­be des brau!magazins.

Die Dich­te

Die DIN-​Norm DIN 1306 defi­niert Dich­te und ihre Ent­spre­chun­gen in deut­scher und eng­li­scher Spra­che. So kann man die­ser Norm unter ande­rem ent­neh­men, dass die Dich­te ρ (grie­chisch Rho), auch Mas­sen­dich­te genannt, der Quo­ti­ent aus der Mas­se m eines Kör­pers und sei­nem Volu­men V ist:

\[ \rho = \frac{m}{V} \]

For­mel 01: Mas­sen­dich­te ρ (Rho)

Die Ein­heit der Mas­sen­dich­te ρ ist Kilo­gramm pro Kubik­me­ter (kg \cdot m^{-3}), sie kann aber aber auch in ande­ren Ein­hei­ten wie Gramm pro Kubik­zen­ti­me­ter (g \cdot cm^{-3}) oder Gramm pro Mil­li­li­ter (g \cdot ml^{-1}) ange­ge­ben werden.

Beglei­tend dazu fin­det man Aus­sa­gen, dass eine Abhän­gig­keit zu einer Probe-​/​Messtemperatur besteht, da sich Stof­fe mit zuneh­men­der Tem­pe­ra­tur aus­deh­nen und mit abneh­men­der Tem­pe­ra­tur wie­der zusam­men­zie­hen – sich also in bei­den Fäl­len das Volu­men V und damit die Dich­te ändert, wäh­rend die Mas­se m unver­än­dert bleibt.

Zwangs­läu­fig sind Fest­le­gun­gen zu einer Bezugs­tem­pe­ra­tur nötig, damit Anga­ben zu einem Dich­te­wert ver­gleich­bar blei­ben. Im inlän­di­schen Brau­er­um­feld hat die Bezugs­tem­pe­ra­tur eine Hei­mat bei 20°C. Man darf leicht­fer­tig anneh­men, dass sich ein Dich­te­wert auch auch bei oft feh­len­den Tem­pe­ra­tur­be­zü­gen immer auf 20°C bezieht.

Die For­mel 01 lässt sich nach fol­gen­dem Mus­ter ent­we­der nach der Mas­se m oder nach dem Volu­men V umstellen:

\[ V = \frac{m}{\rho} \]

For­mel 02: Berech­nung eines Volu­mens aus einer Mas­sen­dich­te ρ und einer Mas­se m

\[ m =\rho \cdot V \]

For­mel 03: Berech­nung einer Mas­se m aus einem Volu­men V und einer Mas­sen­dich­te ρ

Aus­ge­stat­tet mit die­sem For­mel­werk hat der Brau­er sein „Hand­werks­zeug” eigent­lich schon bei­ein­an­der, und wer sich in sei­nen Anfän­gen mit einem ers­ten Rezept beschäf­tigt, muss auch gar nicht lan­ge war­ten, bis er auf For­mel 03 trifft. Hier war­tet die For­mel zur Berech­nung einer Sud­haus­haus­beu­te auf den Ein­stei­ger, und die Mas­sen­dich­te der Aus­schlag­wür­ze wird benö­tigt, um im Zäh­ler der For­mel eine Mas­se m für die gewon­ne Extrakt­men­ge zu berech­nen [SAB].

Wenn Mas­sen­dich­te rela­tiv oder spe­zi­fisch wird

Dich­te als Bruch zwei­er Grö­ßen (Quo­ti­en­ten­grö­ße [QUO]) muss nicht zwangs­läu­fig im Zäh­ler durch die Mas­se m und im Nen­ner durch das Volu­men V beschrie­ben wer­den. Sie kann auch als rei­ne Ver­hält­nis­grö­ße ange­ge­ben wer­den, wenn die Grö­ßen im Zäh­ler und im Nen­ner von glei­cher Dimen­si­on sind. Das ist gege­ben, wenn man zwei Mas­sen­dich­ten ins Ver­hält­nis setzt. Solch ein resul­tie­ren­des Grö­ßen­ver­hält­nis zwei­er Mas­sen­dich­ten bezeich­net man als rela­ti­ve oder spe­zi­fi­sche Dich­te (Dich­te­ver­hält­nis).

Eine rela­ti­ve oder auch spe­zi­fi­sche Dich­te ist defi­niert als Größen- oder Dich­te­ver­hält­nis zwei­er Mas­sen­dich­ten (For­mel 01):

\[ d =\frac{ \rho }{ \rho_{0} } \]

For­mel 04: „Rela­ti­ve Dich­te” – Teil 1

Die Mas­sen­dich­te \rho im Zäh­ler reprä­sen­tiert umgangs­sprach­lich die Dich­te der Pro­be, und die Mas­sen­dich­te \rho_{0} im Nen­ner reprä­sen­tiert die Dich­te einer Bezugs­grö­ße. Als Bezugs­grö­ße für Flüs­sig­kei­ten wird für \rho_{0} häu­fig die Mas­sen­dich­te von Was­ser ange­nom­men. Bei der Berech­nung des Quo­ti­en­ten d kür­zen sich die Ein­hei­ten der bei­den Mas­sen­dich­ten her­aus, und es ergibt sich ein rela­ti­ver Dich­te­wert, der dimen­si­ons­los ist, also kei­ne Ein­heit mehr hat. Beispiel:

\[ d = \frac{ \rho \; [ \text{ \sout{ \ensuremath{ g \cdot cm^{-3} }}} ] }{ \rho_{ 0 } \, [\text{ \sout{ \ensuremath{ g \cdot cm^{-3} }}} ]  } \]

For­mel 05: Von der Mas­sen­dich­te zur rela­ti­ven Dich­te – Kür­zen der Einheiten

Wie oben schon erwähnt ist Dich­te tem­pe­ra­tur­ab­hän­gig. Die­se Abhän­gig­keit betrifft sowohl die Mas­sen­dich­te der Pro­be als auch die Mas­sen­dich­te der Bezugs­grö­ße. Damit ergibt sich in Wor­ten für die rela­ti­ve Dichte:

Defi­ni­ti­on 01: Rela­ti­ve Dichte

Die rela­ti­ve Dich­te d ist das Ver­hält­nis der Mas­se eines bestimm­ten Volu­mens einer Flüs­sig­keit bei der Tem­pe­ra­tur T_{1} zur Mas­se des glei­chen Volu­mens von Was­ser bei der Temperatur T_{2}

\[ d = \frac{ \rho \cdot T_{1} }{ \rho_{0} \cdot T_{2} } \]

For­mel 06: „Rela­ti­ve Dich­te” – Teil 2

T_{1} \> und T_{2} beschrei­ben die jewei­li­ge Bezugs­tem­pe­ra­tur in °C. In unse­rer Bran­che fin­den sich zwei klas­si­sche Ver­tre­ter für rela­ti­ve Dichten:

Klas­si­sche Ver­tre­ter für rela­ti­ve Dichten

  • d^{20}_{4}
  • d^{20}_{20}

Die ers­te Vari­an­te beschreibt eine rela­ti­ve Dich­te als die Mas­sen­dich­te einer Flüs­sig­keit bei 20°C im Ver­hält­nis zur Mas­sen­dich­te von Was­ser bei 4°C.

Anmer­kung zur rela­ti­ven Dich­te d^{20}_{4}:

Die Dich­te d^{20}_{4} wird auch als Dich­te­zahl bezeich­net. Die Beson­der­heit besteht dar­in, dass die Mas­se von 1 g Was­ser bei 4 °C einem Volu­men von 1 Mil­li­li­ter bzw. 1,000028 cm³ ent­spricht, wodurch sich der Volu­men­an­teil bei der Ver­hält­nis­bil­dung im Bezug zur Mas­sen­dich­te (For­mel 01) nahe­zu neu­tral verhält.

In der Fol­ge muss der Unter­schied zwi­schen der Mas­sen­dich­te \rho und der dimen­si­ons­lo­sen Dich­te­zahl d^{20}_{4} sehr gering sein. Tat­säch­lich ist er so gering, dass er aus unse­rer Sicht auf die Din­ge unin­ter­es­sant wird. For­mel 07 zeigt die Unter­schie­de auf.

Die zwei­te Vari­an­te, d^{20}_{20} , beschreibt eine rela­ti­ve Dich­te als die Mas­sen­dich­te einer Flüs­sig­keit bei 20°C im Ver­hält­nis zur Mas­sen­dich­te von Was­ser bei 20°C (Dich­te­ver­hält­nis).

In Zah­len:
Eine Wür­ze hat gemes­sen bei 20 °C eine Mas­sen­dich­te von d=1,04646 \> [ g \cdot cm^{-3} ], und rei­nes Was­ser hat bei 20°C eine Mas­sen­dich­te von d_{20} = 0,998207 \> [ g \cdot cm^{-3} ]. Dar­aus ergibt sich für die rela­ti­ve Dich­te d^{20}_{20}:

Bei­spiel 01:

Berech­nung der rela­ti­ven Dich­te d^{20}_{20} aus einer Wür­ze mit einer Mas­sen­dich­te von d = 1,04646 [ g \cdot cm^{-3} ] und Was­ser mit einer Mas­sen­dich­te von d_{20} = 0,998207 [ g \cdot cm^{-3} ]. Jeweils bei 20 °C.

\[ d^{20}_{20} = \frac{ 1,04646 [g \cdot cm^{-3} ] }{ 0,998207 [g \cdot cm^{-3} ] } = 1,04837 \]

Für die rela­ti­ve Dich­te d^{20}_{4} funk­tio­niert das ganz ähn­lich, nur dass man dazu die Mas­sen­dich­te von Was­ser bei 4 °C benö­tigt. Wie die meis­ten wis­sen wer­den, weist Was­ser bei einer Tem­pe­ra­tur von 3,98 °C sei­ne höchs­te Mas­sen­dich­te auf. Sie liegt bei d_{4} = 0,999975 [g \cdot cm^{-3} ].

Wer es sich in sei­nem Kon­text erlau­ben kann, nimmt für eine Mas­sen­dich­te von Was­ser bei 4 °C den Wert 1,0 [ g \cdot cm^{-3} ] an. Damit wir aber mit unse­rem Bei­spiel­re­chen­werk in der Spur blei­ben, rech­nen wir für die rela­ti­ve Dich­te d^{20}_{4} mit der kor­rek­ten Bezugs­grö­ße für Was­ser bei 4 °C:

Bei­spiel 02:

Berech­nung der rela­ti­ven Dich­te d20/​4 aus einer Wür­ze mit einer Mas­sen­dich­te von d = 1,04646 [g \cdot cm^{-3} ] bei 20 °C und Was­ser mit einer Mas­sen­dich­te von d_{4} = 0,999975 [ g \cdot cm^{-3} ] bei 4 °C

\[ d^{20}_{4} = \frac{ 1,04646 [g \cdot cm^{-3} ] }{ 0,999975 [g \cdot cm^{-3} ] } = 1,04649 \]

Die Mas­sen­dich­ten für Was­ser bei 20 °C und für Was­ser bei 4 °C las­sen sich, wie oben mit den Kür­zeln d_{20} und d_{4} bereits unter­schwel­lig ange­deu­tet, auch als Faktoren/​Konstanten fest­le­gen und für aller­lei Fol­ge­rech­nun­gen weiterverwenden.

Fak­to­ren 01:

Mas­sen­dich­ten für rei­nes Was­ser bei 20 °C und bei 4 °C

d_{20} = 0,998207(Mas­sen­dich­te für rei­nes Was­ser bei 20 °C)

d_{4} = 0,999975(Mas­sen­dich­te für rei­nes Was­ser bei 4 °C)

Mit die­sen Faktoren/​Konstanten las­sen sich die benann­ten rela­ti­ven Dich­ten in Mas­sen­dich­ten umrech­nen und umgekehrt.

\[ \rho = d^{20}_{20} \cdot d_{20} \]

\[ \rho = d^{20}_{4} \cdot d_{4} \]

For­mel 07: Bezie­hung zwi­schen Mas­sen­dich­te ρ und rela­ti­ver Dich­te d^{20}_{20} und d^{20}_{4} (Dich­te­zahl)

Wenn aus einer rela­ti­ven Dich­te eine spe­zi­fi­sche Dich­te SG (Spe­ci­fic Gra­vi­ty) wird

Wer im inter­na­tio­na­len Kon­text unter­wegs ist, kommt ohne Zwei­fel um SG nicht her­um. SG ist wie die Dich­ten d^{20}_{20} und d^{20}_{4} „rela­tiv” und eben­so dimen­si­ons­los, aller­dings gestal­tet sich der Bezug zu einer Ver­gleichs­tem­pe­ra­tur noch ein wenig freier:

Defi­ni­ti­on 02: Spe­ci­fic Gra­vi­ty (SG)

Die rela­ti­ve Dich­te SG ist das Ver­hält­nis der Mas­se eines bestimm­ten Volu­mens einer Flüs­sig­keit bei der Tem­pe­ra­tur T1 zur Mas­se des glei­chen Volu­mens von Was­ser bei glei­cher Tem­pe­ra­tur T1

\[ SG = \frac{ \rho \cdot T_{1} }{ \rho_{0} \cdot T_{1} }\]

For­mel 08:Definition für die „Rela­ti­ve Dich­te” SG (Spe­ci­fic Gravity)

Hier kommt es also dar­auf an, dass die in Ansatz ange­brach­ten Mas­sen­dich­ten \rho und \rho_{0} immer bei der­sel­ben Tem­pe­ra­tur T_{1} fest­ge­stellt wur­den bzw. in Bezug gebracht wer­den. Wel­che Tem­pe­ra­tur das genau ist, ist nicht fest­ge­legt. Bleibt man gedank­lich für T_{1} bei einer gemein­sa­men Bezugs­tem­pe­ra­tur von 20 °C, ergibt sich zwi­schen einer rela­ti­ven Dich­te d^{20}_{20} und einer rela­ti­ven Dich­te SG kein Unterschied.

\[ SG =d^{20}_{20} \]

For­mel 09: SG und rela­ti­ve Dich­te d^{20}_{20} bei T=20 °C

Nach For­mel 05 darf für T=20 °C eben­falls gelten:

\[ \rho = SG \cdot d_{20} \]

For­mel 10: Mas­sen­dich­te ρ aus SG bei 20 °C

Zeit für ein Beispiel.

Bei­spiel 03: Mas­sen­dich­te ρ aus rela­ti­ver Dich­te SG berechnen

In einem inter­na­tio­nal aus­for­mu­lier­ten Rezept fin­det sich für die Anga­be einer Kalt­wür­ze­kon­zen­tra­ti­on ein Wert von OG (Ori­gi­nal Gra­vi­ty) = 1,048 (SG vor der Ver­gä­rung = Stamm­wür­ze °P). Für T=20 °C darf gel­ten (For­mel 10):

\rho = 1,048 (SG) \cdot 0,998207 (d_{20}) = 1,046 [ g \cdot cm^{-3} ]

Wenn aus SG ein Extrakt­po­ten­zi­al wird

Zur Anga­be von Extrakt­ge­hal­ten fin­det man „SG-​Extraktpotenzial” meist zu Roh­stof­fen oder gan­zen Schüt­tungs­tei­len. Sehr ver­brei­tet ist die­se Anga­be in US-​amerikanischer Lite­ra­tur, in Rezep­ten und Soft­ware­lö­sun­gen (z. B. 1.038 SG).

Hier­zu­lan­de ist man eher gewohnt, von „Extrakt was­ser­frei” oder „Extrakt luft­tro­cken” in Pro­zent zu spre­chen (z. B. 80 %) [MAA], und ein direk­ter Ver­gleich der bei­den Grö­ßen scheint auf den ers­ten Blick nicht möglich.

Zusätz­lich ist man auf der ande­ren Sei­te des Teichs nicht weni­ger schreib­faul als in unse­ren Brei­ten und kürzt des­halb die Zah­len­rei­he für SG ins­ge­samt zu „SG-​Points” oder zu „Gra­vi­ty Units (GU)” nach fol­gen­dem Mus­ter ab:

\[\text{SG-Points} = (SG - 1) \cdot 1000 \]

For­mel 11: SG-​Points aus SG berechnen

Bei­spiel 04: SG-​Points aus SG

SG = 1,048
SG\text{-}Points = ( 1,048 - 1 ) \cdot 1000 = 48

Dem nicht genug, fin­det man im Umfeld von SG-​Points noch die Ein­heits­be­zeich­nung pp(p)g (points per pound and gal­lon), und wie sich das nun alles zu „Extrakt­po­ten­zi­al” zusam­men­fügt, will ich kurz erklären.

Basis für „Extrakt­po­ten­zi­al” war/​ist, dass sich Sac­cha­ro­se (Haus­halts­zu­cker) zu 100 % in Was­ser lösen lässt. Im Bezug zum Her­kunfts­land für „Extrakt­po­ten­zi­al” hat man in einer Ver­suchs­rei­he ein Pfund (1 lb = 454 g) Sac­cha­ro­se in Was­ser vor­ge­löst und im Anschluss so lan­ge Was­ser zuge­ge­ben, bis das Volu­men der Gesamt­lö­sung genau eine Gal­lo­ne (1 gal = 3,785 l) betrug. Eine anschlie­ßen­de Mes­sung der Sac­cha­ro­se­lö­sung ergab für Spe­ci­fic Gra­vi­ty (SG) einen Wert von 1,04615. Aus­ge­drückt in SG-​Points (For­mel 10) und auch für die Ein­heit ppg resul­tiert ein Wert von 46,15.

Zeit­wei­se fin­det man gering­fü­gig abwei­chen­de Wer­te für SG=1,04615, und es steht jedem offen, hier noch genaue­re Wer­te zu ermit­teln oder anzu­neh­men. Für unse­re Zwe­cke soll das genü­gen. Auf jeden Fall hat man über den beschrie­be­nen Weg eine Aus­sa­ge dar­über gefun­den, was man maxi­mal aus einem Extrakt­lie­fe­ran­ten an Brau­wert gewin­nen und in Lösung brin­gen kann – die 100-%-Marke.

So auf­ge­stellt kann man jeden belie­bi­gen Roh­stoff oder Extrakt­lie­fe­ran­ten gegen die 100 % antre­ten las­sen und auch ganz all­ge­mein Kenn­zah­len für bestimm­te Roh­stof­fe in einer Span­ne fest­le­gen, um deren Extrakt­po­ten­zi­al ver­glei­chend zu beschrei­ben (yield).

Damit schließt sich der Kreis. Gleich­zei­tig bekommt man die Rechen­lo­gik an die Hand, die es braucht, um Anga­ben in Extrakt­po­ten­zi­al (SG oder SG-​Points) in uns gän­gi­ge­re Extrakt­an­ga­ben für Roh­stof­fe umzurechnen.

\[ Extrakt \, \% = \frac{ SG\text{-}Points \cdot 100}{46,15} \]

For­mel 12: Extrakt­ge­halt Roh­stoff in % aus SG-Point

Bei­spiel 04: Extrakt­ge­halt Roh­stoff in % aus SG-​Point = 37

Extrakt \, \% = \frac{ 37 (SG 1,037) \cdot 100 }{ 46,15 (SG 1,04615) } = 80,17 %

\[SG\text{-}Points =\frac{ Extrakt \% \cdot 46,15 }{ 100 } \]

For­mel 13: SG-​Points aus Extraktgehalt %

Bei­spiel 05: SG-​Points aus Extrakt­ge­halt % = 78,5

SG\text{-}Points =\frac{ 78,5 \% \cdot 46,15 (SG 1,04615) }{ 100 } = 36,2

Fall­stri­cke für die Umrech­nung – No.1:
Bekannt dürf­te sein, dass mit jedem kg Malz auch immer ein Anteil Was­ser mit­ge­kauft wird. Die Was­ser­ge­hal­te schwan­ken im Schnitt zwi­schen 2 uns 5 %, und der Mäl­zer trägt dem Rech­nung, indem er auf einer Malz­ana­ly­se zwei­er­lei Anga­ben für den Extrakt­ge­halt aus­weist: den was­ser­frei­en (ohne Was­ser, Extr._{wfr.} \% oder TrS.) und den luft­tro­cke­nen (mit Was­ser, Extr._{lftr.} \% ) [MAA].

Zum Zeit­punkt des Ein­mai­schens und zur Pla­nung von Teil­schüt­tun­gen ist nur der rei­ne Brau­wert einer Kom­po­nen­te inter­es­sant und damit der luft­tro­cke­ne Extrakt­ge­halt in %. Gera­de für For­mel 12 soll­te im Anschluss noch in den Extr._{lftr.} \% umge­rech­net wer­den, da man anneh­men darf, dass die Sac­cha­ro­se, die zur Berei­tung der Urlö­sung (SG = 1,04615) ver­wen­det wur­de, annä­hernd was­ser­frei war.

\[ Extrakt_{wfr.} \% = Extrakt_{lftr.} \% \cdot \frac{ 100 }{ 100 - Wassergehalt \% } \]

For­mel 14: Umrech­nung Malz­ex­trakt luft­tro­cken in Malz­ex­trakt wasserfrei

\[ Extrakt_{lftr.} \% = ( 100 - Wassergehalt \%) \cdot \frac{ Extrakt_{wfr.} \% }{ 100 } \]

For­mel 15 :Umrech­nung Malz­ex­trakt was­ser­frei in Malz­ex­trakt lufttrocken

Fall­stri­cke für die Umrech­nung – No.2:
Eigent­lich welt­weit wird für Malz der Extrakt­ge­halt in zwei­er­lei Vari­an­ten bestimmt und auf Ana­ly­sen­blät­tern auch so aus­ge­wie­sen: für Grob­schrot und für Fein­schrot. Die Dif­fe­renz der bei­den Ergeb­nis­la­gen fin­det sich zusätz­lich als Mehl-​/​Schrotdifferenz in % aus­ge­wie­sen in den o. g. Ana­ly­sen­blät­tern [MAA].

Unschwer vor­zu­stel­len, dass sich der Extrakt aus einem Fein­schrot leich­ter und voll­stän­di­ger in Lösung brin­gen lässt als aus einem Grob­schrot. Hier­zu­lan­de ist das Maß der Din­ge die ange­ge­be­ne Fein­schrot­aus­beu­te. Der Brau­er reagiert mit sei­ner Schrot­zu­sam­men­set­zung auf das Opti­mum der luft­tro­cke­nen Fein­schrot­aus­beu­te und fin­det einen Abgleich zum „Ist” in der Fest­stel­lung einer Sud­haus­aus­beu­te. In aller­lei Lite­ra­tur fin­det man den Hin­weis, dass die Dif­fe­renz die­ser bei­den Wer­te nicht mehr als 1 % betra­gen sollte.

Ähn­lich wie beim Was­ser­ge­halt muss auch hier ein Abgleich der Ergeb­nis­la­ge statt­fin­den, der aber unmög­lich wird, wenn die „Quel­le” (-> auf wel­cher Basis ist „Extrakt­po­ten­zi­al” ermit­telt) unbe­kannt ist. Ohne­hin dif­fe­rent muss eine Bewer­tung aus­fal­len, wenn in einem Aspekt der Roh­stoff und in einem ande­ren Aspekt ein Rezept nebst Teil­schüt­tung betrach­tet wird.

Ergo:
Es kommt gar nicht so sehr dar­auf an, ob bei der Umrech­nung mit dem Fak­tor 46,15 oder nur mit 46 gerech­net wird (For­mel 11, For­mel 12), son­dern viel­mehr, wie die Ergeb­nis­la­ge zu inter­pre­tie­ren ist und wel­cher Kon­text wel­che anschlie­ßen­den Kor­rek­tu­ren benö­tigt. Ent­spre­chend erweitere/​ändere/​vereinfache ich als Vor­schlag For­mel 12 für zwei Kontexte:

\[ Extr.lftr. \% = \frac{SG\text{-}Points \cdot 100 }{ 46 } - 2  \]

For­mel 12 A: Extrakt­ge­halt Roh­stoff luft­tro­cken in % aus SG-​Point für rei­ne Rohstoffangaben

\[ Extr.lftr. \% = \frac{SG\text{-}Points \cdot 100 }{ 46 } \]

For­mel 12 B: Extrakt­ge­halt Roh­stoff luft­tro­cken in % aus SG-​Point für Rezepturangaben/​Teilschüttungen

Wer mit den Zah­len ein wenig spie­len möch­te, kann das basie­rend auf Quel­le [EXP] tun, und wer annimmt, dass SG-​Points eine Erfin­dung von US-​amerikanischen Brau­ern sei­en, der darf sei­ne Bli­cke ger­ne in Rich­tung der Wein- und Most­her­stel­lung rich­ten. Hier fin­den sich die Grad Oechs­le (°Oe), die nichts anders beschrei­ben als die SG-​Points aus dem Brauwesen[OEG] – basie­rend auf SG.

In Teil 2 geht es wei­ter mit Gewichts­pro­zen­ten, Volu­men­pro­zen­ten, der Pla­to­ta­bel­le, Umrech­nun­gen und mit Bei­spie­len aus der Praxis.


2 Kommentare zu “Dich­te, Brau­er und Extraktangaben

  1. fsb

    Auch von mir einen herz­li­chen Dank für die­se ver­ständ­li­chen Wor­te zu einem so anspruchs­vol­len wie grund­le­gen­den The­ma. Ich möch­te jedoch Anpas­sun­gen zur Dis­kus­si­on stel­len. Mei­ne letz­te Physik-​Unterrichtsstunde liegt rund 30 Jah­re zurück, aber viel­leicht ist das Fol­gen­de doch nach­voll­zieh­bar und ggf. nicht ganz falsch. Ich wür­de mich über eine Ant­wort freuen.

    Grund­sätz­lich erklärt der Arti­kel die Begrif­fe der ein­hei­ten­be­haf­te­ten Mas­sen­dich­te (rho) und der dimen­si­ons­lo­sen rela­ti­ven Dich­te (d). Die­se Buch­sta­ben wer­den nach­fol­gend im Arti­kel aber selbst abwei­chend ver­wen­det, etwa in den Bei­spie­len 01/​02: „Wür­ze mit einer Mas­sen­dich­te d = … und Was­ser mit einer Mas­sen­dich­te d_​4 bzw. d_​20 = …”. Mei­nes Erach­tens soll­ten die­se Grö­ßen als rho_{@20} bzw. d rho_{0@20} /​rho_{0@20} bezeich­net wer­den. Das gilt dann natür­lich auch für nach­fol­gen­de ähn­li­che Stel­len im Artikel.

    For­mel 07 sieht auf den ers­ten Blick nicht kor­rekt aus: Wie kann eine ein­hei­ten­be­haf­te­te Grö­ße gleich dem Pro­dukt zwei­er ein­hei­ten­lo­ser Zah­len sein? Rich­tig wäre nach mei­ner Auf­fas­sung: rho = d^20_20 * rho_0@20 bzw. rho = d^20_4 * rho_0@4 (alter­na­tiv kon­kre­ter rho_@20 statt rho).

    Außer­dem emp­fin­de ich in For­mel 06 die Dar­stel­lung einer Mas­sen­dich­te *bei* einer bestimm­ten Tem­pe­ra­tur als *Pro­dukt* aus rho und T als falsch. Ich wür­de es wie schon oben mit Index notie­ren in der Form rho_@T.

    Ich bit­te die­se Aus­füh­run­gen als kon­struk­ti­ve Kom­men­ta­re zu verstehen.

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