In unserem Artikel im letzten Heft hatten wir die Eröffnung von BRLO BRWHOUSE, dem temporären Biergarten am Berliner Gleisdreieck, schon angekündigt. Kurz vor der Fußball-EM war es Anfang Juni dann auch wirklich so weit, und der Open-Air-Ausschank öffnete seine Türen.
Die Lage des Biergartens ist wirklich einmalig. Am Gleisdreieck treffen sich die beiden ältesten U‑Bahn-Linien Berlins, U1 und U2. Sie verlaufen hier als Hochbahn, sodass die obere der beiden mehr als zehn Meter über den Köpfen der Spaziergänger fährt. Die dritte Ebene, das Gleisgelände des ehemaligen Anhalter und Potsdamer Bahnhofs, wurde in den 90er-Jahren im Zuge der Wiederbebauung des Potsdamer Platzes in einen Park umgewandelt. Die Züge rollen seitdem unterirdisch zum neuen Hauptbahnhof – die Rampe dafür erscheint nur wenige Meter südlich aus dem Untergrund. Genau neben dem Kreuzungspunkt dieser Strecken liegt zu ebener Erde der BRLO-Biergarten, einerseits mit schönem Blick über den Park, auf der anderen Seite die beiden U‑Bahn-Linien im Rücken.
Der Garten selbst besteht aus einem Holzdeck, auf dem eine Skulptur aus weiß umwickelten Gerüststangen montiert ist, die das BRLO-Logo weithin sichtbar trägt. Bar und Küche befinden sich in zwei Containern am Rande. Gegenüber ist die Leinwand für das Public Viewing aufgebaut. Am Rande lagern schon die Container, aus denen das BRLO BRWHOUSE gebaut werden soll.
Das Thema der Veranstaltung, zu der das brau!magazin am 16. Juni eingeladen war, hieß „Pairing is Caring”, also die geschickte Kombination von Speisen und passenden Bieren, die, wenn die Paarungen stimmen, beide Seiten gewinnen lässt. Braumeister Michael Lembke und Ben Pommer, Küchenchef des Brauhauses, stellten für uns fünf Kombinationen zusammen, die das unter Beweis stellen sollten.
Empfangen wurden wir von Katharina Kurz, Christian Laase und Michael Lembke mit einer Erdbeerweißen, die einige Wochen zuvor in der Breslauer Brauerei Stu Mostow als Collaboration Brew eingebraut wurde. Die leichte, mild säuerliche Berliner Weiße, die BRLO in die Kollaboration eingebracht hat, paart sich wunderbar mit den polnischen Erdbeeren, von denen für den Sud 200 Kilogramm von Hand geputzt wurden. Meine Begeisterung für das Bier scheinen viele Gäste geteilt zu haben, denn als ich zwei Wochen später noch einmal davon probieren wollte, war es schon komplett weggetrunken worden.
Den Einstieg in das Pairing bildete BRLO Helles mit handeingelegten Mixed Pickles. Die Pickles waren knackig, offenbar vor dem Einlegen nur kurz blanchiert. Im sauren Sud warteten sie nur einige Tagen auf ihren Auftritt mit dem Hellen, das eine gefällige Interpretation des klassischen Stils ist, vielleicht etwas aromatischer gehopft als üblich (mit Herkules, Opal, Spalter Select und Tettnanger). Prima Beginn: keine Sensationen, aber ordentliches Handwerk.
Zum zweiten Gang wurde es wieder vegetarisch: BRLO Pale Ale mit Möhren-Karotten-Sauerklee. Hier wurden Möhren auf drei unterschiedliche Arten zubereitet und mit Sauerklee garniert. Das frische, fruchtige, nicht zu bittere Pale Ale war dazu eine perfekte Wahl. Vegetarische Küche liegt Ben Pommer sehr am Herzen. Fleisch wird nur als Option angeboten, und wenn, dann in perfekter Qualität, siehe unten.
Dem dritten Gang, einem BBQ-Chicken Sandwich, serviert mit BRLO German IPA, sieht man die aufwendige Zubereitungsart nicht auf den ersten Blick an. Scharf gewürzt, steckt das teilweise zu einer Farce verarbeitete Hühnchenfleisch mit frischem Gemüse in einem knusprig getoasteten Sandwich. Zu diesen kräftigen Aromen passt das ebenso kräftige German India Pale Ale. Es wird ausschließlich mit deutschen Hopfen gebraut, Comet, Hüll Melon, Polaris, und muss sich nicht hinter einem englischen oder amerikanischen Vertreter seiner Art verstecken. Ganz anders als die Erdbeerweiße, aber ebenso mein Favorit.
Der Zwischengang war wieder fleischlos: BRLO Weizen und Blumenkohl mit Vadouvan, einer indischen Würzspezialität aus Zwiebeln, Knoblauch und diversen Gewürzen. Der Blumenkohl war im Ganzen und sehr knackig gegart – hier versagte dann leider das hölzerne Besteck endgültig. Das Weizen war ein typischer Vertreter des süddeutschen Stils. Von der etwas kräftigeren Aromahopfung war noch nicht viel spürbar – am endgültigen Rezept wird noch gearbeitet.
Der Höhepunkt für den Fleischfreund war der letzte Gang: Ribs vom deutschen Sattelschwein. Das Fleisch war butterzart gegrillt, gut durchwachsen und herrlich würzig mit einer leicht rauchigen Soße – ein Gedicht! Passend dazu gab es das kräftige Porter mit den komplementären Karamell- und Röstaromen und einem Hauch von Rauch.
Jeder Gang wurde von Ben und Michael präsentiert und meist mit einer kleinen Story verbunden. Insgesamt ein sehr kurzweiliger und geschmackreicher Tag, der einmal mehr gezeigt hat, welches Potenzial in solchen Kombinationen von Bier und Speisen steckt und dass Bier als Partner des Essens mindestens ebenso viel, wenn nicht sogar mehr Potenzial hat als Wein.
Inzwischen (Ende August 2016) ist die Baustelle für das BRLO BRWHOUSE schon weiter fortgeschritten. Das Fundament ist gegossen, und die Container an den Längsfronten, zwischen denen das Sudhaus und der Gastraum Platz finden werden, sind aufgestellt. Im Juni sprach Michael noch davon, dass er den ersten Sud schon Mitte bis Ende August auf der neuen Anlage einbrauen will. Diesen sportlichen Termin wird er zwar nicht halten können, aber es scheint noch möglich, dass man bei Wintereinbruch bereits im Trockenen sitzen kann. Ich wünsche dem Projekt jedenfalls viel Erfolg!