Bier­feh­ler Diacetyl

Bier­feh­ler des Quar­tals: Diacetyl

Steck­brief

  • Schlüs­sel­kom­po­nen­te: Diace­tyl (C4H6O2)
  • Geruch: But­ter­ar­tig, süß­lich, in höhe­ren Kon­zen­tra­tio­nen Butterkaramell 

    Diacetyl

    Diacetyl

  • Schwel­len­wert: 50 – 100 μg/​l
  • Typi­sche Kon­zen­tra­ti­on in Bier: 10 – 120, sel­ten auch bis 800 μg/​l
  • Ursa­che: Ent­steht aus einem Stoff­wech­sel­pro­dukt von Hefen und Bakterien

Über­blick

Diace­tyl ent­steht aus 2‑Acetolactat, das beim Stoff­wech­sel aller Hefe wäh­rend der Gärung gebil­det und an die Wür­ze abge­ge­ben wird. Gerin­ge Men­gen an Diace­tyl sind daher in allen Bie­ren ent­hal­ten und kön­nen bis ca. 120 μg/​l sogar stil­ty­pisch und erwünscht sein. Einer gerin­gen Rest­men­ge an Diace­tyl wird sogar eine Stei­ge­rung der Voll­mun­dig­keit und Abrun­dung des Bier­ge­schmacks zuge­spro­chen. In höhe­ren Men­gen gilt Diace­tyl jedoch als Bier­feh­ler, der durch ein süßlich-​karamelliges But­ter­aro­ma cha­rak­te­ri­siert wird. Hefe ist nicht nur an der Bil­dung von Diace­tyl betei­ligt, son­dern kann es am Ende der Gärung auch wie­der auf­neh­men und zu weni­ger geschmacks­in­ten­si­ven Stof­fen abbau­en. Betrach­tet man also die Men­ge an Diace­tyl im fer­ti­gen Bier, müs­sen sowohl Fak­to­ren für des­sen Ent­ste­hung, als auch für die Voll­stän­dig­keit des Abbaus betrach­tet werden.

Ent­ste­hung und Abbau

Wenn die Hefe­zel­le für den Auf­bau an Bio­mas­se nicht mehr aus­rei­chend von der Ami­no­säu­re Valin aus der Wür­ze auf­neh­men kann, dann kann sie es selbst syn­the­ti­sie­ren. Ein Zwi­schen­schritt auf der Syn­the­se zu Valin ist 2‑Acetolactat. Die­se Vor­gän­ger­sub­stanz zu Diace­tyl ent­steht im Über­schuss und wird daher von der Hefe zum Teil durch die Zell­wand an die Wür­ze abge­ge­ben. Die Hin­ter­grün­de für die Aus­schei­dung sind nicht voll­stän­dig geklärt. Ver­mut­lich ist eine zu hohe Kon­zen­tra­ti­on an 2‑Acetolactat für die Hefe schäd­lich, wes­halb es an die Wür­ze abge­ge­ben wird.

Außer­halb der Hefe­zel­le reagiert 2‑Acetolactat dann nicht-​enzymatisch zu Diace­tyl, wes­halb Tem­pe­ra­tur, pH Wert und Sau­er­stoff einen Ein­fluss auf die Reak­ti­ons­ge­schwin­dig­keit haben. Da es sich um eine aus­schließ­lich che­mi­sche Reak­ti­on han­delt, ent­steht solan­ge Diace­tyl, bis 2‑Acetolactat oder Sau­er­stoff erschöpft sind. Die Reak­ti­on wird durch einen hohen pH und nied­ri­ge Tem­pe­ra­tu­ren gebremst. Diace­tyl kann daher auch vom Brau­er unbe­merkt ent­ste­hen. Selbst wenn wäh­rend einer (küh­len) Gärung der cha­rak­te­ris­ti­sche Geruch von Diace­tyl nicht wahr­nehm­bar war, kann er sich im Gebin­de über Wochen und Mona­te ent­wi­ckeln, wenn ent­spre­chen­des Poten­zi­al in Form von 2‑Acetolactat vor­han­den ist.

Diacetylzyklus

Der Diacetylzyklus. Die Hefe gibt überschüssiges 2-Acetolactat an die Würze ab. Dieses reagiert zu Diacetyl, das nach Ende der Gärung wieder aufgenommen und zu 2,3-Butandiol reduziert wird.

Die Erhö­hung der Gär­tem­pe­ra­tur am Ende der Gärung auf 14–16°C zur soge­nann­ten Diace­tyl­rast for­ciert die­se Reak­ti­on. Damit soll sicher­ge­stellt wer­den, dass am Ende der Gärung mög­lichst viel 2‑Acetolactat zu Diace­tyl umge­wan­delt wird. Der tech­no­lo­gi­sche Zweck der Diace­tyl­rast ist daher para­do­xer­wei­se zunächst die mög­lichst voll­stän­di­ge Bil­dung von Diace­tyl aus 2‑Acetolactat. Der Abbau durch die Hefe erfolgt dann par­al­lel, solan­ge die Hefe vital und in Schwe­be ist. Das auf­ge­nom­me­ne Diace­tyl wird dabei mit Ener­gie­ge­winn über Ace­to­in zu 2,3‑Butandiol abge­baut, das einen viel­fach höhe­ren Geschmacks­schwel­len­wert auf­weist und daher im Bier nicht mehr erkenn­bar ist. Die Aufnahme- und Abbau­ra­te von Diace­tyl durch die Hefe ist sehr hoch, daher gilt vor allem die vor­an­ge­stell­te Umset­zung von 2‑Acetolactat zu Diace­tyl als limi­tie­ren­der Fak­tor im Diacetylabbau.

Pro­blem­fel­der

Begüns­tigt wird die Ent­ste­hung von Diace­tyl durch hohe Wachs­tums­ra­ten der Hefe bei einem gleich­zei­ti­gen Man­gel an frei­em Ami­no­stick­stoff (FAN). Wie­viel Diace­tyl ent­steht und wie schnell es abge­baut wird, ist jedoch in ers­ter Linie vom Hefe­stamm abhän­gig. Da Diace­tyl in der Brau­in­dus­trie als Indi­ka­tor für den Abschluss der Rei­fung gilt, ste­hen seit lan­gem Stäm­me mit gerin­gem Bil­dungs­ver­mö­gen und zügi­ger Auf­nah­me im Fokus der Hefe­zucht. Da direkt bei Unter­schrei­tung eines fest­ge­leg­ten Schwel­len­wer­tes von meist < 0,1mg/l der Über­gang in die Kalt­la­ge­rung ein­ge­lei­tet wer­den kann, sind so Ver­kür­zun­gen der Sud­zei­ten mög­lich. Auch gene­tisch mani­pu­lier­te Stäm­me, die gar nicht oder kaum zur Bil­dung von Diace­tyl füh­ren, sind bereits in der Erprobung.

Fehlt wie in Haus- und Hob­by­braue­rei­en üblich die ana­ly­ti­sche Bestim­mung des 2‑Acetolactats und Diace­tyls, kommt es vor allem bei zu kal­ter oder zu kur­zer Rei­fung zu Pro­ble­men, wie dies durch zu enge Sud­fol­gen etwa im Som­mer vor­kom­men kann. Klar­heit ver­schafft neben der Ana­ly­se auch ein For­cier­test. Hier­zu erwärmt man eine Pro­be für 30 min auf 60°C, um die Oxi­da­ti­on des 2‑Acetolactat zu for­cie­ren. Riecht die wie­der auf Raum­tem­pe­ra­tur abge­kühl­te Pro­be unan­ge­nehm nach But­ter, soll­te vor der Kalt­la­ge­rung noch eine ein- bis zwei­tä­gi­ge Diace­tyl­rast bei 14–16°C ein­ge­scho­ben wer­den. Auch bei ober­gä­ri­gen Bie­ren kom­men hohe Diace­tyl­wer­te vor. Dies ins­be­son­de­re bei Stäm­men mit star­ker Flok­ku­la­ti­on, wodurch zu wenig Hefe für den Abbau in der Schwe­be sein kann. Auch eine ver­früh­te Küh­lung oder Klärung/​Filtration kann ursäch­lich sein.

Diace­tyl kann auch infol­ge von Kon­ta­mi­na­tio­nen durch Bak­te­ri­en gebil­det wer­den. Die Diace­tyl­wer­te kön­nen dabei die von Hefe gewohn­ten Men­gen um ein viel­fa­ches über­stei­gen. Bei bestehen­den Pro­ble­men trotz Diace­tyl­rast und ange­pass­tem Hefe­ma­nage­ment soll­te daher auch die­ser Bil­dungs­weg aus­ge­schlos­sen werden.


Quel­len:

  • Kris­toff­er Kro­ge­rus, Bri­an R. Gibson1; 125th Anni­ver­sa­ry Review: Diace­tyl and its con­trol during bre­wery fer­men­ta­ti­on, 2013, Jour­nal of the Insti­tu­te of Brewing
  • C. Boul­ton, W. Box; Kapi­tel „For­ma­ti­on and Dis­ap­pearance of Diace­tyl During Lager Fer­men­ta­ti­on” in Bre­wing Yeast Fer­men­ta­ti­on Per­for­mance, 2003, Black­well Science
  • Chris­to­pher White; Diace­tyl Time Line, 2008, http://www.whitelabs.com/sites/default/files/Diacetyl_Time_Line.pdf

2 Kommentare zu “Bier­feh­ler Diacetyl

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