Ber­li­ner Weiße

Reinkarnation als Dauerzustand

Ich kenne kein Bier, dessen Wiederauferstehung schon so oft prophezeit wurde, und das dennoch, zumindest in seiner Heimat, nach wie vor nur als ein Untoter durch die Bier-Bar-Karten geistert. Wie viele mehr oder weniger vollmundige Ankündigungen, die Berliner Weiße zu retten, hat es schon gegeben, und wie wenig hat sich das auf das Alltagsbild der Berliner Bierkneipen ausgewirkt. Lässt man einmal die Kindl-Weiße bei Seite, weil sie nur ein schwacher Schatten des ursprünglichen Bierstils ist, wird wohl außerhalb der Stadt mehr Berliner Weiße gebraut und getrunken als in ihr.

Dabei ist die Weiße ein idealer Durstlöscher im Sommer, und ein hervorragender Aperitiv zu jeder Jahreszeit. Die helle, bei langer Lagerung klare Farbe, der sehr leichte Körper, die kaum wahrnehmbare Bittere, die Säure der Milchsäuregärung und die vielfältigen feinen Aromen der Brettanomyces lassen die Berliner Weiße fast wie einen leichten Prosecco wirken, und so verwundert es kaum, dass die Napoleonischen Soldaten auf ihren Kriegszügen in Richtung Preußen sie als "Champagner des Nordens" bezeichnet haben sollen.

Geschichte

Bierbrauer im 16. Jahrhundert

Bierbrauer im 16. Jahrhundert

Saure Weißbiere waren fast überall im Norddeutschen Raum ab dem 16. Jahrhundert verbreitet. Dazu gehörten etwa die Goslarsche Gose, der Hannoversche Broihan oder der helle Breslauer Schöps ebenso wie das Lichtenhainer Bier. Diese mit hellem Gersten- und Weizenmalz gebrauten Biere, die im Gegensatz zu den zuvor üblichen Braunbieren aus dunklerem Gerstenmalz von hellerer Farbe und leichterem Körper waren, sagten im Berliner Raum vor allem den im 17. Jahrhundert eingewanderten Hugenotten mehr zu als die schweren Braunbiere. Da es zu dieser Zeit in Berlin relativ einfach war, das Braurecht zu erlangen, begannen viele der französischen Einwanderer das Brauhandwerk.

Als offizielle Geburtsanzeige der Berliner Weißbiers gilt eine Urkunde vom 9. November 1680 über die höhere Besteuerung von Weizenbieren ([1] Abb. 11, S. 33), die übrigens schon wenige Monate später wieder rückgängig gemacht wurde. Die Hugenotten, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Berlin fast 15% der Bevölkerung stellten, machten das Weißbier so erfolgreich, das es zu dieser Zeit über 600 selbständige Brauer gab. Eine der bis ins 20. Jahrhundert bekanntesten Weißbierbrauereien, die Brauerei Landré, wurde 1741 auch von französischen Einwanderern gegründet.

Ständebuch

Brauhandwerk im Ständebuch von 1698

Noch bis etwa 1930 wurde Weiße in einem zweigeteilten Prozess hergestellt. Die Brauereien produzierten lediglich die Würze, stellten sie an und füllten sie auf Fässer, während die Gärung und Flaschenabfüllung bei Wirten oder Bierverlegern durchgeführt wurde. Erst nach 1930 wurde die Technologie geändert und der gesamte Prozess in den Brauereien konzentriert.

Der Erfolg der Berliner Weißen hielt bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts an. Dann übernahm, wie fast überall in Mitteleuropa, das untergärige Bier die Marktführerschaft. Hauptursache war die Erfindung der Kältemaschine im Jahre 1876 und ihre rasche Einführung in den Brauereien, die die Produktion untergäriger Biere unabhängig von der Jahreszeit ermöglichte. Aber auch Qualitätsschwankungen des Weißbiers, die geringe Größe und die Kapitalschwäche der Weißbierbrauereien sowie die preußische Steuerpolitik trugen zum Niedergang der Berliner Weißen bei.

Die Weltkriege dezimierten nicht nur die Berliner Weißbierbrauereien, sondern führten durch den starken Absatzrückgang und den Rohstoffmangel allgemein in der Brauindustrie zu Schließungen und Zusammenschlüssen. Auch nach dem 2. Weltkrieg ging die Konzentration aus wirtschftlichen Gründen weiter, bis sich schließlich 1990 mit der zum ostberliner Getränkekombinat gehörenden Willner-Brauerei und den westberliner Kindl- und Schultheiß-Brauereien auch die letzten Berliner Weißbierproduzenten zusammenschlossen. Seit 2005 wird die Berliner Weiße industriell nur noch bei der zur Radeberger-Gruppe gehörenden Kindl-Schultheiß-Brauerei in Berlin-Hohenschönhausen gebraut.

Berliner Berg Weiße

Berliner Berg Weiße

Erste Versuche der Wiederbelebung gab es 2005 bei Brewbaker, der seitdem die Berliner Jahrgangsweiße braut. 2012 startete Andreas Bogk ein sehr erfolgreiches Crowd-Funding-Projekt zur Wiederbelebung der Berliner Weißen und richtete seine Nano-Brauerei im Souterrain eines Kreuzberger Hinterhofs ein. Im Sommer 2014 zog Bogk-Bier in die ehemalige Willner-Brauerei an der Schönhauser Allee um, an den Ort, wo die letzte ostberliner Weiße gebraut wurde. Leider ist die neue Brauerei bis heute nicht wieder in Betrieb gegangen.

Auch um Berlin wird wieder in kleinen Brauereien Berliner Weiße gebraut, so z.B. in der Braumanufaktur Forsthaus Templin und in der Brauerei Meierei Potsdam. Auch die zukünftige Brauerei Berliner Berg hat eine Weiße angekündigt, lest dazu den Artikel "Ich bau dir ein Schloss".

Brauart

Über die Zeit hat sich die Technologie beim Brauen der Berliner Weiße immer wieder verändert und war auch in den verschiedenen Brauereien unterschiedlich. Die Quellen sind oft wiedersprüchlich und durch uneinheitliche Maßangaben schwer interpretierbar. Aus dem 17. Jahrhundert sind kaum Informationen überliefert.

18. Jahrhundert

Halle_1765Aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist durch Johann Samuel Halle [2] und Johann Georg Krünitz [3] bekannt, dass das Berliner Weißbier zu gleichen Teilen oder 2:1 aus Weizen- und Gerstenmalz für etwa 1 ½ Stunden dünn gemaischt wurde. Nach dem Abläutern über Stroh wurde die Würze mit wenig Hopfen gekocht. Vom Anstellen der Hefe in einem hölzernen Bottich dauerte es etwa 5 bis 6 Stunden bis zum Ankommen, worauf das Jungbier in Holzfässer umgeschlaucht wurde, die meist beim "Bierschenker" auf Flaschen gezogen wurden.

Kruenitz_1784Die Haltbarkeit war gering: Halle schreibt von 8 Tagen im Sommer und 14 Tagen im Winter. Die Säuerung war nicht bewusst herbeigeführt, denn durch das Kochen der Würze wurde diese keimfrei. Bei der Hefe, "die man von Kottbus auf der Post kommen lässt" [2], achtete man ebenso darauf, dass sie nicht sauer war. Aber durch das Läutern über Stroh und die Arbeit in hölzernen Gärbottichen und Fässern, die in ihren Poren etlichen Mikroorganismen Lebensraum boten, war es kaum möglich, die Milch- und Essigsäurebakterien einzudämmen [1].

19. Jahrhundert

Unsere Vorstellung von Berliner Weiße basiert vor allem auf der Brauart des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit bildeten sich spezialisierte Weißbier-Brauereien, die mehr oder weniger nach festgelegten, reproduzierbaren Technologien arbeiteten, in die zunehmend auch wissenschaftliche Erkenntnisse einflossen, wozu insbesondere auch die 1882 gegründete Berliner Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB) beitrug.

Einer der Hauptunterschiede zu den Verfahren des 18. Jahrhunderts war der Verzicht auf die Würzekochung. Dadurch sollten die auf dem Malz vorhandenen Mikroorganismen in die Würze und das Bier gelangen. Untersuchungen anfangs des 20. Jahrhunderts zeigten allerdings, dass die Mischkultur der Anstellhefe einen wesentliche größeren Beitrag an der Mikroflora, insbesondere den Milchsäurebakterien der Würze hatte.

Die Temperatur der Maische wurde mit kochendem Wasser im Infusionsverfahren eingestellt. Abgeläutert wurde bei etwa 72°C. Nach dem Abkühlen wurde mit einer Mischkultur aus obergäriger Hefe und Milchsäurebakterien angestellt. Der Grad der Säuerung konnte in gewissem Maße über die Gärtemperatur eingestellt werden, die meist zwischen 12 und 18°C lag - höhere Temperaturen begünstigten die Vermehrung der Milchsäurebakterien und sorgten so für eine stärkere Säuerung.

Die Hopfung geschah über in Wasser gekochten Hopfen. Als Menge wird 0,75 bis 1kg Hopfen auf 100kg Malz angegeben, was zu einem Bitterwert unter 10 IBU, also kaum wahrnehmbare Bittere geführt haben dürfte.

Das Weißbier wurde grün auf Flaschen gefüllt, wo sich durch die Nachgärung über 8 bis 14 Tage der gewünschte Kohlansäuregehalt einstellte. Abfüllung und Nachgärung erledigte der Bierverleger, der das Jungbier in Fässern von der Brauerei geliefert bekam.

20. Jahrhundert

BerlinerWeisse_PokalDie Verfahrensweise des 19. Jahrhunderts hatte zwei entscheidende Schwächen. Einerseits war das die häufige Kontamination des Biers mit Pediokokken, die zu einer schleimigen Konsistenz des Biers, dem sogenannten "Langwerden", führten. Ursache war die fehlende Kochung und die in den hölzernen Bottichen eingenisteten Bakterien. Um dem entgegenzuwirken, wurde neben dem Einsatz von leichter zu reinigenden Metallbottichen u.a. von Schönfeld empfohlen, die Abmaischtemperatur bis auf 85°C zu erhöhen oder die Würze kurz zu kochen.

Zweites Problem war die Instabilität der Mischkultur aus Hefe und Milchsäurebakterien. Die Säuerung konnte nur unzureichend über die Gärtemperatur gesteuert werden, und die Zusammensetzung der Erntekultur war schwankend. Um die Säuerung zu stablisieren, wurde ein zweigeteilter Prozess empfohlen, bei dem nur ein Teil des Bieres durch anstellen mit einer Milchsäurebakterienkultur stark gesäuert wurde, während man den anderen Teil mit einer reinen Hefe anstellte. Der Säuerungsgrad konnte dann durch Verschnitt der beiden Jungbiere eingestellt werden.

Schönfeld

ScheonfeldEinen Überblick über die Verfahren der 30er Jahre gibt Franz Schönfeld in [4]. Danach wurde Weizen- und Gerstenmalz im Verhältnis von 3:1 bis 4:1 eingemaischt und in einem Zwei- oder Dreimaischverfahren, seltener einem Infusionsverfahren gemaischt.

Gehopft wurde mit gepressten Dolden, die in einer Menge von 750-1000g pro 100kg Malz im Einmaischwasser gekocht wurden. Eine Abschätzung der Bittere ist heute schwierig, da weder Alphasäuregehalt noch Kochzeit und damit Bitterstoffausbeute angegeben wird. Bei angenommenen 4% Alphasäure, 20% Bitterstoff- und 75% Sudhausausbeute ergäbe das bei einem Bier mit 9°P Stammwürze etwa 8 bis 10 IBU.

Das Bier wurde meist ohne Würzekochung direkt nach dem Abkühlen auf dem Kühlschiff im Anstellbottich mit einer Mischkultur aus Hefe und Milchsäurebakterien angestellt und in offenen Bottichen vergoren. Zwar empfiehlt Schönfeld, zur Vermeidung von Sarcina-Infektionen die Würze mindestens auf 85-88°C zu erhitzen oder besser kurz zu kochen, jedoch lässt die Furcht vor Geschmackseinbußen die meisten Brauereien am Verfahren ohne Kochung festhalten. Je nach Temperatur liegt das Verhältnis von Hefezellen zu Milchsäurebakterien bei 4:1 bis 6:1. Höhere Gärtemperaturen (17-20°C) bevorteilen die Vermehrung der Milchsäurebakterien und führen zu einer stärkeren Säuerung als tiefere Temperaturen (14-18°C).

Die Mischkultur wurde geerntet und im Folgesud wieder eingesetzt; eine Reinzucht gab es nicht. Die Nachgärung erfolgte in Flaschen unter Zusatz von 10-15% Speise bei 12-16°C über 2 bis 3 Wochen. Während der Nachgärung und vor allem bei der weiteren Reifung kamen die Brettanomyces-Hefen zum Zuge und sorgten für die typischen feinen Aromen.

Methner

Professor Methner von der TU Berlin beschäftigte sich 1987 in seiner Dissertation [7] mit der Frage, was das Aroma des Berliner Weißbier ausmacht und welche Säuren und Ester daran beteiligt sind. Sein Ergebnis: "In traditionell hergestelltem Berliner Weißbier ist das Vorhandensein der Hefe Brettanomyces bruxellensis obligatorisch. Das Aroma wird durch diese Hefe sehr stark geprägt.". Nur die Mischkultur aus Lactobacillus und Brettanomyces erzeugt die charakteristische Mischung von Estern und Säuren. In diesem Sinne ist es der belgischen Gueuze sehr ähnlich.

Zu den Zellzahlverhältnissen führt Methner aus, dass Lactobacillus mindestens in gleicher, besser größerer Menge als Saccharomyces vorhanden sein muss, um eine ausreichende Säuerung zu gewährleisten, ansonsten unterdückt die Saccharomyces-Hefe das Wachstum der Milchsäurebakterien und führt zu ungenügender Säuerung. Zur Aromabildung tragen die Milchsäurebakterien laut Methner kaum bei; sie sorgen nur für eine ausreichende Säuerung.

Um eine gleichbleibende Qualität, insbesondere einen definierten Säuerungsgrad der Berliner Weißen zu gewährleisten, empfiehlt Methner ein Verfahren mit separater Milchsäuregärung. Die gesäuerte Würze soll anschließend pasteurisiert und mit Bierhefe vergoren werden. Erst zur Nachgärung wird dann Brettanomyces-Hefe zugesetzt. Auf diese Weise können in allen Schritten Mikroorganismen aus Reinzucht verwendet werden.

Willner

Die genauesten Informationen über die Kennzahlen der Weißbierproduktion in der Nachkriegszeit sind aus der Willner-Brauerei bekannt, die noch bis 1990 als Teil des VEB Getränkekombinat Berlin die ostberliner Schultheiß-Weiße produzierte. Die Ausrüstung der Brauerei entsprach bis auf wenige Änderungen, die vor allem die Kühlung und Abfüllung betrafen, dem Stand vor dem zweiten Weltkrieg. Sogar die 28PS-Dampfmaschine für das Sudhaus lief bis zur Schließung 1990.

Bei Willner konnten pro Sud 85 bis 120hl gemaischt werden. Für 85hl Ausschlagwürze wurde eine Tonne Weizen- und Gerstenmalz aus der eigenen Mälzerei zu gleichen Teilen geschüttet, also knapp 12kg pro Hektoliter (Sudhausausbeute: 76%). Gemaischt wurde mit einem Dekoktionsverfahren, bei dem der Hopfen in die kochende Teilmaische gegeben wurde.

Gehopft wurde mit 3,6g Alphasäure aus Hopfenextrakt oder Pellets pro Hektoliter Dickmaische (4,2g/hl Fertigbier) [1], was für die Standardweiße mit 9°P Stammwürze eine Bittere von etwa 10 IBU ergab. Bei 78°C wurde abgeläutert und die Würze ohne weitere Kochung über Plattenkühler auf Anstelltemperatur gebracht.

Angestellt wurde mit einer Mischkultur aus Hefe und Milchsäurebakterien in einer Menge von 0,2 Liter pro Hektoliter. Die Anstellkultur wurde mit Vorderwürze hergezogen. Der Anstellbottich fasste 3 Sude. Täglich wurde ein Sud in den Gärkeller abgelassen und danach ein Sud wieder in den Anstellbottich draufgelassen. Nach etwa 60 Stunden Gärung wurde die Hefe mit Schaumlöffeln geerntet. Nach gut 3 Tagen Gärung wurde vom Gärbottich in Lagertanks umgeschlaucht.

Das fertige Bier wurde mit Jungbier auf 3% Extrakt aufgespeist und entweder in der Brauerei auf Flaschen gezogen und vor dem Verkauf mindestens 10 Wochen gereift, oder in Tankwagen zum Verleger geliefert. Für die Fassabfüllung wurde das Weißbier gekühlt und schwach filtriert.

Neben der Standardversion der Berliner Weiße als Schankbier mit 9°P Stammwürze wurde zeitweise auch eine Doppel- oder Märzenweiße als Vollbier mit 12-14°P Stammwürze [4] und ein Berliner Weiße Starkbier gebraut.

Kindl

BerlinerWeiße_KlaueDie moderne Produktion der Berliner Weißen bei Schultheiß-Kindl folgt im Wesentlichen einem patentierten Vorschlag von Barrach [5], nach dem nur etwa 20% der Würze ungehopft mit einer Reinkultur von Milchsäurebakterien angestellt und bei ca. 30°C fermentiert wird, während die restlichen 80% mit einer obergärigen Hefe vergoren werden. Durch Mischung dieser beiden Biere kann der Säuregrad beliebig eingestellt werden. Vor der Abfüllung wird das Bier über einen Entkeimungsfilter geführt, um die weitere Gärung in der Flasche zu unterbinden.

Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass man einen vorgegebenen Säuerungsgrad sicher einstellen und damit reproduzierbar ein Produkt mit konstanten Eigenschaften erzeugen kann. Für die Teilgärungen können sichere Reinzuchthefen und -Bakterien eingesetzt werden. Die geschmacklichen Einbußen wegen der fehlenden Mischgärung und vor allem der Abwesenheit der Brettanomyces-Hefe in der Nachgärung werden in Kauf genommen.

Ein ähnliches Verfahren schlug auch schon 1906 Francke vor, nach dem die Säuerung mit Milchsäurebakterien vor der eigentlichen Gärung erfolgen sollte. Dazu sollte ungehopfte Würze bei 45-47°C mit einer Milchsäure-Reinkultur angestellt und 5-7 Stunden fermentiert werden. Die Milchsäuregärung wurde dann durch Erhitzen auf etwa 80°C gestoppt. Die eigentliche alkoholische Gärung sollte im Anschluss mit einer obergärigen Reinzuchthefe erfolgen. Auch dieses Verfahren krankt an den gleichen geschmacklichen Einbußen und wurde deswegen damals nur kurzzeitig eingesetzt.

Kennzahlen

Die Definition der Berliner Weißen hat sich über die Zeit verändert. Im 19. Jahrhundert wurde sie meist als Vollbier gebraut, aber oft noch beim Verleger mit Wasser verdünnt. Erst das Biersteuergesetz von 1909 verbot jeglichen nachträglichen Wasserzusatz. Sei diesem Zeitpunkt wird die Berliner Weiße als Schankbier (Stammwürze 7-10°P) eingebraut.

Säuerung und Vergärungsgrad waren aufgrund mangelnder Kenntnis der Vorgänge beim Maischen und Gären im 18. und 19. Jahrhundert starken Schwankungen unterworfen. Auch änderte sich das Bier während der Lagerung ständig, da die Mikroorganismen, insbesondere die Brettanomyces-Hefe, noch lange nachgärten.

TGL 7764

TGL 7764

Die letzten Kennzahlen der klassischen (Ost-) Berliner Weiße entstammen den Gütevorschriften der TGL 7764 der DDR von 1986 [15]:

Stammwürze 7-8%
Endvergärungsgrad: mind. 75% (scheinbar)
CO2-Gehalt: mind. 0,6%
Farbe: 9-15 EBC

Dagegen sind in [16] für das Jahr 1992 folgende Werte für die Berliner Weiße genannt:

Stammwürze 7,1-7,5%
Ausstoßvergärgrad: 80-90% (scheinbar)
CO2-Gehalt: 0,6-0,8%
Farbe: 4,5-6 EBC
Alkoholgehalt: 2,9 - 3,6 %vol
pH-Wert: 3,3 - 3,6
Bittere: 3,0 - 4,4 IBU

Aufgrund verbesserter Rohstoffe und Verfahrenstechnik konnte die Weiße also 1992 bei gleicher Stammwürze heller und höher vergoren hergestellt werden. Die Bitterung war sehr gering. Der Milchsäuregehalt wurde mit getrennter Milchsäuregärung auf 1 - 1,5 g/l eingestellt, eine Nachgärung mit Brettanomyces erfolgte nicht mehr.

Herstellung im Hobbymaßstab

Wie wir oben gesehen haben, veränderte sich die Berliner Weiße über die Zeit und wurde in den verschiedenen Brauereien auch unterschiedlich gebraut. Es gibt also nicht DAS Berliner-Weiße-Rezept. Man kann sich vielmehr aus den verschiedenen Verfahren und Rezepten jenes zusammenstellen, was den Möglichkeiten der eigenen Brauerei und dem eigenen Geschmack am besten entspricht.

Schüttung

Die sichere Information über die Schüttung ist, dass möglichst helle Weizen- und Gerstenmalze benutzt wurden. Die Anteile waren wohl über die Zeit schwankend. In [9] schreibt Johann C. Leuchs 1831 von "20 Scheffel Gerstenmalz, 10 Scheffel Weizenmalz, 2 Sch. Hafermalz", Dr. Chr. H. Schmidt gibt in [10] "3 Theile helles Weizen und 1 Theil Gerstenmalz" an, Dörfel schreibt über die Brauerei Grotherjan "Die Malzschüttung besteht zu 1/3 aus Weizenmalz und zu 2/3 aus Gerstenmalz", Schoenfeld erwähnt in [4] "Weizen- und Gerstenmalz im Verhältnis von 3:1 bis 4:1", und Willner [1] benutzte Weizen- und Gerstenmalz zu gleichen Teilen, zusammenfassend also 30-80% Weizen- und 20-70% Gerstenmalz - mit etwa 50/50 bewegt man sich also im Mittelfeld.

Neben der hellen Farbe dient das Weizenmalz auch der Erzeugung des feinen, festen und stabilen Schaums. Das Malz, das früher meist in eigenen Mälzereien hergestellt wurde, war nur wenig gelöst, was positiven Einfluss auf den Schaum hatte. Ersatzweise wäre heute der Einsatz eines gewissen Anteils von Spitzmalz oder Rohfrucht möglich.

Maische

Während frühe Quellen oft von Infusionsverfahren berichten, war wohl in moderneren Betrieben des 19. und 20. Jahrhunderts ein Zwei- oder Dreimaischverfahren üblich. Das mag daran liegen, dass der durch die geringe Stammwürze sehr leichte Körper durch die von der Dekoktion stammenden kernigen Aromen etwas verstärkt werden sollte. Will man an einem Verfahren ohne Kochung festhalten, sollte man die Abmaischtemperatur auf 80-85°C erhöhen, um das Überleben von eventuell auf dem Malz befindlichen Pediokokken zu verhindern.

Hopfung

Die Hopfung der Berliner Weißen ist sehr mild. Die genauen Werte sind schwierig zu ermitteln. Rechnet man frühe Quellen mit gewissen Annahmen zu Alphasäuregehalt und Bitterstoffausnutzung nach, kommt man auf Bitterwerte von 8 bis 10 IBU. Die moderne Weiße ist mit 3,0 bis 4,4 IBU [1] sogar so gering gebittert, dass man nahe der Wahrnehmungsschwelle arbeitet. Hopfenaroma ist generell nicht vorhanden.

Bei Brauverfahren ohne Kochung muss der Hopfen schon vor oder während der Maische zugegeben und isomerisiert werden. Das kann entweder durch Kochung im Einmaischwasser geschehen oder durch Gabe des Hopfens in eine Kochmaische während der Dekoktion. Dabei und auch bei Verfahren mit nur kurzer Kochung muss die geringe Bitterstoffausbeute in die Berechnung der Bittere einbezogen werden.

Kochung

Fast alle Quellen berichten von Brauverfahren, bei denen die Würze nicht gekocht, sondern nach dem Läutern direkt gekühlt und angestellt wurde. Das sollte dafür sorgen, dass die Mikroflora des Malzes nicht zerstört wird, sondern während der Gärung und Reifung für die Säuerung and Aromabildung der Berliner Weißen sorgt.

Da wie oben erwähnt der Einfluss der Malz-Mirkoflora sehr viel geringer als die der Anstellkultur und der Rückstände in den hölzernen Gärbottichen ist, spricht nichts gegen eine kurze Kochung, wenn später mit Milchsäurebakterien und Brettanomyces angestellt wird. Die Kochung kann entweder direkt nach dem Läutern oder nach der Milchsäuregärung erfolgen.

Säuerung und Gärung

Die meisten Quellen erwähnen für die Säuerung den Milchsäurebakterienstamm Lactobacillus Brevis [1], [7]. Er kann, wie die meisten erwähnten Stämme, von der Oberfläche von Malz isoliert werden. WhiteLabs bietet L. Brevis kann als Reinzuchtkultur WLP672 an. Allerdings ist Ulrich Peise, Leiter der Hefebank Weihenstephan, der Meinung, dass L. Brevis in Bier eher ungewünscht als Schädling auftaucht. Er empfiehlt vielmehr in [12] Lactobacillus Amylolyticus und Lactobacillus Amylovorus, die sich durch hohe Optimaltemperaturen und Bittersäure-Intoleranz nicht in üblichen Bieren vermehren können und sich daher gut für die biologische Säuerung in Brauereien eignen. [17]

WhiteLabs und WYEAST empfehlen für Berliner Weiße Lactobacillus Delbrueckii (WLP677, WYEAST 5335). WhiteLabs bietet auch mit Berliner Weisse Blend WLP630 eine Mischung mit nicht näher spezifizierter Hefe und Michsäurebakterien an (Brettanonmyces werden nicht erwähnt).

Eine weitere Möglichkeit ist die eigene Herführung eines Milchsäurestarters aus Malz. Dafür benötigt man eine handvoll geschrotetes Malz, dass man zusammen mit etwa 45°C warmem Wasser in eine Thermoskanne oder im Kolben auf einen geheizten Rührer gibt. Bei dieser für die meisten Milchsäurebakterien optimalen Temperatur sollte nach kurzer Zeit die Säuerung einsetzen. Der zunächst üble Geruch sollte nach 1-2 Tagen einem angenehm-säuerlichen Duft nach grünen Äpfeln weichen. Die abgeseihte Flüssigkeit wird nach dem Läutern zur Würze gegeben.

Problem dieses Starters ist aber, dass keine Reinzucht eines Stammes entsteht, sondern ein Gemisch aus verschiedenen Mikroorganismen, das zwar relativ sicher Milchsäurebakterien und wahrscheinlich Brettanomyces, aber möglicherweise auch unerwünschte Schädlinge wie die für das "Langwerden" verantwortlichen Pediokokken enthalten kann. Da man die Langzeitwirkung dieses Gemischs schwer abschätzen kann, sollte es nur bei gestoppter Säuerung eingesetzt werden.

Klassisches Verfahren

Mischkultur

Klassisches Verfahren mit Mischkultur

Das klassische Verfahren der Säuerung ist eine Mischgärung. Die Würze wird mit der geernteten Betriebskultur angestellt, die obergärige Hefe (Saccharomyces Cerevisiae), Milchsäurebakterien und Brettanomyces enthält. Hefe und Milchsäurebakterien sind dabei am Beginn der Gärung aktiv, solange vergärbarer Extrakt vorhanden ist. Die Brettanomyces arbeiten langsamer und fermentieren während der Lagerung einen Teil des ansonsten unvergärbaren Extrakts.

Die Kontrolle des Säuerungsgrades ist bei diesem Verfahren schwierig, da Hefe und Milchsäurebakterien gleichzeitig um den vergärbaren Extrakt konkurrieren. Es lässt sich nur in gewissen Maße über die Temperatur steuern: höhere Gärtemperaturen bevorteilen die Milchsäurebakterien. Eine stabile Mischkultur wird sich wohl nur über längere Zeit einstellen, wenn sich in der Brauerei eine "Hauskultur" etabliert hat.

Getrennte Gärung

Modernere Verfahren nutzen Reinzuchtkulturen und getrennte Gärungen, um stabile, reproduzierbare Ergebnisse zu erreichen. Entweder wird Milchsäure- und alkoholische Gärung nacheinander in der kompletten Würze durchgeführt, oder die Würze wird aufgeteilt und Säuerung und Gärung getrennt in den Teilwürzen mit anschließendem Verschnitt gefahren. Brettanomyces arbeiten während der Reifung im gesäuerten und vergorenen Bier, die Zugabe der Brett-Kultur kann aber zu veschiedenen Zeitpunkten erfolgen.

Die getrennte Milchsäuregärung hat den Vorteil, dass man dabei mit ungehopfter Würze arbeiten kann. Die meisten Milchsäurebakterien sind mehr oder weniger intolerant gegenüber Bittersäuren und arbeiten in ungehopfter Würze besser.

Sequentielles Verfahren

Sequentielles Verfahren

Beim sequentiellen Verfahren wird die ungehopfte, auf etwa 40°C abgekühlte Würze nach dem Läutern zunächst mit Milchsäurebakterien angestellt. Ist je nach Art und Menge des Starters und Temperatur des Substrats nach einer Zeit zwischen etwa 6 Stunden bis zu 3 Tagen der gewünschte Säuregrad erreicht, wird die gesäuerte Würze mit Hopfen gekocht. Den Säuerungsgrad überprüft man mittels Kontrolle des pH-Werts (etwa 3,3 bis 3,6) oder per Geschmacksprobe.

Die Kochung stoppt die Milchsäuregärung und vernichtet die meisten Bierschädlinge. Der gesamte Vorgang kann unter Hobbybrauerbedingungen direkt in der Sudpfanne durchgeführt werden, die beim Kochen dann auch wieder desinfiziert wird.

Nach Whirlpool und Abkühlen wird mit obergäriger Hefe angestellt. Brettanomyces werden entweder schon mit der Hefe oder erst beim Abfüllen zugegeben. Letztere Variante hat den Vorteil, dass möglichst wenig Teile der Brauanlage mit Brettanomyces in Kontakt kommen.

Parallelverfahren

Paralleles Verfahren

Beim parallelen Verfahren wird die Würze nach dem Läutern geteilt. Ein Teil wird sofort ungehopft mit Milchsäurebakterien angestellt. Die Milchsäuregärung wird bis zum Endvergärgrad gefahren. Die Bakterien werden dann durch Mikrofiltration oder kurze Kochung inaktiviert.

Der zweite Teil der Würze wird mit Hopfen gekocht und nach dem Abkühlen mit obergäriger Hefe angestellt und vergoren. Dieses Jungbier wird mit der milchsauer vergorenen Würze verschnitten, bis der gewünschte Säuregrad eingestellt ist. Zur Abfüllung wird die Brettanomyces-Kultur zugesetzt, die wie beim sequentiellen Verfahren während der Lagerung weiterarbeitet.

Beide Verfahren werden nicht komplett identische Ergebnisse wie die Mischgärung erzielen, weil die einzelnen Gärprozesse getrennt und unter anderen Bedingungen verlaufen. Brettanomyces - und beim sequentiellen Verfahren auch Hefe - arbeiten in einem sauren Substrat, was die Gärgeschwindigkeit und -Ergebnisse beeinflusst. Die Milchsäurebakterien arbeiten während der Lagerung nicht mehr.

Diesen Nachteilen gegenüber stehen stabile Verfahren, die, wenn sie mit Reinzuchtkulturen durchgeführt werden, absolut reproduzierbare Ergebnisse erbringen und durch Trennung der Teilschritte Kreuzkontaminationen unwahrscheinlicher machen.

Hefe

Die Hefe ist bei der Berliner Weißen unauffällig. Die Originalhefe ist nicht überliefert. Auch der Versuch der Wiederbelebung von Bodensätzen aus Flaschen der 80er Jahre war für die Hefe nicht erfolgreich - lediglich die Milchsäurebakterien und die Brettanomyces leißen sich wieder herführen.

Somit ist jede obergärige Hefe mit relativ neutraler Gärung ist geeignet, etwa Kölsch- oder neutrale Ale-Hefen. Gute Erfahrungen liegen etwa mit Fermentis Safale US-05 oder WYEAST 1084 Irish Ale vor. Süddeutsche Weißbierhefen sind weniger geeignet, weil die kräftigen Ester der Hefe zu sehr dominieren und die feineren Aromen der Brettanomyces überdecken könnten.

Karbonisierung

Die Berliner Weiße ist hoch karbonisiert. Zielwert sollte ein CO2-Gehalt von etwa 6-8 g/l sein. Dabei muss man einrechnen, dass die Karbonisierung während der Lagerung durch die fortlaufende Brettanomyces-Gärung noch leicht ansteigt; die Speisung muss also auf den Endvergärgrad der Brett-Gärung berechnet werden.

Schönfeld beschreibt in [4], dass die Nachgärung und Karbonisierung in Drucktanks bei 10-12°C unter Zusatz von 5 bis 10% Jungbier mit Spundung auf 3 bar Druck erfolgt. Das entspricht sogar einem CO2-Gehalt von etwa 8,5 - 9 g/l, wovon das Bier während der Abfüllung in hölzerne Transportfässer allerdings einen Teil wieder verloren haben dürfte.

Lagerung

Die Karbonisierung wird schon nach 1 bis 2 Wochen erreicht. Schönfeld schreibt, dass das Bier bereits 3 Wochen nach der Hauptgärung konsumfähig wird [4]. Bei Willner wurde das Bier nach der Flaschenabfüllung mindestens 10 Wochen in speziellen Reifekammern gelagert. Das dürfte auch die minimale Dauer sein, nach der man die Aromen der langsam ablaufenden Brettanomyces-Gärung deutlich zu spüren beginnt.

Durch den hohen Vergärungsgrad, die Säuerung, die Hopfung und den hohen Druck ist die Berliner Weiße allerdings sehr stabil und wesentlich länger lagerfähig. Sie gewinnt mit der Lagerung zunehmend an Qualität. Die langfristige Lagerung erfolgt allerdings nicht in der Brauerei, sondern beim Wirt oder Verbraucher.

Eine historische Variante der Lagerung war das Eingraben des in Glas-, Ton- oder Steinkrüge gefüllten Weißbiers im sandigen Berliner Boden. Nach monate- oder jahrelanger Lagerung wurde sie dann als sogenannte Sandweiße oder Steinweiße getrunken.

In den klassischen Berliner Weißbierschenken des 19. Jahrhunderts wurde Weißbier oft in verschiedenen Qualitäten angeboten, die sich durch die Dauer der Lagerung unterschieden. So wurde bis zu 11-jährige Weiße ausgeschenkt. Diese wurden mit klangvollen Namen wie Edelweiße, Rieslingweiße oder Champagnerweiße versehen. [1]

Um den Brett-Charakter optimal zu entfalten, sollte man sich auf eine mehrmonatige Lagerung einstellen. Ein Lagerdauer von 6 Monaten hat z.B. bei Bogk-Bier sehr gute Ergebnisse erbracht.

Ausschank

Zwar wurde historisch die Berliner Weiße auch vom Fass ausgeschenkt, aber die Karbonisierung litt dabei unter der unvollkommenen Schanktechnik [4]. Das flaschengereifte Bier hatte diesen Nachteil nicht, weshalb es oft dem Fassbier vorgezogen wurde. Aktuell wird die Weiße nach meiner Kenntnis immer in Flaschen abgefüllt und gereift.

Die Flaschen müssen beim Ausschank auf 6 bis 8°C gekühlt und beruhigt sein. Der Ausschank erfolgt vorsichtig an der Glaswandung entlang in gespülte Gläser. Der Bodensatz wird nicht mit ausgeschenkt.

Zwei Typen von Gläsern sind üblich: einerseits die bekannten weit geöffneten kelchförmigen Pokale, und andererseits flache, zylinderförmige Gläser mit dickem Boden, die sogenannten Klauen. Die Klauengläser waren wohl die ursprüngliche Form, während die Kelche erst im 20. Jahrhundert aufkamen. Welcher Form man den Vorzug gibt, bleibt dem eigenen Geschmack überlassen - wichtig ist lediglich ein weites Glas, das den voluminösen Schaum fassen kann.

Der Ausschank mit verschiedenen Zusätzen wie Fruchtsirup aus Himbeere, Kirsche oder Waldmeister, Kümmel-, Kirsch oder Pomeranzenlikör war lange Zeit üblich. Diese Mischgetränke hatten Namen wie Weiße mit Schuss (Sirup) oder Weiße mit Strippe (Kümmellikör). Eine gut gereifte Berliner Weiße benötigt diese Zusätze meiner Meinung nach nicht; sie verdecken nur die feinen Aromen des Biers.

Rezept

Als Anhang findet ihr ein Rezept mit gestoppter Säuerung und Brett-Zugabe erst bei der Abfüllung. Ich finde, dass das ein guter Kompromiss zwischen traditionellem Verfahren und sicherer, moderner Technologie ist.

Bei dieser Variante kann in jedem Schritt entweder mit Reinzuchtkulturen oder Erntekulturen aus dem Vorsud gearbeitet werden. Im Falle von Erntekulturen muss die Milchsäurekultur vor dem Kochen geerntet werden, die Hefe kann bei nach der Hauptgärung und die Brett-Kultur aus dem Bodensatz einer oder mehrerer Flaschen gewonnen werden. Die eventuell ebenfalls aus dem Bodensatz geerntete Hefe stört nicht.

Der Milchsäurestarter wird in diesem Rezept selbst aus Malz angesetzt, kann aber auch durch eine Reinzuchtkultur ersetzt werden, siehe oben. Ebenso kann die aus dem Bodensatz einer traditionellen Berliner Weiße geerntete Brettanomyces-Hefe durch eine Reinzuchtkultur ersetzt werden.


Abbildungen:

  • Heinrich Zille: Gesellschaft in einer Altberliner Destille, 1905 (Titel)
  • Brauerei Berliner Berg (3)
  • Wikimedia Commons (1,2,6)
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  • Schultheiß-Kindl-Brauerei Berlin (8)
Quellen:

  1. Gerolf Annemüller, Hans-J. Manger, Peter Lietz: "Die Berliner Weiße - Ein Stück Berliner Geschichte"
    VLB Berlin 2008
    ISBN 978-3-921690-58-1
  2. Johann Samuel Halle: "Werkstätte der heutigen Künste oder die neue Kunsthistorie", Vierter Band, Brandenburg und Leipzig, 1765
    31. Abhandlung, Der Bierbrauer, S. 100ff
  3. Johann Georg Krünitz: "Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats-, Stadt, Haus- und Landwirtschaft in alphabetischer Ordnung", 5. Teil, Berlin, 1784, S. 1ff
  4. Prof. Franz Schönfeld: "Obergärige Biere und ihre Herstellung"
    Kap. B1, S. 149-160: "Das Berliner Weißbier"
    Verlag Paul Parey, Berlin, 1938
  5. W. Barrach: Verfahren zur Herstellung eines Berliner Weißbieres mit konstantem Säuregrad
    Deutsche Patentschrift Nr. 958 464 vom 23.8.1956
  6. O. Francke: Verfahren zur Herstellung säuerlich schmeckender, insbesondere milchsaurer Biere
    Deutsches Reichspatent Nr. 180 726 vom 5.4.1906
    Veröffentlicht in der Wochenschrift für Brauerei, Jahrgang 24, 1907, S. 324
  7. Prof. Dr.-Ing. Frank-Jürgen Methner: "Über die Aromabildung beim Berliner Weißbier unter besonderer Berücksichtigung von Säuren und Estern"
    Dissertation an der TU Berlin, 1987
  8. Die Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts
    1900, Dissertation von Gustav Stresemann, Universität Leipzig
    Veröffentlicht als eBook im Projekt Gutenberg
  9. Johann C. Leuchs: „Vollständige Braukunde“
    1831, Verlag von C. Leuchs u. Comp., Nürnberg
    Veröffentlicht als eBook bei Google Books
    S. 264: Umwandlung des Malzes in Würze - Einmaischen - Verfahren in Berlin
    S. 308ff: Abweichungen bei der Bereitung des Weißen Bieres - Verfahren in Berlin
    S. 328f: Vorschriften zur Bereitung verschiedener Biersorten und Angabe des Brauverfahrens in verschiedenen Ländern - Deutsche Biere - Berliner Weißbier
  10. Dr. Chr. H. Schmidt: Grundsätze der Bierbrauerei
    2. Auflage, 1853, Verlag B. F. Voigt, Weimar
    Veröffentlicht als eBook bei Google Books
    S.442f: Berliner Weißbier zu brauen nach Dorn
  11. Diskussions-Thread Im Forum hobbybrauer.de: "Deutsche Sauerbiere: Die Berliner Weiße"
    http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread&tid=11294
  12. Diskussions-Thread Im Forum hobbybrauer.de: "Berliner Weiße"
    http://hobbybrauer.de/forum/viewtopic.php?f=17&t=4228
  13. Frank P. Freudenberg: Bier-Metropole Berlin
    1996, Verlag Hans Carl Nürnberg
    ISBN 3-418-00378-8
    S. 69ff: "Die noch nicht ganz geklärte Geschichte der Berliner Weißen"
  14. Braumeister A.Dörfel: "Die Herstellung obergäriger Biere und die Malzbierbrauerei Groterjan A.G. in Berlin"
    Berlin, 1947
  15. WTÖZ der Brau- und Malzindustrie Berlin, Fachbereichsstandard TGL 7764 Biere; Gütevorschriften, Berlin, 1986
  16. E. Krüger und H.-M. Anger: Kennzahlen zur Betriebskontrolle und Qualitätsbeschreibung in der Brauwirtschaft,
    Kap. 9.2.11 Berliner Weiße, Behr Verlag, Hamburg, 1992
  17. Hefebank Weihenstephan: Biologische Säuerung
    http://www.hefebank-weihenstephan.de/downloads/hefebank-weihenstephan-biologischesaeuerung-deutsch.pdf
  18. Michael Tonsmeire: American Sour Beer - Innovative Techniques for Mixed Fermentations
    Brewers Publications, Boulder, Colorado, USA, 2014
  19. Wikipedia-Artikel "Berliner Weiße"

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