Kaum wartet man zweieinhalb Jahre, schon gibt es die angekündigte Fortsetzung. Oder: Warum ein transatlantischer Umzug und ein Buch manches Projekt verzögern können.
Der erste Teil rund um Berechnungen im Sudhaus hat sich entlang des Brauprozesses bis zum Kochen der Würze bewegt. Das stellt den Teil der Brauerei dar, den der Brauer auch den „Heißteil” nennt, denn ab jetzt wird die Wurze gekühlt, und es geht nur noch kalt weiter. In diesem Teil geht es um den Whirlpool und das Würzekühlen.
Auch hier gibt es erst einmal grundlegende Betrachtungen, die wir uns zum Ablauf machen sollten. Betrachten wir die Sudwerke, die in professionellen Brauereien zum Einsatz kommen, so wird hier von der Pfanne in den Whirlpool ausgeschlagen, anschließend gekühlt und dann in den Gärkeller umgepumpt, wo angestellt wird. Dieser Ablauf ist vor allem den Mengen und der leichteren Handhabung geschuldet. Es gibt zwar auch sogenannte Whirlpoolpfannen, also Würzepfannen, die einen Whirlpool integriert haben, aber diese haben sich in der Praxis in großen Sudwerken nicht durchgesetzt. Whirlpoolpfannen können außerdem nur mit Außenkochern ausgestattet werden, da ein Innenkocher die Ausbildung eines Trubkegels verhindert.
Da aber kleinere Pfannen und vor allem Töpfe im Hobbymaßstab eh meistens direkt befeuert werden, spielt das hier keine Rolle, und die Einsparung eines zusätzlichen Behälters ist ein zusätzlicher angenehmer Nebeneffekt. In professionellen Sudwerken wird zum „Andrehen” des Whirlpools die Würze im Kreislauf gepumpt, wobei sie mit etwa 3 bis 3,5 tangential in den Behälter einströmt.
Im Hobbybereich kenne ich nur sehr wenige Anlagen, die die Würze wirklich umpumpen. Meistens wird hier die Würze einfach mit einem Löffel oder Maischescheit manuell in Rotation versetzt. Auch hier sollten wir aber tunlichst die Würze eher „anschieben” als wild umrühren. Die 3–3,5 Meter je Sekunde sind auch hier ein gutes Maß und sollten nicht überschritten werden. Das heißt, wenn wir uns einen 50-Liter-Topf vorstellen, so sind hierfür 40 cm Durchmesser (D) und 40 cm Höhe typisch. Daraus ergibt sich aus der Formel für den Kreisumfang ein Umfang von 1,25 m. Rühren wir also so, dass wir 2–3 Mal in der Sekunde „rumkommen””, bleiben wir etwa in diesem Rahmen.
Danach nutzen viele einen Plattenwärmetauscher, um die Würze zu kühlen. Nun erreichen mich immer wieder Fragen, welcher Wärmetauscher denn nun der richtige sei. Auch im Forum gibt es immer wieder die Frage nach dem geeigneten Wärmetauscher – schließlich ist der Markt riesig und die Kostenunterschiede enorm.
Ganz ehrlich: Die Thermodynamik ist eines der komplexesten Themen. Zumindest ist es eines der Fachgebiete, die ohne sehr komplexe Formeln nicht auskommen, und eines der Themen, denen ich bereits im Studium nicht viel abgewinnen konnte, das mich aber konsequent bis heute verfolgt. Deshalb stehe ich nun vor einer Misere, die es zu lösen gilt. Ich möchte das Thema so aufbereiten, dass auch der Nichtingenieur – die soll es ja auch geben unter den Hobbybrauern – damit in der Praxis etwas anfangen kann. Deshalb aber hier gleich zur Warnung für die Ingenieure unter euch: Lasst Gnade walten, wenn die Herangehensweise eventuell nicht ganz koscher ausfällt. Der Zweck heiligt die Mittel.
Wärme ist im Grunde nichts anderes als Energie, sogenannte thermische Energie. Umgangssprachlich reden wir oft davon, dass wir mehr Kälte brauchen. Das ist genau genommen Unfug. Kälte ist eigentlich nichts anderes als eben weniger Energie oder Wärme. Dabei ist es so, dass die Natur grundsätzlich einen Zustand anstrebt, bei dem die Energie möglichst ausgeglichen ist. Das ist der Grund, warum Wärme immer dorthin strebt, wo weniger Wärme vorhanden ist, also dorthin, wo es „kälter” ist. Das ist aber auch der Grund, warum die Spindel, die uns aus der Hand fällt, zu Boden fällt. In unserer Hand hat sie mehr Energie, sogenannte Lageenergie oder potenzielle Energie, näher am Erdmittelpunkt, was der Boden ja ist, hat sie weniger Energie.
Eine andere allgemein gültige Regel in der Natur ist, dass Energie nicht verschwinden kann. Sie kann in andere Formen umgewandelt werden, aber sie geht nicht verloren. Die Spindel, die unsere Hand verlässt, wandelt zum Beispiel einen Teil der Lageenergie in Bewegungsenergie um. Blöd für uns. Im Sudhaus heißt das: Die Wärme – also die Energie – verschwindet nicht einfach, sondern sie wandert von der Würze in unser Kühlwasser. Zumindest größtenteils – ein anderer Teil strahlt zum Beispiel ab und erwärmt das Sudhaus. Wir werden uns aber hier nur mit dem Wärmeübergang ins Kühlwasser beschäftigen, denn die Abstrahlung und andere Verluste helfen uns ja, da sie noch mehr Wärme aus der Würze abführen.
Hier können wir jetzt noch eine weitere Frage beantworten, die sich bei Plattenwärmetauschern immer wieder ergibt, nämlich wie man das Ding anschließt. Da gibt es zwei Möglichkeiten, wobei für unsere Zwecke nur eine Sinn macht: Entweder lassen wir Würze und Kühlwasser am gleichen Ende einlaufen – das nennt sich dann Gleichstrom – oder aber an gegenüberliegenden Enden, was sich Gegenstrom nennt.
Nach folgender Formel berechnet sich der Wärmestrom, der nun von der heißen Würze ins Kühlwasser übergehen muss:
Wobei der sogenannte Wärmestrom ist, also die Energiemenge, die in einer bestimmten Zeit fließt. Gleichzeitig ist Energie in einer bestimmten Zeit physikalisch eine Leistung. Genauso ist es beim Wärmestrom. Er wird deshalb auch in Watt angegeben. Das ist wichtig zu wissen und wird leider sehr oft vergessen. Oft wird nur die Frage gestellt, welcher Wärmetauscher der richtige ist, um eine bestimmte Menge Würze um soundso viel Grad abzukühlen. Das lässt sich nicht beantworten, weil eben der Zeitfaktor direkt in den Wärmestrom eingeht. Der Wert ist die spezifische Wärmekapazität, also die Energiemenge, die das Medium aufnehmen kann. ist der Temperaturunterschied, um den die Würze abgekühlt werden soll.
Schauen wir uns dieses und die Formel oben noch einmal genauer an, denn sie erklärt gut, warum für unsere Zwecke der Gegenstrom viel sinnvoller ist als der Gleichstrom. Im Gleichstrom ist das am Anfang sehr groß. Das kalte Wasser trifft ja auf die noch heiße Würze. Dann nimmt aber das entlang des Wärmetauschers immer weiter ab, weil sich die Temperaturen angleichen. Das heißt aber auch, dass der Wärmestrom immer kleiner wird, bis der Wärmeaustausch ganz zum Erliegen kommt. Beim Gegenstrom ist das nicht der Fall. Bei gleicher Fläche und bei gleichem Kühlwasserverbrauch ist der Gegenstrombetrieb in der Lage, die Würze viel weiter abzukühlen. Im Idealfall bis knapp über die Temperatur des einlaufenden Wassers.
Eigentlich ist die Wärmekapazität der Würze abhängig von der Stammwürze. Das wäre ja noch handelbar, allerdings verändert sie sich auch bei unterschiedlichen Temperaturen, was das Ganze mathematisch zumindest anspruchsvoll macht. Außerdem messen wir ja meistens unsere Würzemenge in Litern und nicht in Kilogramm, und die Umrechnung von Volumen in Masse erfolgt über die Dichte, die sich ebenfalls mit der Temperatur ändert. Langer Rede kurzer Sinn: Die Berechnung der zum Abkühlen abzugebenden Energie folgt einer recht aufwendigen Formel, und ich habe mir die Freiheit genommen, diese zu vereinfachen, und zwar so weit, dass für unseren Gebrauch noch sinnvolle Ergebnisse berechnet werden können. Dafür habe ich die diversen Korrekturfaktoren über den „normalen” Temperaturbereich des Abkühlens gemittelt und in einem Faktor zusammengefasst.
Bevor ich das gemacht habe, hab ich mir die Fehler angeschaut, die dadurch entstehen. Durch den Dichteunterschied zwischen 90 °C und 70 °C kann unser Ergebnis um bis zu 3 % abweichen. Dadurch, dass wir die Wärmekapazität konstant für Würze mit 12 °P annehmen, kommt selbst bei einem Bier mit 18 °P nur ein weiterer Fehler von etwa 4 % dazu. Das heißt, im Worst Case sprechen wir von einem etwa 7-%igen Fehler. In Anbetracht der Ungenauigkeit, die wir uns durch andere Verluste wie Strahlung einhandeln, ist dieser Fehler vernachlässigbar. Das im Kopf, ergibt sich für den Energiefluss beim Abkühlen der Würze folgende Gleichung:
Nehmen wir als Beispiel 25 Liter einer Würze mit 16 °P, die wir von 90 °C auf 20 °C in 15 Minuten abkühlen wollen, so ergibt die genaue Berechnung einen Energiefluss von 7,83 kW, während die vereinfachte Formel einen von 7,89 kW errechnet. Jedem, dem das zu ungenau ist, empfehle ich das Studium des 822-seitigen Buches „Thermodynamik” von Lüdecke und Lüdecke [1]. Was wir aber an der Formel sehr schön sehen, ist, welchen Einfluss die Zeit hier hat. Sie steht im Nenner, was bedeutet, dass eine Verdopplung der Zeit den Energiefluss halbiert. Mit diesem Wert lässt sich jetzt nach dem richtigen Wärmetauscher suchen.
Nun will sich aber in Zeiten von Kollege Computer und dem WWW niemand mehr unbedingt einen Wolf rechnen. Deshalb gibt es hier mehr oder weniger hilfreiche Seiten und sogar kostenfreie Auslegungssoftware:
Hallo! Danke für diese tollen Artikel! wo finde ich den ersten Teil?
Moin,
Im Heft Sommer 2015. Das findest du über Menü —> Archiv
Gruß
Jan